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Zwischendividende: Die Ausschüttung im neuen Aktienrecht

Im Zusammenhang mit der Revision des Aktienrechts verabschiedete die Bundesversammlung am 19. Juni 2020 die neuen Bestimmungen im Obligationenrecht, welche am 1. Januar 2023 in Kraft getreten sind. Mit Art. 675a des neuen Obligationsrechts wird nun eine gesetzliche Grundlage für die Ausschüttung einer Zwischendividende geschaffen, welche bisher gefehlt und in der Praxis zu Unklarheiten geführt hat.

30.01.2023 Von: Lukas Gayler
Zwischendividende

Arten von Dividenden

Bei der Zwischendividende handelt es sich um eine Dividende aus dem Gewinn des laufenden Geschäftsjahrs, dies im Gegensatz zu Dividenden aus dem Gewinn von vorangehenden Geschäftsjahren. Die Zwischendividende ist namentlich zu unterscheiden von der ordentlichen Dividende und der ausserordentlichen Dividende.

Hinweis: Die ordentliche Dividende wird aus dem Bilanzgewinn und allfälligen Reserven gestützt auf einen geprüften Jahresabschluss ausgerichtet.

Sofern nicht sämtliche Aktionäre auf eine Revision verzichtet haben, muss die Revisionsstelle die Jahresrechnung und den Antrag des Verwaltungsrats zur Gewinnverwendung prüfen. In der Folge kann die Generalversammlung die Ausschüttung der Dividende beschliessen. Im Rahmen des ordentlichen Dividendenbeschlusses können auch mehrere Ausschüttungen mit unterschiedlichen Fälligkeiten beschlossen werden, wobei man in einem solchen Fall von gestaffelten Dividenden spricht.

Hinweis: Bei der ausserordentlichen Dividende handelt es sich um eine Ausschüttung, welche im Rahmen einer ausserordentlichen Generalversammlung beschlossen wird. Sie erfolgt zulasten des nicht bereits an der ordentlichen Generalversammlung ausgeschütteten frei verwendbaren Eigenkapitals, welches sich aus der letzten durch die Generalversammlung genehmigten Jahresrechnung ergibt.

Die bisherige Rechtslage im Aktienrecht

Das bis zum 31. Dezember 2022 geltende Aktienrecht enthielt keine Bestimmungen für die Ausschüttung einer Zwischendividende. Aufgrund der fehlenden gesetzlichen Grundlage war in der Lehre und Praxis umstritten, ob die Ausschüttung einer Dividende aus dem Gewinn des laufenden Geschäftsjahrs überhaupt zulässig sein soll. Insbesondere die Praxis der Revisionsstellen lehnte die Ausschüttung von Dividenden aus dem Gewinn des laufenden Geschäftsjahrs ab. Dies führte faktisch zum Randdasein von Zwischendividenden sowie zu zahlreichen offenen Fragen. In der Praxis hat sich jedoch ein verstärktes Bedürfnis an der Ausschüttung von Zwischendividenden gezeigt; dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass im Ausland quartalsweise oder halbjährliche Ausschüttungen an der Tagesordnung sind.

Die zukünftige Rechtslage im Aktienrecht

Das neue Aktienrecht, welches am 1. Januar 2023 in Kraft getreten ist, schafft nun eine gesetzliche Grundlage für Zwischendividenden. Gemäss Art. 675a Abs. 1 des neuen Obligationenrechts kann die Generalversammlung gestützt auf einen Zwischenabschluss die Ausrichtung einer Zwischendividende beschliessen.

Art. 675a Abs. 2 des neuen Obligationenrechts wiederum stellt klar, dass

  • die Revisionsstelle den Zwischenabschluss vor dem Beschluss der Generalversammlung prüfen muss;
  • keine Prüfung erforderlich ist, wenn die Gesellschaft ihre Jahresrechnung nicht durch eine Revisionsstelle eingeschränkt prüfen lassen muss;
  • auf die Prüfung verzichtet werden kann, wenn sämtliche Aktionäre der Ausrichtung der Zwischendividende zustimmen und die Forderungen der Gläubiger dadurch nicht gefährdet werden.

Hinweis: Neben der Bestimmung zur Zwischendividende bekommt auch der dafür notwendige Zwischenabschluss eine gesetzliche Grundlage im neuen Aktienrecht. Diese befindet sich in Art. 960f OR.

