Gelassenheit: Stressreduktion durch Achtsamkeit

Passende Arbeitshilfen
Voll im Stress – und den Stress im Fokus
Jetzt. Sofort zu Beginn wird eine wichtige Frage an Sie gestellt: Wie geht es Ihnen? Und schwuppdiwupp kommt noch eine dazu: In diesem Moment?
Beide Fragen lösen etwas aus. Vollkommen unwillkürlich, fast automatisch werden Sie sich diesen beiden Fragen widmen. Vielleicht sie sogar beantworten. Möglicherweise schnell und ganz spontan mit einem Wort wie beispielsweise „gut“, „schlecht“, „mittelmässig“ oder „gestresst“. Vielleicht ist Ihre Antwort auch ausführlicher – wie beispielsweise „Guido hat sich heute krankgemeldet. Seit einer Viertelstunde fragt ständig jemand aus dem Projektteam nach Unterlagen, die Guido bis heute fertigstellen wollte und sollte. Davon weiss ich nichts. Ist auch nicht auf dem Kanban-Board. Ich fühle mich voll gestresst.“
Während Sie dank der beiden Fragen Ihrem Befinden nachspür(t)en, bewerkstelligten Sie gleichzeitig mehrere Aspekte:
- Ihr Fokus hat sich verschoben: Weg vom Lesen des Artikels hin zur Beantwortung der Fragen. Jedenfalls für einen kurzen Augenblick.
- Ihre Gefühle rückten ins Rampenlicht: Sie haben sich erlaubt, Ihre momentanen Gefühle zu entdecken und zu benennen.
- Ihre Gedanken wurden erkennbar: Sie haben sich gestattet, sich Ihre Gedanken, die an diesen Augenblick, als auch an die Gefühle gekoppelt sind, bewusst zu machen.
- Ihre Achtsamkeit hat sich erhöht: Ganz automatisch, fast nebenbei haben Sie gerade achtsam(er) auf sich geschaut.
Die 4 Aspekte als Ressourcen anerkennen
Lassen Sie dies einmal auf sich wirken. Denn da wird „plötzlich“ etwas Wichtiges offenbar: Die 4 Aspekte, um gelassener zu werden und Ihren Stress zu reduzieren. All diese Aspekte sind Ressourcen und Kompetenzen, über die Sie bereits verfügen. Dies darf einmal gewürdigt werden. Von Ihnen. Jetzt. In diesem Moment.
Vielleicht sind diese nicht immer so auf- und abrufbar, wie Sie es sich wünschen. Vielleicht sind manches Mal die eigenen Stressgefühle so stark und vielschichtig, dass diese Stressgefühle „überwältigen“. Und so mag der Eindruck, möglicherweise gar ein Zweifel entstehen: Ich bin meinem Stress ausgeliefert. Da fällt vielleicht gerade die Würdigung der eigenen Stress-Reduktions-Kompetenzen schwer. Sie fühlen sich schliesslich gegenwärtig gestresst. Ihre Gelassenheit ist den „Bach runter gegangen“. Ihr Wohlbefinden hat sich verabschiedet.
Ein wichtiger erster Schritt: Eine neue Perspektive
Das eine schliesst jedoch das andere nicht aus. Im Gegenteil. Sobald Sie an Ihren Kompetenzen zweifeln, diese vielleicht gar abwerten, erhöht sich Ihr Stress. Deshalb erlauben Sie sich einen ersten Stressreduktions-Schritt. Erlauben Sie sich eine „neue“ Perspektive: „Im Moment fühle ich mich gestresst. Doch ich habe schon viele Stress-Situationen gemeistert - dank meiner Kompetenzen und Ressourcen. Auch diesen Stress werde ich abbauen. Dafür eigne ich mir nun einige neue Achtsamkeits-Tools an.“
Gerne dürfen Sie sich Ihre eigene Perspektive formulieren. Überlegen Sie, was Sie einem lieben Freund sagen würden, der im Stress festsitzt. Vielleicht notieren Sie sich Ihre Perspektive auf ein Post-It. Kleben Sie es neben Ihren PC. Oder zu Hause an den Spiegel. Wo immer Sie Ihre Perspektive gut und täglich sehen können.
Der zweite wichtige Schritt: Achtsamkeit erhöhen
Achtsam zu sein und die eigene Achtsamkeit zu stärken, bedeutet, auf eine bestimmte Weise aufmerksam zu sein. Und zwar unabhängig davon, ob die Erfahrung gerade angenehm ist oder nicht. Die eigene Achtsamkeit ist gerichtet auf das Hier und Jetzt, absichtsvoll – und ganz entscheidend – nicht wertend.
