SWOT-Analyse: Strategieumsetzung in der Praxis

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Definition und Anwendung
Der Begriff «SWOT» ist ein Kunstwort, stammt aus den USA und setzt sich zusammen aus den vier Worten:
| 1. Strengths = Stärken |
| 2. Weaknesses = Schwächen, Fehler |
| 3. Opportunities = Chancen |
| 4. Threats = Gefahren, Risiken |
Als analytisches Schema dargestellt und angewandt, eignet sich die SWOT-Analyse sowohl zur strategiebezogenen Situationsanalyse als auch zur Feststellung der Zukunftsaussichten des Unternehmens im Rahmen der Strategie, für geplante Projekte (z.B. Mergers & Acquisitions) oder zur Untersuchung eines bestimmten Themenfeldes (z.B. Digitale Transformation). Es werden dabei die verschiedenen Aspekte der entsprechenden Problemstellung identifiziert, analysiert, kategorisiert und dokumentiert. Betrachtet man die zunächst statische Analyse über einen Zeitraum und somit in eine dynamische Betrachtung, fällt auf, dass beispielsweise situativ ungenutzte Chancen im weiteren Zeitablauf zu Schwächen werden können. Das Gleiche gilt analog für nicht ernst genommene Gefahren, aus denen unverhofft Risiken entstehen können.
| Problem | Bewertung | |
|---|---|---|
| positiv | negativ | |
| Ist-Zustand mit Ursachenanalyse, gegenwartsbezogen | Strenghts (Fähigkeiten) | Weaknesses (Schwächen) |
| Potenzial mit Sinnanalyse, zukunftsbezogen | Opportunities (Chancen) | Threats (Gefahren) |
Die oben abgebildete, ursprüngliche SWOT-Analyse zeigt eine klare Trennung: Der obere Teil gilt der Analyse des «Ist-Zustandes» für die Zuweisung von Fähigkeiten und Schwächen; im unteren Teil wird das vorhandene «Potenzial» für die Zukunft, mit Chancen und Gefahren, dargestellt. Darüber hinaus sind Stärken und Schwächen immer auf das das Analyseobjekt (Unternehmen, Organisationseinheit, Projekt o.ä.) zu beziehen, während bei Chancen und Gefahren der Blick nach aussen (out of the box) gerichtet wird.
Mit zielgerichteten Fragen zu den einzelnen Attributen lässt sich auf einfache Weise eine Unternehmenssituation darstellen, woraus entsprechende Entscheidungen getroffen bzw. Massnahmen eingeleitet werden können. Der wichtigste Aspekt ist jedoch, dass eine weit gehende Klarheit darüber besteht, was aufgrund der Analyse zu tun und was zu lassen ist. Allerdings setzt diese direkte Ableitung «von der Analyse in die Praxis» seriöses Abwägen und Vorgehen, mit einer umfassenden Berücksichtigung der Daten aus dem zu untersuchenden Vorhaben, voraus.
Sehr gute Ergebnisse können bei solchen Analysen im Zusammenhang mit Benchmarking-Projekten erzielt werden. Einerseits erhält man damit Resultate aus dem eigenen Unternehmen, andererseits können diese im Vergleich mit extern erstellten Analysen verglichen werden. Allerdings ist bei diesem erweiterten Vorgang besonders auf die tatsächliche (und möglichst nachweisbare) Vergleichbarkeit zu achten.
Problematisch bei der SWOT-Analyse ist oftmals, dass die beteiligten Personen die Stärken des Unternehmens – und vor allem auch ihre eigenen Fähigkeiten – unterschiedlich beurteilen. Das Gleiche gilt für die Beurteilung von Schwächen – und die eigenen Unzulänglichkeiten. Eine subtile Teamführung ist hier gefragt, um wirklich unternehmensweit gültige und verbindliche Antworten zu erhalten. Antworten, die zum Ende der Analyse nach Prioritäten geordnet werden müssen.
