Rezession: Kernaufgaben des Controllings in der Krise

Als Rezession wird eine Phase des wirtschaftlichen Abschwungs verstanden. Diese gilt als bestätigt, wenn die gesamtwirtschaftliche Leistung gemessen durch das Bruttoinlandsprodukt eines Landes (BIP) in mindestens zwei aufeinanderfolgenden Quartalen sinkt bzw. negativ wächst.

16.06.2025 Von: Prof. Dr. Thomas Rautenstrauch
Rezession

Einleitung

Im Unterschied zur Wirtschaftskrise handelt es sich bei einer Rezession jedoch um einen temporären, also zeitlich befristeten Rückgang der Wirtschaftstätigkeit, der sich nach einiger Zeit wieder erholt.

Das Phänomen Rezession stellt im Vergleich zur Wirtschaftskrise kein aussergewöhnliches Ereignis dar, sondern wird eher als ein regelmässig wiederkehrender Teil des Konjunkturzyklus beurteilt. Allerdings müssen sich Unternehmen darauf einstellen, indem sie frühzeitig Anpassungsstrategien entwickeln, um sowohl die kurzfristigen Herausforderungen zu meistern als auch gestärkt in den Aufschwung zu starten.

Für die Finanzverantwortlichen, insbesondere das Controlling, ist eine Rezession daher eine besondere Herausforderung für die Steuerung und Koordination, in der es um weit mehr als nur Kostensenkungen geht. Vor diesem Hintergrund werden im vorliegenden Beitrag die Herausforderungen durch eine Rezession für das Controlling behandelt.

Merkmale einer Rezession

Zu den zentralen Erkennungsmerkmalen einer Rezession im Sinne eines temporären wirtschaftlichen Absprungs gelten:

  1. Nachfrage- und Produktionsrückgang

    Unternehmen verkaufen weniger Produkte und Dienstleistungen mit der Folge eines Rückgangs der industriellen Produktion und Dienstleistungsaktivitäten.

  2. Steigende Arbeitslosigkeit

    Unternehmen reagieren auf die sinkenden Umsätze mit Entlassungen oder Kurzarbeit. Zudem steigt aus gesamtwirtschaftlicher Sicht die Arbeitslosenquote, was die Konsumnachfrage weiter senkt.

  3. Rückgang von Investitionen

    Unternehmen investieren weniger in Maschinen, Forschung und Entwicklung. Auch Banken reagieren auf den wirtschaftlichen Abschwung und das zunehmende Risiko für Unternehmen, indem sie weniger Kredite vergeben als bisher.

  4. Preisdruck und Gewinneinbrüche

    Durch den Nachfragerückgang geraten Unternehmen unter Preisdruck. Dies führt zu sinkenden Gewinnen, was wiederum zu weiter notwendigen Kosteneinsparungen führt.

  5. Staatliche Gegenmassnahmen

    Zentralbanken senken oft die Zinsen, um Investitionen und Konsum zu stimulieren, während Regierungen auf Konjunkturprogramme setzen, die sich beispielsweise als Steuererleichterungen oder staatliche Infrastrukturprojekte zeigen.

Zu den wichtigsten Indikatoren einer Rezession werden hohe Zinssätze, sinkende Nachfrage, Finanzkrisen, Rückgang der Investitionen, externe Schocks (München Business School).

Auch wenn Rezessionen typischerweise im Abstand von etwa zehn Jahren auftreten, liegt die wesentliche Herausforderung aus Sicht des Managements der Unternehmen darin, eine Balance zwischen schnellen Anpassungen und der gleichzeitigen Sicherung zukünftiger Wachstumschancen zu finden (Kormann, 2024).

Lehren aus vergangenen Rezessionen

Gemäss einer Untersuchung der Harvard University von Dezember 2008, bei der die Entwicklung von 4700 Unternehmen in drei Krisen anhand ihrer Finanzdaten in der Compustat-Datenbank von Standard & Poor's ausgewertet wurde, ergeben sich folgende Erkenntnisse für das Controlling in einer Rezession:

