Stundenlohn berechnen: Ferien, Feiertage und Versicherungen

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Beispiel 1: Recht auf Beschäftigung
Die Knapp GmbH beschäftigt Arbeitnehmende gerne im Stundenlohn. Sie kann die Arbeitseinsätze so besser planen, je nach Auftragslage. Ist viel Arbeit da, wird viel gearbeitet. Die entsprechenden Lohnkosten sind durch die Aufträge gedeckt. Herrscht gerade Flaute, müssen die Mitarbeitenden nicht oder wenig arbeiten, so bleiben auch die Kosten tief.
Beurteilung
Eine solche Handhabung ist heikel. Art. 330b OR verlangt, dass Mitarbeitende spätestens nach einem Monat schriftlich über die wichtigsten Vertragsbestandteile informiert werden – dazu gehört auch die wöchentliche Arbeitszeit. Auch ohne gesetzliche Verpflichtung empfiehlt es sich, dies vertraglich zu regeln. Wer den Stundenlohn berechnen will, muss auch klar festhalten, wie viele Stunden vereinbart sind und unter welchen Bedingungen Einsätze erfolgen.
In diesem Zusammenhang sind auch die Begriffe «Abrufarbeit» und «Gelegenheitsarbeit » wichtig und oft missverstanden. Bei echter Abrufarbeit muss der Mitarbeitende sich während einer bestimmten Zeit bereithalten (Abrufzeit). Bietet der Arbeitgeber ihn auf (Abruf), muss er die Arbeit antreten. Eine solche Abrufzeit muss definiert und entschädigt werden. Hat der Mitarbeitende die Möglichkeit, den Einsatz abzulehnen, handelt es sich um unechte Abrufarbeit. Diesfalls kann der Mitarbeitende nicht zur Arbeit verpflichtet werden, im Gegenzug erhält er keine Entschädigung.
Das Unternehmensrisiko soll beim Arbeitgeber liegen und darf nicht an Arbeitnehmende abgetreten werden. Gemäss Art. 324 Abs. 1 OR muss deshalb bei Annahmeverzug (Annahme der Arbeitsleistung) des Arbeitgebers eine Lohnfortzahlung erfolgen. Konkret bedeutet das: Kann der Arbeitgeber nicht genügend Arbeit beschaffen, um den Mitarbeitenden im Rahmen der vereinbarten Arbeitszeit zu beschäftigen, schuldet er dennoch Lohn für die Zeit der Unterbeschäftigung.
Beispiel 2: Die schönste Zeit sind die Ferien
Die Ferien AG gewährt ihren Mitarbeitenden gemäss Personalreglement grosszügige sechs Wochen bezahlte Ferien. Sabine, angestellt im Stundenlohn, erhält jeden Monat einen Ferienzuschlag von 8,33% ausbezahlt. Wenn sie tatsächlich in die Ferien fährt, erhält sie in dieser Zeit entsprechend keinen Lohn.
Beurteilung
Der Zuschlag im Stundenlohn ist zwar sinnvoll, da der Lohn schwankt – er darf aber gemäss Art. 329d Abs. 2 OR nicht monatlich ausbezahlt werden. Der Arbeitgeber muss den Zuschlag saldogeführt ausweisen und ihn bei tatsächlichem Ferienbezug auszahlen. Wichtig ist auch, dass der Ferienanspruch korrekt berechnet wird – dazu gehört auch, den Stundenlohn berechnen, inklusive Ferienkompensation.
Korrekterweise wird in der Lohnabrechnung der Zuschlag ausgewiesen und saldogeführt, sodass jederzeit nachvollziehbar ist, wie viel Guthaben angespart wurde. So erhält Sabine monatlich etwas weniger Geld, dafür wird sie auch während ihrer Abwesenheit bezahlt.
Die Formulierung von Art. 329d Abs. 2 OR lässt allerdings eine Ausnahme zu: Die Ferien dürfen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht ausbezahlt werden. Bei Austritt endet das Arbeitsverhältnis, und die Auszahlung ist zulässig. So kann auch bei Gelegenheitsarbeit – kurzen befristeten Arbeitseinsätzen – jeweils der Ferienzuschlag ausbezahlt werden, sobald der Einsatz endet. Wird die Mitarbeiterin jedoch immer wieder und damit regelmässig eingesetzt, kann dies wie ein durchgehendes Arbeitsverhältnis beurteilt werden. Im Urteil 4A_357/2022 vom 30. Januar 2023 hat das Bundesgericht bestätigt, dass die Unregelmässigkeit an sich nicht unbedingt eine monatliche Auszahlung rechtfertigt.
Als weitere Voraussetzung muss der Ferienzuschlag im Arbeitsvertrag vereinbart und auf jeder Lohnabrechnung separat ausgewiesen werden. Ein Hinweis wie «Ferien im Stundenlohn inbegriffen» reicht nicht aus.
