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Angst im Job: Wie Angst in Unternehmen Spitzenleistungen blockiert

Angst im Job macht Menschen und Unternehmen langsam und dumm. Nur dann, wenn die Mitarbeitenden frei und selbstwirksam zur vollen Entfaltung kommen, können die ganz grossen Würfe gelingen. So sind Angstabbau und Vertrauensaufbau für jede Organisation auf dem Weg in die Zukunft elementar.

23.01.2020 Von: Anne M. Schüller
Angst im Job

Eigentlich hätten wir heute die besten Voraussetzungen für ein historisch niedriges Angstniveau. Doch die Zukunft ist angesichts einer rasant voranschreitenden Digitalökonomie ungewisser als jemals zuvor. Lineare Vorausberechnungen aus der Vergangenheit in die Zukunft sind nicht mehr möglich. Der Planungshorizont flimmert. Die Vorhersagbarkeit geht gegen Null. Permanente Vorläufigkeit ist die neue Norm.

Was derart schnell derart anders und zugleich immer weniger planbar wird, macht vielen Menschen zunächst Angst. Das ist verständlich. Verunsicherung, Ablehnung und ein Gefühl von Ohnmacht und Schutzlosigkeit stellen sich ein. Solche Angst ist, weil nicht unmittelbar greifbar, zudem vage, latent und diffus. Diese Form der Angst nennt die Psychologie Binnenangst.

Im Gegensatz zur Realangst vor einer konkreten Bedrohung schleicht sich die Binnenangst als kaum konkretisierbare Grundstimmung in unser Leben, in Belegschaften und ganze Bevölkerungsgruppen ein. Sie frisst an der Seele, raubt Energie und paralysiert. Sie sorgt für Blockaden, Rückzug und Resignation. Oder sie verursacht aggressives Verhalten.

„Da im Gegensatz zur Realangst die Binnenangst keinen erkennbaren Bezug mehr zu einem externen angstauslösenden Objekt hat, blockiert sie auch die Möglichkeit, durch aktives Handeln oder durch rationale Verarbeitung die Angst bewältigen zu können“, schreibt der Kognitionsforscher Rainer Mausfeld in „Angst und Macht“. Solche Angst entspringt einer existentiellen Abhängigkeits- und/oder Ohnmachtserfahrung.

Die Angst muss aus den Unternehmen verschwinden

Es ist vornehmlich die Angst im Job, die aus den Unternehmen verschwinden muss. Aggression, Angst, Druck und Schrecken sabotieren die Fähigkeit des Gehirns, sein Bestes zu geben, weil die im Angstzustand ausgeschütteten Botenstoffe Synapsen blockieren. Das kennen wir alle als Blackout, als Lampenfieber oder Prüfungspanik. So ist Angst im Job der grösste Killer von Leistung und Fortschritt.

Angst setzt nämlich einen zerebralen Mechanismus in Gang, der rationales Denken nahezu unmöglich macht und sich Sachargumenten verschliesst. Zudem führt Angst zu einer massiven Verengung des Aufmerksamkeitsfeldes, dem berüchtigten Tunnelblick. Eine angemessene Urteilsbildung wird so blockiert. In Momenten höchster Not können nur noch Routinen abgespult werden. In Urzeiten war dieser Mechanismus sehr sinnvoll, denn langes Nachdenken im Augenblick der Gefahr wurde schnell mit dem Leben bezahlt.

Erst dann, wenn wir keine Bedrohungen spüren und unser Geist nicht durch Sorgen vernebelt ist, sind wir bereit für den Wandel und laufen zu Höchstleistungen auf. Ohnmächtig, also fremdbestimmt und ohne Macht zu sein, das macht einen hilflos und schwach.

Innovative Energie und damit auch Transformation brauchen angstfreie Räume. Deshalb wird in florierenden Jungunternehmen auch so viel Wert auf ein Wohlfühlklima gelegt. Reale Begegnungen, ein angenehmes Arbeitsumfeld, intensiver Austausch und gute Stimmung gehören dazu. Nur, wem es wirklich gut geht, der macht gute Arbeit.

