Arbeitslandschaften: Innovationsförderliche Gestaltung

Einfallsreichtum und Schöpferkraft entstehen allein zu Haus und in Videocalls nur sehr schwer. Tuchfühlung und ein befruchtender Austausch sind die beste Basis für gute Ideen. Das Setting einer Videokonferenz sorgt für Versachlichung, für Versteifung und für emotionale Distanz.

30.07.2025 Von: Anne M. Schüller
Arbeitslandschaften

„Gut gemachte Arbeitslandschaften bringen Ideen ins Rollen.“

Passende Umfelder sind mitentscheidend dafür, dass zunächst kraftvolle Beziehungen und auf dieser Basis dann kraftvolle Arbeitsergebnisse entstehen. In standardisierten Formaten und im tristen Einheitsgrau alter Bürokonstellationen hingegen kommt man schlecht auf neue Ideen. Damit das Gehirn auf Hochtouren fährt, brauchen wir ansprechende, offene, flexible, farbenfrohe, beflügelnde Raumwelten, die sowohl konzentriertes Vorgehen als auch einen regen Austausch möglich machen. So entstehen vielerorts nun Begegnungsorte auf Augenhöhe, an denen weder Silos noch Machtgefüge eine Chance haben.

Kollaborative Zusammenarbeit braucht räumliche Nähe

Wir suchen unsere Mitmenschen am liebsten auf gleicher Ebene auf, das ist ein Relikt aus unserer Zeit als Savannenbewohner. Was in entfernten Stockwerken passiert, blenden wir aus. So ergab es sich in der Münchener BMW-Zentrale, dass die Ingenieure, die die 5er-Modellreihe konzipierten, die Kollegen von der 7er-Serie kaum zur Kenntnis nahmen - und umgekehrt. So manche Idee, die man wechselseitig gut hätte gebrauchen können, wurde entweder zu spät oder gar nicht ausgetauscht. Der Grund: Die Teams waren in verschiedenen Stockwerken untergebracht[Kast, B.: Und plötzlich macht es Klick!, S. 185f]. Innovationsfeindliche Silostrukturen und Machtpolitik sind meist der wahre Auslöser für solche Entzweiung.

In jungen Unternehmen hingegen ist die in die Breite gehende Zusammenarbeitsfläche längst dominierend. Dort werden die Arbeitsplätze nicht nach hierarchischen, sondern nach funktionalen Gesichtspunkten gestaltet. Orte intensiver Arbeit, Räume der Geselligkeit und Rückzugsbereiche gehören dazu. Viel Glas sorgt für Durchblick. Gemeinsame Wege und Orte regelmässigen Zusammenkommens führen zu einem spontanen Gedankenaustausch und zu gemeinsamen Projekten. Menschen arbeiten sehr gern co-kreativ miteinander, wenn man ihnen vielfältigen Raum dafür gibt.

Kreativität benötigt Musse - und sie mag Gesellschaft

Die Denkarbeit des Gehirns verläuft in vier Phasen: Inspirieren, konzentrieren, aktivieren, regenerieren. Diesen Rhythmus gilt es durch freie Zeiteinteilung zu unterstützen, denn Gehirne ermüden sehr schnell. Doch Phasen der geistigen Regeneration, damit eine kreative Ausbeute gelingt, kommen im klassischen Arbeitsleben zu kurz. „Bitte kein Sofa“, hört man von so manchem Chef, wenn es um die architektonische Büroneukonzeption geht. „Meine Leute sollen arbeiten und nicht rumhängen“, heisst es zur Begründung. Tja, vom Wesen der Kopfarbeit hat er nichts verstanden. Eine monotone Arbeitsumgebung lässt Ergebnisarmut entstehen.

Kopfarbeiter kontrollieren? Die pure Anwesenheit am Schreibtisch ist kein Garant für Leistung. Einfallsreichtum entsteht nicht nach Stundenplan und auf Befehl, sondern braucht ein passendes Umfeld. Nur, wer sich wohlfühlt, ist kreativ. 