Im Beispiel ist der Zuschlag zu tief angesetzt. Steht in Sabines Vertrag nicht explizit, dass sie nicht dem Personalreglement unterstellt ist oder im Widerspruch zu diesem nur vier Wochen Ferien vereinbart sind, beträgt auch ihr Anspruch sechs Wochen. Bei der Berechnung des Ferienzuschlags hat sich in der Praxis folgende Formel durchgesetzt: Ferienwochen / Arbeitswochen × 100; vorliegend 6 Wochen Ferien / 46 Arbeitswochen × 100 = 13,04%. Bei unrechtmässig regelmässiger Auszahlung oder mangelhaftem Ausweis des Ferienzuschlags riskiert die Ferien AG, dass Sabine rückwirkend Ansprüche für die letzten fünf Jahre geltend macht.
Beispiel 3: Feiern, wie die Feste fallen
Die Party GmbH gewährt jährlich zwölf bezahlte Feiertage. Ferdinand und Petra sind im Stundenlohn beschäftigt. Petra erhält am Ostermontag einen durchschnittlichen Lohn ausbezahlt, Ferdinand nicht.
Beurteilung
Die Gleichbehandlung hängt vom Einsatzplan ab. Wer wie Petra regelmässig montags arbeitet, hat bei einem Feiertag Anspruch auf Lohn. Für unregelmässige Einsätze kann ein Feiertagszuschlag sinnvoll sein. Um diesen korrekt im Stundenlohn berechnen zu können, empfiehlt sich die Formel: 12 Feiertage / 260 Arbeitstage × 100 = 4,62 %.
Um eine Gleichbehandlung zu erlangen, bietet es sich an, beiden einen Feiertagszuschlag zu gewähren. Eine Möglichkeit der Berechnung ist, die Feiertage ins Verhältnis zu den Arbeitstagen zu setzen: 12 Feiertage / 260 Arbeitstage × 100 = 4,62%.
Beispiel 4: Arbeitsunfähig im Stundenlohn
Die Risiko AG beschäftigt Peter als Lehrkraft und zahlt ihn pro Lektion. Er fällt krankheitshalber für eine Woche aus. Die Risiko AG muss eine alternative Lehrkraft organisieren und bezahlen. Da Peter die vereinbarten Lektionen nicht hält, zahlt ihm die Risiko AG für die Absenzwoche auch keinen Lohn.
Beurteilung
Auch im Stundenlohn besteht Anspruch auf Lohnfortzahlung, sofern die Lektionen geplant waren oder ein Durchschnittswert berechnet werden kann. Um den Lohn korrekt zu berechnen, ist es auch hier essenziell, den durchschnittlichen Stundenlohn berechnen zu können – idealerweise basierend auf einem Jahresmittel.
Auch Sozialversicherungen hängen direkt davon ab, wie der Stundenlohn berechnen wird. Ob AHV-pflichtiges Einkommen, Unfallversicherung oder berufliche Vorsorge – überall spielen Schwellenwerte und Berechnungsgrundlagen eine Rolle. Beispiel: Bei einem Lohn unter CHF 22'680.– pro Jahr besteht keine obligatorische BVG-Versicherungspflicht – sofern korrekt deklariert.
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AHV/IV/EO/ALV
Mitarbeitende mit einem «geringfügigen Lohn» müssen nicht zwingend abgerechnet werden. Was geringfügig bedeutet, regelt Art. 34d Abs. 1 AHVV, aktuell sind dies CHF 2500.– pro Jahr und Arbeitgeber. Wird die Abrechnung jedoch vom Arbeitnehmenden verlangt, ist diesem Wunsch nachzukommen. Geht man Anfang Jahr davon aus, dass der Jahreslohn geringfügig ausfällt und übersteigt bis Ende Jahr der Lohn die Grenze, muss der gesamte Lohn abgerechnet werden. Zudem gelten Ausnahmen in der künstlerisch tätigen Branche und bei Angestellten in Privathaushalten, für sie muss ab dem ersten Franken Lohn abgerechnet werden. Zur Erinnerung: Auch in Naturalien «bezahlter» Lohn ist massgebender Lohn und somit abzurechnen.
Unfallversicherung nach UVG
Alle Arbeitnehmenden, unabhängig von Alter und Lohnhöhe, sind für Berufsunfälle zu versichern, das gilt selbst für den oben beschriebenen geringfügigen Lohn. Für Nichtberufsunfälle sind jedoch nur die Arbeitnehmenden versichert, die wöchentlich acht Stunden oder mehr arbeiten. Bei Lehrpersonen mit Entschädigung pro Lektion wird vom Doppelten der Lektionsdauer ausgegangen.
Die freiwillige Abrechnung bei Beschäftigung unter acht Stunden macht keinen Sinn, da die Mitarbeitenden im Schadenfall dennoch nicht versichert sind.
