Erbrecht: Erbvertrag und Testament

Wer Nachkommen, den Ehegatten, die eingetragene Partnerin oder Partner hinterlässt, kann bis zu deren Pflichtteil über sein Vermögen von Todes wegen verfügen (Art. 470 ZGB). Mit dem neuen Erbrecht wurde die Pflichtteilsregelung geändert. Der Pflichtteil beträgt grundsätzlich die Hälfte der gesetzlichen Erbschaft (Art. 471 ZGB). Damit wurden die Pflichtteile der Kinder reduziert. Pflichtteile für Eltern wurden ganz abgeschafft.

18.09.2025 Von: Regula Heinzelmann
Erbrecht

Das Testament

Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben sowie mit seiner Unterschrift zu versehen (Art. 505 Abs. 1 ZGB). Die Kantone haben dafür zu sorgen, dass solche Verfügungen offen oder verschlossen einer Amtsstelle zur Aufbewahrung übergeben werden können, am besten erkundigt man sich beim Gemeindeamt.

Der Erblasser kann eine letztwillige Verfügung auch mit öffentlicher Beurkundung oder eigenhändig oder durch mündliche Erklärung errichten (Art. 498).

Errichtet der Erblasser eine letztwillige Verfügung, ohne eine früher errichtete ausdrücklich aufzuheben, so tritt sie an die Stelle der früheren Verfügung, soweit sie sich nicht zweifellos als deren blosse Ergänzung darstellt (Art. 511 ZGB).

Wichtig: Nach Bundesgericht kommt es nicht darauf an, wie die Erben die Erklärung des Erblassers verstehen durften und mussten, sondern einzig darauf, was der Erblasser mit seiner Äusserung sagen wollte.

Letztwillige Verfügungen sollte man immer rechtzeitig und wenn möglich in gesundem Zustand schreiben. Erbschleicherei kommt leider oft vor, und es kann passieren, dass man durch Alter oder Krankheit sich zu etwas drängen lässt, das man früher niemals angeordnet hätte. Es ist sinnvoll, eine handschriftliche Anweisung zu hinterlässt, dass Verfügungen, die man in krankem Zustand trifft, als ungültig zu betrachten seien. Erbschleicher müssten eine solche Verfügung zumindest anfechten und normalerweise scheuen sie Prozesse.

Der Erbvertrag

Wer urteilsfähig ist und das 18. Altersjahr zurückgelegt hat, kann als Erblasser einen Erbvertrag abschliessen. Personen unter einer Beistandschaft bedürfen der Zustimmung ihres gesetzlichen Vertreters (Art. 468 ZGB).

Um gültig zu sein, muss der Erbvertrag als öffentliche letztwillige Verfügung abgeschlossen werden, was auch für den Erbverzichtsvertrag gilt. Die Vertragschliessenden haben gleichzeitig dem Beamten ihren Willen zu erklären und die Urkunde vor ihm und den zwei Zeugen zu unterschreiben (Art. 512 ZGB).

Der Erbvertrag kann von den Vertragschliessenden jederzeit durch schriftliche Übereinkunft aufgehoben werden (Art. 513 Abs. 1 ZGB). Es fragt sich, ob das noch der Fall ist, wenn eine oder mehrere der betreffenden Personen verstorben sind. Wenn es sich bei der verstorbenen Person um einen Erblasser handelt muss der Erbvertrag als ihr letzter Wille gelten und respektiert werden. Wenn die verstorbene Person ein Erbe ist, dann ist allenfalls eine Änderung möglich. Am besten legt man das im Vertrag fest, dann ist es klar.

Weitere Verfügungsmöglichkeiten

  • Erbeneinsetzung (Art. 483 ZGB): Der Erblasser kann für die ganze Erbschaft oder für einen Bruchteil einen oder mehrere Erben einsetzen. Als Erbeinsetzung ist jede Verfügung zu betrachten, nach der ein Bedachter die Erbschaft insgesamt oder zu einem Bruchteil erhalten soll.

  • Vermächtnis (Art. 484 ZGB): 1 Der Erblasser kann einem Bedachten, ohne ihn als Erben einzusetzen, einen Vermögensvorteil oder einen Gegenstand als Vermächtnis zuwenden, z.B. eine einzelne Erbschaftssache oder die Nutzniessung an der Erbschaft im ganzen oder zu einem Teil. Die Vermächtnisnehmer haben den Vorteil, dass sie nicht zur Erbengemeinschaft gehören, also sich nicht mit den Miterben auseinandersetzen und womöglich streiten müssen.

