Vermögensübertragung: Definition und Gesetzesartikel aus dem FusG

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Die Vermögensübertragung
Die Vermögensübertragung ermöglicht im Handelsregister eingetragenen Rechtsträgern somit, ihr ganzes oder Teile ihres Vermögens mittels schriftlichen Vertrages mit Aktiven und Passiven zu übertragen. Zu den im Handelsregister eingetragenen Gesellschaften gehören die Kapitalgesellschaften, Genossenschaften sowie eingetragene Personengesellschaften, Vereine und Einzelunternehmen. Die Vermögensübertragung (Art. 69 – 77 FusG) ist ein Rechtsinstitut, welches vor Erlass des Fusionsgesetzes nicht existierte.
Die Art. 69 ff FusG ersetzten mit Inkrafttreten des Fusionsgesetzes die Bestimmung von Art. 181 OR für im Handelsregister eingetragene Rechtsträger. Letztere Bestimmung ist lediglich noch für die Geschäftsübernahme einfacher Gesellschaften sowie für nicht im Handelsregister eingetragene Einzelunternehmen, kollektive Kommanditgesellschaften, Vereine und Stiftungen anwendbar.
Abgrenzung zur Spaltung nach Art. 29 ff. FusG
Grundsätzlich entspricht die Vermögensübertragung wirtschaftlich der Spaltung. Jedoch gibt es dabei wichtige Unterschiede:
- Eine Aufspaltung oder eine Abspaltung ist nur zulässig, wenn es sich um Kapitalgesellschaften und Genossenschaften handelt (Art. 30 FusG).
- Im Gegensatz zur Aufspaltung bleiben die beteiligten Rechtsträger bestehen.
Im Gegensatz zur Abspaltung ist der übertragende Rechtsträger der Empfänger einer allfälligen Gegenleistung. Vermögensübertragungen sind folglich bei sämtlichen im Handelsregister eingetragenen Rechtsträgern zulässig.
Eine Gegenleistung ist bei der Vermögensübertragung nicht zwingend (Art. 71 Abs. 1 lit. d FusG). Falls eine Gegenleistung vereinbart wird, besteht bezüglich der Art der Gegenleistung keine Einschränkung, soweit diese dem übertragenden Rechtsträger zukommen. Daher ist u.a. auch Geld als Gegenleistung möglich. Falls die Gegenleistung aus Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten besteht, welche den Gesellschaftern der übertragenden Gesellschaft übertragen würden, wäre jedoch eine Spaltung vorzunehmen (Art. 69 Abs. 1 Satz 2 FusG).
Das Verfahren ist insofern vereinfacht, als dass sowohl das Erstellen eines Berichts, die Prüfung durch einen Revisionsexperten sowie grundsätzlich auch die Notwendigkeit der Zustimmung durch die Gesellschafter entfällt. Es bedarf somit einzig eines Übernahmevertrages inkl. Inventar und der Eintragung ins Handelsregister. Erst mit der Eintragung ins Handelsregister wird die Vermögensübertragung wirksam (Art. 73 Abs. 2 FusG).
Formen und Beispiele von Vermögensübertragungen
Die Vermögensübertragung stellt funktional eine Alternative zur Fusion, Spaltung und Umwandlung dar. Sollen keine Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte an die Gesellschafterinnen und Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers übergehen, ist die Vermögensübertragung angezeigt. Formen der Vermögensübertragung können sein:
- Sacheinlagen in neue oder bestehende Tochtergesellschaften nach Art. 634 und Art. 650 OR. Hier muss allerdings ein zugelassener Revisor eine schriftliche Prüfbestätigung darüber abgeben, ob der Gründungs- bzw. Kapitalerhöhungsbericht des Verwaltungsrates vollständig und richtig ist;
- Teilliquidation einer Gesellschaft;
- Vorbereitung der Liquidation einer Gesellschaft durch vorherige Vermögensübertragung an eine andere Gesellschaft;
- Anpassung rechtlicher Strukturen.
Beispiele von Vermögensübertragungen sind:
- Verkauf eines Vermögensgegenstandes;
- Übertragung mit Aktiven und Schulden, z.B. Verkauf einer Liegenschaft inkl. Hypothek;
- Verkauf eines Teilbetriebes;
- Verkauf einer Zweigniederlassung bzw. Filiale im In- und Ausland;
- Verkauf des gesamten Vermögens (Nettoaktiven);
- Abtausch von Geschäftsteilen von zwei Rechtsträgern untereinander.