Neurobiologisch betrachtet entwickeln sich kreative Ideen, indem das Gehirn auf geistige Wanderschaft geht und bestehendes Wissen mit neuem Gedankengut kombiniert. Hohe Decken lassen Luft zum Denken. Für fokussierte Arbeiten hingegen sind niedrige Decken besser geeignet. Ein weiter Blick nach draussen oder ein Arbeitsort in freier Natur kann zu zündenden Einfällen führen. Ansprechende Musik sowie passende Farben und Düfte stimulieren die Schöpferkraft und steigern das Leistungsvermögen.

Eine gut ausgestattete bistroähnliche Küche ist in modernen Bürogebäuden elementar. Sie ist ein Erholungsort und macht Plauschpausen möglich. Einfallsreichtum entsteht ja vor allem dann, wenn unser Denkapparat entspannt ist und Gedankenrohlinge mit anderen teilt. So kann man sich im Bistro auch ganz ungezwungen mit Kollegen aus anderen Arbeitsbereichen treffen, um sich zu vernetzen und Ideen zusammenzulegen.

Manchmal reicht es zu Beginn, einen einzigen Raum im Unternehmen für kreativeres Arbeiten umzugestalten. Sorgen Sie für unterschiedlichste Sitzgelegenheiten, für Visualisierungsflächen, für einen Kuschelteppich - und unbedingt auch für ein gemütliches Sofa. Projektgruppen benötigen andere Räumlichkeiten als Scrum-Teams. Design Thinking braucht einen anderen Ort als die Routinearbeit. 

In wandelbaren Arbeitslandschaften bleiben auch die Mitarbeitenden in Bewegung und eisen nicht in Routinen ein. Wer immer in gleichförmiger Umgebung ist, stumpft irgendwann ab. Neue Reize hingegen bringen uns auf neue Gedanken, weil unser Gehirn die eingefahrenen Programme dann nicht mehr automatisch abspulen kann. Obendrein steigert eine moderne Arbeitsumgebung die Arbeitgeber-Attraktivität ganz erheblich. Sie lockt die besten Talente wie magisch an.

Ein gutes Wir-Gefühl erfordert menschliche Nähe

Ein starkes „Wir-Gefühl“ entwickelt sich vor allem durch gemeinsame Erlebnisse, durch erzielte Ergebnisse und Stolz auf die Firma. Wohl nichts motiviert auf Dauer so sehr, wie Teil einer erfolgreichen Gemeinschaft zu sein. Denn dann springt ein wenig von deren Glanz auch auf einen selbst über. Erfolgreiche Unternehmen bieten also nicht nur Identifikationspotenzial, sie dienen auch der Selbsterhöhung. 

Die Zutaten für ein perfektes Wir-Gefühl? Es sind diese:

  • Erfolge, die sich feiern lassen,
  • visuelle Zeichen der Zugehörigkeit,
  • Rituale, die zusammenschweissen,
  • gemeinsam erlebte Geschichten,
  • ein guter Ruf in der Öffentlichkeit.

In Zeiten von Homeoffice und Videocalls ist zudem ganz entscheidend: Trifft sich das Team regelmässig? Natürlich kann das Tagesgeschäft in vielen Fällen remote erledigt werden. Doch Vertrauen, Kreativität und Zusammenhalt, der Aufbau eines starken Wir-Gefühls und die Arbeit an der Zukunft eines Unternehmens brauchen unbedingt auch physisches Miteinander. 

Zunehmend wird nämlich erkannt, dass Menschen am besten zusammenwirken, wenn sie sich sehen. Warum das so ist? Die wahre Gesinnung zeigt sich in Gestik und Mimik. Die meisten von uns haben ein gutes Intuitionsradar für richtig und falsch. Solche Signale können wir aber nur dann gut entschlüsseln, wenn wir uns physisch nahe sind. Um eine Gruppe langfristig zusammenzuhalten, müssen deren Mitglieder ihre sozialen Beziehungen zueinander pflegen können - virtuell und real. Ein möglicher Kompromiss: Werden Sie zu einer DiMiDo-Company mit Präsenz am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag.

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