Kostenanalyse: Wie KI Ihre Kosten präzise analysiert

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Einleitung: Warum jetzt?
Die wirtschaftliche Lage ist angespannt. Unternehmen stehen unter Kostendruck, müssen flexibel bleiben und gleichzeitig effizient wirtschaften, und plötzlich kommen noch nicht kalkulierte Risiken dazu wie z. B. Zölle. Das klassische Kostenmanagement stösst hierbei schnell an seine Grenzen, insbesondere dann, wenn Entscheidungen auf veralteten oder lückenhaften Daten basieren.
Gleichzeitig nimmt die Datenmenge im Rechnungswesen kontinuierlich zu. Täglich fallen neue Buchungen, Planwerte und Abweichungen an. Diese Daten können als Informationsflut gewertet werden oder sinnvoll genutzt werden.
Genau hier setzt der Einsatz von künstlicher Intelligenz an. Die KI hilft, Muster zu erkennen, Prognosen zu erstellen und Entscheidungsgrundlagen datenbasiert abzusichern. Sie ist sicherlich kein Ersatz für fachliche Expertise, aber ein wirksames Instrument, um im Kostenmanagement agiler, verlässlicher und vorausschauender zu handeln.
Mögliche Anwendungsfelder
Die künstliche Intelligenz kann im Kostenmanagement Mehrwert bieten, vorausgesetzt, sie wird zielgerichtet eingesetzt. Der Hauptnutzen liegt nicht in der Beschleunigung von Prozessen, sondern vor allem in der Qualität der daraus resultierenden Entscheidungsgrundlagen.
Ein Beispiel ist die Automatisierung von der Kostenanalyse. Während früher manuell Excel- Reports erstellt werden mussten, können heute KI-Modelle wie GPT-gestützte Systeme oder spezialisierte Analytik-Plattformen eingesetzt werden. Diese erfassen Daten aus ERP-Systemen (z. B. SAP, Abacus), gleichen sie mit operativen Kennzahlen ab und generieren automatisch strukturierte Berichte. Mittels Natural Language Processing (NLP) können sogar Freitextfelder aus Buchungssätzen, Kommentaren oder internen Memos analysiert werden. So lassen sich etwa bei abweichenden Reisekosten Muster erkennen, die auf systematische Überbuchungen oder falsch gewählte Kostenträger hinweisen.
Auch die Verteilung von Gemeinkosten lässt sich mit KI deutlich verbessern. Etwa durch Clustering-Algorithmen, welche die Kostenobjekte anhand tatsächlicher Nutzungsmuster gruppieren. Eine IT-Kostenstelle lässt sich so in Anwendergruppen mit unterschiedlichem Supportbedarf oder variierender Softwarekomplexität aufteilen. Stellt sich dabei heraus, dass z. B. der Kundendienst deutlich mehr IT-Support benötigt als andere Abteilungen, kann das ein Hinweis auf fehlende digitale Kompetenzen und Anlass sein, gezielte Schulungen einzuplanen.
Die oft kritisierte Intransparenz bei Overhead- Zuweisungen lässt sich mit solchen Modellen deutlich reduzieren. In Unternehmen mit Shared Services oder Konzernstrukturen bringt das neue Steuerungsansätze.
Ein anderes Einsatzgebiet ist die Kostenarten- und Kostenstellenanalyse in Echtzeit. Moderne Systeme greifen auf aktuelle Buchungsdaten aus ERP- oder BI-Systemen zu und analysieren diese automatisiert. Die Ergebnisse werden dann eben nicht mehr manuell und periodisch aufbereitet, sondern fortlaufend auf Dashboards visualisiert. Auffälligkeiten, etwa ein sprunghafter Anstieg bei Fremdleistungen in einer bestimmten Abteilung, werden sofort gemeldet. In der Praxis bedeutet das, dass das Controlling nicht mehr bis zum Monatsabschluss warten muss, sondern am selben Tag Rücksprache mit dem Bereichsleiter halten und gezielt Massnahmen einleiten kann.