Entscheidend für den Erfolg einer SWOT-Analyse ist die Beharrlichkeit und Unnachgiebigkeit der Unternehmensführung, sämtliche Aspekte aus den vier Kernbegriffen zu analysieren und die erforderlichen Schlüsse daraus zu ziehen bzw. die notwendigen Schritte einzuleiten.
Einbettung der SWOT-Analyse in den Unternehmensprozess
Eine einmalige Analyse kann zwar gewisse Erkenntnisse bringen – vor allem beim Einsatz im Rahmen einer strategischen Neuausrichtung, in Form einer «Weichenstellung» für die Zukunft. Die Veränderungen des wirtschaftlichen Geschehens, und damit die Beeinflussbarkeit auf das einzelne Unternehmen, erfolgen jedoch in immer kleiner werdenden Intervallen, sind derart rasant und unberechenbar, dass sich eine permanente Auseinandersetzung mit den zu treffenden strategischen Entscheidungen und operativen Massnahmen geradezu aufdrängt. Die Anwendung der SWOT-Analyse ist deshalb erfolgversprechender, wenn sie regelmässig durchgeführt wird, mindestens aber im Rahmen jedes Strategie-Reviews und immer dann, wenn Zukunftsprojekte gestartet werden sollen. Dies bedeutet, dass diese Analyse nicht nur für das Gesamtunternehmen Sinn macht, sondern auch für einzelne Bereiche und Prozesse, oder eben Projekte.
Die Bedeutung der SWOT-Analyse ist somit gleichzeitig eine Anforderung für die Gestaltung des Unternehmensprozesses. So wie ein Planungssystem, ein Reporting oder die Erarbeitung von Erwartungsrechnungen fest in die Abläufe des Unternehmens integriert sind, sollte auch die SWOT-Analyse als fester Bestandteil in den Prozess der strategischen Planung bzw. der Strategieüberprüfung eingebettet werden.
Die SWOT-Analyse wird seit vielen Jahren als wichtiges Instrument im Rahmen der strategischen Planung genutzt. Und hier setzt auch Risk-Management an, denn bei der Formulierung von Zielen und der Frage, ob sich denn diese verwirklichen lassen, wo sich allenfalls Schwächen oder Risiken, Stärken und Chancen befinden, gilt dieses Instrument in vielen Unternehmen als unverzichtbar. Mittels kritischer Fragestellungen werden die sachlichen und personellen Aspekte innerhalb und im Umfeld des Unternehmens im Team der obersten Führungsebene, jedoch möglichst 1:1 mit der direkt betroffenen zweiten Führungsebene, kommuniziert.
Start in die Strategieumsetzung
Wenn von Strategieerarbeitung die Rede ist, stellt sich immer auch die Frage der Instrumente, mit denen eine Strategie am besten umgesetzt werden kann. Seit einigen Jahren steht dabei der Einsatz einer Balanced Scorecard im Vordergrund. Doch wenn man sich überlegt, welches denn die wichtigsten Voraussetzungen sind, die mit der Strategieumsetzung verbunden sind, stellt sich noch vorher das Problem der Realisierbarkeit der strategischen Vorhaben. Haben wir beispielsweise die notwendigen Fähigkeiten? Ist das Mitarbeiterpotenzial vorhanden? Sind die finanziellen Mittel gesichert? Fragen über Fragen, die zuerst geklärt sein müssen, bevor wir überhaupt an die Umsetzung denken können.
Grobanalyse
Diese – vorgängig oder integriert mit der SWOT-Analyse – zu erstellende Grobanalyse analog der einzelnen Schritte in der Strategieentwicklung dient einmal dazu, die internen und externen Gegebenheiten von Beginn an zu berücksichtigen.
Ausserdem erkennt man auf diese Weise sehr gut, in welchen Bereichen sich die sichtbaren und unsichtbaren Hindernisse zur Realisierung der Planziel befinden – mit einem permanenten Seitenblick auf das bestehende oder neu aufzubauende Risk-Management.