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Übertragungsvertrag gemäss Art. 70 FusG
Der Übertragungsvertrag muss von den obersten Leitungs- oder Verwaltungsorganen der an der Vermögensübertragung beteiligten Rechtsträger abgeschlossen werden (Art. 70 Abs. 1 FusG). Der Vertrag bedarf der Schriftform. Werden Grundstücke übertragen, so bedürfen die entsprechenden Teile des Vertrags der öffentlichen Beurkundung (Art. 70 Abs. 2 FusG). Gemäss Art. 71 Abs. 1 FusG muss der Übertragungsvertrag Folgendes enthalten:
- Firma oder den Namen, den Sitz und die Rechtsform der beteiligten Rechtsträger (lit. a);
- Inventar mit der eindeutigen Bezeichnung der übertragenen Gegenstände des Aktiv- und des Passivvermögens; wobei Grundstücke, Wertpapiere und immaterielle Werte einzeln aufzuführen sind (lit. b);
- Den gesamten Wert der zu übertragenden Aktiven und Passiven (lit. c) (nicht hingegen die Einzelwerte der Vermögensgegenstände). Gemäss Art. 74 Abs. 3 FusG entfällt die Pflicht zur Information der Gesellschafter, falls der Gesamtwert weniger als 5% der Bilanzsumme beträgt;
- Die allfällige Gegenleistung (lit. d);
- Eine Liste der Arbeitsverhältnisse, die mit der Vermögensübertragung übergehen (lit. e).
Hinweis: Eine Vorlage zur Vermögensübertragung (Asset Deal) finden Sie hier.
Gemäss Art. 71 Abs. 2 FusG ist eine Vermögensübertragung nur zulässig, wenn das Inventar einen Aktivenüberschuss aufweist. Das bedeutet, dass die Aktiven abzüglich der allfällig verbundenen Verbindlichkeiten mindestens CHF 1.– beitragen müssen. Damit ist es zulässig, dass unter Umständen nur Aktiven übertragen werden können, die Übertragung von Passiven dagegen nicht möglich ist.
Bewertungsproblematik
Falls es sich bei der übernehmenden Gesellschaft um eine Drittpartei handelt, wird die Gegenleistung zwischen unabhängigen Parteien ausgehandelt. Es wird daher angenommen, dass die Bewertung der übernommenen Aktiven und Passiven zu Verkehrswert erfolgt. Handelt es sich bei der übernehmenden Gesellschaft hingegen um eine nahestehende Partei, dürften sich die Steuerbehörden für die Bewertung interessieren. Hier besteht das Risiko einer verdeckten Gewinnausschüttung an Aktionäre bei zu tiefen Transferwerten und Einlagerückgewähr nach OR 680 Abs. 2, was Verrechnungssteuerfolgen im Hundert (zu 53,8%) zur Folge haben könnte.
Zudem sind auch die Folgen gemäss Art. 725 OR bzw. der paulianischen Anfechtungsklagen gemäss dem Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (Art. 285 ff. SchKG) zu beachten, falls eine der Parteien Konkurs gehen sollte. Der Gesetzgeber hat daher eine dreijährige Solidarhaftung der übertragenden und übernehmenden Rechtsträger vorgesehen (Art. 75 FusG).
Praxistipp: Bei grösseren Transaktionen, z.B. von Liegenschaften, Beteiligungen oder immateriellen Werten, empfiehlt es sich, unabhängige Bewertungen einzuholen und die Steuerfolgen mit den Steuerbehörden vorgängig zu klären. Insbesondere wenn nahestehende Gesellschaften oder Personen (Related Parties) involviert sind, besteht das Risiko, dass zu nicht marktüblichen Werten, d.h. nicht "at arm's length", übertragen wird.
Wie vorgängig erwähnt, besteht keine Prüfpflicht durch zugelassene Revisionsexperten wie bei der Fusion, Spaltung und Umwandlung.
Hingegen ist der Übertragungsvertrag (inkl. Inventar) im Handelsregister offen zu legen und im Anhang der Jahresrechnung der übertragenden Gesellschaft zu erläutern. Diese Darstellung ist auch in der Konzernrechnung der übertragenden Gesellschaft aufzuführen, falls die Übertragung an einen nichtkonsolidierten Rechtsträger ausserhalb des Konsolidierungskreises der übertragenen Gesellschaft erfolgte.