Liquiditätsmanagement: Umgang mit Unsicherheit

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Warum das Liquiditätsmanagement so wichtig geworden ist
Die Steuerung von einem KMU-Unternehmen wird zunehmend schwieriger, weil sich regulatorische und wirtschaftliche Veränderungen in immer kürzeren Zyklen überlagern. Wie eine aktuelle Umfrage zeigt, werden Margenenerwartungen, Investitionen und flexibel steuerbare Ausgaben wie Reisen oder Marketing spürbar zurückgefahren. Die Ausprägung dieser Vorsicht war zuletzt während der Pandemiejahre 2020/21 zu beobachten[1]. Vor diesem Hintergrund verändern sich auch die strategischen Prioritäten im Finanzbereich: Digitalisierung, Nachhaltigkeit, prädiktive Prognosemodelle und standardisierte Prozesse rücken in den Fokus. Dies wurde in einer weiteren Studie belegt, die gezeigt welche Top Prioritäten für Finanzverantwortliche in diesem Jahr bestehen:
- Ausbau digitaler Plattformen
- Integration von Nachhaltigkeitskennzahlen
- Ausbau prädiktiver Forecasting-Modelle
- Standardisierung und Harmonisierung von Finanzprozessen
Besonders in den Bereichen Forecasting, Reporting und Planung liegt grosses Potenzial durch Automatisierung und den Einsatz von KI. Zwar sehen 77 % der CFOs im Einsatz von Künstlicher Intelligenz für Forecasting den grössten Hebel zur Effizienzsteigerung, tatsächlich implementiert ist eine entsprechende Anwendung aber nur bei 3 % der Unternehmen. Bei 55 % befindet sich (Gen)AI nicht einmal in Planung[2].
Diese Untersuchungen zeigen, dass sich die Rolle der Finanzverantwortlichen verändert und KMU aktuell Gedanken über ihre Effizienz machen müssen. Neben klassischen Aufgaben rücken neue Aufgaben wie Datenanalyse und Szenarienplanung in den Vordergrund. Gleichzeitig wird eine stärkere cross-funktionale Zusammenarbeit innerhalb der Organisation erforderlich sowie ein technisches Verständnis in Bezug auf die Künstliche Intelligenz.
Nicht nur die Rolle, sondern die operativen Aufgaben haben sich verändert: Die Auswirkungen der US-Zollpolitik, fragile Lieferketten und währungspolitische Schwankungen haben gezeigt, wie schnell externe Entwicklungen die wirtschaftliche Stabilität gefährden können. So ist es nun für KMU entscheidend, Risiken frühzeitig zu erkennen, zu bewerten und steuern.
Neben einer funktionierenden Risikoanalyse ist das Liquiditätsmanagement einer der wichtigsten Stellstrauben für Unternehmen. Die Firmenkonkurse sind im ersten Quartal 2025 bereits um 50% gestiegen. Grund dafür ist eine Gesetzesänderung: Seit rund einem halben Jahr können öffentlich-rechtliche Stellen wie Kantone oder Gemeinden ein Konkursverfahren einleiten, wenn Firmen ihre Steuern oder Abgaben nicht zahlen (können). Besonders betroffen sind Branchen mit hohem Forderungsvolumen und langen Zahlungszielen, etwa im Baugewerbe oder in der Industrie[3]. Auch steigende Finanzierungskosten und rückläufige Auftragseingänge wirken sich negativ auf die kurzfristige Zahlungsfähigkeit aus. Vor diesem Hintergrund ist ein effektives und funktionierendes Liquditätsmanagement unerlässlich und gewinnt zunehmen an Bedeutung. Das heisst, das Unternehmen ihre Zahlungen laufend überwachen müssen und Engpässe frühzeitig antizipieren müssen. Dies gelingt jedoch nur, wenn die Finanzabteilung diese Daten auch zur Verfügung haben und vor allem auf dem aktuellen Stand sind. Mit den gestiegenen Unsicherheiten (vgl. Einleitung), sinkt gleichzeitig die Belastbarkeit der Planung.
