Steuerpflicht bei Remote Work: Global tätig, lokal steuerpflichtig?

Die Arbeitswelt ist im Wandel. Immer mehr Menschen arbeiten nicht mehr nur in dem Land, in dem sie leben. Der internationale Arbeitsmarkt ist längst Realität: ob für klassische Expats großer Konzerne, digitale Nomaden mit Laptop auf Bali oder Angestellte im Homeoffice, die in Spanien wohnen, aber für ein Schweizer Unternehmen tätig sind. Doch so viel Freiheit wirft eine entscheidende Frage auf: Angestellt und arbeiten im Ausland – Wo liegt die Steuerpflicht bei Remote Work?

10.06.2025
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Gerade bei grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnissen ist die steuerliche Lage oft alles andere als eindeutig. Wer ist für die Erhebung der Lohnsteuer zuständig? Wo befindet sich der steuerliche Wohnsitz? Und wie verhindert man eine Doppelbesteuerung? Um das zu klären, müssen mehrere juristische und steuerliche Parameter berücksichtigt werden – von nationalem Steuerrecht bis hin zu internationalen Abkommen. In diesem Artikel tauchen wir tief in die Materie ein und zeigen, was wirklich zählt.

Warum das Thema Steuerpflicht bei Remote Work im Ausland so wichtig ist

Viele Menschen unterschätzen, wie schnell sich durch einen Ortswechsel oder ein internationales Arbeitsverhältnis die steuerliche Situation grundlegend ändern kann. Ein Aufenthalt von nur wenigen Monaten im Ausland kann bereits dazu führen, dass in einem anderen Land eine Steuerpflicht entsteht – unabhängig davon, ob der Arbeitgeber weiterhin im Heimatland sitzt. Besonders prekär wird es, wenn zwei Länder gleichzeitig Steueransprüche erheben und es zu einer sogenannten Doppelbesteuerung kommt. Dann drohen nicht nur finanzielle Belastungen, sondern auch aufwendige Rückforderungen und komplexe Klärungsprozesse mit ausländischen Behörden.

Entscheidend ist auch: Die globalisierte Arbeitswelt kennt keine nationalen Bürogrenzen mehr – aber das Steuerrecht schon. Während Unternehmen ihre Mitarbeitenden immer flexibler einsetzen wollen, hinken viele nationale Gesetze dieser Realität noch hinterher. Was in einem Land erlaubt ist, kann im anderen eine Steuerpflicht auslösen. Ohne steuerliche Planung im Vorfeld kann das ins Chaos führen. Umso wichtiger ist es, das Thema frühzeitig anzugehen und nicht erst dann zu reagieren, wenn das Finanzamt schon Post schickt.

„Wer im Ausland arbeitet, aber in der Heimat gemeldet bleibt, steckt oft in einem steuerlichen Graubereich – mit gravierenden Folgen.“

Angestellt und arbeiten im Ausland – Wo liegt die Steuerpflicht bei Remote Work?

Die steuerliche Einordnung grenzüberschreitender Beschäftigungsverhältnisse hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zentral ist dabei der sogenannte Steuerwohnsitz – und genau hier beginnen viele Missverständnisse. Der Steuerwohnsitz ist nicht zwingend der Wohnort im passrechtlichen Sinne, sondern wird in den meisten Ländern anhand des gewöhnlichen Aufenthalts oder der sogenannten 183-Tage-Regel bestimmt. Wer also mehr als die Hälfte eines Kalenderjahres in einem bestimmten Land verbringt, gilt dort häufig automatisch als steuerpflichtig – selbst wenn der Arbeitsvertrag weiterhin mit einer Firma im Heimatland besteht.

In solchen Fällen kann es sinnvoll sein, sich frühzeitig mit einer Beratungsagentur für internationales Steuerrecht auseinanderzusetzen, um die individuellen steuerlichen Verpflichtungen im Vorfeld zu klären. Denn wird dieser Aspekt vernachlässigt, drohen nicht nur unangenehme Rückzahlungen, sondern auch Strafzahlungen wegen Steuerhinterziehung – selbst bei gutem Glauben.

