Konkurrenzverbote: Durchsetzbare nachvertragliche Konkurrenzverbote

Nachvertragliche Konkurrenzverbote trifft man in Arbeitsverträgen relativ häufig an, insbesondere im Verkauf und teilweise auch bei Führungskräften. Ihre Durchsetzung scheitert in der Praxis aber nicht selten an unglücklichen Formulierungen und zu spätem oder falschem Handeln des Arbeitgebers. Dem Arbeitgeber droht dadurch im schlimmsten Fall, dass sein ausscheidender Arbeitnehmer grosse Teile des Kundenstamms zu einem Konkurrenten mitnimmt. Aus Arbeitgebersicht lohnt es sich daher, Konkurrenzverbote besonders sorgfältig zu redigieren.

26.10.2022 Von: Urs Marti
Konkurrenzverbote

Begriffliches

Das nachvertragliche Konkurrenzverbot ist in Art. 340 ff. OR geregelt. Es verbietet Arbeitnehmern, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses einer Tätigkeit nachzugehen, die mit der Tätigkeit ihres ehemaligen Arbeitgebers im wirtschaftlichen Wettbewerb steht. Nachvertragliche Konkurrenzverbote bezwecken somit, den lauteren und fairen Wettbewerb zu schützen. Entsprechend werden sie vor allem in Deutschland oft auch Wettbewerbsverbote genannt.

Gültigkeitsvoraussetzungen

Für den Bestand eines wirksamen nachvertraglichen Konkurrenzverbots müssen die folgenden vier, in Art. 340 Abs. 1 und 2 OR umschriebenen Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Handlungsfähigkeit des Arbeitnehmers, also Mündigkeit (d.h. Alter über 18 Jahre und keine Entmündigung) und Urteilsfähigkeit (d.h. die Fähigkeit besitzen, vernunftgemäss zu handeln)
  • Schriftlichkeit der Vereinbarung
  • Einblick des Arbeitnehmers in den Kundenkreis (d.h. einen persönlichen und direkten Kundenkontakt haben, der es ermöglicht, dem Arbeitgeber Kunden abspenstig zu machen) oder (alternativ!) Einblick in Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnisse des Arbeitgebers (z.B. Preiskalkulationen, Lieferquellen, Rabattsätze, Strategien etc.)
  • potenzielle Schädigung des Arbeitgebers, d.h. die Verwendung der gewonnenen Kenntnisse muss den Arbeitgeber erheblich schädigen können

Eine Karenzentschädigung zwecks Entschädigung der Verdiensteinbusse als Folge der Einhaltung des Konkurrenzverbots ist, anders als in Deutschland, keine Gültigkeitsvoraussetzung für das Zustandekommen eines Konkurrenzverbots. Sie kann aber die Durchsetzbarkeit eines Konkurrenzverbots erleichtern (siehe Abschnitt «Nach Ort, Zeit und Gegenstand»).

Während die Handlungsfähigkeit in der Praxis kaum je problematisch ist, scheitern Konkurrenzverbote hin und wieder bereits am Schriftformerfordernis. Dieses verlangt, dass der sich verpflichtende Arbeitnehmer das Konkurrenzverbot unterschreibt (Art. 13 Abs. 1 OR). Ist das Konkurrenzverbot im unterzeichneten Einzelarbeitsvertrag selbst verankert, ist das Schriftformerfordernis ohne Weiteres erfüllt. Ist das Konkurrenzverbot dagegen in einem Personalreglement oder in allgemeinen Anstellungsbedingungen verankert, müssen diese im (unterzeichneten) Einzelarbeitsvertrag als integrale Vertragsbestandteile desselben erklärt werden, damit das Schriftformerfordernis eingehalten ist. Selbst dann könnte ein Konkurrenzverbot im Personalreglement oder in allgemeinen Anstellungsbedingungen immer noch gegen die von der Gerichtspraxis entwickelte Ungewöhnlichkeitsregel verstossen und ungültig sein, weil Arbeitnehmende – je nach Branche – nicht mit einem Konkurrenzverbot im «Kleingedruckten» rechnen müssen. Insofern empfiehlt es sich, Konkurrenzverbote im Einzelarbeitsvertrag zu verankern.

Eine weitere Fehlerquelle bei Konkurrenzverboten liegt in der Umschreibung der zu verbietenden Konkurrenztätigkeit. Wird diese zu eng gewählt und übernimmt der Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses weitere Tätigkeiten, werden diese vom Konkurrenzverbot nicht automatisch erfasst. Lösen lässt sich dieses Problem, indem der Arbeitgeber den Arbeitnehmern in Anlehnung an den Gesetzestext von Art. 340 Abs. 1 OR als Grundsatz «jede konkurrenzierende Tätigkeit» untersagt und diesen Grundsatz anschliessend mittels einer explizit als nicht abschliessend bezeichneten Aufzählung von Geschäftsfeldern, Konkurrenzunternehmen und/oder Produkten konkretisiert.

