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Kapitalband: Neue Möglichkeiten im Schweizer Aktienrecht

Mit dem Kapitalband (Art. 653s ff. OR) erhielten Schweizer Aktiengesellschaften mit dem Inkrafttreten der Aktienrechtsrevision am 1. Januar 2023 ein Instrument, das dem Verwaltungsrat (VR) erlaubt, das Aktienkapital während maximal fünf Jahren innerhalb einer von der Generalversammlung (GV) vordefinierten Bandbreite flexibel zu erhöhen oder herabzusetzen.

12.11.2025 Von: Beat Brändli
Kapitalband

Errichtung, Nutzung, Chancen und Risiken des neuen Kapitalinstrumentes, insbesondere mit Blick auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU)

Aus Unternehmenssicht bedeutet dies vor allem Geschwindigkeit und Planungssicherheit. Der Verwaltungsrat kann bei Investitions- oder Wachstumsprojekten ohne erneuten Generalversammlungsbeschluss sofort neues Kapital schaffen und so Finanzierungsfenster zeitnah nutzen. Bei Unternehmensübernahmen lässt sich dank des Kapitalbands zudem rasch eine Aktienkomponente für Aktientauschangebote bereitstellen. 

Fällt überschüssiges Eigenkapital an, kann es ferner innerhalb derselben Ermächtigung zügig reduziert werden, ohne den langwierigen Weg über die Generalversammlung gehen zu müssen.

Die Generalversammlung behält dabei das Steuerrad: Sie legt obere und untere Grenze, Laufzeit, allfällige Auflagen (z. B. tranchenweise Nutzung) sowie Bezugsrechts-Regelungen fest. Je nach Bedarf kann ein zweiseitiges Band (Erhöhung und Herabsetzung) oder ein einseitiges Band (nur in eine Richtung) statutarisch verankert werden. Damit bestimmen die Aktionäre und damit der Eigentümer, wie viel Handlungsspielraum sie dem Verwaltungsrat einräumen möchten. Gläubigerschutz und Transparenz kommen trotzdem nicht zu kurz: Bei Kapitalreduktionen bestätigt ein Revisor, dass Forderungen weiterhin gedeckt sind, (Soweit aus Gläubigerschutzgründen ein solches Testat erforderlich ist; bei der reinen Unterbilanzbeseitigung reicht die Prüfungsbestätigung, dass die Kapitalherabsetzung den Betrag der Unterbilanz nicht übersteigt (Art. 653p OR). Wird zudem gleichzeitig das herabgesetzte Kapital um mindestens denselben Betrag der Herabsetzung wieder erhöht (sog. Kapitalschnitt), kann auf eine Prüfungsbestätigung gänzlich verzichtet werden (Art. 653q OR). Vgl. dazu nachfolgend Ziff. 6. 

und sämtliche innerhalb des Kapitalbands vorgenommenen Kapitalveränderungen werden im Anhang zur Jahresrechnung offengelegt, ein vertrauensbildender Faktor gegenüber Investoren und Kreditgebern. Im internationalen Vergleich positioniert sich das Kapitalband zwischen dem kontinentaleuropäischen Konzept des festen Grundkapitals und dem US-amerikanischen «authorized capital» und verschafft Schweizer Unternehmen damit einen Wettbewerbsvorteil in puncto Kapitalflexibilität. Wer seine Statuten heute modernisiert, verschafft dem Verwaltungsrat ein agiles Werkzeug zur Eigenkapitalsteuerung, beschleunigt strategische Entscheidungen und bleibt dennoch innerhalb klarer Leitplanken. Ein Plus an Handlungsfähigkeit, das sich gerade in dynamischen Märkten bezahlt macht.

Was ist das Kapitalband?

