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Digitale Signatur: Sind digital signierte Verträge rechtsgültig?

Wir alle schliessen regelmässig auf digitalem Weg Verträge ab – doch nicht immer sind wir uns dessen vollkommen bewusst. Zum Beispiel dann, wenn wir die AGB eines Online-Anbieters mit einem Klick akzeptieren oder bei der Post den Empfang eines Pakets auf dem Touch-Display bestätigen. Es gibt aber auch Situationen, in denen wir bewusst unseren Willen bekunden: wir fügen unsere eingescannte Unterschrift in ein Dokument ein oder nutzen den Service eines Anbieters für E-Signaturen. Doch sind solch digital besiegelte Verträge überhaupt rechtsgültig und im Streitfall vor Gericht beweiskräftig?

28.09.2022 Von: WEKA Redaktionsteam
Digitale Signatur

Der digitale Weg ist bei fast allen Vertragsarten möglich

In den meisten Fällen lautet die Antwort «Ja». In der Schweiz gibt es nur zwei Vertragsformen, die man nicht auf dem digitalen Weg abschliessen kann:

  • Verträge, die eine notarielle Beglaubigung voraussetzen wie ein Ehe- oder Erbvertrag
  • Verträge, die nur von Hand geschrieben gültig sind wie das Testament

Bei allen anderen Verträgen ist es in der Schweiz und den meisten Ländern der EU rechtsgültig, digital zu signieren. 

Aber Achtung: Nicht jede Art der digitalen Willensbekundung verfügt über dieselbe Rechtssicherheit und Beweiskraft. Generell gilt, dass eine echte digitale Signatur mit dem Zertifikat einer anerkannten Zertifizierungsstelle wie Swisscom deutlich mehr Sicherheit bietet als ein Scan, Häkchen oder Fingerwisch auf dem Touch-Display.

Die digitale Signatur

Eine echte digitale Signatur hat wenig gemeinsam mit der handschriftlichen Unterschrift mit Kugelschreiber auf Papier. Entscheidend für die Rechtsgültigkeit ist nicht das Schriftbild, sondern das digitale Zertifikat einer unabhängigen und vom Staat geprüften Zertifizierungsstelle, das der Signatur elektronisch hinzugefügt wird. Das fehlende visuelle Erkennungsmerkmal einer E-Signatur ist daher für viele erst einmal gewöhnungsbedürftig.

Die drei E-Signatur-Standards

Das Bundesgesetz über die elektronische Signatur in der Schweiz (ZertES) und die Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste der EU (eIDAS) unterscheiden drei Standards der rechtsgültigen elektronischen Signatur mit steigender Beweiskraft:

Die EES wird vom Gesetzgeber nicht näher definiert und braucht nicht zwingend ein Zertifikat – sie ist daher in vielen Fällen nicht zu den echten digitalen Signaturen zu zählen. Zum Beispiel gilt auch eine eingescannte Unterschrift als eine Form der EES.

Anders ist das bei der FES und auf jeden Fall bei der QES, die immer kryptografisch verschlüsselt und mit einem Zertifikat bestätigt werden. Sie sind daher immer echte digitale Signaturen. Ein wichtiger Hinweis, welcher Standard für einen konkreten Vertrag der passendste ist, gibt uns die gesetzliche Formfreiheit oder -vorschrift.

Formfreie Verträge können auch mündlich abgeschlossen werden

Das Schweizer Vertragsrecht basiert auf dem Prinzip der Formfreiheit: Wird vom Gesetz keine besondere Form verlangt und haben die Vertragsparteien auch keine solche vereinbart, kann ein Vertrag auf jegliche Art abgeschlossen werden – also zum Beispiel mündlich, via E-Mail oder mit einem «Daumen-Hoch» auf Facebook.

In der Schweiz sind die meisten Verträge formfreier Natur. Dazu zählen:

  • Mietvertrag
  • viele Formen von Arbeitsverträgen
  • Kontoeröffnung
  • Patent-, Marken- und Urheberrechtsvertrag
  • Kaufvertrag

Online-Anbieter haben also das Recht, unser Einverständnis für ihre AGB mit einem Klick einzuholen. Die Post darf den Empfang eines Paketes durch einen Fingerwisch auf einem Touch-Display bestätigen lassen.