Wie Angst in Menschen und Unternehmen entsteht

Hierarchische Strukturen erzeugen per se ein Klima der Angst. So erzeugen Obrigkeiten über Macht, Gängelei und Kontrolle den supergefährlichen blinden Gehorsam. Wer einfach die Regeln befolgt und tut, was ihm per Dienstanweisung auferlegt wird, hat nichts zu befürchten. Doch Opportunismus und Konformität machen jede Organisation lahm und dumm. Und das wiederum führt ins Aus – und nicht in die Zukunft.

Wird also Angst im Job aus machtpolitischen Gründen erzeugt, ist das töricht - und nicht tolerabel. Denn Blackouts im Business sind tödlich. Für Denkarbeit, die zu Innovationen führt, sind schnelle Synapsen zwingend vonnöten. Die, die in Gehorsam durch Härte den Erfolg hineininterpretieren, denen fehlt vor allem eins: die Feinfühligkeit, zu spüren, wie ihr Verhalten beim Gegenüber bereits Trotz oder aufschäumende Wut, eisiges Desinteresse oder Rachegedanken erzeugt.

Mit Angst im Nacken laufen wir zwar schneller, aber nur ein ganz kurzes Stück. Danach sind wir vollkommen ausgepowert. Unablässiger Druck versetzt den Körper in permanente Alarmbereitschaft, mindern seine Leistungskraft und ruinieren die Gesundheit. Der Dauerbeschuss von Stresshormonen unterdrückt auch die körpereigenen Abwehrkräfte, schwächt unser Immunsystem und macht uns krank. Ist Arbeit also mit Angst besetzt, ist das quasi Körperverletzung.

Wird eine Belastung, weil von aussen gesteuert, unkontrollierbar, kommt sogar Panik ins Spiel. Aus der anfänglichen Angst werden Verzweiflung und Hilflosigkeit. Dies kann bis zum körperlichen, geistigen und seelischen Kollaps führen. Das beste Gegenmittel: Beistand und die Möglichkeit, in kleinen Schritten die Kontrolle zurückzugewinnen. Erst dann, wenn wir eine Situation (wieder) beherrschen, schlägt Angst in Erleichterung um, wir gewinnen Zuversicht, Selbstvertrauen und Mut.

Angst im Job ist der grösste Killer von Leistung und Fortschritt

Verängstigte Mitarbeitende haben die unangenehme Eigenschaft, allerhöchstens mittelmässige Arbeit abzuliefern. Sie machen „Dienst nach Vorschrift“, denn dann kann ihnen nichts passieren. Zudem wird die Aufnahme von neuem durch Unsicherheit, Bedrohung und Stress stark behindert. Darüber hinaus verfestigen sich Ängste, wenn man sie oft durchlebt. Unter positiven Umständen hingegen lernt und performt unser Oberstübchen sehr viel besser.

Kreativität schöpft aus der Quelle des Unterbewussten, das keine Angst haben muss. Schon allein deshalb kann sie nur in einem angstfreien Umfeld entstehen. Dann glaubt man an sein Potenzial und die Aussicht auf Erfolg. Man beschäftigt sich mehr mit dem Pro als mit dem Kontra. Man wird offener und damit ideenreicher. Man wird agiler und schreitet zur Tat. Die Dinge gehen locker und leicht von der Hand.

Sich sicher zu fühlen gehört zu den Grundbedürfnissen jedes Menschen. Erst dann, wenn wir keine Furchtsamkeit spüren und unser Geist nicht durch Sorgen vernebelt ist, sind wir bereit für den Wandel und laufen zu Höchstleistungen auf. Nur in offenen Vertrauenskulturen, in denen es den Menschen gut geht, können die ganz grossen Würfe gelingen. Optimistisch geprägt sieht man vor allem die Chancen - und kommt über Hürden behände hinweg.

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