Das Rechtsinstitut des Kapitalbands ist eine Kombination der genehmigten Kapitalerhöhung mit der genehmigten Kapitalherabsetzung für schweizerische Aktiengesellschaften. Die Bandbreite wird von der GV statutarisch festgelegt, wobei die obere Grenze das im Handelsregister eingetragene Aktienkapital höchstens um die Hälfte übersteigen und die untere Grenze höchstens um die Hälfte unterschreiten darf (Art. 653s Abs. 2 OR.) Das Kapitalband kann sowohl ein- als auch zweiseitig sein. Die GV kann die Ermächtigung des VR somit auf die Erhöhung oder die Herabsetzung beschränken. (Art. 653s Abs. 3 Satz 2 OR) 

Die Bedeutung des Aktienkapitals 

Das gesetzlich vorgeschriebene Aktienkapital beträgt mindestens 100 000 Franken. Es kann aus Gründen des Gläubiger- und Aktionärsschutzes nur in einem formellen Verfahren geändert werden. Ein Unternehmen kann aus verschiedenen Gründen ein Interesse haben, seine Kapitalstruktur zu verändern und seine Eigenkapitalausstattung an die Geschäftstätigkeit anzupassen. Ein Unternehmen kann zum Beispiel aufgrund von Expansion unterkapitalisiert sein. Überkapitalisiert sind Unternehmen häufig, wenn sie kürzlich Teile des Unternehmens veräussert haben. 

Erhöht werden kann das Aktienkapital entweder durch die Ausgabe neuer Aktien oder durch eine Nennwerterhöhung der bisherigen Aktien. Analog kann eine Herabsetzung durch Vernichtung von Aktien oder eine Nennwertreduktion geschehen. Alle vier Varianten können innerhalb des Kapitalbandes erreicht werden. Das gesetzliche Mindestkapital bildet indessen gleichzeitig die absolute Untergrenze für das Kapitalband. Für die Grenzberechnung wird auf das im Handelsregister eingetragene Gesamtkapital, d.h. die Summe aus Aktienkapital und einem allfälligen Partizipationskapital abgestellt (Art. 656b Abs. 3 Ziff. 5 OR).

Wie wird ein Kapitalband errichtet?

Die Errichtung eines Kapitalbands beginnt mit der Vorbereitung durch den Verwaltungsrat. Er prüft, ob die Gesellschaft alle gesetzlichen Eckwerte erfüllt, insbesondere das Mindestaktienkapital von 100 000 CHF (Art. 621 Abs. 1 OR) für die geplante (minimale) untere Bandbreite des einzutragenden Kapitalbandes, und entwirft eine Statutenklausel, die Unter- und Obergrenze, Laufzeit (höchstens fünf Jahre Art. 653Abs. 1 OR), sowie Art, die Anzahl und den Nennwert der erfassten Aktien exakt festhält (Art. 653t Ziff. 1, 2 und 4). Die weiteren im Gesetz vorgesehenen Inhalte der Statutenklausel müssen gemäss der Lehre nur festgehalten werden, wenn von den dispositiven Gesetzesbestimmungen abgewichen werden soll.

Gleichzeitig erstellt der Verwaltungsrat einen Antrag inkl. etwaigen Erläuterungsbericht für die Aktionäre, damit diese den Nutzen und die Funktionsweise des Instruments nachvollziehen können.

Im nächsten Schritt beruft der Verwaltungsrat die Generalversammlung ein. Die Einladung mit Traktandenliste, Anträgen, Statutenentwurf und etwaigem Erläuterungsbericht muss fristgerecht an sämtliche Aktionäre versandt werden (Art. 700 Abs. 1 OR) In der Generalversammlung selbst bedarf es eines qualifizierten Mehrs nach Art. 704 OR; erst wenn mindestens zwei Drittel der vertretenen Stimmen und die absolute Mehrheit des vertretenen Kapitals der Einführung des Kapitalbands zustimmen, gilt die Statutenänderung als angenommen. Der Beschluss sowie die neue Statutenbestimmung sind notariell zu beurkunden. Ein Beschluss ohne die wertmässige Angabe der Ober- und Untergrenze des Kapitalbands oder die Ermächtigungsdauer ist nichtig.

Tipp: Legen Sie schon bei Einführung des Kapitalbands ein laufendes «Steuer-Register» an, das jede Einlage, Rückzahlung und deren Agio gesondert erfasst. So vermeiden Sie Überraschungen bei der Schlussabrechnung, und können rasch simulieren, ob sich eine erneute Band-Ermächtigung oder eine klassische Kapitalmassnahme steuerlich günstiger auswirkt.

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