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Sanierung: Gefahr der Überschuldung gemäss Art. 725 OR

Die meisten bilanziellen Probleme der Sanierung stellen sich aufgrund von Art. 725 OR. Diese werden dann bewusst, wenn die Jahresbilanz erstellt wird und führen dann oft zu Auseinandersetzungen zwischen Verwaltungsrat und Revisionsstelle.

05.01.2022 Von: WEKA Redaktionsteam
Sanierung

Falls das Aktienkapital zur Hälfte aufgebraucht ist, besteht eine latente Überschuldungsgefahr gemäss Art. 725 Abs. 1 OR wie folgt:

"Zeigt die letzte Jahresbilanz, dass die Hälfte des Aktienkapitals und der gesetzlichen Reserven nicht mehr gedeckt ist, hat der Verwaltungsrat unverzüglich eine Generalversammlung einzuberufen und an dieser Massnahmen der Sanierung zu beantragen."

Praxis-Beispiel

Beispiel von Art. 725 Abs. 1 OR

Aktienkapital: CHF 1 000
Gesetzliche Reserven: CHF 500
Total: CHF 1 500

Bilanzverlust
Gewinnvortrag vom Vorjahr: CHF 670
Verlust laufendes Jahr: CHF - 1 470
Total: CHF - 800

Unterbilanz
(teilweiser Kapitalverlust): CHF 700

Der Bilanzverlust von Tausend CHF – 800 beträgt mehr als 50% des Kapitals und der gesetzlichen Reserven (TCHF 750). Es besteht jedoch noch keine Überschuldung. Die Aktiven sind weiterhin höher als die Verbindlichkeiten. Das heisst, dass die Gläubiger weiterhin gedeckt sind. Der Verwaltungsrat muss trotzdem (vorsichtshalber) die Generalversammlung darüber informieren, dass die Aktien nicht mehr voll gedeckt sind und ihr Massnahmen der Sanierung vorschlagen. Oft bleibt aber sowohl der Verwaltungsrat als auch die Generalversammlung untätig. Die Aktionäre schreiben ihr Engagement ab, und für sie ist die Sache erledigt. Sie können normalerweise nicht zu einem Nachschuss verpflichtet werden.

Bilanzielle Mittel der Sanierung bei Überschuldung

Die folgenden Massnahmen können zu einer Bilanz - Sanierung gemäss Art. 725 Abs. 1 OR beitragen:

  • Verkauf von Aktiven (z.B. Liegenschaften)
  • Patronatserklärungen (vor allem in Konzernen)
  • Subordinieren von Aktionärs- oder Gläubigerdarlehen (Rangrücktritt auf Passivdarlehen)
  • Garantie von Hauptaktionär/Gläubiger
    - an Gesellschaft/Revisionsstelle
    - an Gläubigerbanken
  • Kapitaleinschüsse von Aktionären verbucht als
    - Agio/gesetzliche Reserven
    - kann für Abschreibungen verwendet werden nach Art. 671 Abs. 3 OR
  • Gewinnung neue(r) Aktionär(e) für Kapitaleinschuss
  • Forderungsverzicht von Gläubigern
  • Kapitalherabsetzung (Kapitalschnitt)
  • Kapitalherabsetzung mit gleichzeitiger Wiedererhöhung
  • Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital

 

  • Schaffung von Vorzugsaktien, Partizipationskapital
  • Ausgabe von Genussscheinen
  • Management Buy-Out (MBO) für Teilbereiche
  • Verkauf eines Teils oder aller Aktien der Gesellschaft zu einem Pro-Memoria-Franken an einen finanzkräftigen Aktionär bzw. Konzern
  • Fusion/Zusammenschluss mit stärkerem Partner
  • Stillhalteabkommen der Banken
    - Kreditlimiten bleiben erhalten
    - werden gleichmässig gebraucht
  • Zinsstundung
  • Aufwertung von Liegenschaften
  • Aufwertung von Beteiligungen
    - bis Anschaffungskosten: Erfolgswirksam zur Verlustdeckung,
    - bis vorsichtiger Verkehrswert (nach latenten Steuern): Erfolgsneutral in Aufwertungsreserve, aufgrund Gutachten und Prüfbericht, Ausweis im Anhang
  • Sanierung der Bilanz durch Abschreibung von Immobilien auf Agio

Die Situation entsteht meistens durch Verluste in den Vorjahren. Neben der Sanierung der Bilanz sind oft auch Liquiditätsspritzen und operative Verbesserungen notwendig.

Verbesserung der Ertragslage
Mittel- bis langfristig ist der Verbesserung der Ertragslage jedoch höchste Priorität einzuräumen, z.B. durch:

  • Entwicklung neuer Produkte
  • Erschliessung neuer Märkte
  • Personalabbau
  • Abbau der Fixkosten
  • Einholung von Konkurrenzofferten für externe Leistungen und Wareneinkäufe
  • Verlängerung von Zahlungsfristen von Kreditoren

Insbesondere zum Verkauf von Aktiven
Beim Verkauf von Aktiven (Devestitionen) kommen vor allem nichtbetriebliche Aktiven in Frage wie:

  • Liegenschaften
  • unbebautes Land
  • Kunstgegenstände
  • nicht mehr gebrauchte Maschinen
  • Minderheitsbeteiligungen Wertschriften

Bei den Devestitionen und dem Abbau der Aktiven kann es sich jedoch auch um den Abbau des betrieblichen Umlaufvermögens handeln wie:

  • Lagerabbau durch Verminderung des Einkaufs (z.B. Just in time [JIT])
  • Schlecht laufende Waren werden an die Lieferanten zurückgeschoben. Dies vermindert sowohl die Lager wie auch die Lieferantenkreditoren
  • Debitorenbewirtschaftung
  • Einforderung von Vorauszahlungen von den Kunden

Sale and Lease Back als Alternative zum Verkauf betrieblich genutzter Sachanlagen Allenfalls kommt ein Sale and Lease Back in Frage für betrieblich genutzte Sachanlagen:

Die Liegenschaft wird aufgrund einer Verkehrswertschatzung verkauft, an z.B.

  • Leasinggesellschaft
  • Pensionskasse
  • Aktionär
  • Bank

Der Vorteil des Sale and Lease Back ist der rasche Liquiditätszufluss und der ausserordentliche Gewinn aus der Transaktion. Es geht jedoch meistens um Verwertung von Substanz (Verkauf des Tafelsilbers). Der Nachteil dieser Transaktionen liegt aber darin, dass die zukünftigen Perioden mit höheren Mieten (Leasinggebühren) belastet werden.

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