Prognosen auf Basis historischer Daten sind ein weiterer Anwendungsbereich. Ein Machine- Learning-Modell kann beispielsweise sämtliche Sachkonten und Kostenstellen der letzten drei bis fünf Jahre analysieren, saisonale Schwankungen, Einmaleffekte oder Preissprünge isolieren und daraus eine Prognose für die kommenden Perioden ableiten. Für ein mittelständisches Unternehmen im Dienstleistungsbereich könnte das konkret bedeuten: Die KI erkennt, dass im Herbst regelmässig die externen IT-Kosten steigen, da Lizenzen und Wartungsverträge zu diesem Zeitpunkt erneuert werden. Eine manuelle Planung würde diesen Effekt möglicherweise übersehen oder falsch gewichten.
KI ermöglicht zudem die frühzeitige Erkennung von Anomalien und Kostentreibern. Im Produktionsumfeld heisst das etwa: Wenn ein bestimmter Materialverbrauch plötzlich über dem Durchschnitt liegt, meldet das System eine Abweichung, bevor sich dies im Monatsreport niederschlägt. In Kombination mit Prozessdaten lassen sich auch Ursachen automatisiert eingrenzen: z. B. eine veränderte Losgrösse oder eine gestiegene Ausschussquote. Die Finance-Abteilung kann in solchen Fällen sofort Rücksprache mit dem Einkauf oder der Produktion halten, statt im Nachhinein aufzuklären, was bereits zu hohen Abweichungen geführt hat.
Besonders wirkungsvoll wird die KI dann, wenn datenbasierte Szenarien für Budgetierung und Ressourcenallokation genutzt werden. Nehmen wir ein exportierendes Medtech-Unternehmen mit mehreren Niederlassungen und dezentralen Budgets. Die KI simuliert unterschiedliche Szenarien:
- Wie verändern sich die Gesamtkosten, wenn die Zölle um 10% steigen?
- Wie wirkt sich eine geplante Personalaufstockung in einer Filiale auf die Profitabilität aus, nicht nur im Ist, sondern auch im Forecast?
Klassische Planungen arbeiten oft mit Hochrechnungen oder starren Wachstumsannahmen. Machine-Learning-Modelle hingegen analysieren vergangene Entwicklungen, externe Einflussfaktoren (wie Inflationsraten oder Marktentwicklung, geopolitische Einflüsse, Wetter etc.) und interne Treiber (z. B. Mitarbeiterauslastung, Absatzmenge). So entstehen Forecasts, die auf die reale Welt reagieren. Beispiel: Eine KI erkennt, dass gestiegene Lagerkosten nicht allein aus Mengeneffekten resultieren, sondern mit veränderten Lieferzyklen im Zusammenhang stehen. Die Finanzabteilung kann so gezielt planen und die Ursache verstehen.
Schliesslich spielt KI auch bei der Simulation von Einsparpotenzialen eine zentrale Rolle. Nehmen wir ein Unternehmen, das verschiedene Lieferanten für ein bestimmtes Bauteil einsetzt. Die KI kann unterschiedliche Szenarien durchspielen: Welche Einsparung ergibt sich bei Mengenbündelung? Wie wirkt sich ein Anbieterwechsel langfristig auf die Wartungskosten aus? Gleichzeitig lassen sich auch Prozesskosten simulieren, etwa bei einem neuen Rechnungsfreigabeverfahren. Die Systeme rechnen verschiedene Varianten gegeneinander, erkennen versteckte Nebeneffekte und liefern eine objektive Entscheidungsbasis.
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Konkrete Anwendung
Die zuvor beschriebenen Anwendungsfelder sind schön, aber Sie werden sich jetzt fragen: «Was heisst das konkret?» Nachfolgend wird deshalb beschrieben, wie der Einstieg umgesetzt werden kann.
