Arbeitszeit: Arbeitszeit rechtssicher regeln

Dieser Artikel befasst sich mit der Frage, was denn überhaupt zur Arbeitszeit gehört, und beschränkt sich dabei auf privatrechtliche Arbeitsverhältnisse. Bei öffentlich-rechtlichen Arbeitsverhältnissen, wo öffentlich-rechtliche Bestimmungen zur Anwendung gelangen (wie Personalgesetze und deren Verordnungen), gelten teils andere Regelungen. Wie die Arbeitszeit zu entschädigen ist, bildet nicht Bestandteil dieses Artikels.

18.03.2022 Von: Thomas Wachter
Arbeitszeit

Definition

Das Arbeitsgesetz sieht verschiedene Arbeits- und Ruhezeiten vor. Sinn dieser Bestimmungen ist es, die gesundheitlichen Belastungen der Arbeitnehmer zu begrenzen. Die Einschränkungen mit Bezug auf die Arbeitszeiten sollen insbesondere dazu dienen, Unfälle zu verhindern. Der Begriff Arbeitszeit wird weder im Obligationenrecht noch im Arbeitsgesetz direkt definiert. Erst auf der Verordnungsstufe in Art. 13 der Verordnung 1 zum Arbeitsgesetz (ArGV 1) findet sich folgende Definition: «Als Arbeitszeit im Sinne des Gesetzes gilt die Zeit, während derer sich der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin zur Verfügung des Arbeitgebers zu halten hat; die Zeit, die für den Weg zu und von der Arbeit eingesetzt wird, gilt nicht als Arbeitszeit.» Das bedeutet, dass die gesamte Zeit, während welcher der Arbeitnehmer mit dem Willen des Arbeitgebers in dessen Interesse verbringt, als Arbeitszeit gilt. Es spielt keine Rolle, ob der Arbeitnehmer im Geschäft oder ausserhalb des Geschäftes auf einer Baustelle oder zu Hause dem Arbeitgeber zur Verfügung steht. Ausgehend von dieser Begriffsdefinition werden nachfolgende ausgewählte Aspekte aufgegriffen und erklärt, was als Arbeitszeit anzurechnen ist.

Vorbereitungshandlungen/Umkleidezeit

Vorbereitungshandlungen, welche nötig sind, damit Arbeitnehmer überhaupt ihre Arbeit verrichten können, werden zur Arbeitszeit gerechnet. Gemäss Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) müssen diese Aktivitäten und Massnahmen allerdings der Sicherheit, der Hygiene oder dem Gesundheitsschutz dienen. Das kann der Fall sein beim Anziehen, Ausziehen oder Wechseln von Kleidung, die für die Arbeit notwendig ist.

Konkret zählt die Wegleitung Folgendes auf:

  • Anziehen von persönlicher Schutzausrüstung für den Gesundheitsschutz und gegen Unfälle,
  • Anziehen von Überzugskleidern oder steriler Arbeitskleidung
  • Durchschreiten einer Schleuse aus Gründen der Hygiene
  • usw.

Damit müssen Arbeitgeber die von ihnen verursachte Umziehzeit als Arbeitszeit anerkennen. Dies könnte nur dann vermieden werden, wenn die Arbeitnehmer die Arbeitskleider schon zu Hause anziehen oder in ihren privaten Kleidern arbeiten können. Bei gewissen Berufsgruppen ist das z.B. aus hygienischen Gründen kaum realistisch, so z.B. beim Pflegepersonal.

Arbeitsweg

Die Zeit, die für den Weg zu und von der Arbeit eingesetzt wird, gilt nicht als Arbeitszeit. Dieser Grundsatz erfährt gewisse Einschränkungen. Gemäss Art. 13 Abs. 2 ArGV 1 gilt bei Arbeit ausserhalb des Arbeitsorts Folgendes: «Ist die Arbeit ausserhalb des Arbeitsortes zu leisten, an dem der Arbeitnehmer normalerweise seine Arbeit verrichtet, und fällt dadurch die Wegzeit länger als üblich aus, so stellt die zeitliche Differenz zur normalen Wegzeit Arbeitszeit dar.» Der Arbeitsort ist normalerweise der Stammbetrieb, der Anstellungsort oder im Baugewerbe etwa der Werkhof. Ist nun der Arbeitsweg länger als bis zum gewöhnlichen Stammbetrieb, gilt die Differenzzeit als Arbeitszeit und wird als zusätzlicher Zeitaufwand dem Arbeitgeber belastet. Dies wird damit begründet, dass der Arbeitnehmer im Auftrag des Arbeitgebers an einen anderen Arbeitsort geschickt wird. Die hier umschriebene Regelung gilt gemäss SECO bloss für jene Arbeitnehmer, die grundsätzlich einen festen Arbeitsort haben und einen anderen Arbeitsort aufsuchen müssen.

