Vorvertrag: Was ist zu beachten?

Über Vorverträge gibt es eine Regelung in Art. 22 OR. Durch Vertrag kann die Verpflichtung zum Abschluss eines künftigen Vertrages begründet werden. Wo das Gesetz zum Schutze der Vertragschliessenden für die Gültigkeit des künftigen Vertrages eine Form vorschreibt, gilt diese auch für den Vorvertrag.

21.12.2021 Von: WEKA Redaktionsteam
Vorvertrag

Kauf von Grundstücken

Vorverträge werden häufig über den Kauf von Grundstücken abgeschlossen. Dann sind sie nur gültig, wenn sie öffentlich beurkundet werden. Schriftliche Reservationsvereinbarungen sind nichtig, also für beide Parteien unverbindlich. Der Kaufinteressent kann trotz Unterschrift die Reservationszahlung verweigern, soweit er diese noch nicht entrichtet hat und bereits entrichtete Zahlungen wieder zurückfordern.

Vorvertrag zugunsten eines Dritten

Ist der Vorvertrag zugunsten eines Dritten geschlossen worden, wird er nach Art. 112 OR beurteilt, ob der Dritte einen selbständigen Anspruch auf den Abschluss des Hauptvertrages hat. Hat sich jemand, der auf eigenen Namen handelt, eine Leistung an einen Dritten zu dessen Gunsten versprechen lassen, kann er fordern dass an den Dritten geleistet wird. Der Dritte oder sein Rechtsnachfolger kann selbständig die Erfüllung verlangen, wenn die anderen Parteien diesen Willen bekundet haben oder wenn es der Übung entspricht. In diesem Falle kann der Gläubiger den Schuldner nicht mehr entbinden, sobald der Dritte dem letzteren erklärt hat, von seinem
Rechte Gebrauch machen zu wollen. Allerdings muss der Dritte dann
auch die Pflichten aus dem Vorvertrag übernehmen.

Achtung: Vorverträge müssen abgegrenzt werden von Absichtserklärungen (letters of intent).

Inhalt und Form des Vorvertrages

Die folgenden Regeln gelten für den Vorvertrag:

  • Beinhalten aller wesentlichen Regelungspunkte des Hauptvertrages Der Vorvertrag muss alle wesentlichen Punkte enthalten, die mit denjenigen im Hauptvertrag identisch sein sollten.
  • Einhalten der Formvorschriften des Hauptvertrages Wenn das Bundesrecht die öffentliche Beurkundung eines Vertrages fordert, sofern der Hauptvertrag beurkundet werden muss, hat das den Zweck, die Vertragsparteien vor unüberlegten Entschlüssen zu bewahren und dafür zu sorgen, dass sie die Tragweite ihrer Verpflichtung erkennen und dass ihr Wille klar und vollständig zum Ausdruck kommt. Die öffentliche Beurkundung bewirkt, dass die Urkunde für die durch sie bezeugten Tatsachen den vollen Beweis erbringt, solange nicht die Unrichtigkeit ihres Inhaltes nachgewiesen ist. Zur öffentlichen Beurkundung eines Vertrages gehört demnach, dass die Urkundsperson in der von ihr errichteten Urkunde die Tatsachen und Willenserklärungen feststellt, die für das in Frage stehende Geschäft wesentlich sind.

Weitere Regeln

In BGE 118 II 32 legt das Bundesgericht folgende Regeln für Vorverträge fest:

