Weiterbildungskosten: Mögliche Finanzierungsmodelle

Es stellen sich in der Praxis immer wieder viele Fragen um die Weiterbildungskosten. Wer bezahlt was und was gilt bei einer Kündigung? In diesem Beitrag werden Finanzierungsmodelle vorgestellt, die bei der Entscheidung im Einzelfall helfen können.

18.01.2022 Von: Thomas Wachter
Weiterbildungskosten

Kosten für die notwendige Aus- und Weiterbildung bezahlt der Arbeitgeber. Diese gilt dann als notwendig, wenn sie vom Arbeitgeber angeordnet ist und nicht bereits dann, wenn sie bloss wünschbar ist oder wenn der Besuch während der Arbeitszeit vom Arbeitgeber erlaubt wurde.

Werden dem Arbeitnehmer Weiterbildungskosten oder Ausbildungskosten ersetzt, so können sie nicht zurückverlangt werden, wenn sie im Rahmen einer normalen Einarbeitung anfielen. Die produktespezifische Ausbildung oder Umschulung, die nur in der Unternehmung des Arbeitgebers verwendet werden kann, gilt nicht als Ausbildung, sondern als blosse Einarbeitung und kann dem Arbeitnehmer somit nicht verrechnet werden.

Gültigkeit von Rückzahlungsvereinbarung

Häufig werden von den Unternehmen Vereinbarungen mit den Mitarbeitern über die Rückerstattung von Weiterbildungskosten bei Kündigung abgeschlossen. Eine solche Vereinbarung ist gültig, wenn sie vom Arbeitnehmer unterschrieben ist und den zurückzuvergütenden Betrag und den Zeitraum fixiert, innert welchem die Kündigung eine Rückzahlungspflicht auslöst.

Rückzahlungsvereinbarungen können aber aus zwei Gründen ungültig sein:

  • Wenn sie die persönliche Freiheit des Arbeitnehmers übermässig einengt, d.h. sein Kündigungsrecht wirtschaftlich gesehen auf Jahre vereitelt und so das Gebot der Kündigungsparität, also gleich langer Kündigungsfristen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, verletzt (goldene Fesseln). In der Gerichtspraxis wurden wiederholt Rückzahlungsverpflichtungen geschützt, wenn der Arbeitnehmer ohne begründeten, vom Arbeitgeber zu vertretenden Anlass gekündigt hatte. In der Praxis wurden bisher Rückzahlungsverpflichtungen mit einer Dauer von drei Jahren (analog zur Beschränkung des Konkurrenzverbots auf 3 Jahre gemäss Art. 340a Abs. 1 OR) geschützt. Betragsmässig ist keine Limite bekannt, der Rückzahlungsbetrag sollte jedoch im Verhältnis zum Gehalt und zum Nutzen der Weiterbildung stehen. Der Rückzahlungsbetrag wird in aller Regel abgestuft, hier ist die Rechtsprechung unterschiedlich. Auf jeden Fall ist keine monatlich abgestufte Rückzahlungsregelung verlangt.
  • Wenn die Aus- oder Weiterbildung dem Arbeitnehmer keine Vorteile bei andern Arbeitgebern bringen kann (z.B. bei Aus- und Weiterbildungen in Monopolbereichen). Es besteht hier keine eindeutige Rechtslage.
  • Grundsätzlich unzulässig sind Rückzahlungsvereinbarungen mit Lernenden, da die Ausbildung hier den zentralen Punkt des Vertrags bildet.

Stellt der Arbeitgeber den Betrieb ein, so entfällt ein Rückforderungsrecht, ebenso wenn der Arbeitnehmer die Stelle aus gesundheitlichen Gründen aufgeben muss und – sofern gesundheitlich möglich – bereit ist, im gleichen Betrieb eine andere Stelle anzunehmen.

Es sind auch Fälle denkbar, in denen das Verhalten des Arbeitnehmers so krass treuwidrig ist, dass Ausbildungskosten  oder Weiterbildungskosten dem Arbeitgeber trotz Fehlens einer Abmachung zurückerstattet werden müssen.

Verrechnung mit dem Lohnanspruch

Der Rückerstattungsbetrag aus Weiterbildungsvereinbarungen kann in der Regel mit der Lohnauszahlung verrechnet werden (Art. 120 OR). Das Verrechnungsrecht besteht übrigens auch dann, wenn die Forderung bestritten ist. Dem Arbeitgeber steht allerdings die Verrechnung nur soweit zu, als dadurch das Existenzminimum des Arbeitnehmers nicht tangiert wird. Grundsätzlich dürfen jedoch Freizügigkeitsleistungen der Pensionskasse nicht herangezogen werden.

Weiterbildungskosten und Kündigung

Erfahrungsgemäss führen vom Arbeitgeber finanzierte Weiterbildungsmassnahmen erst dann zum Streit, wenn der Arbeitnehmer kurz nach Beendigung oder sogar noch während der Dauer von Weiterbildungsmassnahmen das Arbeitsverhältnis beenden will.

Man muss dabei von folgenden Überlegungen ausgehen: Gelder, die der Arbeitgeber für die Weiterbildung seiner Mitarbeiter zahlt, stellen für ihn Investitionen dar. Der Arbeitgeber verspricht sich von der Weiterbildung in erster Linie Profit für sein Unternehmen. Will nun der Arbeitnehmer dieses neu erworbene Wissen der Unternehmung nicht mehr zur Verfügung stellen, ergibt sich dadurch für den Arbeitgeber ein Schaden. Je schneller die Kündigung auf die Weiterbildung folgt, desto grösser ist der Schaden des Arbeitgebers.

Aus diesem Grund akzeptiert die Praxis, dass die Finanzierung von Weiterbildungsmassnahmen durch den Arbeitgeber gekoppelt werden darf mit einem befristeten Kündigungsverbot. Dieses Kündigungsverbot kann aufgehoben werden durch eine Rückerstattung der Kosten für die Weiterbildung. Im Allgemeinen geht man von einer Frist von zwei Jahren aus.

Möchte z.B. ein Mitarbeiter bereits nach einem Jahr seit Abschluss seiner Weiterbildung das Arbeitsverhältnis auflösen, wird er üblicherweise die Hälfte der Kosten, die der Arbeitgeber übernommen hatte, zurückzahlen müssen. Nach 1½ Jahren muss er noch ¼ der Kosten zahlen, bis nach zwei Jahren schliesslich keine Rückerstattung mehr geschuldet ist (Berechnung der Rückerstattung pro rata temporis). Voraussetzung dafür ist allerdings, dass eine entsprechende schriftliche Vereinbarung getroffen worden ist.

Obwohl uns kein Entscheid aus der Gerichtspraxis bekannt ist, müssten u.E. in Einzelfällen auch Abreden, die eine längere Frist als die üblichen zwei Jahre beinhalten, als gerechtfertigt betrachtet werden.

In jedem Fall empfiehlt es sich, spätestens wenn ein Mitarbeiter mit einer Weiterbildung beginnt, eine entsprechende vertragliche Vereinbarung zu treffen. In Personalreglementen, Mitarbeiterhandbüchern, GAV oder Zusätzen zum EAV können aber solche Vereinbarungen bereits vorgängig getroffen werden.

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