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Die einzelnen Schritte sind hier in kurzer Form aufgeführt, da die Inhalte je nach Art, Grösse und Branche des Unternehmens sehr unterschiedlich aufgebaut sind; ein Beispiel:
| 1. | Definition der strategischen Geschäftsbereiche bzw. -felder |
| Bei diesem Schritt geht es um die Klärung der strategischen Geschäftsfelder, in denen das Unternehmen tätig ist. Hauptsächlich geht es um die Kernfähigkeiten sowie die Problemlösungskompetenz. | |
| 2. | Beurteilung der Marktattraktivität |
| Was gibt der Markt heute für uns her, wo wollen wir in (z.B.) 3 bis 5 Jahren sein. Wie sieht die Marktstruktur aus. Welche Chancen und Risiken ergeben sich im Marktumfeld, in dem wir uns bewegen. | |
| 3. | Beurteilung der Wettbewerbsfähigkeit |
| Hier wird bewertet, wo unsere Produkte und Services gegenüber der Konkurrenz positioniert sind, welche sind schlechter, welche gleich, welche besser. Sofern möglich, sollen in diesem Schritt auch Kennzahlenvergleiche mit der Konkurrenz angestellt werden. | |
| 4. | Strategieformulierung |
| Abbildung der aus der Vision und Strategie folgendenstrategischen Stossrichtungen. Hierzu sind einige wichtige Leitfragen zu stellen: Welche Kundenbedürfnisse befriedigen wir? Was bieten wir den Kunden gegenwärtig an? Welche neuen Produkte und Services wollen wir entwickeln? Bleiben wir an unserem jetzigen Standort? Sind Akquisitionen oder Kooperationen vorgesehen? Welche neuen Märkte sind für uns interessant? | |
| 5. | Finanzielle Zielsetzungen |
| Schliesslich sind auch die wesentlichen Kennzahlen der finanziellen Zielsetzungen im Mehrjahreshorizont zu überprüfen. |
Wenn diese Vorabklärungen gemacht und die daraus gewonnenen Erkenntnisse resp. die Konsequenzen (z.B. Verzicht auf ein ursprünglich geplantes Projekt infolge unverantwortbarer Risiken) gezogen sind, kann mit der eigentlichen Umsetzung der Strategie begonnen werden – beispielsweise unter Einsatz der Balanced Scorecard.
… und für den Aufbau eines Risk-Management-Systems
Der erste und zugleich wichtigste Schritt beim Aufbau eines Risk-Management ist eine Bestandsaufnahme sämtlicher Risiken. Sie soll gründlich und vollumfänglich aufzeigen, mit welchen «Nebenwirkungen» der Unternehmensprozess umgeben ist und mit welchen Massnahmen diese zielführend gemanagt werden können. Die Hauptfragestellungen, die sich aus den vier Begriffen herauskristallisieren, lauten wie folgt:
- Strengths = Was für Stärken bestehen und mit welchen Mitteln, welcher Intensität lassen sie sich sichern?
- Weaknesses = Was für Schwächen bestehen, mit welchen Mitteln können sie beseitigt oder zumindest vermindert werden?
- Opportunities = Was für Chancen bestehen, mit welchen Mitteln, mit welchem Wirkungsgrad können sie vorteilhaft genutzt werden?
- Threats = Was für Bedrohungen bestehen, mit welchen Mitteln lassen sie sich beseitigen oder zumindest vermindern?
Wenn davon ausgegangen wird, dass in einem Unternehmen sowohl «positive» (Stärken und Chancen) wie auch «negative» (Risiken und Schwächen) Elemente und Sachverhalte bestehen, ist in einem weiteren Schritteine kausale Verbindung zwischen der SWOT-Analyse und dem Risk-Management-Prozess herzustellen.
Dabei lässt sich sagen, dass sich die SWOT-Analyse hervorragend eignet für den Start eines Risk-Managemement-Systems.