Die Situation wird zusätzlich kompliziert, wenn das Arbeitsmodell Remote Work oder Homeoffice über Ländergrenzen hinweg beinhaltet. Viele Arbeitnehmende gehen davon aus, dass sie dort Steuern zahlen, wo der Arbeitgeber seinen Sitz hat. Tatsächlich ist das jedoch nur in wenigen Fällen korrekt. Vielmehr ist der tatsächliche Aufenthaltsort für die Steuerpflicht ausschlaggebend. Die Verlagerung des Arbeitsorts – sei es dauerhaft oder vorübergehend – kann erhebliche steuerliche Konsequenzen nach sich ziehen.

In der Praxis sollte bei jeder Auslandsentsendung oder Auswanderung als Angestellter geprüft werden, welche Art von Steuerpflicht wo entsteht. Die gängigsten Konstellationen beinhalten:

  • Wohnsitz im Ausland, Arbeitgeber im Inland
  • Wohnsitz im Inland, Arbeitstätigkeit im Ausland
  • Temporärer Auslandsaufenthalt bei weiterhin inländischer Beschäftigung

Je nach Fall greifen unterschiedliche nationale Regelungen und internationale Abkommen, die wir im Folgenden näher beleuchten.

Was bestimmt den Steuerwohnsitz? Die Rolle von Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt & 183-Tage-Regel

Das Herzstück jeder steuerlichen Beurteilung ist die Frage nach dem Steuerwohnsitz. Dabei geht es nicht nur darum, wo jemand offiziell gemeldet ist, sondern vor allem, wo der Lebensmittelpunkt liegt. In vielen Staaten gilt man als steuerlich ansässig, wenn man dort einen Wohnsitz unterhält oder sich „gewöhnlich aufhält“. Letzteres ist oft an die sogenannte 183-Tage-Regel geknüpft. Wer sich mehr als 183 Tage im Kalenderjahr in einem Land aufhält – sei es durchgehend oder mit Unterbrechungen –, wird dort in der Regel steuerpflichtig, selbst wenn kein offizieller Wohnsitz besteht.

Diese Regelung soll sicherstellen, dass Menschen, die faktisch in einem Land leben und von dessen Infrastruktur profitieren, dort auch ihren steuerlichen Beitrag leisten. Sie führt jedoch regelmäßig zu Missverständnissen, insbesondere bei international tätigen Angestellten, die nicht selten zwischen verschiedenen Ländern pendeln oder über längere Zeiträume hinweg remote im Ausland arbeiten. Hier reicht oft schon eine falsch gezählte Woche, um die Steuerpflicht bei Remote Work ungewollt zu verschieben.

Doppelbesteuerungsabkommen: Schutzschild oder Stolperfalle?

Um zu verhindern, dass Arbeitnehmer*innen auf dasselbe Einkommen in mehreren Staaten Steuern zahlen müssen, existieren sogenannte Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Diese bilateralen Verträge legen fest, welchem Land in bestimmten Situationen das Besteuerungsrecht zusteht. In der Regel geben sie dem Tätigkeitsstaat Vorrang, wenn sich die Arbeit physisch dort abspielt – das heißt: Wer in Portugal wohnt und dort für ein deutsches Unternehmen arbeitet, zahlt in der Regel in Portugal Steuern auf sein Einkommen.

Das klingt zunächst einfach, ist es aber nicht. Denn viele Abkommen sehen Ausnahmen vor – etwa bei kurzfristigen Entsendungen oder Tätigkeiten im internationalen Verkehrsbereich. Zudem interpretieren Länder die Abkommen nicht immer einheitlich. So kann es sein, dass ein Staat eine Steuerpflicht bejaht, während der andere das Einkommen ebenfalls besteuert – die Folge: langwierige Verfahren zur Rückforderung oder Anrechnung von Quellensteuern.