Seminar-Empfehlungen
Die Entwicklung einer inneren achtsamen Haltung erlaubt es Ihnen,
- den Autopiloten-Modus zu erkennen, zu stoppen und ihn umzulenken,
- einen achtsamen Zugang zu Ihren Gefühlen, Gedanken und körperlichen Vorgängen zu haben, ob Sie diese nun wenig wahrnehmen oder sich von ihnen überrollt fühlen,
- in der Lage sein, zu erkennen, wann Sie in negative Bewertungen verfallen,
- ob der innere Kritiker anspringt,
- ob Sie sich abwerten,
- sich ernst zu nehmen – mit allem, was in Ihnen vorgeht,
- sich zu erlauben, ein Selbstmitgefühl aufzubauen und/oder dieses zu stärken,
- sich selbst eine freundliche und liebevolle Haltung anzunehmen,
- sich so zu behandeln, wie Sie eine/n gute/n FreundIn behandeln würden.
Vielleicht halten Sie für einen Moment inne. Lassen Sie einmal die obigen Aspekte einer inneren achtsamen Haltung auf sich wirken. Möglicherweise hat ja der eine oder andere Aspekt ein „Kenn ich“ oder „Selbstmitgefühl. Das tut gut. Da verabschiedet sich schon ein wenig Stress“ ausgelöst. Wunderbar. Sie sind erneut in eine mentale Bewegung gekommen. Dafür dürfen Sie jetzt eins tun: Klopfen Sie sich auf lobend auf Ihre Schulter. Wenn vielleicht nicht real körperlich, so doch wenigstens mental.
Stress reduzieren dank Achtsamkeit erhöhen: 3 Übungen
Achtsamer zu sein, ist einfach. Und dennoch benötigt es Übung. Meist eine regelmässige Übung, bis Sie die achtsame innere Haltung auch wirklich so verinnerlicht haben, um Sie gerade in Stress-Situationen mühelos abrufen und anwenden zu können. Doch das Gute ist: Achtsamkeits-Übungen bereiten viel Freude und Spass, stärken sofort das Wohlbefinden und erhöhen die Gelassenheit. So wird das Üben zu keinem Muss, sondern zu einem „Ich will“.
Achtsamkeits-Übung 1: Den Körper spüren
Stress manifestiert sich auch im Körper. Sie spannen die Muskeln an. Sie beissen die Zähne zusammen. Der Magen verkrampft sich. Die Schulter-Nackenmuskulatur verhärtet sich. Sie bekommen Kopfschmerzen. Sie werden müde. Einige der typischen körperlichen Stress-Symptome.
Deshalb ist es wichtig, bei Stress Ihren Körper zu fokussieren. Da reichen schon ein oder zwei Minuten.
- Bleiben Sie in der Haltung, in der Sie sich gerade finden. Ob Sie nun stehen, sitzen oder liegen. Falls Sie gehen, sollten Sie vielleicht für einen Moment Ihre Bewegung stoppen.
- Erst einmal den Körper ganzheitlich wahrnehmen. Wie fühlt sich Ihr Körper gerade an? Welche Körperstellen „rufen“ nach Ihnen, weil sie vielleicht schmerzen? Welche Köperstellen „schweigen“ dagegen?
- Nehmen Sie diese Körper-Befindlichkeiten wahr und einfach nur an. Bitte nicht bewerten. Sie dürfen sich sagen „Mein Nacken ist angespannt“ oder „Mein Magen ist ganz flau“.
- Wandern Sie nun – gerne in einem etwas schnelleren Durchlauf, falls die Zeit fehlt – Ihren Körper entlang. Beginnen Sie mit Ihrem Kopf. Schenken Sie ihm Ihre Aufmerksamkeit und Freundlichkeit. Gehen Sie zu Ihrem Nacken und Schultern. Schenken Sie auch diesen Ihre Aufmerksamkeit und Freundlichkeit. Verharren Sie auf diese Weise bei allen Ihren Körperteilen und –stellen, bis Sie unten bei Ihren Füssen angekommen sind.
- Kehren Sie danach wieder in Ihre Umgebung zurück. Spüren Sie gerne kurz nach. Wie fühlt sich jetzt Ihr Körper an? Wie fühlen Sie sich emotional und mental? Was macht Ihr Stress auf einer Skala von 1 bis 10?
Achtsamkeits-Übung 2: Dem Atmen folgen
Ja. Genau. Richtig. Auch Ihre Atmung verändert sich, sobald Sie sich gestresst fühlen und unter Stress stehen. Erlauben Sie sich deshalb immer wieder regelmässige „Atem-Pausen“ – und dieses Mal dürfen Sie diese Aufforderung wortwörtlich verstehen.
