Candidate Experience verbessern: Tipps für HR-Profis

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Employer Branding, wie es nicht sein sollte
Man scrollt durch Social Media, sieht ein paar lässige Bilder vom Sommerfest, ein schickes Büro mit Hängematte, und dann noch das Video: «Hey du, wir suchen genau dich. Wir sind ein modernes Unternehmen, haben flache Hierarchien und ein super Team!» Zack – Interesse geweckt. Und ehrlich: So funktioniert Employer Branding. Es macht neugierig, gibt einen ersten Vibe, lässt Talente aufhorchen.
Spätestens nach dem Klick auf «Jetzt bewerben» zeigt sich, ob das Versprechen Substanz hat. Denn was bringt das coolste Video, in dem erwähnt wird, wie modern die Firma ist, wenn nach dem Klick ein Bewerbungsformular mit 25 auszufüllenden Feldern auftaucht, das aussieht, als wäre es von 2012? Oder wenn ich nach der Bewerbung eine automatische E-Mail erhalte – im distanzierten «Sie »-Ton, ohne jeden Bezug zu meinem Profil? Das Resultat: Der erste Eindruck wird nicht bestätigt. Statt Vorfreude entsteht Skepsis.
Der gesamte Bewerbungsprozess bis zur Einstellung oder Absage gehört genauso zum Employer Branding wie das Video auf Social Media und auf der Karriereseite. Unternehmen, die ihr Employer Branding ernst nehmen, sollten gezielt die Candidate Experience verbessern, um Talente nicht schon im ersten Schritt zu verlieren.
Denn genau dort entscheidet sich, ob aus einem «Wow» ein echtes «Ich will hier arbeiten» wird – oder ein «Uii, nein danke!». Wer es schafft, die Candidate Experience verbessern zu können, stärkt nicht nur das eigene Image, sondern erhöht auch die Chancen auf erfolgreiche Besetzungen.
Employer Branding & Candidate Experience – die unterschätzte Verbindung
Viele Unternehmen verstehen unter Employer Branding noch immer ein Hochglanzvideo auf der Karriereseite und ein paar gut getimte Social Media Posts. Der Aufwand für Bildsprache, Schnitt, Slogans und Image ist hoch – doch oft endet das Engagement genau dort, wo es wirklich zählt: beim Bewerbungsprozess. Dabei ist die Candidate Experience einer der wichtigsten Teile des Employer Brandings. Wer hier nicht überzeugt, riskiert, dass das aufgebaute Vertrauen in sich zusammenfällt – mit messbaren Auswirkungen auf Absprungraten, Weiterempfehlungen und Reputation.
Gerade deshalb sollten Unternehmen gezielt die Candidate Experience verbessern, um das volle Potenzial ihrer Arbeitgebermarke auszuschöpfen und Vertrauen nicht nur aufzubauen, sondern auch zu bestätigen.
Die Folgen einer schlechten Candidate Experience
Dass eine schlechte Candidate Experience echte Folgen hat, zeigen verschiedene Studien eindrücklich. Laut der CareerArc Candidate Experience Study geben rund 60% der Bewerbenden an, bereits negative Erfahrungen im Bewerbungsprozess gemacht zu haben – von diesen teilen 72% ihre schlechten Erlebnisse aktiv im Freundeskreis oder auf Bewertungsplattformen. Die Candidate Experience beeinflusst also nicht nur individuelle Entscheidungen, sondern prägt nachhaltig die gesamte Arbeitgebermarke.
Dabei geht es nicht nur um die Arbeitgebermarke an sich. Der Talent Board North American Candidate Experience Benchmark Report zeigt, dass sich über ein Drittel der Bewerbenden nach einer negativen Bewerbungserfahrung sogar vom Unternehmen als Kund*innen abwenden. In Branchen mit direktem Endkundengeschäft kann das spürbare Umsatzeffekte haben.
Wie stark der Schaden ist, den man mit einer schlechten Candidate Experience anrichten kann, zeigt sich wie folgt. Pro ausgeschriebene Stelle wird in den meisten Fällen eine Person am Ende des Prozesses eingestellt und ist somit glücklich, auch wenn der Bewerbungsprozess nicht gut war. Das Problem sind die anderen 20, 30, 40 Personen, die den Prozess gestartet haben, eine miserable Candidate Experience erlebten, am Ende eine unpersönliche Absage bekommen und dies nun wie oben erwähnt in verschiedensten Formen kundtun. So schadet man der Arbeitgebermarke mit jeder neuen ausgeschriebenen Stelle. Ist man in einer kleinen Branche oder sehr regional verankert, spricht sich dies mit der Zeit herum. Da hilft dann auch die coole Karriereseite nicht mehr viel.
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Der Bewerbungsprozess als Vertrauensbasis
Eine gute Candidate Experience beginnt nicht erst beim Vorstellungsgespräch, sondern direkt nach dem ersten Eindruck – beim Start der Bewerbung. Noch bevor eine Person überhaupt mit jemandem spricht, macht er oder sie Erfahrungen – mit der Stellenausschreibung, dem Bewerbungsformular, mit automatisierten Antworten und der ersten Kommunikation mit dem Recruiting-Team.
