Planungsprozess Controlling: 8 konkrete Veränderungen

In einer zunehmend unbeständigen Welt kommt den Controlling- und Finanzverantwortlichen eine besonders wichtige Rolle bei der Schaffung von finanziellem Wert zu. Gleichzeitig müssen sie dringende Anforderungen bewältigen und die Finanzfunktion durch die aktuelle Welle technologiegetriebener organisatorischer Veränderungen führen. Daher gibt es zahlreiche Herausforderungen für Controlling- und Finanzverantwortliche im Zusammenhang mit der Organisation des Planungsprozess Controlling und Forecast-Prozesses.

11.08.2025 Von: Prof. Dr. Thomas Rautenstrauch
Planungsprozess Controlling

Einleitung zum Planungsprozess Controlling

Viele Finanzteams fokussieren sich auf die Prognosegenauigkeit und werden kritisert, wenn die Prognose nicht erreicht wird. Allerdings gilt es in Zeiten zunehmender Volatilität und Unsicherheit, neue Planungs- und Erfolgskriterien einzuführen.

Aus diesem Grund plädiert McKinsey dafür, die nachfolgenden Prioritäten im Planungsprozess Controlling zu berücksichtigen. So hat McKinsey zu den wichtigsten strategischen Werttreibern, die den Erfolg eines Unternehmens bestimmen, acht signifikante Veränderungen hervorgehoben. Hierfür sollte der CFO die Führung bei dieser Arbeit übernehmen, da es hier um Planung und Ressourcenzuweisung geht, die regelmässig in den Zuständigkeitsbereich des CFO fallen. Schliesslich nennen die meisten Finanzverantwortlichen die strategische Planung und die langfristige Ressourcenzuweisung und -planung als oberste Prioritäten im Finanzbereich.

Acht Schritte für das Redesign des Planungsprozess Controlling

1. Strategie als Reise: Die Realität ändert sich nicht in einem festen Rhythmus, und daher sollten Unternehmen darauf vorbereitet sein, die Strategie zu diskutieren, wann immer sie relevant ist.

Die meisten Unternehmen erstellen strategische Pläne mit einem Zeithorizont von drei bis fünf Jahren, was sinnvoll ist, wenn man den Kurs bei Bedarf anpassen kann. Allerdings gelten die folgenden Regeln als Erfolgskriterien hierbei:

a. Wenn Sie Entscheidungen treffen, sollten Sie Ihre Planungsannahmen dokumentieren, um jederzeit zur Nachvollziehbarkeit Ihrer Planungsrechnung Stellung nehmen zu können.

b. Legen Sie ein Konfidenzintervall für Ihre Annahmen fest, denn dieses ist das Ergebnis von Intervallschätzungen und stellt einen statistisch berechneten Wertebereich für die Beobachtungsgrössen (z.B. EBITDA o.a.) dar.

c. Sie sollten eine Entscheidung in Verbindung mit einer Massnahme empfehlen, sobald die Realität (Ist) das festgelegte Konfidenzintervall überschreitet.

2. Echte Alternativen entwickeln und diskutieren: Ein Plan ohne Alternativen ist selten ein guter Plan; daher sollte jede Empfehlung, die abgegeben wird, eine Diskussion über die tatsächlichen Alternativen beinhalten.

Bei der strategischen Planung geht es darum, Entscheidungen zu treffen, sofern etwas zur Auswahl steht. Controlling-Verantwortliche sollten sich mehr Gedanken darüber machen, welche Entscheidungsvorlage sie einbringen wollen. Dazu gilt es die Vor- und Nachteile der einzelnen Alternativen abzuwägen, ohne Ihren eigenen Favoriten zu bevorzugen. Dies wird zu einer qualitativ hochwertigeren strategischen Diskussion beitragen und im Ergebnis zu besseren Entscheidungen führen.

3. Schwerpunkte setzen anstelle von kleinen Sprüngen: Zu oft müssen die Unternehmensressourcen auf zu viele Initiativen verteilt werden. Stattdessen sollten bahnbrechende Geschäftsmöglichkeiten identifiziert und verfolgt werden.

