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Streiken in der Schweiz: Das sollten Arbeitgeber zum Streikrecht wissen

Streiken in der Schweiz war über Jahrzehnte kaum ein Thema. Die Schweiz zeichnete sich durch eine ausgeprägte Friedenspflicht aus. Es wurde selten gestreikt. Stattdessen wurde in Verhandlungen um Lösungen gerungen und in Gesamtarbeitsverträgen verbindlich festgehalten.

23.05.2025 Von: Thomas Wachter
Streiken-in-der-Schweiz

Damit gewinnt die Frage an Bedeutung, wie Arbeitgeber auf Streik reagieren sollen. Wann gilt Streikrecht. Wann ist ein Streik rechtens und wann illegal, sodass ein betroffener Arbeitgeber mit Sanktionen reagieren darf?

Ein von den Arbeitnehmervertretungen getragener Streik zur Durchsetzung von strittigen Arbeitsbedingungen ist dann rechtmässig, wenn er verhältnismässig ist, also z.B. bei gescheiterten Verhandlungen, sofern er nicht gegen eine vereinbarte Friedenspflicht verstösst.

Entstehung der Sozialpartnerschaft

In der Schweiz hat der Arbeitsfriede Tradition. Dem war nicht immer so: 1918 herrschte landesweit Generalstreik: rund 250 000 Menschen streikten und standen einem Truppenaufgebot von über 100 000 Mann gegenüber, also rund einen Drittel der Armee. Auch später, in den zwanziger und dreissiger Jahren, waren Streiks recht häufig, um bessere Arbeitsbedingungen durchzusetzen oder um politisch Druck zu machen.

1937 änderte sich das Klima: Die Gewerkschaften, allen voran der SMUV, und der Arbeitgeberverband der Metall- und Uhrenindustrie begründeten das «Friedensabkommen». Sie vereinbarten, anstelle von Streik und Aussperrung in Verhandlungen und im ständigen Gespräch Lösungen in strittigen Fragen zu suchen. Der Vorabend zum zweiten Weltkrieg und der Krieg selbst begünstigten den Schulterschluss zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern.

Schliesslich resultierte die Sozialpartnerschaft mit einer modernden Form der Konfliktlösung. Der Arbeitsfrieden trug wesentlich zur wirtschaftlichen Stärke bei, indem die Schweizer Wirtschaft als besonders verlässlich galt. Der Wirtschaftsaufschwung in den Nachkriegsjahren ermöglichte Lohnerhöhungen, die Verkürzung der Arbeitszeit und die Einführung der 5-Tage-Woche. Streik Schweiz war in dieser Phase praktisch kein Thema – Arbeitgeber und Gewerkschaften waren gezwungen, Kompromisse einzugehen und flexibel zu reagieren.

Das Ergebnis ging in die Geschichte ein. In den achtziger Jahren wurde pro 1000 Beschäftigte in der Schweiz im Schnitt lediglich 1,4 Tage im Jahr gestreikt, während in Deutschland 666 Tage und in Italien 1123 Arbeitstage verloren gingen. In der Zwischenzeit haben sich die Verhältnisse verschoben. Die Schweiz, Österreich und Deutschland gelten als streikarme Länder.

Lange Zeit war umstritten, ob Streiken in der Schweiz ein ungeschriebenes Verfassungsrecht sei oder nicht. Die Gerichte mussten sich kaum damit zu befassen. Erst 1985 fällte das Bundesgericht ein Urteil, welches unter Umständen Streiken in der Schweiz als rechtmässig erachtete. Schliesslich wurde das Streikrecht – nach einer vehement geführten Debatte – in die Bundesverfassung aufgenommen.

In den letzten Jahren hat sich das Klima in der Schweiz allerdings verschärft. Die Gewerkschaften werfen den Arbeitgebern einen «Klassenkampf von oben» vor.

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