Folgende Punkte sind in dieser Phase entscheidend:
- Ein ansprechendes und einzigartiges Jobinserat. Idealerweise sogar auf Videobasis, um möglichst viel vom Unternehmen authentisch zeigen zu können.
- Ein sehr einfaches, schnelles und vor allem optisch ansprechendes Bewerbungsformular. Dabei sollte es zwei Optionen geben. Entweder reicht das Hochladen eines CVs ohne weitere Angaben. Mit modernen Bewerbermanagementsystemen können alle notwendigen Daten daraus ausgelesen werden. Die lästige manuelle Eingabe der Personalien wird den Bewerbenden abgenommen. Oder es wird ein einfacher spielerischer Prozess erstellt, in dem mit wenigen Hürden die wichtigsten Informationen von Bewerbenden erfasst werden.
- Eine persönliche Nachricht mit Bezug zum Profil sollte wenige Stunden nach Eingang der Bewerbung eintreffen. Das zeigt Wertschätzung. Solche Nachrichten lassen sich mit den richtigen AI-Tools auch automatisiert erstellen – ohne dass der persönliche Ton verloren geht.
- Im weiteren Prozess eine authentische Kommunikation auf Augenhöhe. Wenn ihr ein modernes Unternehmen seid, dann nutzt dafür auch moderne Tools. Zum Beispiel WhatsApp anstelle von formellen E-Mails.
- Persönlicher, respektvoller Umgang – auch Absagen mit klaren Begründungen kommunizieren und diese nicht künstlich hinauszögern.
Was einfach klingt, wird in der Realität oft vernachlässigt. Doch genau hier entsteht Vertrauen – oder Frustration. Wer unsicher wird, ob der Bewerbungsprozess nun zum ersten Eindruck passt, zweifelt und hat ein ungutes Gefühl oder eine negative Wahrnehmung vom Unternehmen. Wer sich bewerben will, ist bereits interessiert und hat offensichtlich einen guten ersten Eindruck. Jetzt gilt es, dieses Interesse und Vertrauen nicht zu verspielen, sondern zu bestätigen – und gezielt die Candidate Experience verbessern.
Employer Branding ist kein Einmalversprechen
Viele Unternehmen sehen Employer Branding vor allem als Mittel, um Talente zu gewinnen. Doch wer langfristig überzeugen will, denkt über den Moment der Einstellung hinaus. Denn auch nach dem ersten Arbeitstag geht es darum, das gegebene Versprechen beim ersten Eindruck erlebbar zu machen und zu halten – im Onboarding, in der täglichen Zusammenarbeit und sogar im Offboarding. Ein stimmiges Employer Branding begleitet Mitarbeitende durch den gesamten Employee Lifecycle. Warum das wichtig ist? Zufriedene Mitarbeitende sind die glaubwürdigsten Markenbotschafter – weit über Bewertungsportale hinaus. Sie erzählen ihre Geschichte weiter, empfehlen den Arbeitgeber im Freundeskreis, auf LinkedIn oder in Netzwerken. Employer Branding wird dann nicht mehr nur vom Unternehmen selbst betrieben, sondern sogar von den eigenen Mitarbeitenden als Botschafter.
Candidate Experience verbessern: Fazit
Ein starkes Employer Branding bringt Talente zur Tür – aber nur eine gute Candidate Experience lässt sie eintreten und auch bleiben. Nur wer im gesamten Prozess ins Employer Branding investiert, verbessert nachhaltig den Recruiting-Erfolg und schafft eine wirklich glaubwürdige Arbeitgebermarke. Denn wer Vertrauen schaffen will, muss liefern – nicht nur beim ersten Eindruck im Video, sondern auch im zweiten, dritten und vierten Eindruck in der Candidate Journey.
Take Home: Wie Employer Branding wirklich hilft
Employer Branding endet nicht beim «Jetzt bewerben»-Button.
Die Candidate Experience ist das Bindeglied zwischen Markenversprechen und Recruiting-Erfolg.
Bewerbende wollen Klarheit: über Ablauf, Dauer und nächste Schritte – am besten sofort nach der Bewerbung.
Schnelle, persönliche Rückmeldungen schaffen Vertrauen – auch bei Absagen.
Prozesse müssen mobilfähig, transparent und benutzerfreundlich sein – keine langen unattraktiven Formulare aus dem letzten Jahrzehnt.
Keine wochenlangen Wartezeiten.
Nur wer auch im Bewerbungsprozess liefert, stärkt die eigene Arbeitgebermarke langfristig und glaubwürdig.
Und das Wichtigste zum Schluss: Wann hast du dich das letzte Mal bei deinem Unternehmen per Smartphone beworben? Starte doch gleich jetzt mit einer Mystery-Bewerbung und teste, wie lange die Prozesse und Antwortzeiten bei euch sind.