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Garantie: Die privatrechtliche Vertragssicherheit von A - Z

Mit "Garantie" im Sinne einer Vertragssicherheit wird die Leistung eines Schuldners garantiert, also versprochen und gesichert. Der Garant steht für einen bestimmten bezeichneten Erfolg ein (Art. 111 OR). Es handelt sich dabei um eine selbständige Verpflichtung eines Dritten zu Gunsten eines Schuldners in einem Vertragsverhältnis.

04.03.2022 Von: Matthias Streiff
Garantie

1 Rechtliche Grundlagen

  • Garantievertrag: Art. 111 OR
  • Bürgschaft (garantieähnlich) : Art. 492 ff. OR

2 Terminologie und Begriff

Garantie (OR 111): Bei dieser auf Vertrag beruhender Sicherheit verpflichtet sich ein Dritter für eine Ersatzleistung im Falle einer Nichtleistung des Schuldners.

Die "Eigengarantie", also ein Versprechen, einen bestimmten Erfolg zu bringen, kann nicht als Vertragssicherheit qualifiziert werden, sondern nur, aber immerhin, als Zusicherung einer Eigenschaft und als vertragliches Versprechen. Die Garantie als Vertragssicherheit bedingt ein Garantieversprechen eines "Dritten"(oft Bank oder Versicherung).

Das Wort "Garantie" hat sehr viele verschiedene umgangssprachliche Bedeutungen. So wird ein Zustand garantiert, die Funktionalität oder Haltedauer eines Produktes bezeichnet, die Frist einer allfälligen "Mängelrüge" bezeichnet oder auch nur prahlerisch Werbung gemacht.

Als "Erfüllungsgarantie" bezeichnet man beispielsweise in einem Werkvertrag die Verpflichtung eines Dritten bezüglich der Leistung des Unternehmers. Die Bank des Unternehmers verpflichtete sich für den Fall, dass der Unternehmer nicht leistet, an seiner Stelle den Betrag x an den Besteller zu vergüten. Technisch gesprochen verspricht der Garant die Erfüllung der Leistung des Hauptvertrages.

Von einer "Bankgarantie" spricht man, wenn eine Bank die Zahlung einer bestimmten Geldsumme bei Eintritt eines bestimmten Risikos ("Nichtleistung", "Verzug", ...) verspricht. Bankgarantie deshalb, weil eine Bank als Garantin auftritt.

Die Garantie gehört zu den Personalsicherheiten. Sie bedingt ein Garantieversprechen.

3 Formerfordernisse

Die Garantie untersteht keinen gesetzlich vorgeschriebenen Formerfordernissen. Auch wenn es in der Praxis üblich ist, den Garantievertrag schriftlich festzuhalten, wird Schriftform nicht vorausgesetzt! Die Durchsetzbarkeit einer mündlichen Garantie ist schwierig. Deshalb sind schriftliche und möglichst präzise Garantien abzuschliessen.

    4 Typischer Inhalt einer Garantie

    1. Titel und Präambel
    2. Bezug auf ein konkretes Grundgeschäft (nicht erforderlich aber sinnvoll)
    3. Garantiesumme  
      1. Zahlen- und Währungsangabe
      2. Un-/Möglichkeit von Teilabrufen
    4. Die im Grundverhältnis gesicherte Leistung
    5. Termine zur Leistungspflicht des Garanten, Befristung
    6. Begünstigter
    7. Allfällige Akzessorietät (Verhältnis vom Grundvertrag und der Garantie)
    8. Abrufmodalitäten  
      1. Identifikation des Abrufenden
      2. Zeitraum der Laufdauer der Garantie
      3. Ort der Geltendmachung der Garantie
      4. Form des Abrufes
    9. Anwendbares Recht und Gerichtsstand

    5 Rechte des Garanten bei Inanspruchnahme der Garantie

    Dem Garanten (z.B. Bank) stehen nur diejenigen Rechte gegen eine Inanspruchnahme der Garantie zu, welche aus dem Garantievertrag / Garantieversprechen selber hervorgehen.

    Man spricht von einer "first", wenn die Garantie auf ersten Abruf gefordert werden kann. Der Ansprecher bracht nicht vorher den Schuldner zu mahnen oder zu betreiben. Das "first" bezieht sich folglich auf die Abrufmodalitäten.

    Garantien sollen "unwiderruflich" und "frei von Einwendungen" abgeschlossen werden, damit sie dem Gläubiger effektiv als Sicherheit dienen.

    6 Abgrenzung zur Bürgschaft

    Während der Garantievertrag eine selbständige Verpflichtung begründet, handelt es sich bei der Bürgschaft um eine akzessorische Verpflichtung. Somit ist die Bürgschaftsverpflichtung stets von der Hauptverpflichtung abhängig, während die Garantieverpflichtung unabhängig davon begründet werden kann. Der Sicherungsvertrag ist gemäss Rechtsprechung nach verschiedenen Indizien auszulegen, um festzustellen, ob eine akzessorische Bürgschaft oder eine selbständige Garantie vorliegt: Ist das Sicherungsversprechen identisch mit der Leistungspflicht des Hauptschuldners, indiziert das eine Bürgschaft. Weicht die Summe im Sicherungsvertrag jedoch von derjenigen der Leistungspflicht des Hauptschuldners ab, handelt es sich mutmasslich um einen Garantievertrag. Weist die Garantie wenige Bezüge zum Grundverhältnis auf, so liegt eher Garantie vor. Falls mittels dieser Indizien kein eindeutiges Ergebnis herauskommt, sind nach Lehre und Rechtsprechung folgende Vermutungen heranzuziehen: Zum Schutz von Privatpersonen ist das Sicherungsversprechen einer natürlichen Person im Zweifelsfall als Bürgschaft zu qualifizieren. Dagegen ist ein Sicherungsversprechen einer geschäftsgewandten Bank eher als Garantie einzustufen. Die Geschäftsgewandtheit (kaufmännisches Flair) wird demnach als Entscheidungshilfe herangezogen.

    Bei der Beurteilung, ob eine Bürgschaft oder ein Garantievertrag vorliegt, ist stets eine Auslegung der Willenserklärungen der Parteien vorzunehmen. Alleine aus dem Titel kann kein Recht abgeleitet werden.

    Die praktische Bedeutung der Unterscheidung von Bürgschaft und Garantievertrag ist insbesondere bei der Form ersichtlich, da die Bürgschaft formbedürftig ist, der Garantievertrag jedoch formlos vereinbart werden kann. Wird ein Sicherungsvertrag als Bürgschaft qualifiziert, erfüllt er jedoch die Formerfordernisse nicht, ist der Vertrag nichtig und kann nicht nachträglich als Garantievertrag beurteilt werden.

    Die Unsicherheit durch die Qualifizierung bedingt sorgfältige Redaktion der Garantie.

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