Und theoretisch könnte man Mietverträge sogar via Skype abschliessen. Will man auf Nummer sicher gehen, signiert man all diese Verträge aber mit der digitalen Signatur eines etablierten E-Signatur-Anbieters.

Rechtsgültig heisst nicht, dass der Vertrag vor Gericht standhält

In der Praxis setzen allerdings viele Unternehmen aus Gründen der Risikominimierung auf Vertragsformen, die ein höheres Mass an Überprüfbarkeit bieten – auch wenn das Gesetz dies nicht explizit verlangt. Das ist zum Beispiel bei den meisten Arbeits- und Mietverträgen der Fall.

Denn selbst wenn ein per Skype-Gespräch abgeschlossener Vertrag theoretisch rechtsgültig ist – im Rechtsfall wird es schwierig, zu beweisen, dass der Vertrag je zustande kam und was die genauen Bedingungen waren.

Deshalb werden in der analogen Welt formfreie Verträge oft auf Papier gedruckt und handschriftlich unterschrieben, obwohl das vom Gesetz nicht gefordert wird.

Die fortgeschrittene elektronische Signatur (FES) ist für die meisten Verträge rechtsgültig und beweiskräftig

Dieselben Abwägungen gilt es in der digitalen Welt vorzunehmen. Wollen die Vertragsparteien sichergehen, dass der Vertrag vor Gericht standhält, ist ein «Daumen-hoch» auf Facebook als Willensbekundung kaum empfehlenswert.

Eine Vertragspartei könnte behaupten, dass jemand unter ihrem Namen ein Profil erstellt hat – Facebook überprüft ja nicht, ob die Profilinhaberin wirklich die ist, die sie vorgibt zu sein.

Deshalb greifen Firmen auch in der digitalen Welt auf Formen zurück, die über das gesetzlich geforderte Level hinausgehen. Eine beliebte Lösung ist dabei die fortgeschrittene elektronische Signatur (FES).

Die FES ist ein gesetzlich geregelter E-Signatur-Standard für Verträge ohne Schriftlichkeitserfordernis, der dank klar geregelter Identifikations- und Authentifikations-Kriterien ein hohes Mass an Beweiskraft bietet.

Alternativ können sich Unternehmen – wie in der analogen Welt üblich – an den Vorgaben für Verträge mit Schriftlichkeitserfordernis orientieren.

Verträgen mit Formvorschrift rechtsgültig elektronisch signieren

Für gewisse Verträge sieht das Schweizer Gesetz (ZertES) die Formvorschrift vor: das heisst, es verlangt explizit die Schriftlichkeit oder handschriftliche Unterschrift in der analogen Welt. Dies ist zum Beispiel bei folgenden Verträgen der Fall:

  • Konsumkreditvertrag
  • Revisionsbericht
  • Kündigung

In der digitalen Welt kann ein solcher Vertrag genauso rechtsgültig signiert werden – allerdings nur mit der qualifizierten elektronischen Signatur (QES). Die QES ist der einzige E-Signatur-Standard, der der handschriftlichen Unterschrift vor dem Gesetz gleichgestellt ist. Sie bietet effektiv höhere Sicherheit und Beweiskraft als eine handschriftliche Unterschrift, da sie aufgrund der vorgängigen Identifizierung mit Ausweis eindeutig einer Person zugeordnet werden kann.

Zusammengefasst: Digital signierten Verträge sind auf jeden Fall rechtsgültig

Digital signierte Verträge sind also auf jeden Fall rechtsgültig und bieten in vielen Fällen mehr Sicherheit und höhere Nachvollziehbarkeit und Beweiskraft als die traditionelle Unterschrift mit Kugelschreiber auf Papier – der Zeitpunkt für die Umstellung auf die kosten- und zeitsparende digitale Signatur ist also definitiv auch für KMU gekommen.

Hinweis: Die Wahl des E-Signatur-Standards ist von geltenden Formvorschriften und internen Richtlinien abhängig und kann von den aufgeführten Beispielen abweichen. Konsultieren Sie eine Rechtsberatung für Ihren konkreten Fall.

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