  • Nacherbschaft (Art. 488 ff. ZGB): Der Erblasser kann in seiner Verfügung den eingesetzten Erben als Vorerben verpflichten, die Erbschaft einem andern als Nacherben auszuliefern. Dem Nacherben kann eine solche Pflicht nicht auferlegt werden. Die gleichen Bestimmungen gelten für das Vermächtnis.

  • Einsetzung von Ersatz- oder Nachbegünstigten (Art. 487 ZGB): Der Erblasser kann in seiner Verfügung eine oder mehrere Personen bezeichnen, denen die Erbschaft oder das Vermächtnis für den Fall des Vorabsterbens oder der Ausschlagung des Erben oder Vermächtnisnehmers zufallen soll.

  • Stiftung (Art. 493 ZGB): Der Erblasser ist befugt, den verfügbaren Teil seines Vermögens ganz oder teilweise für irgendeinen Zweck als Stiftung zu widmen. Die Stiftung ist jedoch nur dann gültig, wenn sie den gesetzlichen Vorschriften entspricht. Man kann der Stiftung durch letztwillige Verfügung Gegenstände, Liegenschaften oder Kapitalien hinterlassen.

Der Erblasser muss nicht zwingend für die ganze Erbschaft Erben einsetzen. Als Erbeinsetzung ist jede Verfügung zu betrachten, nach der ein Bedachter die Erbschaft insgesamt oder zu einem Bruchteil erhalten soll (Art. 483 Abs. 2 ZGB). Verfügt er nicht über seinen ganzen Nachlass, so fällt der Teil, über den er nicht verfügt hat, den gesetzlichen Erben zu (Art. 481 Abs. 2 ZGB).

Wichtig: Genaue Formulierung, wem man welche Quote, bzw. welche Gegenstände vererben will, verhindern Missverständnisse und Streitigkeiten. Dazu sollten die Erben bestimmbar bezeichnet sein, z.B. meine Kinder oder mit Namen genannt.

Der Erblasser kann für den verfügbaren Teil Auflagen und Bedingungen stellen (Art. 482 ZGB), aber Pflichtteile dürfen nicht mit Bedingungen belastet werden.

Tiere können nicht als Erben eingesetzt werden. Wird ein Tier trotzdem mit einer Zuwendung von Todes wegen bedacht, so gilt die entsprechende Verfügung als Auflage, für das Tier tiergerecht zu sorgen (Art. 482 Abs. 4).

Begünstigung des Ehepartners

Der Erblasser kann dem überlebenden Ehepartner durch Verfügung von Todes wegen gegenüber den gemeinsamen Nachkommen die Nutzniessung am ganzen ihnen zufallenden Teil der Erbschaft zuwenden (Art. 473 ZGB). Diese Nutzniessung tritt an die Stelle des dem Ehegatten neben diesen Nachkommen zustehenden gesetzlichen Erbrechts und fällt bei Wiederverheiratung für ihren Pflichtteil weg. Neben dieser Nutzniessung beträgt der verfügbare Teil die Hälfte des Nachlasses.

Damit der überlebende Ehegatte seine bisherige Lebensweise beibehalten kann, wird ihm auf seinen Wunsch am Haus oder an der Wohnung, worin die Ehegatten gelebt haben und die dem verstorbenen Ehegatten gehört hat, die Nutzniessung oder ein Wohnrecht auf Anrechnung zugeteilt  sowie Eigentum am Hausrat.

Wichtig: An Räumlichkeiten, in denen der Erblasser einen Beruf ausübte oder ein Gewerbe betrieb und die ein Nachkomme zu dessen Weiterführung benötigt, kann der überlebende Ehegatte die Wohnrecht nicht beanspruchen (Art. 219 Abs. 4 ZGB).

Für die Gütertrennung im Erbrecht gilt ausserdem folgendes (Art. 251 ZGB): Steht ein Vermögenswert im Miteigentum und weist ein Ehegatte ein überwiegendes Interesse nach, so kann er bei Auflösung des Güterstandes verlangen, dass ihm dieser Vermögenswert gegen Entschädigung des andern Ehegatten, bzw. seiner Erben, ungeteilt zugewiesen wird.