  • In der Praxis ist der Vorvertrag oft dem Hauptvertrag gleichzusetzen, jedenfalls wenn die gleichen Parteien den im Vorvertrag vorgesehenen Hauptvertrag zu den gleichen Bedingungen abschliessen sollen. Dann besteht laut Bundesgericht kein vernünftiger Grund, zwischen Vorvertrag und Hauptvertrag einen Unterschied zu machen.                  
  • Enthält der Vorvertrag bereits alle wesentlichen Elemente des Hauptvertrages, kann direkt auf Erfüllung geklagt werden.
  • Wer objektiv unwesentliche Punkte als Bedingung seines Vertragswillens ansieht, muss das deutlich zu erkennen geben.
  • Wenn im Vorvertrag über einen Grundstückskauf ein nicht bestimmtes Grundstück festgelegt wurde, steht das Wahlrecht dem Verkäufer zu. Das Grundstück muss aber für den vorhergesehenen Zweck geeignet sein, das also in einem Vorvertrag schon zu definieren ist.
  • Einzelheiten müssen zum Zeitpunkt des Vorvertrages noch nicht geregelt sein. Beispielsweise muss bei einem Vorvertrag über den Kauf eines Parkplatzes nicht schon eine Benutzungsreglement existieren.

Nach neueren Bundesgerichtsentscheiden gelten folgende Regeln:

BGE 4A_281/2014: Urteil vom 17. Dezember 2014 

Nach Art. 216 Abs. 1 OR bedürfen Kaufverträge, die ein Grundstück zum Gegenstand haben, zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung, sowie Vorverträge und Verträge, die ein Vorkaufs-, Kaufs- oder Rückkaufsrecht an einem Grundstück begründen (Art. 22 Abs. 2 und Art. 216 Abs. 2 OR). Sowohl die objektiv wie die subjektiv wesentlichen Vertragspunkte sind zu beurkunden.

Objektive Nebenabreden fallen jedoch nur dann unter den Formzwang, wenn sie ihrer Natur nach unmittelbar den Kaufrechtsvertrag betreffen, d.h. das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung berühren (BGE 113 II 402 E. 2a und BGE 135 III 295 E. 3.2). Treffen die Parteien Zusatzabreden, die auch losgelöst vom Grundstückkauf als sinnvolles Ganzes denkbar sind, d.h. Abreden über selbstständige Leistungen, sind diese nicht den Formvorschriften unterstellt. Sie können auch bei Ungültigkeit der übrigen Vertragsteile Bestand haben, sofern nach dem hypothetischen Parteiwillen davon ausgegangen werden kann, dass die Parteien sie auch ohne jene geschlossen hätten.

Unter den Formzwang fallen auch mit dem Vorvertrag verbundene Konventionalstrafen, die Leistungspflichten bekräftigen sollen, deren Eingehung die Einhaltung der Formvorschriften erfordern würde. Hingegen sind Vereinbarungen über Konventionalstrafen bzw. Pauschalvergütungen formlos gültig, wenn sie einzig den Zweck haben, das sogenannte negative Interesse abzugelten, wie beispielsweise Planungsaufwand zu ersetzen, die eine Partei im Vertrauen auf den künftigen Vertragsabschluss gemacht hat.

Anzahlungen aufgrund eines Vorvertrags

Insbesondere bei Grundstückgeschäften

Beispielsweise werden bei Grundsstückverkäufen kleinere Anzahlungen häufig bereits vor der Beurkundung geleistet. Dabei wird eine so genannte Reservationsvereinbarung unterzeichnet, die aber nicht als Vorvertrag gelten kann, höchstens als Absichtserklärung.

Praxis-Tipps: Bei solchen Anzahlungen sollte man zurückhaltend sein und diese nicht in bar, sondern durch Überweisung auf ein Konto leisten. Weiter ist abzuklären, ob es sich beim Kontoinhaber tatsächlich um den Grundstückseigentümer handelt.

Schicksal der geleisteten Zahlung bei Nichtzustandekommen des Hauptvertrages

Wenn der Hauptvertrag nicht zustande kommt, stellt sich die Frage, was mit allenfalls geleisteten Zahlungen passiert. Im Prinzip kann eine geleistete Anzahlung wieder zurückverlangt werden. Die andere Partei kann grundsätzlich nur die Kosten für den effektiven, in guten Treuen geleisteten Aufwand zurückbehalten. Dabei sollten für Arbeitsleistungen die branchenüblichen Ansätze verrechnet werden.

Praxis-Tipp: Am besten regelt man im Vorvertrag, was mit Anzahlungen passiert, falls der Hauptvertrag nicht zustande kommt.

Newsletter W+ abonnieren