  • 17% der untersuchten Unternehmen überlebten die Rezession nicht. Sie gingen in den Konkurs, wurden aufgekauft oder von der Börse genommen. Für die Überlebenden dauerte die Erholung schmerzhaft lange; etwa 80% von ihnen hatten auch drei Jahre nach dem Ende der Rezession ihre vorherigen Wachstumsraten bei Umsatz und Gewinn nicht wieder erreicht – 40% schafften es nicht einmal, nach drei Jahren wieder auf dieselben absoluten Werte zu kommen. Nur knapp 9% der Unternehmen florierten nach einer Rezession wieder und schnitten bei wichtigen Finanzkennzahlen besser ab als vorher bzw. wuchsen bei Umsatz und Gewinn mindestens um 10% stärker als Konkurrenten in ihrer Branche.
  • Diejenigen Unternehmen haben die besten Chancen, die geschickt die Balance zwischen schnellen Sparmassnahmen und nötigen Investitionen in die Zukunft finden.
  • Unter den Gewinnern dieser Krisen gibt es eine kleinere Gruppe, die eine bestimmte Kombination aus defensiven und offensiven Maßnahmen einsetzte. Bei dieser ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie den Rest ihrer Branche hinter sich lassen kann, mit 37 % am höchsten. Solche Unternehmen senken die Kosten selektiv, indem sie sich stärker auf effiziente Betriebsabläufe konzentrieren als ihre Konkurrenten. Doch zugleich investieren sie umfassend in die Zukunft, indem sie mehr Geld für Marketing, Forschung und Entwicklung sowie neue Assets ausgeben. Eine solche mehrseitige Strategie ist die beste Antwort auf eine Rezession.

Somit sind Unternehmen, die nicht nur frühzeitig handeln, sondern auch langfristig denken, im Vorteil und können aus einer Rezession gestärkt hervorgehen. Daher tut das Controlling gut daran, die Führungskräfte in einer Rezession dahin gehend zu beraten, sowohl präventiv mit Einschnitten als auch expansiv mit erhöhten Ausgaben für solche Bereiche zu reagieren, die unabhängig von einer Rezession zentrale Wachstumstreiber darstellen.

Kernaufgaben des Controllings in der Rezession

Für das Controlling ergeben sich die folgenden Handlungsfelder in der Rezession:

1. Frühwarnsysteme und Risikoanalyse

Die rechtzeitige Erkennung einer Rezession gilt als Schlüsselfaktor, weshalb der Aufbau und die kontinuierliche Überwachung von Frühindikatoren unverzichtbar sind. Zu den typischen Indikatoren einer Rezession, welche durch ein Frühwarnsystem erkannt werden sollten, zählen:

  • Auftragseingänge und Bestellmengen
  • Kundenstornierungen und Lagerbestände
  • Einkaufsmanagerindizes und Konjunkturprognosen
  • Liquiditätsstatus und Working-Capital-Kennzahlen (z.B. Lagerumschlag, Debitorenfrist u.a.)

Zu den Aufgaben eines adäquaten Frühwarnsystems gehören neben der Simulation verschiedener Rezessionsszenarien auch die Erarbeitung von Notfallplänen und die Identifikation der finanziellen «Limite», ab welchem Umsatzrückgang es kritisch wird. Damit ein Frühwarnsystem seine Aufgabe zuverlässig übernimmt, sind folgende Bestandteile unverzichtbar:

  • gleitende 12-Monats-Durchschnitte, die strukturelle Veränderungen frühzeitig erkennen lassen
  • Szenario-Analysen, die Worst-Case-Szenarien für Umsatz- und Gewinnrückgänge simulieren, um mögliche Auswirkungen besser abschätzen zu können

2. Liquiditäts- und Finanzmanagement

«Cash is King» ist ein Slogan, der in der Rezession umso wichtiger wiegt, weil es vor allem Liquiditätsengpässe sind, die in der Rezession zum schnellen Firmenkonkurs führen. Allerdings ist es wichtig zu beachten, dass Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit zwar unterschiedliche Konkursgründe sind, aber oft miteinander zusammenhängen. Während Überschuldung bedeutet, dass die Schulden grösser sind als das Vermögen, bezieht sich Zahlungsunfähigkeit auf die Unfähigkeit, fällige Verbindlichkeiten zu begleichen. Aus Controlling-Perspektive ergibt sich deshalb die Anforderung, dass die Unternehmen frühzeitig Kapitalreserven schaffen müssen, was ihnen einen Risikopuffer verschafft.