- Sitzen, stehen oder liegen Sie so entspannt als möglich. Falls Sie verspannt sind, ist das okay. Noch einmal zur Verankerung: Achtsam zu sein, bedeutet, nichts ändern wollen, sondern Ihren körperlichen aktuellen Zustand akzeptieren – so wie er gerade ist.
- Falls Sie möchten, schliessen Sie die Augen.
- Fokussieren Sie nun Ihren Atem. Folgen Sie diesem – einfach so wie Ihr Atem kommt und geht. Steuern Sie nichts.
- Lassen Sie Ihre Atmung geschehen. Einfach zulassen. Einatmen. Ausatmen. Einatmen Ausatmen, so wie es Ihnen gerade möglich ist und wie Ihr Körper es geschehen lässt.
- Lassen Sie so los – und sich auf Ihre Atmung ein.
- Kehren Sie langsam und behutsam zurück in Ihre Umgebung und das Geschehen. Spüren Sie, falls Sie mögen, kurz noch nach. Was hat sich verändert – in Ihrem Körper? An Ihrer Atmung? Ihren Gefühlen? Ihren Gedanken? An Ihrem Stress?
Achtsamkeits-Übung 3: Ich nehme mich an – so wie ich bin in diesem Moment
Vieles ruft Stress hervor. Vielleicht fühlen Sie sich über- oder unterfordert. Vielleicht ruft die Reaktion des Kollegen starke negative Gefühle hervor. Vielleicht werten Sie sich selbst ab, weil Sie nicht Nein gesagt haben. Der eigene Stress wird jedoch oft durch Ihr eigenes Tun, Denken und Fühlen verstärkt.
In solchen Stress-Momenten ist es deshalb wichtig, innezuhalten. Sie benötigen Abstand zum Geschehen. Nur so können Sie den Autopilot-Modus stoppen. Nur so können Sie Selbstmitgefühl und Selbstfreundlichkeit aktivieren. Nur so können Sie liebevoll mit sich umgehen – und Ihre Gelassenheit und Ihr Wohlbefinden steigern.
- Das Stress-Geschehen und Ihre (inneren) Reaktionen wahrnehmen. Geben Sie sich einen Moment Zeit. Beobachten Sie, was gerade passiert und was Sie in Stress versetzt.
- Widmen Sie sich Ihren Gefühlen und Gedanken. Benennen Sie diese. „Ich bin wütend, weil Guido die Aufgabe nicht auf dem Kanban-Board eingetragen hat. Ich fühle mich überfordert, habe auch Angst, weil ich gerade nicht weiss, wie ich dies lösen soll.“
- Nehmen Sie Ihre Gefühle und Gedanken an. Werten Sie sich nicht. Bestätigen Sie sich lieber „Es ist okay, so zu fühlen und so zu denken. Da stehe ich gerade.“
- Öffnen Sie sich für Ihr Selbstmitgefühl. Zeigen Sie sich selbst ganz bewusst und gezielt Mitgefühl. Denn Mitgefühl steht Ihnen in diesem Moment zu. „Das ist wirklich problematisch. Ich darf mich gerade überfordert fühlen. Das ist okay. Ich hatte meinen Tag anders geplant. Nun darf ich Feuerwehr spielen. Ich brauche einen Moment, um mich auf diese Änderung einzustellen.“
- Öffnen Sie sich für Ihre Selbstfreundlichkeit. Gehen Sie jetzt einen Schritt weiter. Sprechen Sie sich Mut zu. Sprechen Sie sich Zuversicht zu. Sprechen Sie freundlich mit sich selbst. Falls Sie alleine sind, gerne laut. In Anwesenheit anderer sprechen Sie sich freundliche Worte in Gedanken zu. „Das hat dich gerade aus der Bahn geworfen. Das ist völlig normal. Und doch bist du schon am Ausloten, was du machen kannst. Deine Lösungskompetenz hast du aktiviert. Gratulation. Achte jedoch darauf, keine Verantwortung zu übernehmen, die du nicht hast. Kläre mit dem Projektteam und mit deinem Vorgesetzten, ob du diese Aufgabe jetzt überhaupt machen sollst. Denke daran: Du hast vieles anderes zu tun. Besprich, falls du diese erledigen sollst, die neuen Prioritäten, damit du nicht bei den eigenen Deadlines zusätzlich in Stress gerätst. Bleibe gelassen. Du schaffst dies. Du kannst dies für dich gut klären.“