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Organisationsentwicklung: Die 7 Wesenselemente einer Organisation

Eine Organisation als lebendiges Wesen mit unterschiedlichen Elementen zu betrachten, ist wesentlich für die systemische Organisationsentwicklung. Führungskräfte und HR unterstützt es darin, Komplexität fassbarer zu machen und Prozesse erfolgreich zu gestalten.

01.09.2022 Von: Barbara Grass
Organisationsentwicklung

Die Aktivierung und Weiterentwick­lung von Mitarbeitenden und das Design von Veränderungsprozessen sind neben vielen anderen Aufgaben eine zentrale Herausforderung im HR-Management. In der systemischen Be­ratung geht man davon aus, dass Mit­arbeitende und Unternehmen lebendige Wesen sind, die ohne das jeweils andere nicht existieren oder sich weiterent­wickeln können. Das Modell der 7 We­senselemente (siehe Abbildung) macht diesen Gedanken fassbar und ist zentral für die Arbeit an HR-Themen wie «Leitbild und Vision», «Change-Management», «Onboarding-Prozesse» und nicht zuletzt auch «Digi­talisierung».

Noch häufig werden Organisationen als «Maschinen» gesehen. Sauber konstru­iert, funktioniert der Apparat einwand­frei. Die Vorstellung, das Unternehmen wie ein Auto steuern zu können, ist im­mer noch ein Ideal in vielen Bereichen. Auch während meines Grundstudiums der Betriebswirtschaft war dies keine Fra­ge: Eine Organisation ist etwas Statisches. Unterdessen ist meine Sichtweise jedoch eine andere. Ich betrachte Organisatio­nen als wesenshafte, sich entwickelnde Organismen, die in ihrer Komplexität letztlich nie ganz fassbar sind. Gleich wie ein Mensch ist jede Organisation einzigar­tig und lässt sich über bestimmte Charak­terzüge fassbarer machen. Während es beim Menschen Kriterien wie Geschlecht, Grösse, Haar- und Augenfarbe, aber auch Charakterzüge sind, lassen sich Organi­sationen gut über die 7 Wesenselemen­te nach Trigon erfassen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine Organisa­tion mit mehreren Hierarchiestufen und mehreren Hundert Mitarbeitenden oder ein einzelnes Team mit einigen wenigen Mitgliedern handelt. Alle individuellen (Organisations)-Systeme lassen sich mit dem Modell der 7 Wesenselemente gut abbilden.

Organisationsentwicklung: Die 7 Wesenselemente einer Organisation

Das Modell der 7 Wesenselemente wur­de von Fritz Glasl und Hans von Sassen in den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelt und basiert auf der System­theorie. Es beschreibt Organisationen als umfassende Wesen. Dies bedeutet, dass die einzelnen Elemente nicht losgelöst voneinander betrachtet werden können. Sie stehen in Abhängigkeit zueinander und beeinflussen sich gegenseitig. Ähn­lich wie bei einem Mobile lösen Verände­rungen in einem Wesenselement immer auch Veränderungen bei den anderen Elementen aus.

Dabei unterscheiden Glasl/von Sassen fol­gende sieben Wesenselemente:

  • Die Identität: Dieses Wesenselement umfasst den Sinn und Zweck der Orga­nisation, die Vision, Mission sowie die Grundwerte nach innen und aussen, aber auch das historische Selbstver­ständnis der Organisation.
  • Politik, Strategie, Konzepte: Das meint die langfristigen Programme der Organisation, die Unternehmenspoli­tik, Leitsätze, die Strategie sowie län­gerfristige Konzepte und Pläne.
  • Die Struktur: Darunter versteht man die Aufbaustruktur einer Organisation, aber auch die Führungshierarchie, die Linien- und Stabsstellen, zentrale und dezentrale Stellen sowie das formale Layout, das Organigramm.
  • Menschen, Gruppen Klima: Im Zent­rum des Modells steht der Mensch. Im Detail sind damit das Wissen und Kön­nen der Mitarbeitenden, ihre Haltun­gen und Einstellungen, die informellen Zusammenhänge und Gruppierungen sowie das Betriebsklima, aber auch das Führungsverständnis der Führungs­kräfte gemeint.
  • Einzelfunktionen, Organe: Das We­senselement «Funktionen, Organe» beinhaltet die Aufgaben der einzelnen Funktionen, die dazugehörigen Kom­petenzen und Verantwortungen sowie die Definition von Projektgruppen, Spezialisten und Koordinationsaufga­ben.
  • Prozesse und Abläufe: Darunter ver­steht man sämtliche Prozesse und Ab­läufe, wie Führungs-, Wertschöpfungs-und Unterstützungsprozesse.
  • Physische Mittel, Systeme und Aus­stattung: Das letzte Wesenselement umfasst die vorhandene Infrastruktur. IT-Systeme, Instrumente, Maschinen, Möbel, aber auch die finanziellen Mittel und allenfalls Gebäude, die zur Organisation gehören, sind damit ge­meint.

