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Verzug: Die Voraussetzungen im Allgemeinen

Der Verzug des Schuldners stellt die für die Praxis bedeutsamste Form der Leistungsstörungen dar. Der Sache nach handelt es sich um eine Form der generell in Art. 97 OR geregelten nichtgehörigen Erfüllung. Der Verzug wurde allerdings aus dieser allgemeinen Vorschrift herausgelöst und seiner praktischen Bedeutung entsprechend durch mehrere Artikel gesondert normiert. Lesen Sie hier.

28.01.2022
Verzug

Verzugsvoraussetzungen

Ist eine Verbindlichkeit fällig, so wird der Schuldner nach Art. 102 Abs. 1 OR durch Mahnung des Gläubigers in Verzug gesetzt.

Der Schuldnerverzug setzt somit folgende Elemente voraus:

  • die Fälligkeit einer Verbindlichkeit
  • eine Mahnung oder einen bestimmten Verfalltag
  • das Fehlen verzugsbeseitigender bzw. verzugsausschliessender Gründe

Fälligkeit

Die erste Voraussetzung für die Annahme eines Schuldnerverzuges bildet die Fälligkeit der Leistung. Von Fälligkeit der Leistung spricht man dann, wenn der Gläubiger vom Schuldner die Leistung verlangen kann und darf.

Dazu enthält das Gesetz in Art. 75 OR eine Auslegungsregel: Sofern die Parteien über die Zeit der Leistungserbringung nichts vereinbart haben, geht das Gesetz davon aus, dass ‹die Erfüllung sogleich (vom Schuldner) geleistet und (vom Gläubiger) gefordert werden› kann.

Mahnung oder Verfalltag

Mahnung

Unter Mahnung versteht man jede an den Schuldner gerichtete Erklärung des Gläubigers, durch die er in unmissverständlicher Weise die unverzügliche Erbringung der fälligen Leistung beansprucht. Die Mahnung muss dem Schuldner inhaltlich nicht nur klar zum Ausdruck bringen, dass der Gläubiger die versprochene Leistung endgültig verlangt, sondern auch deren Quantität, Qualität und Erfüllungsort richtig bezeichnen.

Praxis-Beispiel: Bauer (B) bestellt telefonisch bei dem mit landwirtschaftlichen Produkten handelnden Vischer (V) 50 kg Schweinefutter. V sagt dem B Lieferung ‹in den nächsten Tagen› zu. Als V nach zwei Wochen noch nichts gehört und gesehen hat, ruft er an. Telefonisch verlangt er umgehend Lieferung, da er ansonsten seine Schweine nicht mehr ausreichend ernähren könnte und diese schon sichtlich ‹vom Fleische fallen›.

Zwar bedarf die Mahnung keiner bestimmten Form, sie ist auch mündlich gültig. Aus beweisrechtlichen Gründen empfiehlt sich allerdings, Mahnungen immer schriftlich zu verfassen.

Die Mahnung setzt den Schuldner allein dann in Verzug, wenn ihm durch diese bewusst wird, dass eine weitere Leistungsverzögerung eine Pflichtverletzung darstellt. Deshalb muss die Mahnung dem Schuldner zugehen. Das bedeutet, dass der Schuldner die Möglichkeit gehabt haben muss, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen.

    Verfalltag

    Einer Mahnung bedarf es ausnahmsweise nicht, wenn der Zeitpunkt, an dem die Leistung zu erbringen ist, sich aus dem Vertrage zweifelsfrei ergibt. Gemäss Art. 102 Abs. 2 OR ist dies dann der Fall, wenn ‹für die Erfüllung ein bestimmter Verfalltag verabredet wurde oder sich ein solcher infolge einer vorbehaltenen und gehörig vorgenommenen Kündigung› ergibt. Unter dieser Voraussetzung gerät der Schuldner gewissermassen automatisch in Verzug, weil er auch ohne Aufforderung des Gläubigers (Mahnung) wissen muss, dass die Leistung nunmehr zu erbringen sei.

    Fall-Beispiel: In dem in BGE 116 II 441 ff. beurteilten Fall verkaufte die A AG zum Preis von DEM 440’000.- der B AG eine Computeranlage, wobei die Lieferung ‹au plus tard le 31 août› vereinbart wurde. Als die A AG bis Ende August nicht lieferte, geriet sie automatisch in Verzug, weil sich die A AG darüber im Klaren sein musste, dass sie bis spätestens Ende August die Verbindlichkeit zu erfüllen hatte.

    Ein Verfalltag darf insbesondere dann angenommen werden, wenn im Vertrag die Leistungserbringung durch ein genaues Datum bestimmt ist oder wenn der Vertrag die Möglichkeit bietet, den Leistungszeitpunkt anhand des Vertragsinhaltes zu ermitteln.

    Anmerkung

    Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Schuldner in Verzug gerät, wenn er eine fällige Leistung auf Mahnung des Gläubigers nicht erbringt oder wenn die auf Grund eines Termins fällige Leistung zu diesem Zeitpunkt nicht erfolgt.

    Fehlen verzugsbeseitigender bzw. ausschliessender Gründe

    Die Voraussetzungen des Verzuges können jederzeit wieder beseitigt werden. Fallen die Voraussetzungen für Verzug weg, so entfallen von nun an die Rechtsfolgen des Verzugs.

    Es können folgende Fälle unterschieden werden:

    • Hauptanwendungsfall der Beendigung des Verzuges ist die verspätete Erbringung der Leistung. Durch die Erfüllung der Schuldverpflichtung beseitigt der Schuldner die Verzugsvoraussetzungen, und der Verzug wird aufgehoben. Die bis dahin eingetretenen Verzugsfolgen - wie etwa Verzugszinsen oder Ansprüche aus Art. 103 OR - bleiben dadurch allerdings unberührt.
    • Der Schuldner bietet die verspätete Leistung inklusive Verzugsfolgeentschädigung zwar an, aber der Gläubiger verweigert deren Annahme. Damit gerät der Gläubiger nach Art. 91 OR selbst in Verzug und beseitigt damit den Schuldnerverzug.
    • Die Leistungserbringung ist für den Schuldner überhaupt unmöglich geworden. Aus dem Schuldnerverzug wird deshalb eine Unmöglichkeit, für die der Schuldner gemäss Art. 103 OR einstehen muss, sofern sie nicht auf einem Verschulden des Gläubigers beruht.
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