Zu den weiteren Massnahmen für das Controlling zur Verbesserung der Zahlungsfähigkeit gelten:

  • Optimierung des Working Capital durch die Verbesserung des Forderungsmanagements, was zu schnelleren Zahlungseingänge führt, sowie die Reduktion der Lagerbestände, ohne die eigene Lieferfähigkeit zu gefährden. Ausserdem kann die Verlängerung der Zahlungsziele mit Lieferanten die Liquidität kurzfristig verbessern bzw. schützen.
  • Finanzierungsquellen absichern, indem frühzeitig Verhandlungen mit Banken über Kreditlinien geführt werden. Ausserdem gilt es, geeignete Vermögenswerte zu identifizieren, die sich rasch liquidieren lassen (z.B. Immobilien-Sale-and-lease-back).
  • Cashflow-Management intensivieren, indem ein tägliches bis wöchentliches Monitoring der Liquiditätsentwicklung sowie Szenario-Analysen zu potenziellen Engpässen durchgeführt werden.

3. Kostenmanagement und Produktivitätssteigerung

In der Rezession müssen Unternehmen Kosten senken, ohne ihre Zukunftsfähigkeit zu gefährden. Viele Unternehmen machen dabei jedoch den Fehler, zu wenig differenzierte Sparprogramme anzugehen, um «pauschal zu sparen», anstatt gezielt zu investieren.

Besser geeignet wären dagegen die folgenden Massnahmen aus Sicht des Controllings:

  • Einsparungspotenziale im Einkauf realisieren: Materialkostensenkungen lassen sich durch Verhandlungen mit Lieferanten, durch die Überprüfung der Stücklisten und Konstruktionen auf günstigere Alternativen sowie durch das Outsourcing realisieren. Letzere Variante führt zudem zu einer Flexibilisierung der Kostenstruktur, da fixe Kosten durch variable Kosten ersetzt werden.
  • Effizienzsteigerung durch Prozessoptimierung, indem beispielsweise Stillstandzeiten und Engpässe in der Produktion reduziert und Digitalisierungspotenziale durch automatisierte Buchhaltung oder Prozessrobotik im Finanzbereich gezielt eingesetzt werden.
  • Überprüfung der Fixkostenstruktur durch die Identifikation nicht zwingend notwendiger Ausgaben (z.B. Marketingbudget-Optimierung) sowie die Einführung flexibler Gehaltsbestandteile (z.B. Erfolgsbeteiligung statt fixer Lohnerhöhungen).

4. Personal- und Kapazitätssteuerung

Personalkosten gehören in vielen Branchen und Unternehmen zu den wichtigsten Kostenarten gemessen am gesamten Kostenvolumen einer Periode. Folglich sind es vor allem die Personalkosten, die im Zuge einer Rezession besondere Aufmerksamkeit verdienen. So kann ein zu später Abbau der Personalkosten bei nicht ausgelasteter Kapazität im Zusammenhang mit der Rezession zu erheblichen Kostennachteilen in Form von Leerkosten (= Kosten der nicht genutzten Kapazität) führen und die langfristige Existenzfähigkeit der Unternehmung beeinträchtigen (Kormann, 2024). Ebenfalls zu vermeiden ist ein zu drastischer Personalabbau im Zusammenhang mit einer Rezession, weil dann zum Ende der Rezession für den Übergang zum Normalzustand deutlich zu wenige Fach- und Führungskräfte vorhanden sein können und in einer Situation des Fachkräftemangels die langfristige Existenzfähigkeit des Unternehmens ebenso gefährdet werden kann.

Für das Controlling heisst das, das es mittels der folgenden Massnahmen zur zielgerichteten Steuerung der Personalkapazität beitragen bzw. diese durch Wirtschaftlichkeitsrechnungen und notwendige Transparenz unterstützen sollte:

  • Frühzeitige Steuerung der Personalkapazität: Empfehlenswert erscheint in dieser Phase der aufkommenden Rezession ein Einstellungsstopp in allen für die betriebliche Wertschöpfung nicht essenziellen Bereichen. Zusätzlich sind Massnahmen zur Flexibilisierung der Arbeitskräfte zu treffen, sodass beispielsweise durch die Nutzung flexibler Arbeitszeitmodelle und Arbeitszeitkonten die Anzahl der ansonsten erforderlich werdenden Kündigungen reduziert werden kann. Ebenso kann durch frühzeitige Umschulungen für betroffene Mitarbeiter eine Verlagerung von Humankapital in besser ausgelastete Unternehmensbereiche erfolgen, was wiederum die Anzahl der Kündigungen reduzieren kann.
  • Geordneter Personalabbau als letzte Option: Im Fall, dass ein Personalabbau unumgänglich wird, sollte das Controlling daran mitwirken, zur Diskussion stehende Abfindungsmodelle sorgfältig zu kalkulieren. Mögliche Spannungsfelder mit der langfristigen Personalbedarfsplanung sind hierbei genauso zu berücksichtigen wie auch die mögliche Nutzung von Kurzarbeit, wenn eine mittelfristige Erholung absehbar ist.