Die in den 4 Feldern aufgeführten Parameter sind zu analysieren, auszudiskutieren und näher zu beschreiben. Aus den Resultaten der Analysen und Diskussionen sind Schlüsse zu ziehen, wie im Sinne der strategischen Ausrichtung einerseits und den Anforderungen im Risk-Management andererseits zu handeln ist. Diese einfache Darstellung ermöglicht das Erreichen von «Klarsicht» für die weitere Zukunft des Unternehmens.
Vorgehensweise
Um wirklich alle wesentlichen Elemente (Ziele) auf Stärken, Schwächen, Chancen und Gefahren zu prüfen, und dabei auch allfällige Auswirkungen eines bestimmten Zieles auf ein anderes Ziel zu berücksichtigen, bietet sich an, die Analyse nach einem festen Muster durchzuführen. Es nützt nichts, wenn wir feststellen, dass wir gut finanziert sind und dass wir genügend Mitarbeiterpotenzial haben, wenn niemand im Unternehmen das nötige Know-how für ein bestimmtes Vorhaben besitzt. Ein anderes Beispiel: Das bestgeplante Vorhaben unter besten finanziellen Voraussetzungen und einer Heerschar von fähigen Mitarbeitern wird kaum gelingen, wenn das vorgesehene Produkt am Markt aus Preisgründen nicht abgesetzt werden kann.
Eine mögliche Vorgehensweise:
Zuerst sind alle wichtigen Bereiche, Funktionen, Abläufe und sonstigen wichtigen Faktoren aufzulisten – vorsortiert oder bunt gemischt, z.B. als Ergebnis aus einem Brainstorming mit allen Verantwortlichen für die Strategieentwicklung und/oder für das Risk-Management (hier eine kleine Auswahl, und bestimmt nicht vollständig):
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Anschliessend werden – nach einer groben Analyse aller aufgeführten Punkte – diejenigen ausgesucht, die der weiter gehenden, verfeinerten SWOT-Analyse zugeführt werden sollen. Dies können selbstverständlich alle Punkte sein oder auch nur ein paar wenige. Diese Entscheidung muss unternehmensintern aufgrund der jeweiligen Verhältnisse erfolgen. Eine für alle geltende Regel dazu gibt es nicht.
Nachstehend das Beispiel eines SWOT-Analyse-Fensters aus der Konsumgüterindustrie, abgeleitet aus der obigen Auswahl:
| Strengths | Weaknesses |
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| Opportunities | Threats |
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Schlussbemerkungen
Die Durchführung eine SWOT-Analyse ist zweifelsohne hilfreich als geeignetes Instrument des Strategieprozesses zur geplanten Zielerreichung sowie des Risikomanagements. Allerdings soll an dieser Stelle auf einige wichtige Punkte hingewiesen werden:
- Es muss sichergestellt sein, dass wirklich alle wesentlichen Elemente unternehmensintern und auch im Umfeld des Unternehmens aufgelistet und entsprechend analysiert werden. Das Fehlen eines einzigen wichtigen Elementes kann unter Umständen zu einer unzureichenden Entscheidungsgrundlage führen.
- Die Folgeaufgaben sind, aufbauend auf der SWOT- Analyse oder unabhängig davon, von einer oder mehreren verantwortlichen Person(en) seriös und verbindlich auszuführen, damit Abweichungen zum geplanten Ziel rechtzeitig erkannt und entsprechende Korrekturmassnahmen eingeleitet werden können.
- Die Analyseergebnisse sind unmittelbar und konsequent in den weiteren Schritten des betr. Analysebereichs zu berücksichtigen; z.B. macht es keinen Sinn, eine strategische Planung unverändert umzusetzen, wenn die SWOT-Analyse schwerwiegende Mängel im Hinblick auf die Realisierung aufweist.
- Die SWOT-Analyse ist, je nach Verlauf der entsprechenden Mess- oder Rechnungsperiode, unterjährig ein- oder mehrmals zu wiederholen, damit sie die bestmögliche Wirkung im Unternehmen hat.