Gibt es verschiedene vertragliche Arbeitsorte (auch aufgrund zulässiger Weisung), ist jeweils der direkte Weg zum bestimmten Arbeitsort als Arbeitsweg zu qualifizieren und nicht als Arbeitszeit anzurechnen. Wird hingegen der Arbeitnehmer an einem Arbeitsort eingesetzt, welcher vertraglich nicht vereinbart ist, so gilt die dadurch entstehende Verlängerung des Arbeitswegs als Arbeitszeit. Arbeitnehmer, welche zunächst an den Arbeitsort reisen, um von da aus an einem Einsatzort die Arbeit aufzunehmen, können die Zeit vom Arbeitsort zum Einsatzort als Arbeitszeit anrechnen lassen. In einem älteren Entscheid des Arbeitsgerichts Zürich musste ein Fall beurteilt werden, wonach der Arbeitsort immer dort sein sollte, wo der Einsatz zu leisten war. Das Gericht erachtete diese Regelung als Verstoss gegen Art. 13 ArGV 1 (ArG ZH Entscheide 2007, Nr. 25).

Fortbildung

Muss sich ein Arbeitnehmer auf Anordnung des Arbeitgebers oder aufgrund seiner berufl ichen Tätigkeit von Gesetzes wegen weiter- oder fortbilden, dann stellt die dafür aufgewendete Ausbildungszeit Arbeitszeit dar. Diese Regelung hat insbesondere auch Bedeutung bei Lernenden, da ein Lehrmeister von Gesetzes wegen verpflichtet ist, die Lernenden in den obligatorischen Unterricht zu schicken. Das heisst, die Zeit, welche die Lernenden in der Schule sind, gilt als Arbeitszeit. Regelmässig können Lernende einen normalen Arbeitstag aufschreiben, unabhängig davon, wie viele Stunden Lektionen die Lernenden am Tag haben.

Pikettdienst

Beim Pikettdienst halten sich Arbeitnehmer neben der normalen Arbeit für allfällige Arbeitseinsätze bereit (Art. 14 Abs. 1 ArGV 1). Die Zeit, welche Arbeitnehmer im Betrieb als Pikettdienst leisten, gilt als Arbeitszeit (Art. 15 Abs. 1 ArGV 1). Wenn ein Arbeitnehmer ausserhalb des Betriebs Pikettdienst leistet, kommt es darauf an, ob der Arbeitnehmer tatsächlich zur Arbeit herangezogen wird oder nicht. Erfolgt der Pikettdienst ausserhalb des Betriebes, so zählt nur die tatsächlich geleistete Einsatzzeit als Arbeitszeit. In diesem Fall gilt die Wegzeit vom Wohnort zum Betrieb allerdings auch als Arbeitszeit.

Stillende Mütter

Art. 60 ArGV 1 regelt die maximale Beschäftigungsmöglichkeit von stillenden Müttern sowie die vom Arbeitgeber zu bezahlende Zeit für das Stillen oder das Abpumpen. Mütter haben das Recht, ihr Kind während der Arbeitszeit zu stillen. Auch haben Mütter das Recht auf die erforderliche Zeit für das Abpumpen von Milch. Im ersten Lebensjahr des Kindes haben Mütter Anrecht auf die Anrechnung dieser Zeit als bezahlte Arbeitszeit wie folgt:

  • bei einer täglichen Arbeitszeit von bis zu 4 Stunden: mindestens 30 Minuten
  • bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als 4 Stunden: mindestens 60 Minuten
  • bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als 7 Stunden: mindestens 90 Minuten

Dauert die Stillzeit länger als das erste Lebensjahr des Kindes oder liegt die benötigte Stillzeit über dem oben beschriebenen Zeitrahmen, wird diese Zeit, sofern nicht anders mit dem Arbeitgeber vereinbart, nicht als Arbeitszeit angerechnet. Zu beachten ist weiter, dass sowohl das Stillen am Arbeitsplatz wie auch ausserhalb der Arbeitsstelle an die Arbeitszeit angerechnet wird. Soweit jedoch die Mitarbeiterin zu Hause oder ausserhalb des Arbeitsplatzes stillt, ist für den Weg keine Verlängerung der bezahlten Stillzeit vorgesehen.

Arbeit auf Abruf

Bei der Arbeit auf Abruf gibt es keinen festgelegten Arbeitsplan. Vielmehr werden Arbeitnehmer nach den Bedürfnissen des Arbeitgebers für bestimmte Einsätze aufgeboten. Der eigentliche Einsatz gilt als Arbeitszeit.

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