Der überlebende Ehegatte verliert seinen Pflichtteilsanspruch, wenn das Scheidungsverfahren auf gemeinsames Begehren eingeleitet oder fortgesetzt wurde oder wenn die Ehegatten mindestens zwei Jahre getrennt gelebt haben (Art. 472 ZGB). In einem solchen Fall gelten die Pflichtteile, wie wenn der Erblasser nicht verheiratet wäre.

Wiederverheiratung und weitere Kinder im Erbrecht

Häufig gehen vor allem ältere Ehepaare davon aus, dass der Überlebende nicht wieder heiratet und ein grosser Teil der Erbschaft nach dem Tod beider Eltern den gemeinsamen Kindern zufällt. Aber darin kann man sich gewaltig täuschen. Wiederverheiratung und bei Männern die Möglichkeit weitere Kinder zu zeugen, muss man immer in Betracht ziehen.

Zumindest sollten die Nachkommen sich die Auszahlung einer Abfindung vorbehalten, wenn der überlebende Elternteil eine neue Ehe oder eine Wohngemeinschaft eingeht. Dafür ist die Formulierung „sofortige Auszahlung, sobald der überlebende Elternteil eine Wohngemeinschaft eingeht“ zu empfehlen. Wohngemeinschaften sind ja nicht nur mit Lebenspartnern, sondern auch mit anderen Personen möglich, die im negativen Fall Erbschleicherei betreiben oder im schlimmsten Fall, Wertsachen und Geld schlicht und einfach stehlen.

Sehr wichtig: Vereinigt der überlebende Ehepartner sein Vermögen mit dem des überlebenden Ehepartners, gilt das nach seinem Tod als einheitliche Erbmasse. Das bedeutet, andere Erben, z.B. ein zweiter Ehepartner, können das Vermögen des Vorverstorbenen bis zur endgültigen Erbteilung blockieren. Deswegen ist eine Klausel, die das verhindert unbedingt zu empfehlen. Das Vermögen des Erstverstorbenen sollte separat angelegt werden.

Nach ZGB Art. 603 sind zwar die Erben solidarisch haftbar für die Schulden des Erblassers. Nach Rechtslehre und traditioneller bundesgerichtlicher Rechtssprechung gilt ZGB Art. 603 aber nur für aussenstehende Gläubiger, für Forderungen von Erben gegenüber dem Nachlass grundsätzlich nicht.

Tabelle: Pflichtteile und Begünstigungsmöglichkeiten

Kinder ohne Ehepartner

 

Die ganze Erbschaft½ der ErbschaftJe nach Situation einzelnen Kindern mehr als anderen zuteilen unter Berücksichtigung des Pflichtteils, z.B. sinnvoll bei Unternehmensübernahmen
Ehepartner mit gemeinsamen Kindern

½ der Erbschaft für den Ehepartner

½ der Erbschaft für Kinder

¼ der Erbschaft für Ehepartner

¼ der Erbschaft für Kinder

Meistbegünstigung nach Art. 473: Nutzniessung am ganzen den Kindern zufallenden Teil der Erbschaft, bei Wiederverheiratung erhalten die Kindern den Pflichtteil. Verfügbarer Teil 1/2 der Erbschaft.

 

 

Ehepartner ohne gemeinsame Kinder, bzw. mit Kindern anderer Partner

 

 

½ der Erbschaft für den Ehepartner

½ der Erbschaft für Kinder

¼ der Erbschaft für Ehepartner

¼ der Erbschaft für Kinder

Begünstigung des Ehepartners oder der Kinder im Rahmen des verfügbaren Teils.

 

Lebens- und KonkubinatspartnerKinder des Erblassers erben ganze Erbschaft½ der Erbschaft für die Kinder des Erblassers

Begünstigung des Partners oder der Kinder im Rahmen des verfügbaren Teils.

Begünstigung nach BVG, allenfalls auch gegenüber Lebensgefährten möglich

 

Ledige Verwitwete oder GeschiedeneKinder oder andere Verwandte bekommen die ganze Erbschaft.½ der Erbschaft für die Kinder des Erblassers

Freie Verfügbarkeit über das Vermögen bis zum allfälligen Pflichtteil der Kinder

 

Member werden Newsletter