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Verjährungsfristen: Die Regelungen für das Werkvertragsrecht

Die Durchsetzung einer verjährten Forderung ist mit der Verjährungseinrede des Schuldners belastet. Die für das Kauf- und Werkvertragsrecht seit 1. Januar 2013 geltenden Verjährungsfristen wurden durch die Revision des Verjährungsrechts per 1. Januar 2020 nicht geändert.

01.07.2020 Von: Matthias Streiff
Verjährungsfristen

Gesetzliche Grundlagen

OR 371 in der aktuellen Fassung:

  1. Die Ansprüche des Bestellers wegen Mängel des Werkes verjähren mit Ablauf von zwei Jahren nach der Abnahme des Werkes. Soweit jedoch Mängel eines beweglichen Werkes, das bestimmungsgemäss in ein unbewegliches Werk integriert worden ist, die Mangelhaftigkeit des Werkes verursacht haben, beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre.
  2. Die Ansprüche des Bestellers eines unbeweglichen Werkes wegen allfälliger Mängel des Werkes verjähren gegen den Unternehmer sowie gegen den Architekten oder den Ingenieur, die zum Zwecke der Erstellung Dienste geleistet haben, mit Ablauf von fünf Jahren seit der Abnahme des Werkes.
  3. Im Übrigen kommen die Regeln für die Verjährung der entsprechenden Ansprüche des Käufers sinngemäss zur Anwendung.

Terminologie und Begriff

Verjährung

Verjährung wird gemeinhin als Entkräftung einer Forderung durch Zeitablauf verstanden. Die Entkräftung beschlägt nicht den Bestand der Forderung, d.h. die Forderung selbst geht nicht unter, sondern nur deren Durchsetzbarkeit. Dem Schuldner steht mit Eintritt der Verjährung die Verjährungseinrede offen. Diese Einrede muss der Schuldner bringen. Das Gericht darf die Verjährung nur berücksichtigen, sofern der Schuldner diese Einrede gebracht hat. Dann jedoch ist die gerichtliche Durchsetzbarkeit gestoppt.

Verjährte Forderungen können unter Umständen noch verrechnet werden; dazu ist insbesondere notwendig, dass beide Forderungen zu einem früheren Zeitpunkt einmal gleichzeitig fällig und nicht verjährt waren.

Verwirkung

Im Gegensatz zur Verjährung gehen verwirkte Rechte insgesamt unter. Es erlischt der Anspruch selber, was in der Folge auch die Durchsetzbarkeit verunmöglicht. Verwirkungsfristen sind in der Regel gesetzliche Fristen, innert welcher gewisse Rechtshandlungen vorgenommen oder Ansprüche gestellt werden müssen, so typischerweise die Viermonatsfrist zur Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts oder die die Wirkung einer "Klagebewilligung" des Friedensrichters/der Schlichtungsbehörde, welche innert drei Monaten den Gang ans Gericht zulässt (Miete kennt kürzere Fristen).

Die Verjährungsbestimmungen im Werkvertragsrecht

OR 371 Abs. 1 OR hält in der aktuellen Fassung fest, dass die Ansprüche des Bestellers wegen Mängeln eines beweglichen Werkes mit Ablauf von zwei Jahren nach der Abnahme des Werkes verjähren. Sollten aber Mängel eines beweglichen Werkes, welches bestimmungsgemäss in ein unbewegliches Werk integriert worden ist, die Mangelhaftigkeit des (unbeweglichen) Werkes verursacht haben, beträgt die Verjährungsfrist fünf Jahre (Art. 371 Abs. 1 Satz 2 OR).

Fünfjährige Verjährungsfrist im Besonderen (Art. 371 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2)

Art. 371 Abs. 1 Satz 2 OR entspricht der kaufrechtlichen Regelung von Art. 210 Abs. 2 OR

Ursprünglich bewegliche Werke, welche aber für den Einbau in Gebäude (Grundstücke) vorgesehen sind, sollen nicht von der kürzeren zweijährigen Verjährungsfrist profitieren können, sondern unterliegen analog der Verjährung bei unbeweglichen Werken der fünfjährigen Verjährungsfrist. Damit verliert das Charaktermerkmal "beweglich" oder "unbeweglich" an absoluter Unterscheidungskraft und es wird vielmehr auf den Zweck des Werkes abgestellt, um die Verjährungsfrist zu bestimmen.

Massgebend sind drei Merkmale:

  1. ursprünglich ein bewegliches Werk (tatsächlich Fahrnis),
  2. welches zum Einbau vorgesehen (Zweck) ist und
  3. welches tatsächlich eingebaut wurde (Akzession). Dieses dritte Merkmal ist von gewisser Bedeutung, damit nicht für den Einbau bestellte, aber nie eingebaute Werke über eine fünfjährige Verjährungsfrist beurteilt werden. Nicht eingebaute bewegliche Werke (welche aber zum Einbau vorgesehen sind) bleiben Fahrnis und verjähren innert 2 Jahren.

Das bedeutet wiederum, dass nicht bestimmungsgemäss für den Einbau hergestellte Werke, welche aber trotzdem in Liegenschaften eingebaut werden, gerade nicht von der fünfjährigen Verjährungsfrist erfasst werden. So ist die Verlängerung der Verjährungsfristen differenziert anzuwenden.

Die Verjährungsfrist beginnt mit der Abnahme des beweglichen Werkes zu laufen. Massgebend ist die Abnahme des eingebauten Werkes für die Fünfjahresfrist. Bei beweglichen und nicht für den Einbau vorgesehenen Werken beginnt die Verjährung mit der Abnahme, was der Übergabe entspricht.

Art. 371 Abs. 1 OR bezweckt die Koordination der Verjährungsfristen hinsichtlich der Mängelrechte: Die Regel soll insbesondere dem Schutz des Unternehmers nach Art. 363 ff. OR dienen, der gegenüber seinem Besteller, der bei ihm ein unbewegliches Werk in Auftrag gegeben hat, während fünf Jahren haftet (vgl. Art. 371 Abs. 2 OR). Dieser Unternehmer soll deswegen auch während fünf Jahren auf einen von ihm beauftragten Subunternehmer zurückgreifen können, vorausgesetzt, dass das von diesem Subunternehmer hergestellte bewegliche Werk (bestimmungsgemäss) in ein unbewegliches Werk integriert worden ist und dass ein Mangel des vom Subunternehmer hergestellten beweglichen Werkes die Mangelhaftigkeit des unbeweglichen Werkes verursacht hat (vgl. Art. 210 Abs. 2 OR, welcher hier analog gilt).

Solch eine Koordination steht denn auch im Einklang mit Art. 180 Abs. 1 der SIA-Norm 118, wonach die Verjährungsfrist immer fünf Jahre beträgt (nur die Rügefrist beträgt da 2 Jahre).

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