Erbengemeinschaft: Das müssen Sie vor der Entstehung wissen

Die Erben erwerben die Erbschaft als Ganzes mit dem Tode des Erblassers kraft Gesetz (Art. 560 ZGB). Sie bilden dabei eine Erbengemeinschaft, in deren Rahmen – mit Vorbehalt der gesetzlichen Ausnahmen – die Forderungen, das Eigentum, die beschränkten dinglichen Rechte und der Besitz des Erblassers ohne weiteres auf sie übergehen, und die Schulden des Erblassers werden zu persönlichen Schulden der Erben.

17.09.2025 Von: Regula Heinzelmann
Erbengemeinschaft

Beerben mehrere Erben den Erblasser, so besteht unter ihnen, bis die Erbschaft geteilt wird eine Gemeinschaft aller Rechte und Pflichten der Erbschaft (Art. 602 ZGB). Sie werden Gesamteigentümer der Erbschaftsgegenstände und verfügen unter Vorbehalt der vertraglichen oder gesetzlichen Vertretungs- und Verwaltungsbefugnisse über die Rechte der Erbschaft gemeinsam. Auf Begehren eines Miterben kann die zuständige Behörde für die Erbengemeinschaft bis zur Teilung eine Vertretung bestellen.

Das ist eine problematische Bestimmung, denn in der Praxis müssen die Erben die Erbteilung einstimmig beschliessen. Rechte der Mehrheit gelten nicht. Sogar einen Kredit im Hinblick auf die Erbschaft aufzunehmen dürfte bei den meisten Banken nicht funktionieren, da eine ungeteilte Erbschaft nicht belastet werden darf. Böswillige Erben können also Streit anfangen und die Erbteilung behindern.

Wichtig: Der Erblasser kann solchen Situationen vorbeugen, zu empfehlen ist folgende Klausel im Testament oder Erbvertrag:

Ich verfüge, dass Erben, die während der Erbteilung ohne rechtmässige Gründe Streit anfangen und/oder die Erbteilung unnötig verzögern ihre Erbschaft verlieren, bzw. auf den Pflichtteil gesetzt werden. Der betreffende Anteil wird gleichmässig auf die anderen Erben aufgeteilt (oder fällt an bestimmte andere Erben).

Der Erbgang

Der Erbgang wird durch den Tod des Erblassers eröffnet (Art. 537 Abs. 1 ZGB). Die Eröffnung des Erbganges erfolgt für die Gesamtheit des Vermögens am letzten Wohnsitz des Erblassers (Art. 538 ZGB).

Nach Abschluss des Inventars wird jeder Erbe aufgefordert, innerhalb eines Monats zu erklären, ob er die Erbschaft annimmt oder nicht. Wo die Umstände es rechtfertigen, kann die zuständige Behörde zur Einholung von Schätzungen, zur Erledigung von streitigen Ansprüchen usw. eine weitere Frist einräumen (Art. 587 ZGB).

Die Erben können während der angesetzten Frist die Erbschaft ausschlagen oder die amtliche Liquidation verlangen oder die Erbschaft unter öffentlichem Inventar oder vorbehaltlos annehmen. Geben sie keine Erklärung ab, so geht man davon aus, dass sie die Erbschaft angenommen haben (Art. 588 ZGB).

Die zuständige Behörde hat von Amtes wegen die zur Sicherung des Erbganges nötigen Massregeln zu treffen (Art. 551 ZGB). Solche Massregeln sind insbesondere in den vom Gesetze vorgesehenen Fällen die Siegelung der Erbschaft, die Aufnahme des Inventars, die Anordnung der Erbschaftsverwaltung und die Eröffnung der letztwilligen Verfügungen.

Die Siegelung der Erbschaft wird in den Fällen angeordnet, für die das kantonale Recht sie vorsieht (Art. 552 ZGB).