5. Preispolitik und Ertragssteuerung

Im Hinblick auf preispolitische Praxis lässt sich nicht selten beobachten, dass Unternehmen in der Rezession versuchen, durch Preisnachlässe kurzfristig Marktanteile zu sichern. Dies wird jedoch zu Recht sehr klar kritisiert, da solche Preisnachlässe langfristig nicht mehr rückgängig gemacht werden können (Kormann, 2024).

Aus Sicht des Controllings gilt es vielmehr, im Bereich der Preispolitik und Ertragssteuerung darauf zu achten, dass stattdessen mit den folgenden Massnahmen bessere Wirkungen erzielt werden können:

  • Kalkulation der Mindestpreise: Festlegung von Preisuntergrenzen im Vertrieb, um einen ruinösen Wettbewerb zu vermeiden. Anpassung der Deckungsbeitragsrechnung anpassen, um langfristige Rentabilität sicherzustellen.
  • Alternative Preisstrategien entwickeln: zusätzliche Serviceangebote statt Preisreduktionen (z.B. kostenlose Wartungsverträge); Einführung von kleineren Produktpaketen, um Preissteigerungen zu kaschieren; „unsichtbare Preiserhöhungen“ (z.B. durch Reduzierung von Zusatzleistungen).

6. Strategische Planung und Investitionen

Aus Sicht der strategischen Planung und der Umsetzung strategischer Ziele durch Investitionen gilt eine antizyklische Strategie als erfolgreicher Ansatz, bei dem Unternehmen in der Krise gezielt investieren, um gestärkt aus ihr hervorzugehen (Kormann).

Für das Controlling empfehlen sich in diesem Zusammenhang folgende Massnahmen:

  • Identifikation strategischer Investitionen: Digitalisierung und Automatisierung zur Effizienzsteigerung; Investition in strategisch wichtige Maschinen oder Technologien. Im Falle attraktiver Kaufgelegenheiten gelten Zukäufe von Unternehmen als aussichtsreich, die durch die Krise geschwächt wurden.
  • Evaluierung antizyklischer Wachstumsstrategien: Erschliessung neuer Märkte oder Produkte sowie der Aufbau langfristiger Partnerschaften mit strategischen Lieferanten bzw. Partnern aufbauen; Nutzung von Förderprogrammen für Innovationen durch den Aufbau und die Pflege von Kontakten zu Hochschulen und Forschungsinstitutionen.

Fazit

Das Controlling spielt in der Rezession eine zentrale Rolle als strategischer Navigator.
Statt nur auf Kostensenkungen zu setzen, sollte das Controlling eine ganzheitliche Strategie verfolgen, die Frühwarnsysteme, Liquiditätssteuerung, Kapazitätsanpassung und antizyklische Investitionen umfasst.

Die Bewältigung von Unternehmenskrisen während einer Rezession ist keine leichte Aufgabe, aber mit den richtigen Strategien kann Ihr Unternehmen Widerstandsfähigkeit aufbauen und gestärkt daraus hervorgehen. Wenn Sie sich auf den Cashflow konzentrieren, starke Kontinuitätspläne aufrechterhalten und in Ihre Mitarbeiter und Prozesse investieren, kann Ihr Unternehmen nicht nur überleben, sondern sich auch für den künftigen Erfolg positionieren.

Literatur- und Quellenhinweise

Ranjay Gulati; Nitin Nohria; Franz Wohlgezogen: Krisenmanagement – Wie Sie im Aufschwung durchstarten, Harvard Business Manager, Edition 1/2020, online: Krisenmanagement: So kommen Unternehmen besser aus der Rezession – manager

Kormann, H. (2024): Rezessionsmanagement: Die Vorbereitung des Aufschwungs, Springer Gabler Wiesbaden.

München Business School: Rezession – einfach erklärt, online: www.munich-business-school.de/l/bwl-lexikon/finanzwissen/rezession

Weber, J.; Zubler, S. (2012): Controlling in Zeiten der Krise – Wirkungen und Maßnahmen, Reihe Advanced Controlling, Band 73, Ernst & Sohn.

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