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Agile Unternehmensplanung: Die Treiber einer agilen Planung

Der Trend zu einer agilen Unternehmungsplanung ist angesichts der Anforderungen an eine deutlich höhere Anpassungs- und Reaktionsfähigkeit der Unternehmen unübersehbar geworden. Die hohe Umweltdynamik erfordert auch in den Unternehmen schnellere Entscheidungsprozesse, die ein herkömmliches, an festen Strukturen orientiertes Planungsvorgehen zum Teil als nicht zielführend auszeichnen. Gerade Controllerinnen und Controller können daher einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg einer agilen Unternehmungsplanung und -führung leisten, da die schnelle und flexible Bereitstellung von wichtigen Informationen auch zu einer höheren Effizienz von Entscheidungsprozessen beiträgt. Der vorliegende Beitrag behandelt daher das Thema Agilität aus Sicht der Unternehmensplanung.

30.08.2022 Von: Prof. Dr. Thomas Rautenstrauch
Agile Unternehmensplanung

Verständnis von Agilität

Agilität ist weit mehr als eine Sammlung moderner Methoden und Tools, sondern umfasst ebenso neue Konzepte, Denk- und Herangehensweisen, weshalb häufig auch von einem neuen agilen Mindset die Rede ist. Dabei steht weniger der Prozess im Vordergrund als vielmehr der Mehrwert für den Kunden und seine Bedürfnisse. Agilität einfach nur als schnellere Reaktionsfähigkeit auf geänderte Umfeldbedingungen zu interpretieren, greift jedoch zu kurz. So kann mit Hofert (2016, S. 5) der Begriff Agilität wie folgt definiert werden:

«Agilität ist die Fähigkeit von Teams und Organisationen, in einem unsicheren, sich verändernden und dynamischen Umfeld flexibel, anpassungsfähig und schnell zu agieren.»

So verstanden erscheint höchst plausibel, dass Agilität für Organisationen als eine wichtige Voraussetzung für eine kontinuierliche Anpassung an veränderte Umweltbedingungen und schliesslich zugleich für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit gilt (Häusling & Kahl, 2018). Doch auch wenn der Begriff Agilität neu erscheint, so ist das dahinterliegende Begriffsverständnis bei Weitem keine neue Erscheinung.

Überträgt man die Agilität auf die Unternehmensplanung, so darf jedoch nicht erwartet werden, dass das gesamte bisherige Planungsgeschehen nunmehr ausser Kraft gesetzt wird und nur noch eine reaktive Anpassung auf situative Änderungen zum Credo wird. Allerdings wird durch einen Wechsel zur agilen Planung das bisherige Planungsvorgehen vollständig hinterfragt.

VUKA als Auslöser für die Entwicklung eines agilen Planungsansatzes

Megatrends wie die Globalisierung und Digitalisierung verändern die Rahmenbedingungen der Unternehmen überall und führen zu erhöhter Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität, kurz VUKA. Hiervon betroffen ist auch die Controlling-Funktion, welche sich im Rahmen ihrer Verantwortung für die Planungskoordination und -moderation den Herausforderungen von VUKA stellen muss.

Während das Controlling traditionell eher eine Navigationsaufgabe übernimmt, ist es im agilen Modell anders. Hier hat das Controlling eine umfassendere Verantwortung, weil es die notwendigen Informationen aufbereitet, diese für die Führungsebene bereitstellt und den Entscheidungsprozess bis zum Schluss begleitet. Zwei Prinzipien können für das agile Controlling als Anregung dienen (Kreuzer, 2019): Transparenz und die Verbindung zwischen Stabilität und Agilität. Gemäss dem ersten Prinzip soll jedes Team über die Fortschritte aller anderen Teams informiert sein, während das Controlling nach dem zweiten Prinzip eine stabile und wesentliche Basis für Agilität schaffen soll.

