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Erbrecht: Erbvertrag und Testament

Der Familie, insbesondere den Ehegatten, kommt in der Gesellschaft und im Recht eine besondere Stellung zu. Die Ehegatten werden rechtlich im Vergleich zu anderen Gesellschaften, insbesondere etwa dem Konkubinat oder anderen einfachen Gesellschaften unterschiedlich behandelt. Dies gilt vor allem in vermögensrechtlicher Hinsicht.

30.08.2021 Von: WEKA Redaktionsteam
Erbrecht

Abgesehen von der vorgegebenen gesetzlichen Ordnung bieten sich den Ehegatten allerdings in vermögensrechtlichen Bereichen auch erhebliche Wahlmöglichkeiten. Die gesetzlichen Regelungen können nämlich durch rechtsgeschäftliche Gestaltung an ihre individuellen Begebenheiten und ihre eigenen Zielsetzungen angepasst werden. Diese autonome Gestaltung betrifft die vermögensrechtlichen Verhältnisse während der Ehe und/oder die Vermögensaufteilung bzw. den Vermögensübergang bei Auflösung des Güterstandes, insbesondere beim Tod eines Ehegatten.

Güterstände und Modifikationen innerhalb der Güterstände

Zu denken ist vorab an die Wahl unter verschiedenen Güterständen. Die Ehegatten können nämlich zu Beginn der Ehe einen von der Errungenschaftsbeteiligung abweichenden Güterstand wählen.

Sie können während der Ehe grundsätzlich jederzeit zu einem anderen Güterstand wechseln, unter Vorbehalt von Art. 191 bzw. 193 ZGB. Das geltende Recht lässt neben dem ordentlichen subsidiären Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung nur mehr die Gütergemeinschaft und die Gütertrennung zu.

Sodann sind zwar weiterhin Modifikationen innerhalb der drei zur Auswahl stehenden Güterstände möglich, Kombinationen zwischen den drei Grundtypen sind aber nicht (mehr) zulässig.

Wichtig: Die Errungenschaftsbeteiligung, die Gütergemeinschaft und die Gütertrennung sind als solche so zu wählen, sie können nicht miteinander vermischt werden.

Gleichwohl geben die verschiedenen Güterstände den Ehegatten verschiedene Wahlmöglichkeiten zur Hand.

Möglichkeiten der rechtsgeschäftlichen Gestaltung

Für die rechtsgeschäftliche Gestaltung stehen den Ehegatten, um die Bedürfnisse auf den Einzelfall abstimmen zu können, vier verschiedene Instrumente zur Verfügung, nämlich:

Dieser Beitrag geht auf die verschiedenen Möglichkeiten der Rechtsgestaltung unter Ehegatten ein. Dabei wird vorab die gesetzliche Ausgangslage skizziert, da das Gesetz bereits von sich aus Begünstigungen für den Ehegatten vorsieht. Weiter werden Begünstigungsmöglichkeiten durch Ehe- und Erbrecht dargestellt. Es werden insbesondere auch Möglichkeiten von Vertragsabschlüssen zwischen Ehegatten, welche diese gegenseitig begünstigen, ausgeführt.

Hinweis: Seit Inkrafttreten des Partnerschaftsgesetzes stehen die hier dargelegten Möglichkeiten grundsätzlich analog auch in der eingetragenen gleichgeschlechtlichen Partnerschaft zur Verfügung.

Zuweisung der gesamten verfügbaren Quote

Vorab zu erwähnen ist die Möglichkeit der Begünstigung, indem die verfügbare Quote (= gesamte Quote abzüglich Pflichtteile) dem überlebenden Ehegatten zugewiesen wird.