Für den Start reicht Excel 365 mit Power Query völlig aus. Wichtig ist jedoch, dass die Datenbasis nicht einfach übernommen, sondern gezielt bereinigt und strukturiert wird. Sie müssen also prüfen, ob die Daten vollständig sind. Fehlen beispielsweise Kostenstellen, Buchungstexte oder Beträge müssen Sie bereinigen. Als nächsten Schritt sollten Sie Duplikate entfernen. Mit Power Query geht das in wenigen Klicks über «Duplikate entfernen» nach Auswahl des relevanten Schlüssels (z. B. Belegnummer + Datum). Anschliessend überprüfen Sie die Zahlenformate. Oft sind Beträge als Text formatiert oder enthalten Sonderheiten. Diese müssen einheitlich in Zahlen umgewandelt werden, sonst funktionieren Berechnungen und Forecasts nicht korrekt. Dafür nutzen Sie am besten die Spalten-Transformationen in Power Query (Datentyp ändern).
Sobald die Daten mit Power Query bereinigt und strukturiert wurden, beginnt die eigentliche Kostenanalyse. Wenn Sie mit Power BI arbeiten, laden Sie die aufbereitete Tabelle direkt in das Datenmodell. Wenn zusätzliche Strukturen vorhanden sind, etwa eine Kontenübersicht oder ein Schlüssel für Kostenstellen-Hierarchien, können diese verknüpft werden, um eine konsistente Auswertung zu ermöglichen. Im nächsten Schritt werden zentrale Kennzahlen definiert: z. B. Gesamtkosten pro Kostenstelle, Abweichungen zum Vorjahr oder bereinigte Durchschnittswerte. Auch spezifische Metriken wie «Kosten pro Mitarbeitenden» oder «Fixkostenquote» lassen sich mit wenigen Formeln abbilden.
Power BI ermöglicht es, diese Werte visuell aufzubereiten: So können Linien- und Balkendiagramme für zeitliche Entwicklungen, Matrix-Visualisierungen für Kostenarten oder interaktive Filtermenüs für einzelne Abteilungen erstellt werden. Gerade für das Controlling entstehen so Dashboards, die nicht mehr statisch sind und jederzeit aktualisiert und situationsbezogen analysiert werden können. Mithilfe integrierter KI-Funktionen lassen sich zudem Clusteranalysen erstellen, etwa um Kostenstellen mit ähnlichem Profil zu erkennen. Wenn Sie noch einen Schritt weitergehen wollen, können Sie Power BI mit Azure AutoML verbinden und eigene Prognosemodelle trainieren, um z. B. Kostenentwicklungen auf Quartalsebene vorherzusagen. Für wiederkehrende Berichte lässt sich ein automatisierter Export oder ein Power BI Gateway einrichten, sodass Daten laufend aktualisiert werden, ohne manuell eingreifen zu müssen.
Alternativ oder ergänzend können GPT-gestützte Tools wie ChatGPT eingesetzt werden. Dafür wird die bereinigte Excel- oder CSV-Datei hochgeladen, idealerweise im reduzierten Format mit den wichtigsten Feldern wie Datum, Kostenstelle, Betrag und Buchungstext. In einem ersten Schritt ist es sinnvoll, ChatGPT den Kontext zu erklären, zum Beispiel: «Das ist eine Übersicht der Personalkosten in Q1/Q2 pro Abteilung, mit Angaben zu Ist-Beträgen, Planwerten und Abweichungen. »
Dann lässt sich gezielt die Kostenanalyse per Prompt starten. Typische Fragen wären: «Welche Abteilungen weisen die grössten Abweichungen zum Vorjahr auf, und was könnten mögliche Ursachen sein?», oder: «Wie würde sich das Gesamtbudget verändern, wenn die Löhne um 5% steigen und gleichzeitig die externen Beraterkosten um 10% sinken?» Auch konkrete Forecasts lassen sich erzeugen: «Erstelle eine Prognose für Q3 und Q4 basierend auf den Vorjahreswerten und aktuellen Trends.» ChatGPT antwortet jeweils in Fliesstextform und kann auf Wunsch kommentierte Abschnitte für interne Berichte oder Management- Zusammenfassungen liefern.