Statt mit vielen kleineren Projekten vorzugehen, empfiehlt sich eine kritische Überprüfung der aktuellen Investitions- und Projektpläne im Hinblick auf deren Realisierung. Ein optimaler Dialog mit den Projektverantwortlichen sollte dahingehend Klarheit bringen, ob jedes Projekt über die idealen Ressourcen für den Erfolg verfügt. Ist dies nicht der Fall, sollte stattdessen sorgfältig geprüft werden, welche Initiativen aller Voraussicht nach den grössten Nutzen für die Unternehmung bringen. Selbst wenn alle Projekte über die erforderlichen Ressourcen verfügen, sollten Projekte mit dem höchsten ROI favorisiert und stattdessen renditeschwache Projekte ausnahmslos gestrichen werden.

4. Grosse Fortschritte: Echte Wertsteigerung setzt voraus, grössere Schritte als die Wettbewerber zu machen, um auf der Leistungskurve nach oben zu kommen.

Die grössten Fortschritte liegen in den Bereichen Mergers & Acquisitions (M&A), Ressourcenzuweisung, Investitionen, Produktivitätssteigerung und Differenzierung. Jede dieser Wachstums- bzw. Entscheidungsoptionen sollte aus einem spezifischen Unternehmensstandpunkt heraus beurteilt werden. Dabei sollte sich die Entscheidung danach richten, welche Option am besten zum Unternehmen und seiner aktuellen Situation passt. Erstellen Sie dafür unterschiedliche Szenarien und Simulationen ebenso wie einen Business Case für jeden Schritt. Diese bilden die Basis für die Diskussionen in der Geschäftsleitung im Rahmen der Entscheidungsfindung. Die Entscheidung für oder gegen diese Art von Optionen ist für jede Unternehmung von kritischer Bedeutung.

5. Liquide Ressourcen: Wenn Sie all Ihre Ressourcen in das Budget einplanen, sind Sie nicht wendig, wenn sich die Realität ändert. Stellen Sie sicher, dass Sie über mindestens 20% liquide Mittel verfügen, um die Gunst der Stunde zu nutzen.

Zahlreiche Unternehmen haben einen grossen Teil ihrer Ressourcen in bestehenden Geschäften und zukünftigen Investitionen gebunden. Das lässt ihnen wenig Spielraum, um eine sich bietende Gelegenheit zu ergreifen. Finanzverantwortliche sollten deshalb dafür sorgen, dass ein Plan zur Freisetzung von bis zu 20% der gesamten Unternehmensressourcen jederzeit umgesetzt werden kann. Daher gilt es zunächst zu prüfen, wie viel vom Budget derzeit in festen Ausgaben gebunden ist, und wenn es mehr als 80% sind, erstellen Sie einen Plan zur Freisetzung von Ressourcen. Damit ermöglichen Sie sich, in Ihrem aktuellen Strategieportfolio neue strategische Optionen aufzunehmen. Wenn sich bessere Möglichkeiten als Ihre aktuellen Projekte bieten, sollten Sie benötigte Ressourcen freisetzen und die Situation nutzen.

6. Offene Risikoportfolios: Anstatt die Ziele auf die lange Bank zu schieben, sollten die Finanzverantwortlichen ehrgeizig sein und ihre besten Pläne vorstellen. Dies gibt ihnen die Möglichkeit, Risiken im Portfolio offen zu diskutieren.

Die Risikobereitschaft in den Unternehmen sollte von Offenheit geprägt sein. In vielen Unternehmen werden die Erfolgsaussichten absichtlich herabsetzt, um mehr als die erwarteten Ergebnisse zu erzielen, was unnötig viele Ressourcen bindet. Es ist besser, genau das zu fordern, was benötigt wird, und dann die Risiken aufzuzeigen, die mit einer anderen Entwicklung verbunden sind. Um zu beurteilen, wie der Umgang mit Risiken erfolgen sollte, ist ein Stakeholder-Dialog unverzichtbar. Dazu gehört es auch, darüber nachdenken, wie das Unternehmen seine aktuelle Strategie/seinen aktuellen Plan erstellt hat, wobei zu jeder geplanten Initiative auch eine Wahrscheinlichkeitsbewertung erfolgen sollte.