Zuweisung der Nutzniessung nach Art. 473 ZGB

Praktisch bedeutsam ist die Möglichkeit der Begünstigung des Ehegatten nach Art. 473 ZGB (Zuweisung der Nutzniessung). Wegen seiner praktischen Bedeutung soll diese Möglichkeit etwas breiter dargestellt werden. Nach Art. 473 ZGB kann der Erblasser den überlebenden Ehegatten durch Verfügung von Todes wegen (= Testament oder Erbvertrag) gegenüber den gemeinsamen und den während der Ehe gezeugten nicht gemeinsamen Kindern und deren Nachkommen die Nutzniessung an dem ganzen ihnen zufallenden Teil der Erbschaft zuwenden. Diese Nutzniessung tritt an die Stelle des dem Ehegatten neben diesen Nachkommen zustehenden gesetzlichen Erbrecht. Nach Abs. 3 derselben Bestimmung entfällt die Nutzniessung auf jenem Teil der Erbschaft, der im Zeitpunkt des Erbgangs nach den ordentlichen Bestimmungen über den Pflichtteil der Nachkommen nicht hätte mit der Nutzniessung belastet werden können, für den Fall der Wiederverheiratung. Grundsätzlich bestimmt Art. 530 ZGB, dass die Erben entweder eine verhältnismässige Herabsetzung der Ansprüche, oder, unter Überlassung des verfügbaren Teils der Erbschaft an die Bedachten, deren Ablösung verlangen können, wenn der Erblasser seine Erbschaft mit Nutzniessungsansprüchen und Renten derart beschwert hat, dass deren Kapitalwert nach der mutmasslichen Dauer der Leistungspflicht den verfügbaren Teil der Erbschaft übersteigt. Art. 473 ZGB begünstigt damit die verfügbare Quote: Diese Begünstigung ermöglicht nämlich dem Erblasser, dem Ehegatten in Konkurrenz mit Nachkommen an die Stelle des ihm sonst zustehenden gesetzlichen Erbrecht die Nutzniessung an der gesamten Erbschaft zuzuwenden, selbst wenn deren Kapitalwert nach der mutmasslichen Dauer der Leistungspflicht den verfügbaren Teil übersteigt. Je jünger der überlebende Ehegatte (und je grösser mithin der kapitalisierte Wert der Nutzniessung) ist, umso eher kommt eine Begünstigung des Ehegatten nach Art. 473 ZGB in Frage. Praktisch wichtig ist die Antwort auf die Frage, ob die Begünstigung im Sinne von Art. 473 ZGB zu Lasten der verfügbaren Quote oder der Pflichtteile der Kinder gehe. Im letzteren Sinne hatte das Bundesgericht für das bisherige Recht entschieden. Demnach konnte der Erblasser dem überlebenden Ehegatten das Eigentum an 3/16 der Erbschaft und die Nutzniessung am Rest zuwenden.

Nach heutigem Erbrecht beträgt die verfügbare Quote beim Vorhandensein des Ehegatten und von Nachkommen generell 3/8 (l/2 von 1/2 für den Ehegattenanspruch, 1/4 von 1/2 für den Anspruch der Nachkommen). Geht man davon aus, würde die Verfügungsfreiheit (beim Festhalten an einer verbleibenden verfügbaren Quote) bei Art. 473 ZGB entsprechend erhöht (statt wie bisher 3/16 nunmehr 3/8 verfügbare Quote): Der Erblasser könnte neben der Zuweisung von 5/8 der Nutzniessung an den Ehegatten 3/8 irgendjemandem (sei es dem Ehegatten, sei es einem bestimmten Nachkommen, sei es einem Dritten) zuwenden. Demgegenüber wird die Meinung vertreten, dass durch die Zuweisung der Nutzniessung am ganzen Nachlass an den überlebenden Ehegatten der Erblasser nach Art. 473 Abs. 2 ZGB über den Nachlassanteil des Ehegatten (1/2 der Erbschaft) verfügt habe und dem überlebenden Ehegatten von der anderen, der Nachkommenshälfte, nur 1/4, also vom gesamten Nachlass 1/8 zu Eigentum zugewiesen werden könne. Die Lösung mit 3/8 und nicht bloss 1/8 verfügbare Quote liegt auf der Linie der ehegattenfreundlichen Tendenz der Gesamtrevision (geht dabei zugegebenermassen angesichts der Änderung im Güterrecht recht weit) und trägt dem unveränderten Randtitel zu Art. 473 ZGB (Begünstigung des Ehegatten) besser Rechnung. Schnyder hält die Wahrheit in der Mitte, nämlich bei 2/8: Nach seiner Auffassung besteht der gesetzliche Erbanspruch der Nachkommen für diesen Fall im nutzniessungsbelasteten Ganzen. Davon sind nach Art. 471 Ziff. 1 ZGB 3/4 pflichtteilsgeschützt. Also darf der Erblasser über 1/4 verfügen. Für diese Lösung spreche insbesondere, dass für die Nachkommen 3/4 des Nachlasses pflichtteilsgeschützt wären, wenn der erstversterbende Ehegatte als zweiter sterben würde.

