Werkvertrag Schweiz: Kurzübersicht über Grundlage, Begriff, Arten und Abgrenzung zu anderen Verträgen

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Gesetzliche Grundlagen
Begriff: Werkvertrag Schweiz
Durch den Werkvertrag verpflichtet sich der Unternehmer zur Herstellung eines Werkes und der Besteller zur Leistung einer Vergütung (OR 363).
Geschuldet ist nicht nur blosses Tätigwerden, sondern ein bestimmter Arbeitserfolg, also ein Werk. Das Erreichen des vereinbarten Resultates kann verschiedenartige Tätigkeiten wie Anfertigen, Herstellen, Ändern, Reparieren usw. umfassen.
Gegenstand eines Werkvertrages können körperliche oder unkörperliche Werke sein. In der Regel ist ein Werk körperlicher Natur. z.B. ein Gebäude oder die Anfertigung eines Gegenstandes (Fahrnis). Ein Werk kann aber auch nicht-körperlicher Natur oder digital sein, z.B. Erstellung einer Webseite.
Ein Werkvertrag Schweiz ist zwingend entgeltlich, jedoch muss die Höhe der Vergütung (Werklohn) nicht im Voraus bestimmt sein (Art. 372 OR). Es ist aber zu empfehlen, Richtlinien für das Honorar im Voraus und schriftlich festzulegen, z.B. Stundenlohn, Überschreitung des Kostenvoranschlages usw.
Der Werkvertrag Schweiz ist kein Dauervertrag. Die Dauer der Herstellung eines Werkes ist nicht relevant für die Qualifikation als Werkvertrag. Demnach liegt kein Werkvertrag vor, wenn die Leistungspflicht auf Dauer ausgelegt ist. Wird ein Erfolg auf Dauer versprochen, dann geht man von einen Innominatskontrakt aus. Der Werkvertrag ist hingegen definitiv nicht für Dauerleistungen, sondern ausschliesslich für die Herstellung eines Werkes, vorgesehen.
Schwierig wird die Abgrenzung bei Wartungsverträgen. Der einmalige Wartungsvertrag wird analog einer Reparatur als Werkvertrag zu qualifizieren sein, so zum Beispiel die Wartung eines Feuerlöschers (BGE 130 III 458) oder die qualifizierte Reinigung einer Arztpraxis (BGE 4C.231/2004). Die Wartung als Dauerschuld hingegen ist kein Werkvertrag Schweiz sondern je nach Standpunkt ein "Dauerwerk-Innominatvertrag" oder ein Auftrag mit Garantieabrede.
Bauwerkverträge
Der Bauwerkvertrag ist ein bauspezifischer Werkvertrag. Vertragsgegenstand ist ein Bauwerk. Der Unternehmer verpflichtet sich gegenüber dem Bauherrn (Besteller) zur Herstellung und Übereignung eines Bauwerkes. Als Unternehmer kommen Totalunternehmer, Generalunternehmer oder ein Teilunternehmer in Betracht. Ein Totalunternehmervertrag ist ein Werkvertrag, auch wenn die Leistung des Totalunternehmers aus der Koordination, Planung, Instruktion und Kontrolle etc. der beigezogenen Planer, Unternehmer und Zulieferer besteht (BGE 4A_226/2023, Urteil vom 10. Oktober 2023).
Architektenvertrag
Nach BGE 4A_90/2013 vom 10. Juni 2013 kann die rechtliche Einordnung des Architektenvertrags nicht allgemeingültig vorgenommen werden. Den Architektenvertrag mit stets gleichem Inhalt gibt es nicht. Vielmehr ist darauf abzustellen, welche Leistungen die Parteien im konkreten Vertrag vereinbart haben. Den Gesamtvertrag des Architekten qualifiziert das Bundesgericht als gemischten Vertrag, der erlaubt, je nach den konkreten Umständen eine sachgerechte Lösung nach Auftrags- oder Werkvertragsrechts zu finden.
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Dabei sind Projektierungsarbeiten bzw. das Erstellen von Plänen den Bestimmungen über den Werkvertrag zu unterstellen. Das Bundesgericht hat sodann festgehalten, dass eine Spaltung der Rechtsfolgen denkbar ist, indem sich etwa die Haftung für einen Planungsfehler nach werkvertraglichen Regeln, jene für unsorgfältige Bauleitung nach auftragsrechtlichen Regeln richten kann. Für die Auflösung des Gesamtvertrages des Architekten werden die auftragsrechtlichen Bestimmungen, (Art. 404 OR) angewendet.
Werklieferungsvertrag
Verpflichtet sich der Unternehmer neben der Werkherstellung auch zur Stofflieferung, so liegt ein Werklieferungsvertrag vor. Soweit der Unternehmer die Lieferung des Stoffes übernommen hat, haftet er dem Besteller für die Güte desselben und hat Gewähr zu leisten wie ein Verkäufer (Art. 365 Abs. 1 OR). Das ist der übliche Fall im Baugewerbe. Bei Umbauten und Reparaturen liegt der Stoff bereits vor, er gehört dem Besteller und wird durch den Unternehmer bearbeitet. Den vom Besteller gelieferten Stoff hat der Unternehmer mit aller Sorgfalt zu behandeln, über dessen Verwendung Rechenschaft abzulegen und einen allfälligen Rest dem Besteller zurückzugeben (Art. 365 Abs. 2 OR). Zeigen sich bei der Ausführung des Werkes Mängel an dem vom Besteller gelieferten Stoff oder an dem angewiesenen Baugrund, oder ergeben sich sonst Verhältnisse, die eine gehörige oder rechtzeitige Ausführung des Werkes gefährden, so hat der Unternehmer dem Besteller ohne Verzug davon Anzeige zu machen, widrigenfalls die nachteiligen Folgen ihm selbst zur Last fallen (Art. 365 Abs. 3 OR)
Abgrenzung zu anderen Vertragsarten
Um im Einzelfall den Vertragstypus bestimmen zu können, ist es erforderlich, die Unterschiede zwischen dem Werkvertrag und den artverwandten Verträgen (den möglichen Alternativen) zu kennen. Die Unterschiede zwischen den Verträgen betreffend Vertragsbeendigung, Rügepflichten oder Sorgfalt und Haftung sind erheblich. Die Qualifikation nimmt der Richter im Prozess vor. Auf die Titelbezeichnung des Vertrages kann nicht alleine abgestellt werden. Die Qualifikation erfolgt anhand der Leistungspflichten und damit des Vertragswillens.