Ein Überblick über typische DBA-Konflikte:

KonstellationMögliche steuerliche Folge
Arbeit in zwei Ländern (Job-Sharing)Komplizierte Aufteilung nach Tätigkeitsort
Remote Work mit Aufenthalt im AuslandBesteuerung im Aufenthaltsland
Firmenentsendung < 183 TageHeimatland darf oft weiter besteuern
Mehrere WohnsitzePrüfung des Lebensmittelpunkts notwendig

Die eigentliche Herausforderung liegt also nicht im Vorhandensein eines DBA, sondern in der korrekten, dokumentierten und rechtlich klaren Anwendung – was oft nur mit professioneller Unterstützung gelingt.

Was tun bei Konflikten? Tipps für die richtige steuerliche Gestaltung

Wer sich international bewegt, sollte seine steuerliche Situation proaktiv und mit Weitsicht gestalten. Denn auch wenn es keine Patentlösung für alle Fälle gibt, lassen sich typische Fehler vermeiden – und steuerliche Risiken minimieren. Ein paar bewährte Maßnahmen:

  • Dokumentation ist alles: Reisedaten, Aufenthaltstage, Wohnadressen und Arbeitsorte sollten lückenlos erfasst werden – idealerweise digital.
  • Doppelbesteuerungsabkommen kennen: Die wichtigsten Regelungen des eigenen Heimatlandes sowie der Länder, in denen man arbeitet oder lebt, sollte man verstehen – mindestens auf Basis einer verständlichen Zusammenfassung.
  • Arbeitsverträge anpassen: In manchen Fällen kann es hilfreich sein, Verträge so zu gestalten, dass sie explizit auf mobile Arbeit eingehen – etwa durch eine Tätigkeitsortklausel.
  • Länder mit Territorialbesteuerung prüfen: Einige Staaten besteuern nur Einkünfte, die im Inland erzielt werden. Für digitale Nomaden kann das interessant sein – allerdings oft nur unter sehr spezifischen Bedingungen.
  • Frühzeitige Beratung nutzen: Ein Gespräch mit einem Fachanwalt oder Steuerberater im internationalen Steuerrecht ist günstiger als ein Streit mit zwei Finanzämtern.

Gerade bei grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnissen ist es ratsam, nicht auf pauschale Aussagen zu vertrauen, sondern den eigenen Fall individuell zu prüfen und gestalten zu lassen. Denn selbst kleine Unterschiede im Alltag – etwa ein Ferienhaus oder eine Auslandskrankenversicherung – können darüber entscheiden, wo der Lebensmittelpunkt liegt.

Wie du mit klarem Blick deine Steuerpflicht bei Remote Work im Griff behältst

Global zu arbeiten bedeutet nicht, die Regeln zu ignorieren – sondern neue zu lernen. Wer als Angestellter über Ländergrenzen hinweg tätig ist, steht vor der Herausforderung, sich in einem komplexen Geflecht aus Steuerrecht, Aufenthaltsbestimmungen und Abkommen zurechtzufinden. Die entscheidende Frage „Angestellt und arbeiten im Ausland – Wo liegt die Steuerpflicht bei Remote Work?“ lässt sich deshalb nie pauschal beantworten – aber strukturiert und individuell sehr wohl klären.

Wer frühzeitig plant, sich informiert und rechtzeitig Expertise einholt, kann steuerliche Überraschungen vermeiden – und die Vorteile des internationalen Arbeitens voll ausschöpfen. Wichtig ist, nicht nur auf den Arbeitgeber oder allgemeine Internetforen zu vertrauen, sondern den eigenen Fall ernst zu nehmen und mit der gebotenen Sorgfalt anzugehen. Nur so lässt sich aus einem internationalen Job auch eine steuerlich stabile Perspektive machen.

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