Praxis-Tipp
Bei der Vertragsredaktion sollte in jedem Fall die Formulierung gewählt werden, wonach dem überlebenden Ehegatten neben der Nutzniessung die gesetzlich zulässige frei verfügbare Quote zugewendet werde.

Versicherung

In diesem Zusammenhang ist namentlich auch auf die dem Erbrecht nahe stehende Möglichkeit einer Begünstigung mittels Lebensversicherung hinzuweisen: Zwar ist in der Doktrin weiterhin umstritten, wie die Begünstigung der auf das Leben des Versicherungsnehmers gestellten Lebensversicherung gemäss Erbrecht zu würdigen sei. Das Bundesgericht hat seine Auffassung bekräftigt, dass es sich hier um einen im Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag eigens geregelten Tatbestand handle, welcher das Erbrecht ausschliesst. Wenngleich die bundesgerichtliche Praxis festzustehen scheint, sei hier darauf hingewiesen, dass versicherungsrechtliche Begünstigungen zwar nach der Rechtsprechung nicht in den Nachlass fallen, jedoch regelmässig in Bezug auf die Schenkungssteuern die versicherungsrechtlichen Begünstigungen als Schenkung auf den Todesfall qualifiziert werden, was regelmässig eine Erbschaftssteuer auslöst. Insofern besteht eine Wertungsinkongruenz zwischen Steuerrecht und Erbrecht.

Erbrecht bei eingetragener Partnerschaft

Aus Erbrecht werden die eingetragenen Partner oder Partnerinnen den Ehepartnern gleichgestellt. Sie erhalten nach Art. 462 ZGB,

  • wenn sie mit Nachkommen zu teilen haben, die Hälfte der Erbschaft;
  • wenn sie mit Erben des elterlichen Stammes zu teilen haben, drei Viertel der Erbschaft;
  • wenn auch keine Erben des elterlichen Stammes vorhanden sind, die ganze Erbschaft.

Ausserdem sind eingetragene Partner oder Partnerinnen auch aus Erbrecht pflichtteilsberechtigt. Der Pflichtteil für sie beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruches. Wenn er oder sie mit Kindern zu teilen hat, beträgt der Pflichtteil für den eingetragenen Partner oder Partnerinnen ein Viertel, der Pflichtteil der Kinder drei Achtel. Wenn der Erblasser keine Kinder hat, hat der eingetragene Partner oder Partnerin das Recht auf einen Pflichtteil von 3/8 des Nachlasses. Ein Achtel des Nachlasses ist Pflichtteil der Eltern, also für jeden Elternteil 1/16 des Nachlasses. Erlebt nur ein Elternteil den Erbgang, so erhöht sich die verfügbare Quote auf 9/16, sofern der vorverstorbene Elternteil Nachkommen hinterlässt. Diese sind nicht pflichtteilsberechtigt. Wenn nur ein Elternteil den Erbgang erlebt und der andere keine Nachkommen hinterlässt, erbt der überlebende Elternteil von Gesetzes wegen den ganzen Anteil der elterlichen Verwandtschaft, also ein Viertel des Nachlasses. Die Hälfte davon, also ein Achtel, ist pflichtteilsgeschützt.

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