7. Ganzheitliche Sichtweise: Erstellen Sie eine unausgewogene Scorecard, die sowohl die wichtigsten Finanzdaten als auch die wichtigsten strategischen Massnahmen mit einer skizzierten Erfolgswahrscheinlichkeit enthält.

Diejenigen, die das Budget einhalten oder übertreffen, gelten in vielen Unternehmen als Vorbilder. Was aber, wenn derjenige, der das Budget immer übertrifft, auch am konservativsten vorgeht? Was, wenn derjenige, der das Budget in der Regel nicht einhält, mehr Wert schafft als die konservativen Budgetübertreter? Aus diesem Grund sollte überlegt werden, wie die Leistung im Unternehmen gemessen und bewertet wird. Werden konservatives Denken und Risikobereitschaft gleichermassen honoriert, wenn beide erfolgreich sind? Es empfiehlt sich somit eine risikoneutrale Perspektive, um die Leistung von Führungskräften neu zu bewerten.

8. Forcieren Sie den ersten Schritt: Zunächst gliedern Sie Ihre grossen Schritte in Sechs- bis Zwölfmonatsschritte, um transparent zu machen, was wann erreicht werden muss, und um die Möglichkeit zu geben, die Strategie in den ersten sechs Monaten zu testen.

Planung ist leider nur die halbe Reise, heisst es. Es gibt jedoch keine Reise, wenn der erste Schritt nicht getan wird. Bei der Strategieplanung besteht die Gefahr, dass die ersten grundlegenden Schritte nicht oder nur halbherzig unternommen werden, während der Betrieb wie gewohnt weiterläuft. Deshalb sollten Controlling- und Finanzverantwortliche darauf drängen, dass die ersten Schritte unternommen werden. Wichtig erscheint daher, die aktuelle Strategie auf konkret geplante Schritte zu prüfen. Gibt es Sechsmonatsetappenziele? Sind die Sechsmonatsmeilensteine in detaillierte weitere Schritte für die Ausführung unterteilt? Wenn die Antwort auf beide Fragen «Ja» lautet, sollten Sie sich überlegen, wie Sie diese Schritte weiterverfolgen und welche Feedbackschleife Sie einrichten.

Der Planungsprozess Controlling geht weit über zahlenmässige Zusammenhänge hinaus, aber leider wird dieser in vielen Unternehmen weltweit darauf reduziert. Für Controlling und Finanzen ist es nicht leicht, jahrzehntelang praktizierte Vorgehensweisen zu ändern, und doch ist dies zu empfehlen.

Fazit zum Planungsprozess Controlling

Die besten CFOs stellen elementare Fragen und konzentrieren sich dabei auf zentrale, strategische Aspekte wie die Erschliessung neuer Wachstumsquellen und die Erzielung der höchsten risikobereinigten Rendite für das Unternehmenskapital. Sie stellen auch sicher, dass sie über disziplinierte Strategieentwicklungsprozesse verfügen, mit Kennzahlen, die in den üblichen Finanzbegriffen ausgedrückt werden (z.B. Umsatz und Umsatzkosten), und Geschäftskennzahlen, die sich direkt auf die Finanzergebnisse auswirken (z.B. Kundenbindungsrate oder Lagerumschlag). Klare strategiebasierte Ziele ermöglichen eine einfache Nachverfolgung, machen die Mitarbeiter für die Ergebnisse verantwortlich und tragen zur Maximierung der Wertschöpfung bei. Dabei bildet der drei- bis fünfjährige Strategieplan einen Startpunkt für die Ziele im kommenden Jahr und deren Abbildung in der Budgetierung. Daher gilt es, die Anreizstruktur des Unternehmens zu kennen und zusammen mit den aktuellen Fähigkeiten und IT-Systemen und -Tools der Unternehmung zielorientiert auszurichten.

Literatur- und Quellenhinweise

McKinsey: Six ways CFOs find the time to unlock their full potential, 15. April 2024, online: Six ways to succeed as a strategic CFO | McKinsey

McKinsey: Toward the long term: CFO perspectives on the future of finance, 18. July 2024, online: CFO perspectives on the future of finance | McKinsey

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