Beschränkungen

Nach Ort, Zeit und Gegenstand

Konkurrenzverbote sind gemäss Art. 340a OR nach Ort, Zeit und Gegenstand angemessen zu begrenzen, sodass eine unbillige Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens des Arbeitnehmers ausgeschlossen ist. Allerdings liegt ein solches Berufsverbot, obwohl von Arbeitnehmern regelmässig behauptet, nicht so schnell vor, wie die Gerichtspraxis zeigt.

Die grösstmögliche örtliche Ausdehnung eines Konkurrenzverbots liegt im Wirkungskreis des Arbeitgebers, zu dessen Schutz das Konkurrenzverbot vereinbart wurde. Dazu ist auf das tatsächliche und hypothetische Kundenverhalten und auf die Art der angebotenen Leistung abzustellen, nicht jedoch auf einen allfälligen Firmensitz. Innerhalb dieses Kreises müssen alsdann diejenigen Gebiete ausgeschieden werden, in denen der Arbeitnehmer gar nicht tätig war resppektive wo sich sein betriebsspezifisches Wissen überhaupt nicht auswirken kann. Leitet sich die Konkurrenzklausel aus dem Einblick in den Kundenkreis ab, beschränkt sich die örtliche Ausdehnung entsprechend auf das Gebiet der bekannten Kunden.

Zeitlich sind Konkurrenzverbote auf eine Dauer zu beschränken, welche der Arbeitgeber üblicherweise für die Abwicklung von Aufträgen benötigt bzw. die er benötigt, um bei seinen Kunden einen neuen Mitarbeiter einzuführen. Typischerweise liegt diese Zeitspanne bei wenigen Monaten und damit deutlich unter der gesetzlichen zeitlichen Obergrenze von grundsätzlich drei Jahren (Art. 340a Abs. 1 OR).

Die Grenze für die sachliche Ausdehnung von Konkurrenzverboten ergibt sich aus dem Begriff der konkurrenzierenden Tätigkeit. Konkurrenzierend sind nur Tätigkeiten, die im Geschäftszweig des früheren Arbeitgebers liegen.

Die örtliche, zeitliche und sachliche Begrenzung eines Konkurrenzverbots stehen in einer Wechselwirkung zueinander, d.h. ein Konkurrenzverbot kann zeitlich länger andauern, wenn das Gebiet und die verbotene Tätigkeit eng begrenzt sind und umgekehrt. Zahlt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer zusätzlich eine Karenzentschädigung, ist bei der Herabsetzung von Konkurrenzverboten durch die Zivilgerichte (siehe Abschnitt «Folgen bei übermässigem Konkurrenzverbot») ebenfalls grössere Zurückhaltung geboten (Art. 340a Abs. 2 Satz 2 OR).

 

Folgen bei übermässigem Konkurrenzverbot

Nach Ort, Zeit und/oder Gegenstand übermässig formulierte Konkurrenzverbote sind nicht etwa ungültig oder unwirksam, sondern werden vom Zivilgericht auf Einrede des Arbeitnehmers hin auf das zulässige Mass herabgesetzt. Wo dieses Mass liegt, lässt sich nicht abstrakt beantworten, sondern muss vom zuständigen Zivilgericht immer unter Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls bestimmt werden (Art. 340a Abs. 2 OR).

Zusätzlich zur Herabsetzung eines (geografisch, zeitlich und/oder sachlich) übermässigen Konkurrenzverbotes droht meist auch eine Kürzung der zur Absicherung des Konkurrenzverbots vereinbarten Konventionalstrafe (siehe Abschnitt «Sanktionen bei Verletzung»). Zivilgerichte nehmen nämlich häufig an, die Höhe der vereinbarten Konventionalstrafe habe mit dem Umfang des Konkurrenzverbots in Zusammenhang gestanden.

Wegfall

Arbeitgeber übersehen erstaunlich oft, dass eine Arbeitgeberkündigung nach Art. 340c Abs. 2 OR in aller Regel automatisch zum Wegfall des Konkurrenzverbots führt und nur bei einem begründeten, vom Arbeitnehmer zu vertretenden Kündigungsanlass aufrechterhalten bleibt. Ein solcher «begründeter Anlass», den der Arbeitgeber zu beweisen hat, muss nicht zwingend in einer Vertragsverletzung des Arbeitnehmers bestehen und geht weniger weit als ein «wichtiger Grund» im Sinne von Art. 337 OR, der zur fristlosen Entlassung berechtigt. Verlangt wird ein dem Arbeitnehmer zuzurechnendes Ereignis, das – so das Bundesgericht – «bei einer vernünftigen kaufmännischen Erwägung einen erheblichen Anlass zur Kündigung geben kann».