Die Digitalisierung wird als Treiber der Agilität betrachtet, wobei die digitale Transformation das Controlling in erheblichem Masse betrifft, in dem der Einfluss der Digitalisierung von der Steuerungslogik über die Planung und das Forecasting bis zur Berichterstattung geht. Vor allem neue Software-Technologien entlasten zunehmend von Routineentscheidungen und können dazu führen, dass Unternehmensentscheidungen zukünftig agiler, flexibler und schneller getroffen werden. Für die zukünftige Rolle des Controllers werden sich auch neue Aufgaben im Rahmen des Datenmanagements ergeben, wobei traditionelle Controlling-Aufgaben in den Bereichen Planung, Forecasting und Reporting eher zurückgehen werden (Nobach et al., 2020). Folglich wird das Controlling seine Unterstützungsfunktion für das Management bei der Bewältigung der VUKA-Herausforderungen mithilfe der digitalen Transformation anders als bisher gestalten müssen. Daraus ergibt sich eine grosse Chance für den Controller, seine Position als Business-Partner im Unternehmen zu etablieren (Lehmann et al., 2021).

Treiber einer agilen Planung

Die Frage nach der optimalen Planungsart ist in den letzten Jahren intensiv diskutiert worden, da in den Unternehmen vor allem die traditionelle Planung und Budgetierung nicht mehr als zeitgemäss beurteilt wird. Das Konzept der agilen Planung beruft sich auf verschiedene Treiber, die die Unternehmen dazu bewegen, sich mit dem Thema Agilität auseinanderzusetzen. Hierbei wird zwischen externen und internen Treibern unterschieden (Häusling und Kahl, 2018).

Externe Truppe

Aus der Leadership-Sicht wird Agilität häufig als eine Revolution des Arbeitsumfelds betrachtet. Ob Agilität einen Mehrwert für ein Unternehmen darstellt, ist jedoch von mehreren Faktoren abhängig. Da die Unternehmen durch ihre Umwelt beeinflusst und geprägt sind, gibt es verschiedene externe Treiber, die nachfolgend beschrieben werden:

Digitalisierung

Der Begriff „Digitalisierung" hat als Megatrend in den letzten Jahren enorm an Popularität gewonnen. Unter diesem Begriff werden die Veränderungen von Prozessen bezeichnet, welche dank digitaler Unterstützung schneller und effizienter ausgeführt werden können (Häusling & Kahl, 2018). Durch den Fortschritt in der Technologiebranche ist es heutzutage möglich, in immer kürzeren zeitlichen Abständen gewünschte Informationen und Auswertungen zu liefern. Die starre Jahresplanung wird dadurch zunehmend an Bedeutung verlieren.

Auch in der Budgetierung wird der Fokus zukünftig nicht mehr auf Jahren, sondern auf Quartalen oder sogar Monaten liegen (Nobach et al., 2020). Die Digitalisierung stellt sowohl einen Treiber für Agilität als auch eine Herausforderung für das Controlling dar. Phänomene wie Big Data, künstliche Intelligenz, Predictive Analytics oder Robotic Process Automation werden das Aufgabenfeld von Controllern zukünftig massgeblich verändern (Rautenstrauch, 2021). Die Digitalisierung beeinflusst generell alle Controlling-Prozesse. Insbesondere wird die zunehmende Digitalisierung Auswirkungen auf den Finanzbereich haben, denn der Effizienzdruck wird enorm zunehmen (Grönke & Gläckner, 2017). Die Einführung von Automatisierung und Digitalisierung im Finanzbereich führt zur neuen Rolle des „Citizen Data Scientist". Die Hauptaufgabe dieser Spezialisten besteht darin, Auswertungsalgorithmen anzupassen und anzuwenden, ohne zwingend zu programmieren. Diese Rolle verknüpft digitales Know-how mit technologischem Wissen. Die Digitalisierung kann mit Agilität in Verbindung gebracht werden, da durch die Erhöhung der Automatisierung die Flexibilität gesteigert werden muss.

Komplexität

Die Digitalisierung bringt viele Vorteile für die Unternehmen, weil führungsrelevante Informationen deutlich leichter zugänglich sind. Zugleich ist es oft schwierig, mit so vielen Informationen umgehen zu können. Diese müssen aufbereitet (z.B. filtriert und sortiert) werden, damit nur die für das jeweilige Entscheidungsfeld relevanten Daten verarbeitet werden. Die Vernetzung zwischen Unternehmen, Lieferanten und Kunden erhöht die Komplexität. Dies führt zu Unsicherheit, welche den Entscheidungsprozess zusätzlich erschwert. Das Ziel jedes Unternehmens ist es, Komplexität zu minimieren. Da der Markt dynamisch ist, steigt der Innovationsdruck für die Unternehmen kontinuierlich. Komplexität treibt die Unternehmen an, agil zu werden, um die entsprechenden Herausforderungen bewältigen zu können (Häusling & Kahl, 2018).