Die Massnahmen sind je nach Kanton unterschiedlich. Beispielsweise kann die Aufnahme eines Inventars durch die kantonale Gesetzgebung vorgeschrieben werden, auch für Fälle, die im ZGB nicht vorgesehen sind (Art. 553 Abs.3 ZGB).

Verfügungen des Erblassers

Findet man eine letztwillige Verfügung des Erblassers, so ist sie der Behörde sofort einzuliefern, und zwar auch dann, wenn sie als ungültig erachtet wird. Der Beamte, bei dem die Verfügung protokolliert oder hinterlegt ist, sowie jedermann, der eine Verfügung in Verwahrung genommen oder unter den Sachen des Erblassers vorgefunden hat, muss dieser Pflicht nachkommen, sobald er vom Tode des Erblassers Kenntnis erhalten hat. Nach der Einlieferung hat die Behörde, soweit möglich nach Anhörung der Beteiligten, entweder die Erbschaft einstweilen den gesetzlichen Erben bzw. der entstehenden Erbengemeinschaft zu überlassen oder die Erbschaftsverwaltung anzuordnen (Art. 556 ZGB). Hinterlässt der Erblasser mehr als eine Verfügung, so sind sie alle der Behörde einzuliefern und von ihr zu eröffnen (Art. 557 Abs. 3 ZGB); die Erbengemeinschaft ist über sämtliche eröffneten Verfügungen zu informieren, damit sie ihre Rechte wahren kann.

Wichtig: Die Unterschlagung eines Testamentes kann strafrechtliche Folgen haben.

Wenn jemand ein Testament unterschlägt, das ihm anvertraut wurde kann das als Veruntreuung gelten (Art. 138 StGB). Die Veruntreuung zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.

Unterschlägt jemand ein Testament, das er gefunden hat, handelt es sich um Betrug (Art. 146 StGB). Der Betrug zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt.

Die Verfügung des Erblassers muss innerhalb eines Monats nach der Einlieferung von der zuständigen Behörde eröffnet werden. Alle an der Erbschaft Beteiligten erhalten auf Kosten der Erbschaft eine Abschrift der eröffneten Verfügung, soweit diese sie angeht (Art. 558 ZGB). An Bedachte unbekannten Aufenthalts erfolgt die Mitteilung durch eine angemessene öffentliche Ankündigung.

Nach Ablauf eines Monats seit der Mitteilung an die Beteiligten wird den eingesetzten Erben, wenn die gesetzlichen Erben oder die aus einer früheren Verfügung Bedachten nicht ausdrücklich deren Berechtigung bestritten haben, auf ihr Verlangen von der Behörde eine Bescheinigung darüber ausgestellt, dass sie unter Vorbehalt der Ungültigkeitsklage und der Erbschaftsklage als Erben anerkannt seien. Zugleich wird gegebenen Falles der Erbschaftsverwalter angewiesen, ihnen die Erbschaft auszuliefern (Art. 559 ZGB).

Erwerb der Erbschaft

Um die Erbschaft erwerben zu können, muss der Erbe den Erbgang in erbfähigem Zustand erleben. Stirbt ein Erbe, nachdem er den Erbgang erlebt hat, so vererbt sich sein Recht an der Erbschaft auf seine Erben (Art. Art. 542 ZGB).

Wird jemand für verschollen erklärt, so haben die Erben oder Bedachten vor der Auslieferung der Erbschaft für die Rückgabe des Vermögens an besser Berechtigte oder an den Verschollenen selbst Sicherheit zu leisten. Diese Sicherheit ist im Falle des Verschwindens in hoher Todesgefahr auf fünf Jahre und im Falle der nachrichtlosen Abwesenheit auf 15 Jahre zu leisten, in keinem Falle aber länger als bis zu dem Tage, an dem der Verschollene 100 Jahre alt wäre (Art. 546 ZGB).