Kündigt der Arbeitnehmer, verhält es sich gerade umgekehrt. Diesfalls hat der Arbeitnehmer zu beweisen, dass ihm der Arbeitgeber einen begründeten Anlass zur Kündigung gegeben hat, andernfalls das Konkurrenzverbot grundsätzlich seine Gültigkeit behält. Die Rechtsprechung hat einen begründeten Anlass etwa bei einem vom Arbeitgeber zu verantwortenden schlechten Betriebsklima, bei Änderungen des Tätigkeitsbereichs des Arbeitnehmers ohne vorheriges Gespräch oder bei erheblichen Lohneinbussen bejaht.

Vorsicht ist schliesslich auch bei Aufhebungsverträgen geboten. Auch wenn das Gesetz einzig Kündigungen erwähnt, nimmt die jüngere Rechtsprechung bisweilen auch bei Aufhebungsverträgen einen Wegfall des Konkurrenzverbots an, abhängig davon, von welcher Partei der Anstoss für die Auflösung kam und womit sie begründet wurde. Um dies zu vermeiden, sollten Arbeitgeber den Fortbestand des Konkurrenzverbots im Aufhebungsvertrag ausdrücklich festhalten.

Sanktionen bei Verletzung

Bei den Sanktionen, die bei einer Verletzung des Konkurrenzverbots greifen sollen, unterlaufen Arbeitgebern ebenfalls oft Fehler. Von Gesetzes wegen ist bei Verletzung des Konkurrenzverbots lediglich Schadenersatz geschuldet (Art. 340b Abs. 1 OR). Ein Schaden lässt sich in der Praxis aber kaum je beweisen. Konkurrenzverbote sollten daher unbedingt mit massvollen Konventionalstrafen abgesichert werden, deren Obergrenze in den meisten Fällen bei einem halben bis maximal einem ganzen Jahreslohn liegen dürfte. 

Weiter ist zu beachten, dass die Bezahlung der Konventionalstrafe nach der Konzeption des Gesetzgebers grundsätzlich zur Befreiung vom Konkurrenzverbot führt (sog. Wandelpön, Art. 340b Abs. 2 OR). Ist die Konventionalstrafe (zu) tief angesetzt, kann es daher für einen berechnenden Arbeitnehmer interessant sein, die Konventionalstrafe zu leisten, um sich so des Konkurrenzverbots zu entledigen.

Will der Arbeitgeber dies verhindern, muss die Konkurrenzverbotsklausel unbedingt so formuliert werden, dass die Bezahlung der Konventionalstrafe nicht von der weiteren Einhaltung des Konkurrenzverbots befreit.

Neben Schadenersatz und Konventionalstrafe sieht Art. 340b Abs. 3 OR bei besonders treuwidrigem Handeln des Arbeitnehmers schliesslich die Möglichkeit der sog. Realexekution vor. Diese zielt darauf ab, dem konkurrenzierenden Arbeitnehmer unter richterlicher Strafandrohung die Konkurrenzierung tatsächlich zu verbieten. Will sich der Arbeitgeber diese Möglichkeit vorbehalten, muss er dies in der Konkurrenzverbotsklausel allerdings unmissverständlich festhalten («Der Arbeitgeber ist jederzeit berechtigt, die Beseitigung des vertragswidrigen Zustands zu verlangen [Realexekution]. »). In der Praxis sind Realexekutionen zwar selten und schwierig zu erwirken, aber entgegen einer verbreiteten Meinung nicht aussichtslos.

Fazit

Es lohnt sich, Konkurrenzverbote besonders sorgfältig zu redigieren. Namentlich sollten Arbeitgeber die konkurrenzierende Tätigkeit präzise umschreiben. Weiter empfiehlt sich, Konkurrenzverbote nach Ort, Zeit und Gegenstand massvoll zu begrenzen, für den Fall ihrer Verletzung eine Konventionalstrafe vorzusehen und explizit festzuhalten, dass das Konkurrenzverbot mit der Zahlung der Konventionalstrafe nicht dahinfällt. Für den Fall besonders treuwidrigen Handelns des Arbeitnehmers sollten sich Arbeitgeber explizit die Möglichkeit der Realexekution vorbehalten. Schliesslich ist zu bedenken, dass Konkurrenzverbote bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber und unter gewissen Umständen sogar bei Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung wegfallen können. Wird allen diesen Punkten Rechnung getragen, lässt sich ein Konkurrenzverbot entgegen einer weitverbreiteten Meinung sehr wohl gerichtlich durchsetzen.

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