Anforderungen an den Zwischenabschluss

Mit den neuen gesetzlichen Bestimmungen ist nun klar geregelt, dass die Ausschüttung einer Zwischendividende zwingend das Erstellen eines Zwischenabschlusses voraussetzt. Dies bedeutet, dass auch dann ein Zwischenabschluss zu erstellen ist, wenn eine Zwischendividende innerhalb von sechs Monaten nach dem ordentlichen Jahresabschluss von der Generalversammlung beschlossen wird.

Der Zwischenabschluss ist nach den Vorschriften zur Jahresrechnung zu erstellen. Grundsätzlich hat er eine Bilanz, eine Erfolgsrechnung und einen Anhang zu enthalten. Vereinfachungen und Verkürzungen sind zulässig, wenn keine Beeinträchtigung der Darstellung des Geschäftsgangs der Gesellschaft entsteht. Im Weiteren ist mit Blick auf die letzte Jahresrechnung die Stetigkeit und damit die Vergleichbarkeit der beiden Abschlüsse zu gewährleisten. Es müssen mindestens die Überschriften und Zwischensummen ausgewiesen werden, die in der letzten Jahresrechnung enthalten sind. Überdies ist darauf hinzuweisen, dass der Anhang den Zweck des Zwischenabschlusses bezeichnen muss.

In Bezug auf die zeitliche Abfolge ist zu beachten, dass die Prüfung des Zwischenabschlusses durch die Revisionsstelle vor dem Beschluss der Generalversammlung erfolgen muss. Prüfungsgegenstand ist einerseits der Zwischenabschluss mit Bilanz, Erfolgsrechnung und Anhang und andererseits der Antrag des Verwaltungsrats an die Generalversammlung der Gesellschaft zur Verwendung des Zwischengewinns.

Nicht erforderlich ist die Prüfung des Zwischenabschlusses, wenn die Gesellschaft auf eine Revisionsstelle verzichtet hat oder wenn sämtliche Aktionäre der Ausschüttung einer Zwischendividende zustimmen und die Forderungen der Gläubiger nicht gefährdet sind. Zwingend ist jedoch auch dann die Erstellung eines Zwischenabschlusses mit Bilanz, Erfolgsrechnung und Anhang durch den Verwaltungsrat der Gesellschaft.

Vom Verzicht auf die Prüfung werden insbesondere Gesellschaften Gebrauch machen können, deren Aktionariat überschaubar ist. In der Praxis wird es in solchen Fällen am praktikabelsten sein, wenn vor der ausserordentlichen Generalversammlung von sämtlichen Aktionären Vollmachten mit einer Zustimmung eingeholt werden und im Anschluss daran – basierend auf allen Vollmachten – eine Universalversammlung durchgeführt wird.

Die Voraussetzung für einen Verzicht auf eine Prüfung, nämlich dass die Forderungen von Gläubigern nicht gefährdet werden, ist auslegungsbedürftig. Die Entstehungsgeschichte des neuen Artikels liefert nur beschränkt Hinweise, was unter der genannten «Gefährdung» zu verstehen ist. In der juristischen Lehre wird in diesem Zusammenhang die Meinung vertreten, dass die «Nicht-Gefährdung» die Bedeutung hat, dass die Aktiven der Gesellschaft die Forderungen der Gläubiger auch nach Entrichtung der Zwischendividende decken. Dies ergibt sich bereits aus den allgemeinen Dividendenvoraussetzungen und ist daher nichts Neues. Im Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsrat auch ohne diese Voraussetzung die Pflicht zur Finanzplanung hat. Unter den Begriff der Finanzplanung fällt namentlich die Sicherstellung einer ausreichenden Liquidität im Rahmen eines Liquiditätsplans sowie die Festlegung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Eigen- und Fremdkapital.

Würdigung

Es ist zu begrüssen, dass das Parlament mit Art. 675a des schweizerischen Obligationenrechts eine gesetzliche Grundlage für die Ausschüttung einer Zwischendividende geschaffen und in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Notwendigkeit eine statutarische Grundlage oder die Prüfung des Zwischenabschlusses in jedem Fall verzichtet hat. Für Zwischendividenden gelten damit seit dem 1. Januar 2023 grundsätzlich dieselben Voraussetzungen wie für die ordentliche Dividende. Dadurch werden Unsicherheiten für Aktionäre, Verwaltungsräte und Revisionsstellen in der Zukunft beseitigt. Damit bestehen klare gesetzliche Grundlagen, was einem Begehren der Wirtschaft entsprach und in Übereinstimmung mit zahlreichen anderen Rechtsordnungen ist.

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