Kundenverhalten

Ein leichterer Zugang zu einer grösseren Informationsmenge ermöglicht es sowohl den Unternehmen, mehr über das Kundenverhalten zu nutzen, jedoch andererseits auch den Kunden, besser zwischen den vorhandenen Anbietern zu vergleichen, bevor sie sich entscheiden. Die Anbieter sind folglich gefordert, sich an den Kundenbedürfnissen zu orientieren, sie müssen flexibel bleiben und fähig sein, sich zeitnah anzupassen (Häusling & Kahl, 2018).

In der Praxis sind die oben genannten Treiber miteinander verbunden und können kaum isoliert voneinander bewertet werden, weil sie sich zudem auch gegenseitig beeinflussen. Nichtsdestotrotz ist es für jedes Unternehmen, das sich in Richtung Agilität bewegen will, wichtig, diese externen Treiber zu kennen und über die damit verbundenen Folgewirkungen Rückschlüsse zu ziehen.

Interne Treiber

Ebenso lassen sich interne Treiber für Agilität identifizieren, die im Folgenden vorgestellt werden:

Wachsende Administration

In vielen Unternehmen wird zu sehr nach innen geschaut (durch Reporting, Status-Meetings, Projekte etc.), was oftmals dazu führt, dass der Kundenfokus vernachlässigt wird. Unternehmen, die mit sich selbst beschäftigt sind, erhöhen den Anteil an Administration und verlieren zugleich immer mehr den Bezug zur Wertschöpfung.

Fachkräftemangel und demografische Entwicklung

Es kommt zunehmend vor, dass Unternehmen nicht die benötigten quantitativ und qualitativ notwendigen personellen Ressourcen beschaffen können. Dies kann dazu führen, dass aus Sicht der Kunden nicht genügend Expertise vorhanden ist. Die immer schnellere Entwicklung in der Technologiebranche zwingt die Unternehmen dazu, Experten auf dem Markt zu finden, um weiterhin das Leistungsspektrum zu erhalten.

Wertewandel

Qualifizierte Arbeitskräfte werden nicht nur immer seltener, sondern auch immer anspruchsvoller. Ein Wertewandel ist vorhanden aufgrund der verschiedenen Generationen, welche in einem Unternehmen zusammenarbeiten.

Individualisierung

Die Mitarbeiter können nicht als eine homogene Gruppe angesehen werden. Unternehmensbereiche und Abteilungen unterscheiden sich in ihrer Kultur, ihren Werten und ihren Arbeitsweisen. Die Unternehmen müssen individuelle Lösungen finden, um mit der vorhandenen und zukünftigen Diversität ihres Personals zurechtzukommen.

Fazit

Es ist zu sehen, dass Agilität im Rahmen der Planung durch verschiedene Faktoren getrieben wird. Die Rolle des Controllings hat sich in den letzten Jahren verändert und ist in einer agilen Unternehmenswelt mit grosser Verantwortung verbunden. Die beschriebenen VUKA-Welt-Phänomene sind grundsätzlich nicht neu für die Wirtschaft. Es können alle vier Dimensionen zusammen auftreten. Deswegen ist es wichtig, Massnahmen zur Bewältigung dieser Herausforderung zu ergreifen (Rautenstrauch, 2019).

Für viele Unternehmen scheint eine agile Organisationsstruktur die richtige Lösung, um die beschriebenen Herausforderungen zu bewältigen. Es ist aber für jedes Unternehmen wichtig zu verstehen, inwieweit die Agilität tatsächlich hilfreich sein kann. Es geht nicht nur darum, agil zu werden, weil dies jetzt ein Trend ist. Es müssen individuelle Gründe bestehe, die auf allen Ebenen des Unternehmens kommuniziert werden. Agilität bringt einen betriebswirtschaftlichen Nutzen mit sich: Es geht darum, sich schneller an Veränderungen des Umfelds und an die Bedürfnisse der Kunden anzupassen, um als Unternehmen überlebensfähig zu bleiben. Nicht jedes Unternehmen muss nach Agilität streben, der Agilitätsgrad sollte individuell festgelegt werden (Häusling & Kahl, 2018).

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