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Rechte des Aktionärs: Statutenändernde Wirksamkeit

Die Festsetzung und Änderung der Statuten gehörten grundsätzlich zu den unübertragbaren Kompetenzen der Generalversammlung (nach Art. 698 Abs. 2 Ziff. 1 OR). Diese Kompetenz steht im Zentrum der Rechte des Aktionärs, da sie unmittelbaren Einfluss auf die grundlegende Struktur und Organisation der Gesellschaft nimmt. Statutenändernde Beschlüsse können aber auch vom Verwaltungsrat im Rahmen seiner unübertragbaren Aufgaben, die Beschlüsse der Generalversammlung auszuführen (Art. 716a Abs. 1 Ziff. 6 OR) beschlossen werden, nämlich im Bereich der Kapitalerhöhungen, und bei nachträglichen Leistungen von Einlagen auf nicht vollliberierten Aktien.

25.04.2025 Von: Urs Fasel
Rechte des Aktionärs

Innen- und Aussenwirkung von Statutenänderungen

Die handelsregisterrechtliche Literatur weist darauf hin1), dass die Unterscheidung zwischen Innen- und Aussenwirkung eine auf dem materiellen, d.h. dem gesellschaftsrechtlichen Inhalt eines Beschlusses basierende Differenzierung und nicht eine registerrechtliche Frage ist. Aus der Unterscheidung zwischen Innen- und Aussenwirkung eines Beschlussinhaltes werde der Sinn der konstitutiven handelsregisterrechtlichen Wirkung ersichtlich: Das Gesetz bestimmt nicht, welchen Beschlüssen interne und/oder externe Wirkung zukommt. Unter dem Innenverhältnis versteht VOGT2) die Rechtsbeziehungen zwischen den am eingetragenen rechtlichen Verhältnis Beteiligten. Demgegenüber besteht das Aussenverhältnis nach ihm aus den Rechtsbeziehungen zwischen einerseits den Beteiligten bzw. einer unter diesen bereits bestehenden Personenverbindung und anderseits den Dritten. Die Unterscheidung zwischen Innen- und Aussenverhältnis eines rechtlichen Tatbestandes stellt die Kernproblematik der konstitutiven Wirkung des Handelsregisters dar. Entsprechend wird in der Unterscheidung zwischen Innen- und Aussenverhältnis stets zuerst der Inhalt der konstitutiven Wirkung im Innenverhältnis dargestellt, und erst in einem zweiten Schritt im Aussenverhältnis. Die auf die Wirkung der Beschlüsse abzielende Unterscheidung spielt im Zusammenhang mit dem Zeitpunkt der Wirksamkeit eine entscheidende Rolle. Dabei ist problematisch, dass in der Lehre zwischen Beschlussinhalten mit reiner Innenwirkung, denjenigen mit Innen- und Aussenwirkung und solchen mit hauptsächlicher Aussenwirkung nicht immer klar differenziert wird3). So werden die Rechte des Aktionärs bewahrt. Die Beschlussinhalte mit reiner Innenwirkung haben ausschliesslich der Rechtsstellung der Aktionäre oder die interne Organisation der Gesellschaft zum Gegenstand und betreffen damit unmittelbar die Rechte des Aktionärs. Beschlussinhalte mit Innen- und Aussenwirkung betreffen sowohl Aktionäre als auch Dritte, insbesondere die Sitzverlegung, die Zweckänderung, die Änderung der Kapitalstruktur wie die Höhe des Aktienkapitals und des liberierten Betrags. Bei den Beschlussinhalten mit hauptsächlicher Aussenwirkung richten sich die Inhalte der Beschlüsse und die daraus folgende Eintragung in das Handelsregister ausschliesslich oder hauptsächlich an Dritte, wobei zu dieser Kategorie die Änderung der Firma, die Vertretung der Gesellschaft gegenüber Dritten und die Form der Bekanntmachungen an die Gläubiger zählen4).

Gesetzeslage

Bis zum 31. Dezember 2007 lautete Art. 647 Abs. 3 aOR: «Er [der Beschluss der Generalversammlung oder des Verwaltungsrates über die Änderung der Statuten] wird auch Dritten gegenüber unmittelbar mit der Eintragung in das Handelsregister wirksam». Das Bundesgericht und die herrschende Lehre sahen keine sachlich überzeugenden Gründe für diese Sonderregelung, weshalb der Gesetzgeber diese Bestimmung im Zuge der GmbH Reform gestrichen hat. Das Gesetz bestimmt heute nur noch (Art. 647 OR), dass jeder Beschluss der Generalversammlung oder des Verwaltungsrates über eine Änderung der Statuten öffentlich beurkundet und in das Handelsregister eingetragen werden muss. Dabei stellt sich die Frage des Zeitpunktes der Wirksamkeit eintragungspflichtiger Beschlüsse nur für Beschlüsse mit konstitutiver Wirkung. Die eintragungspflichtigen Beschlüsse mit deklaratorischer Wirkung sind nämlich ab ihrem zu Stande kommen gültig und entfalten ab diesem Zeitpunkt auch ihre Wirkungen. Da sie jedoch Dritten nicht entgegengehalten werden können, solange sie nicht eingetragen sind, wirken deklaratorische Eintragungen im Aussenverhältnis grundsätzlich konstitutiv, was von VOGT5) als «konstitutive Aussenwirkung deklaratorischer Eintragungen» bezeichnet wird.

Zeitpunkt der Wirksamkeit von Beschlüssen

Bei reiner Innenwirkung

Statutenänderungen mit reiner Innenwirkung entfalten bereits vor ihrer Eintragung Wirkungen, und zwar für anwesende wie für abwesende Aktionäre. Da solche Änderungen direkt die Rechte des Aktionärs betreffen – etwa in Bezug auf Mitwirkungs-, Informations- oder Vermögensrechte – kommt ihnen unmittelbare Bedeutung im Innenverhältnis der Gesellschaft zu. Entsprechend der sofortigen Wirksamkeit statutenändernder Beschlüsse mit reiner Innenwirkung stellt die Eintragung in das Handelsregister lediglich eine Vollzugsbedingung im Sinne der unübertragbaren und unentziehbaren Aufgaben des Verwaltungsrates dar, die Beschlüsse der Generalversammlung auszuführen.

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