Mehrwert: Berechnung des bestehenden Mehrwertes bei Mietende

Gemäss Art. 260a Abs. 3 OR hat der Vermieter gegenüber dem Mieter eine Entschädigung zu leisten, wenn das Mietobjekt bei Beendigung des Mietverhältnisses aufgrund von Erneuerungen oder Änderungen, denen der Vermieter schriftlich zugestimmt hat, einen erheblichen Mehrwert aufweist. Weder das Gesetz noch die Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG) definieren näher, unter welchen Umständen ein solcher Mehrwert anzunehmen ist. Im Streitfall steht daher dem Richter ein erhebliches Ermessen zu.

17.07.2025 Von: Urban Hulliger
Mehrwert

Rechtsgrundlagen

Anspruch auf Mehrwertentschädigung des Mieters aufgrund von mieterseitigen Änderungen oder Erneuerungen

Gemäss Gesetz gilt die Vermutung, dass der Vermieter nur dann auf das Recht verzichtet, vom Mieter die Entfernung mieterseitiger Ausbauten zu verlangen, wenn diese ihm einen Nutzen bringen. Dieser Nutzen kann darin bestehen, dass das Mietobjekt teurer weitervermietet werden kann, weil es beispielsweise über einen höheren Ausbaustandard verfügt als vor der Vornahme der mieterseitigen Ausbauten oder Erneuerungen. Der Mieter, der diesen höheren Standard durch seine eigenen mieterseitigen Erneuerungen oder Änderungen veranlasst und finanziert hat, soll im Gegenzug eine Entschädigung erhalten.

Der Gesetzgeber hat indessen bewusst darauf verzichtet, Einzelheiten zur Bestimmung eines Entschädigungsbetrags festzulegen. Er wollte dies aufgrund des dispositiven Charakters von Art. 260a Abs. 3 OR den Parteien überlassen.

Unabdingbare Voraussetzung dafür, dass der Mieter für mieterseitige Erneuerungen oder Änderungen überhaupt eine Entschädigung verlangen kann, ist was folgt:

  1. Schriftliche Zustimmung: Die Entschädigungspflicht setzt zwingend die schriftliche Zustimmung des Vermieters zu den baulichen Massnahmen voraus. Fehlt diese, besteht kein Anspruch.
  2. Erheblicher Mehrwert: Es muss ein objektiv erheblicher Mehrwert vorliegen. Geringfügige oder nur subjektiv nützliche Investitionen (z.B. Spezialausbauten für den Mieter) begründen keinen Anspruch.
  3. Keine Wegbedingung: Der Anspruch kann vertraglich ausgeschlossen werden. Es ist zulässig, im Mietvertrag zu vereinbaren, dass Mieterausbauten entschädigungslos ins Eigentum des Vermieters übergehen oder eine andere Regelung getroffen wird

Berechnung der Entschädigung

Das Gesetz schreibt keine bestimmte Berechnungsmethode vor. In der Lehre und Praxis werden zwei Hauptmethoden diskutiert:

  1. Amortisation der Investition: Linear über die Lebensdauer der Massnahme.
  2. Ertragswertmethode: Differenz des erzielbaren Mietzinses mit und ohne Ausbau, kapitalisiert über die Restlebensdauer.

Das Bundesgericht hat sich nicht auf eine Methode festgelegt, sondern betont, dass der Richter im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände (Investitionskosten, Nutzen für den Vermieter, Amortisation) entscheidet

Nach der Meinung des Bundesgerichts hat ein Richter im Streitfall aufgrund sämtlicher Umstände des Einzelfalles zu entscheiden, ob ein Mehrwert erheblich ist, insbesondere unter Berücksichtigung der seinerzeit vom Mieter aufgewendeten Kosten und der dem Vermieter entspringenden Vorteile (Urteil des Bundesgerichts 4C.97/2005 vom 18. August 2005, mit Hinweisen auf die Literatur).

Zur Vermeidung von Streitfällen ist den Parteien zu empfehlen, im Vertrag eindeutig zu regeln, ob und in welchem Umfang mieterseitige Ausbauten bei der Beendigung des Vertragsverhältnisses zu entschädigen sind. Hier ein Formulierungsvorschlag für eine solche Klausel: “Wird das Mietverhältnis ordentlich vor dem [Datum] aufgelöst, so verpflichtet sich der Vermieter, dem Mieter für nicht amortisierte Mieterausbauten, welche im Mietobjekt verbleiben, eine Entschädigung zu bezahlen, maximal berechnet auf den Betrag von CHF [..], linear abgeschrieben auf [..] Jahre, wobei angebrochene Jahre nicht mitgezählt werden.”

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