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Vorgesetztenbeurteilung: Chancen der Führungkräftebewertung

Die Vorgesetztenbeurteilung bietet eine Chance für einen humanen, spannungsfreien Arbeitsplatz und eine Verbesserung des Betriebsklimas. Sie erfordert Mut und Vertrauen von allen Seiten und ist eine wertvolle Ergänzung zur Mitarbeiterbeurteilung. Richtig angewendet, kann sie das Vertrauen vertiefen und offene Kommunikation sowie Zielabstimmung fördern, wenn Führungskräfte wirklich interessiert sind. Der Beitrag zeigt, wie dies in der Praxis umgesetzt werden kann.

28.04.2025 Von: Thomas Wachter
Vorgesetztenbeurteilung

Warum eine Vorgesetztenbeurteilung?

Mit einer Vorgesetztenbeurteilung können eine ganze Reihe von Zielen verfolgt werden. Wir nennen hier die wichtigsten:

  • Gewinnung von Informationen, wie Mitarbeitende das Führungsverhalten der Chefin oder des Chefs empfinden und welche Veränderungen erwünscht sind (Diagnosefunktion).
  • Beteiligung der Mitarbeitenden an der Gestaltung der Führungsbeziehung und Weiterentwickeln der Führungsqualitäten der Vorgesetzen (Führungsentwicklung).
  • Erhöhung der Motivation und Leistungssteigerungen auf beiden Seiten und Verbesserung der Zusammenarbeit.
  • Periodische Überprüfung, ob und wie stark sich das Verhalten aus Sicht der betroffenen Mitarbeitenden verändert hat (Kontrollfunktion des Instruments).

Ob sich diese Ziele allerdings immer erreicht werden, wird unterschiedlich beurteilt.

Offensichtlich bestehen grosse Unterschiede in der Selbst- und Fremdwahrnehmung der Führungskräfte, wie eine Untersuchung aus den 90er-Jahren mit 900 Mitarbeitenden und 150 Vorgesetzten zeigt:

 Fremdeinschätzung durch MASelbsteinschätzung der VG
Alle Mitarbeitenden verfügen über den gleichen, guten Informationsstand40%85%
Alle Mitarbeitenden werden über wichtige Entscheidungen informiert43%80%
Autoritärer Führungsstil70%29%
Entscheidungsbeteiligung der Mitarbeitenden an Vorgesetzten-Entscheidungen7%79%

Varianten der Vorgesetztenbeurteilung

Es ist eine ganze Reihe von Varianten der Vorgesetztenbeurteilung denkbar und oft auch in der Praxis im Einsatz. Bei der Konzeption ist somit in jedem Unternehmen Folgendes zu entscheiden:

Verbindlichkeit
  • Für die Führungskräfte freiwilliger Einsatz des Instruments oder
  • Vorschrift der Unternehmung

Es empfiehlt sich, mindestens bei der Einführung das Instrument auf freiwilliger Basis einzusetzen.

Anonymität
  • Vollständig anonyme Durchführung oder
  • mit Namensangabe des Beurteilenden

Wird den Mitarbeitenden für die Beurteilung Anonymität zugesagt, bewirkt dies häufig eine grössere Bereitschaft zur Teilnahme und eine grössere Offenheit, da keine Repressalien zu befürchten sind. Es gibt jedoch auch erfolgreiche Beispiele von nicht anonymem Mitarbeiterfeedback.

Erhebungsverfahren
  • Fragebogenverfahren
  • freie Eindrucksschilderung

In der überwiegenden Zahl der Anwendung werden Einstufungsverfahren mit Hilfe von Fragebogen durchgeführt, weil nur diese eine systematische Auswertung erlauben und über die unverbindliche Aufforderung zum Feedback hinausgehen.

Häufigkeit
  • einmalig, fallweise oder
  • regelmässig/periodisch

Empfehlung: Vorgesetztenbeurteilungen sollten regelmässig, beispielsweise alle zwei Jahre, wiederholt werden. Nur so können die gewünschten Entwicklungen und Verhaltensänderungen beobachtet und allfällig steuernd eingegriffen werden.

Richtung
  • Fremdbild: einseitige Beurteilung nur durch die Mitarbeitenden
  • Selbstbild/Fremdbild: auch Selbsteinschätzung durch Vorgesetzte

Empfehlung: Auch Selbsteinschätzung. Damit werden die eigenen Erwartungen wie die blinden Flecken der Führungskraft sichtbar.

Prozessumfang/Feedback 
  • Nur die Durchführung der eigentlichen Einschätzung oder
  • Diskussion der Ergebnisse mit den beurteilenden Mitarbeitenden oder
  • Integration in den gesamten Führungsprozess unter Einbezug der nächsthöheren Vorgesetzten

Eine Verbesserung der Kommunikation und Zusammenarbeit kann jedenfalls nur erreicht werden, wenn die Ergebnisse mit den Mitarbeitenden aufgearbeitet werden. Wir empfehlen, noch weiterzugehen und die Ergebnisse auch in der Führung der Führungskräfte aufzuarbeiten.

Empfehlungen für Konzept und Umsetzung

Aus obigen Überlegungen empfehlen wir ein regelmässig, im Abstand von zwei Jahren durchgeführtes Feedback der Mitarbeitenden an die direkt vorgesetzte Person.

Dabei sehen wir Vorteile in der anonymen Durchführung der Befragung und anschliessend in der Aufarbeitung im persönlichen Gespräch mit den Mitarbeitenden. Erfahrungsgemäss sind nicht alle Vorgesetzten in der Lage, Kritik zu ertragen. Die Anonymität erlaubt den Mitarbeitenden, zuerst Vertrauen zu entwickeln, dass auch allfällig unangenehmes Feedback gefragt ist. Untersuchungen zeigen, dass eine offene und konstruktive Feedbackkultur eine wichtige Voraussetzung für eine hohe Beteiligung an einer Vorgesetztenbefragung ist.

Dabei ist von Anfang an klarzustellen, wie der Prozess abläuft, wer die Ergebnisse wann zu Gesicht bekommt und welcher Stellenwert dem Verfahren zukommt. Führung ist keine Privatsache, sondern eine wichtige Aufgabe in der betrieblichen Leistungserstellung. Dem Feedback der Mitarbeitenden kommt deshalb auch in der Führung der Führungskräfte eine Bedeutung zu und stellt sicher, dass die gewonnenen Erkenntnisse auch umgesetzt werden.

Letztlich können und sollen die Ergebnisse auch lohnrelevant werden, wenn im Rahmen der Zielvereinbarung auch Verbesserungen im Führungsverhalten gefordert sind. Allerdings warnen wir vor einer einfachen Umsetzung in Form: gutes Feedback = mehr Lohn. Führung bedeutet nicht, einfach die Wünsche der Mitarbeitenden umzusetzen, sondern die Kommunikation mit den Mitarbeitenden zu verbessern, das eigene Selbstbild zu entwickeln, auch unangenehme Entscheidungen durchzusetzen, den Mitarbeitenden Wertschätzung entgegenzubringen etc. Vielmehr gehören die gewonnenen Erkenntnisse gefiltert in eine unternehmerisch gerichtete Zielvereinbarung.

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