Identität, Struktur und physische Mittel lassen sich als die stabilisierenden (und langfristig eher konstanten) Aspekte des Systems beschreiben, während Strategie, Funktionen und Prozesse demgegen­über eher kurzfristig und dynamisierend für das System der Organisation wirken. Tastet man eines der stabilisierenden Elemente an, wird die Organisation als Ganzes viel mehr erschüttert als bei den dynamisierenden Elementen.

Neben der Grundeinteilung in die 7 We­senselemente unterscheidet das Modell zudem 3 Subsysteme.

  1. Identität und Strategie bilden zu­sammen das kulturelle Subsystem, so­zusagen den Geist der Organisation.
  2. Die Struktur und Menschen und Funktionen sind im sozialen Subsys­tem zusammengefasst. Man könnte dieses Subsystem auch als Seele der Organisation bezeichnen.
  3. Und die Prozesse und Mittel wieder­um bilden das technisch-instrumentel­le Subsystem, in unserer Metapher die Hand der Organisation.

Je nachdem, wo ein Veränderungsprojekt ansetzt, sind die Subsysteme unterschied­lich stark betroffen. So setzen Leitbild- und Strategieprozesse in einem ersten Schritt beim kulturellen Subsystem an. Die an­deren Subsysteme sind erst nachgelagert betroffen. Digitalisierungsprojekte hin­gegen wirken sich unmittelbar auf das technisch-instrumentelle Subsystem aus.

Zahlreiche Einsatzmöglichkeiten

Durch die intuitive Verständlichkeit sind die Einsatzmöglichkeiten des Modells im Human Resources Management fast unbegrenzt und gehen von Workshops mit Geschäftsleitungen über ausgefeilte Fragebögen zu den einzelnen Wesens­elementen bis hin zu Grossgruppenanläs-sen. Zum einen ist es ein Diagnosetool, das sehr schnell einen Überblick gibt, wo Entwicklungsbedarf besteht.

Es lässt sich auch nutzen, um ein gemein­sames Bild der Zukunft zu entwickeln. Hierzu eignen sich insbesondere auch Ansätze, bei denen die gewünschte Ent­wicklungsrichtung pro Wesenselement in Metaphern ausgedrückt und anschlies­send in messbare Veränderungsmass­nahmen übersetzt wird. Das Modell bildet zum anderen auch eine gute Grundlage für ein ganzheitliches und damit nachhal­tiges Design von Veränderungsprozessen.

Auch heute geht man viel zu oft davon aus, dass bei Veränderungsprojekten nur ein Wesenselement betroffen ist: bei der Entwicklung eines neuen Leitbilds das Wesenselement «Identität» und bei der Einführung eines neuen IT-Systems das Wesenselement «Physische Mittel». Ob­wohl mittlerweile klar ist, dass die meis­ten Veränderungsprojekte – ganz beson­ders auch Digitalisierungsprojekte – nicht am Fachlichen, sondern häufig an den Mitarbeitenden scheitern, fehlt der Blick auf die Organisation als Wesen. Dies führt dazu, dass Veränderungen nicht wie ge­wünscht umgesetzt werden können oder viel mehr Energie kosten als ange­nommen. Ein ganzheitliches Organisa­tionsverständnis und der Blick in die Tiefe mittels der 7 Wesenselemente hingegen hilft uns, sich dem Wesen der Organisa­tion in seiner Komplexität zu nähern, es fassbarer zu machen und dessen indivi­duelle Muster und Dynamiken besser zu erkennen und Veränderungsprozesse er­folgreich zu gestalten.

Quellen

Glasl, F./Kalcher, T./ Piber, H.: Professionelle Prozessberatung. Das Trigon-Modell der 7 Basisprozesse, 3. Auflage, HauptVerlag Bern, 2014

https://www.trigon.at/wp-content/uploads/2017/09/Ganzheitliches-Sys temkonzept-einer-Organisation-%E2%80%93-eine-Einf%C3%BChrung-in-die-7-Wesenselemente.pdf, abgerufen am 15. März 2022

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