Wichtig ist: ChatGPT hat keinen Zugriff auf Echtzeitdaten, sondern verarbeitet nur die bereitgestellten Informationen. Deshalb muss die Datenlage sauber vorbereitet und klar beschrieben sein. Ebenso ist entscheidend, dass der Einsatz von ChatGPT sorgfältig erfolgt. Vertrauliche oder personenbezogene Daten dürfen nur dann verarbeitet werden, wenn dies in einer geschützten, DSG-konformen Umgebung geschieht. In allen anderen Fällen sollte mit abstrahierten oder anonymisierten Daten gearbeitet werden.
Nutzen und Grenzen aus Sicht der Praxis
Der Einsatz von KI im Kostenmanagement bringt konkrete operative Vorteile. Gleichzeitig braucht es ein realistisches Verständnis für die Grenzen und Rahmenbedingungen solcher Systeme.
Ein zentraler Nutzen ist der Zeitgewinn durch Automatisierung. Aufgaben, die früher mehrere Stunden oder gar Tage beansprucht haben, lassen sich mit KI innerhalb von Minuten abbilden. Das entlastet Fachkräfte im Controlling und Rechnungswesen. Die gewonnene Zeit kann dann genutzt werden, um Ergebnisse zu interpretieren, mit Fachabteilungen in den Dialog zu gehen und steuerungsrelevante Empfehlungen abzuleiten (z. B. Schulung für Kundendienst Mitarbeitende).
Neben der Geschwindigkeit verbessert sich auch die Genauigkeit bei Plan-Ist-Vergleichen. KI erkennt Abweichungen früher und kann vor allem bei grossen Datenvolumen Muster erkennen. Dabei werden nicht nur absolute Abweichungen angezeigt, sondern auch mögliche Ursachen analysiert. Beispiel: Die KI stellt fest, dass die Personalkosten über dem Plan liegen und gleichzeitig die Produktivität gesunken ist, verbunden mit höheren Ausfällen durch Krankheitsfälle. Solche Zusammenhänge werden sichtbar, bevor sie sich im Periodenergebnis manifestieren.
Besonders für Führungskräfte ergibt sich ein grosser Mehrwert: Die Entscheidungsgrundlagen verbessern sich deutlich. Statt auf verallgemeinerte Reports angewiesen zu sein, erhalten Entscheidungsträger Echtzeitdaten, klare Szenarien und datenbasierte Handlungsempfehlungen.
Trotz aller Vorteile gibt es klare Stolpersteine, die nicht unterschätzt werden dürfen. Ein wesentliches Thema ist die Black-Box-Problematik. Viele KI-Modelle liefern zwar exakte Ergebnisse, erklären aber nicht nachvollziehbar, wie sie zu diesen kommen. Das kann zu Unsicherheit führen.
Auch Datenschutz ist ein kritischer Punkt. Wer sensible Finanz- oder Personaldaten analysiert, muss sicherstellen, dass die Systeme DSG-konform arbeiten, Zugriffsrechte klar geregelt sind und Daten nur dort verarbeitet werden, wo sie auch geschützt sind. Cloudlösungen müssen besonders geprüft werden, vor allem im Hinblick auf Hosting Standort, Zugriff durch Dritte und Datenlöschungspflichten.
Ein oft unterschätzter Aspekt ist das Change- Management. Der technologische Sprung ist nur die halbe Miete, die eigentliche Herausforderung liegt in der Integration in bestehende Strukturen, Rollen und Routinen. Fachbereiche müssen lernen, KI als Unterstützung zu begreifen, nicht als Ersatz und vor allem nicht als Wissensabfrage (ausser ein entsprechender KI-Agent wurde dazu gebaut). Gleichzeitig braucht es klare Prozesse, Zuständigkeiten und Schulungskonzepte. Nur so lässt sich die Akzeptanz langfristig sichern.