Die grosse Herausforderung liegt darin, bei unregelmässiger Arbeitszeit die acht Stunden pro Woche zu bestimmen. Man stellt dafür auf einen Jahresdurchschnitt ab, wobei für dessen Berechnung nur Monate berücksichtigt werden dürfen, in denen tatsächlich gearbeitet wurde. Alternativ können die Anzahl Wochen gezählt werden, in denen die acht Stunden erreicht wurden. Ist die Anzahl höher als diejenige der Wochen mit weniger als acht Stunden, besteht Deckung für Nichtberufsunfälle, ansonsten nicht. Eine detaillierte Beschreibung mit Beispielen.1
Ist zu Beginn des Jahres nicht klar, ob die acht Stunden erreicht werden, empfiehlt es sich, den Lohnabzug für die NBUVPrämie vorzunehmen. Eine Rückzahlung Ende Jahr ist problemlos, während ein rückwirkender Abzug für mehr als zwei Monate unzulässig ist (Art. 91 Abs. 3 UVG).
Was passiert, wenn ein Mitarbeitender ohne Nichtberufsunfalldeckung einen Freizeitunfall erleidet? Beispiel: Stefanie hilft jeweils am Samstagmorgen ein paar Stunden im Café «Barista » aus. Nun hat sie sich beim Sport das Handgelenk gebrochen und fällt für einige Wochen aus. a) Stefanie hat noch einen Hauptjob, wo sie auch für Nichtberufsunfälle versichert ist. Sie kann die Heilungskosten (Spital, Arzt, Medikamente etc.) über die Unfallversicherung des Hauptarbeitgebers abrechnen. Dieser übernimmt auch das Taggeld für ihren gesamten Lohn, also auch den vom Café «Barista ». b) Stefanie absolviert ein Studium, das Café «Barista» ist ihr einziger Arbeitgeber. Da sie dort nicht für Nichtberufsunfälle versichert ist, muss sie die Heilungskosten über ihre Krankenkasse abrechnen. Das bedeutet, Franchise und Selbstbehalt muss sie selbst zahlen. Die Krankenkasse deckt jedoch keinen Lohnausfall, sodass das Café «Barista» die vertragliche oder gesetzliche Lohnfortzahlung schuldet.
Berufliche Vorsorge nach BVG
Das Gesetz sieht eine Eintrittsschwelle vor, diese liegt aktuell bei CHF 22 680.– pro Jahr. Nur wer mehr verdient, ist obligatorisch der beruflichen Vorsorge unterstellt. (Im Vorsorgereglement kann eine abweichende Regelung vereinbart sein).
Die Lohnmeldung bei der Pensionskasse erfolgt im Gegensatz zu den anderen Sozialversicherungen zu Beginn des Jahres im Voraus. Wird ein Mitarbeitender nicht bei der Pensionskasse angemeldet und überschreitet sein Lohn die Eintrittsschwelle bis Ende Jahr, muss er rückwirkend angemeldet werden. Das kann jedoch problematisch werden, wenn während des Jahres ein Schadenfall eintritt. Sinkt der Lohn vorübergehend unter den gesetzlichen Mindestbetrag, bleibt der Arbeitnehmende dennoch der obligatorischen Versicherung unterstellt. Im Zweifelsfall empfiehlt sich eine Rücksprache mit der zuständigen Pensionskasse.
Krankentaggeldversicherung
Hat die Arbeitgeberin eine Krankentaggeldversicherung abgeschlossen, kann sie in der Police die versicherten Personengruppen definieren. Oft lautet die Personengruppe «alle Arbeitnehmenden». In diesem Fall sind alle abzurechnen, auch beispielsweise Aushilfen im Stundenlohn. Will man solche Personen nicht versichern, muss die auszuschliessende Personengruppe in der Police definiert und festgehalten werden. Die Arbeitgeberin hat gegenüber den Mitarbeitenden eine Informationspflicht über die Bedingungen der Krankentaggeldversicherung. Während einer allfälligen Wartefrist und auch bei fehlender Deckung einer Krankentaggeldversicherung schuldet die Arbeitgeberin die vertragliche oder gesetzliche Lohnfortzahlung.
Familienzulagen
Oft wird bei Stundenlöhnern mit tiefen Pensen nicht abgeklärt, ob ein Anspruch auf Familienzulagen besteht. Art. 7 FamZG regelt, welcher Elternteil Anspruch auf Familienzulagen hat. Grundsätzlich besteht dieser aktuell ab einem jährlichen AHV-pflichtigen Einkommen von CHF 7560.–. Je nach Konstellation kann es sein, dass jemand mit tiefem Pensum Anspruch auf Familienzulagen hat, auch wenn der andere Elternteil mehr verdient.
Fazit
Den Stundenlohn berechnen – das klingt einfach, hat es aber in sich. Wer im Stundenlohn anstellt, sollte sich der vielen rechtlichen Feinheiten bewusst sein. Ob Ferienzuschläge, Feiertage, Lohnfortzahlung oder Versicherungen – alles hängt davon ab, wie sauber die Vereinbarungen sind und wie präzise man den Stundenlohn berechnen kann. In vielen Fällen ist ein fixes Teilzeitpensum mit Gleitzeitregelung einfacher und rechtssicherer.
Fussnoten
1 www.svv.ch/sites/default/files/2019-05/SVV_Empfehlungen_Anwendungen_UVG_2019_DE.pdf