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Planung unter Unsicherheit
Die Unsicherheit in der Planung entsteht vor allem dann, wenn die Prognose von unvollständigen, widersprüchlichen oder sich schnell verändernden Rahmenbedingungen abhängen. Ein bewährtes Modell zur Einordnung von Unsicherheiten stammt aus der Risikoanalyse und basiert auf der Unterscheidung zwischen bekannten und unbekannten Faktoren. Dabei gibt es vier Kategorien:
- «Known Knows»: Bezeichnen Sachverhalte, die bekannt und verstanden sind (z.B. saisonale Effekte, Umsatzmuster usw.).
- «Known Unknown»: Sind Risiken, die grundsächlich bekannt sind, deren Eintrittswahrscheinlichkeit oder Auswirkung jedoch nicht vollständig bekannt sind.
- «Unknown Knowns»: Beschreibt Wissen, das eigentlich vorhanden ist, aber im Entscheidungsprozess nicht erkannt oder genutzt wird.
- «Unkown Unknows»: sind Risiken, die weder bekannt noch antizipierbar sind. Solche sogenannte Black-Swan-Ereignisse entziehen sich jeder klassischen Prognose.
Gerade bei sogenannten „Unknown Unknowns“ stösst klassische Planung an ihre Grenzen. Diese lassen sich kaum vorhersagen. Trotzdem kann KI hier einen Mehrwert leisten:
Künstliche Intelligenz im Umgang mit Unsicherheit
Die Technologie der Künstlichen Intelligenz kann zwar vor allem diese Unknown Unknowns nicht besser vorhersehen, weil sie oft gar keine aktuellen Daten zur Verfügung hat, aber sie kann helfen, bei einem solchen Ereignis die bestehende Planung schnell und datenbasiert anzupassen. Das Ereignis selbst wird (wahrscheinlich) von der KI nicht besser vorhergesagt, aber die Reaktionsfähigkeit wird im Moment der Unsicherheit erhöht.
Voraussetzungen
Damit die Künstliche Intelligenz wirksam unterstützen kann, braucht es vor allem Eins: Daten. Viele KI-Modelle scheitern, weil sie auf veralteten oder isolierten Daten basieren. Daher muss die Buchhaltung auf dem aktuellen Stand. Es müssen alle Daten in einem verfügbar sein, damit Veränderungen erfasst werden können und entsprechend in die Planung integriert werden kann. APIs zu externeren Systemen erhöhen zusätzlich die Reaktionsfähigkeit. Klassische Forecasting-Modelle sind häufig starr und erfordern manuelles Re-Training. Um unter hoher Unsicherheit zu bestehen, braucht es jedoch Systeme mit adaptivem Lernverhalten. Sie müssen in der Lage sein, neue Muster selbständig zu erkennen, Einflussfaktoren neu zu gewichten und ihre Vorhersagen dynamisch anzupassen
Fazit zum Liquiditätsmanagement
Das beste Liquiditätsmanagement nützt nichts, wenn niemand damit arbeitet. Unternehmen müssen Entscheidungswege so gestalten, dass auf neue Erkenntnisse schnell reagiert werden kann. KI kann helfen, Unsicherheit greifbar zu machen und schneller auf Veränderungen zu reagieren, vorausgesetzt, die Organisation ist darauf vorbereitet.
Verweise
[1] Deloitte AG. (2025). CFO-Umfrage: Schweizer Ergebnisse der Frühlingsumfrage im März und April 2025.
[2] Horváth. (2024). CFO-Study 2025: Embark on the journey into Next-Gen Performance Management. Horváth AG
[3] Rentsch, M. (2025, 5. Juli). Konkurs von Unternehmen – 50 Prozent mehr Pleiten – der Beginn einer neuen Welle. SRF News.