Auftrag (OR 394 ff.)
Beim Werkvertrag ist ein bestimmter Erfolg geschuldet. Beim Auftrag schuldet der Beauftragte lediglich sorgfältiges und vertragsgemässes Tätigwerden. Folglich ist für die Abgrenzung zwischen Auftrag und Werkvertrag entscheidend, ob die vereinbarte Leistungspflicht als Erfolg versprochen werden kann bzw. ob objektive Kriterien zur Beurteilung des Ergebnisses vorhanden sind. Bestehen keine objektiven Kriterien zur Beurteilung der Richtigkeit, liegt ein Auftrag vor. Aufträge können Dauerschuldverhältnisse sein, Werkverträge nicht.
Deshalb ist bei auf Dauer angelegten Leistungsversprechen grundsätzlich von Auftragsrecht (als subsidiärer Auffangvertrag, OR 394 Abs. 2) auszugehen. Relevant ist die Unterscheidung zwischen Auftrag und Werkvertrag insbesondere bezüglich der Vertragsauflösung und der unterschiedlichen Rügepflichten.
Der Beauftragte haftet im Allgemeinen für die gleiche Sorgfalt wie der Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis, bzw. für getreue und sorgfältige Ausführung des ihm übertragenen Geschäftes. (Art. 398 OR). So steht z.B. ein Auftrag zur Verkehrswertschätzung einer Liegenschaft grundsätzlich dem Auftragsrecht, aber nicht zwingend (BGE 127 III 328). Die Haftung des Schätzers wird anhand der qualifizierten Ausbildung des Schätzers bemessen.
Arbeitsvertrag (OR 319 ff.)
Der Arbeitnehmer schuldet im Rahmen eines Arbeitsvertrages während der Dauer der Anstellung ein Tätigwerden im Rahmen seines Arbeitsvertrages und der Weisungen des Arbeitgebers. Zudem ist er in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert und steht zu diesem in einem Subordinationsverhältnis. Im Unterschied hierzu schuldet der Unternehmer im Werkvertragsrecht einen Erfolg und bewirkt diesen organisatorisch selbstständig.
Kaufvertrag (OR 184 ff.)
Im Gegensatz zum Werkvertrag, trifft den Verkäufer keine Herstellungspflicht. Der Verkäufer kann Wiederverkäufer (Händler) sein. Kern des Kaufrechts ist die Übereignung des Kaufgegenstandes. Ein Kaufvertrag liegt demnach vor, wenn der Kaufgegenstand bei Vertragsschluss bereits hergestellt ist. Schwierige Abgrenzungsprobleme ergeben sich gegenüber dem "Kauf über eine künftige Sache" und dem "Kauf mit Montagepflicht", insbesondere falls ein Werklieferungsvertrag in Betracht kommt.
Kauf über eine künftige Sache
Beim Kauf über eine künftige Sache verpflichtet sich der Verkäufer, dem Käufer eine Sache zu übereignen, die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (noch) nicht existiert. Im Unterschied zum Werkvertrag ist der Verkäufer nicht zur Herstellung des Vertragsgegenstandes verpflichtet. Es kommt nicht darauf an, ob der Verkäufer die geschuldete Sache selber herstellt oder die Sache von einem Dritten erwirbt. Steht nicht die Herstellung im Vordergrund der vertraglichen Leistungspflicht, sondern die Übereignung, liegt kein Werkvertrag vor. Typisches Beispiel des Kaufes einer zukünftigen Sache ist die Bestellung eines Neuwagens. Der wird im Werk auf präzisen Kundenwunsch hergestellt, importiert und dann verkauft.
Kauf mit Montagepflicht
Der Kauf mit Montagepflicht verbindet einen herkömmlichen Kaufvertrag mit einem werkvertraglichen Element. Der Verkäufer verpflichtet sich, die Kaufsache auch gleich zu montieren. In Abgrenzung zu einem Werklieferungsvertrag ist die zu liefernde Sache beim Kaufvertrag mit Montagepflicht Kaufgegenstand und nicht nur Werkstoff.
Während beim Kauf mit Montagepflicht die Sachleistung derart überwiegt und die Montage lediglich dazu dient, den Kaufgegenstand gebrauchsfertig zu machen, steht bei einem Werklieferungsvertrag die Arbeit im Vordergrund. Der gelieferte Werkstoff dient dem geschuldeten Arbeitserfolg. Unbeachtlich für die Qualifikation ist, dass der auf das Material entfallende Verfügungsanteil möglicherweise überwiegt.
Wichtig: Für den Bauwerkvertrag und den Kaufvertrag gibt es ab Januar 2026 neue Mängelrüge- und Gewährleistungsfristen (Rügefrist 60 Tage und Gewährleistung 5 Jahre). Diese gelten auch für bewegliche Werke, die bestimmungsgemäss in ein unbewegliches Werk integriert werden. Die vertragliche Änderung der neuen Fristen ist ungültig.