Ist die Behörde im Ungewissen, ob der Erblasser Erben hinterlassen hat oder nicht, oder ob ihr alle Erben bekannt sind, so sind die Berechtigten in angemessener Weise öffentlich aufzufordern, sich innert Jahresfrist zum Erbgang zu melden (Art. 555 ZGB). Erfolgt während dieser Frist keine Anmeldung und sind der Behörde keine Erben bekannt, so fällt die Erbschaft unter Vorbehalt der Erbschaftsklage an das erbberechtigte Gemeinwesen.

Schulden des Erblassers

Für die Schulden des Erblassers werden die Erben solidarisch haftbar (Art. 603 ZGB). Die angemessene Entschädigung, die den Kindern oder Grosskindern für Zuwendungen an den mit dem Erblasser gemeinsam geführten Haushalt geschuldet wird, ist zu den Erbschaftsschulden zu rechnen, soweit dadurch nicht eine Überschuldung der Erbschaft entsteht.

Die solidarische Haftung mit dem ganzen Vermögen besteht auch nach der Erbteilung (Art. 639 ZGB), solange die Gläubiger in eine Teilung oder Übernahme der Schulden nicht ausdrücklich oder stillschweigend eingewilligt haben. Die Solidarhaftung der Miterben verjährt mit Ablauf von fünf Jahren nach der Teilung oder nach dem Zeitpunkt, auf den die Forderung später fällig geworden ist.

Hat ein Erbe eine Schuld des Erblassers bezahlt, die ihm bei der Teilung nicht zugewiesen worden ist, oder hat er von einer Schuld mehr bezahlt als er übernommen hat, kann er auf seine Miterben Rückgriff nehmen (Art. 640 ZGB). Dieser Rückgriff richtet sich zunächst gegen den, der die bezahlte Schuld bei der Teilung übernommen hat. Im Übrigen haben die Erben mangels anderer Abrede die Schulden unter sich im Verhältnis der Erbanteile zu tragen.

Schlagen die Erben eines zahlungsunfähigen Erblassers die Erbschaft aus, so haften sie dessen Gläubigern gleichwohl insoweit, als sie vom Erblasser innerhalb der letzten fünf Jahre vor seinem Tode Vermögenswerte empfangen haben, die bei der Erbteilung der Ausgleichung unterworfen sein würden (Art. 579 ZGB). Die landesübliche Ausstattung bei der Verheiratung sowie die Kosten der Erziehung und Ausbildung werden von dieser Haftung nicht betroffen. Gutgläubige Erben haften nur, soweit sie noch bereichert sind.

Die Konkursverwaltung eines Erben oder dessen Gläubiger die zur Zeit des Erbganges Verlustscheine besitzen können, wenn der Erblasser den verfügbaren Teil zum Nachteil des Erben überschritten hat und dieser auf ihre Aufforderung hin die Herabsetzungsklage nicht anhebt, innerhalb der dem Erben gegebenen Frist die Herabsetzung verlangen, soweit dies zu ihrer Deckung erforderlich ist (Art. 524 ZGB). Die gleiche Befugnis besteht auch gegenüber einer Enterbung, die der Enterbte nicht anficht.

Übernimmt ein Erbe die Erbschaft nach einem öffentlichem Inventar, so gehen die Schulden des Erblassers, die im Inventar verzeichnet sind, und die Vermögenswerte auf ihn über. Der Erwerb der Erbschaft mit Rechten und Pflichten wird auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Erbganges zurückbezogen. Für die Schulden, die im Inventar verzeichnet sind, haftet der Erbe sowohl mit der Erbschaft als mit seinem eigenen Vermögen (Art. 589 ZGB).

Den Gläubigern des Erblassers, deren Forderungen aus dem Grunde nicht in das Inventar aufgenommen worden sind, weil sie deren Anmeldung versäumt haben, sind die Erben weder persönlich noch mit der Erbschaft haftbar. Haben die Gläubiger ohne eigene Schuld die Anmeldung zum Inventar unterlassen, oder sind deren Forderungen trotz Anmeldung in das Verzeichnis nicht aufgenommen worden, so haftet der Erbe, soweit er aus der Erbschaft bereichert ist. In allen Fällen können die Gläubiger ihre Forderungen geltend machen, soweit sie durch Pfandrecht an Erbschaftssachen gedeckt sind (Art. 590 ZGB).

Die Ausschlagung der Erbschaft

Die gesetzlichen und die eingesetzten Erben können die Erbschaft, die ihnen zugefallen ist, ausschlagen (Art. 566 ZGB). Ist die Zahlungsunfähigkeit des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes amtlich festgestellt oder offenkundig, so wird die Ausschlagung vermutet.

Anderenfalls beträgt die Frist zur Ausschlagung drei Monate (Art. 567 ZGB). Sie beginnt

  • für die gesetzlichen Erben mit dem Zeitpunkt, da ihnen der Tod des Erblassers bekannt geworden ist, sofern sie nicht nachweisbar erst später von dem Erbfall Kenntnis erhalten haben

  • für die eingesetzten Erben mit dem Zeitpunkte, da ihnen die amtliche Mitteilung von der Verfügung des Erblassers zugekommen ist.

Die Ausschlagung ist von dem Erben bei der zuständigen Behörde mündlich oder schriftlich zu erklären. Sie muss unbedingt und vorbehaltlos geschehen. Die Behörde hat über die Ausschlagungen ein Protokoll zu führen (Art. 570 ZGB). Aus wichtigen Gründen kann die zuständige Behörde den gesetzlichen und den eingesetzten Erben eine Fristverlängerung gewähren oder eine neue Frist ansetzen (Art. 576 ZGB).

Erbteilung: Jederzeit möglich

Jeder Miterbe kann zu beliebiger Zeit die Teilung der Erbschaft verlangen, soweit er nicht durch Vertrag oder Vorschrift des Gesetzes zur Gemeinschaft verpflichtet ist (Art. 604 ZGB). Aufgrund dieser Vorschrift kann man eine sogenannte Erbteilungsklage einreichen, wenn die Erben zerstritten sind und sich keine Einigung über das gemeinsame Vermögen aus der Erbschaft abzeichnet oder ein oder mehrere böswillige Erben die Erbteilung verzögern. Da die gerichtliche Erbauseinandersetzung mit hohen Kosten verbunden und zeitaufwendig ist, ist eine Klageeinreichung nur sinnvoll, wenn es sich um grössere Vermögenswerte handelt. Wenn man keinen Prozess wünscht kann man auch einen Mediator engagieren.

Weiter gilt Folgendes (Art. 604 bis 606 ZGB):

  • Auf Ansuchen eines Erben kann das Gericht vorübergehend eine Verschiebung der Teilung der Erbschaft oder einzelner Erbschaftssachen anordnen, wenn deren sofortige Vornahme den Wert der Erbschaft erheblich schädigen würde.

  • Den Miterben eines zahlungsunfähigen Erben steht die Befugnis zu, zur Sicherung ihrer Ansprüche sofort nach dem Erbgange vorsorgliche Massregeln zu verlangen.

Willensvollstrecker und Erbschaftsverwaltung

Hat der Erblasser einen Willensvollstrecker bezeichnet, so ist diesem die Verwaltung zu übergeben. Stand die verstorbene Person unter einer Beistandschaft, welche die Vermögensverwaltung umfasst, so obliegt dem Beistand auch die Erbschaftsverwaltung, sofern nichts anderes angeordnet wird.

Die Erbschaftsverwaltung wird nach Art. 554 ZGB angeordnet

  • wenn ein Erbe dauernd und ohne Vertretung abwesend ist, sofern es seine Interessen erfordern

  • wenn keiner der Ansprecher sein Erbrecht genügend nachzuweisen vermag oder das Vorhandensein eines Erben ungewiss ist

  • wenn nicht alle Erben des Erblassers bekannt sind

  • wenn das Gesetz sie für besondere Fälle vorsieht.

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