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Economic Value Added: Der ökonomische Gewinn als Wertmassstab

Die Unternehmensbewertung ist zu einem zentralen Element der Betriebswirtschaftslehre geworden (Spremann, 1996). In diesem Zusammenhang geht es darum, zu erfassen, was durch die unternehmerische Tätigkeit geschaffen worden ist. Durch die Bewertung werden diejenigen Faktoren identifiziert, welche den Wert des Unternehmens begründen. Die Betriebswirtschaftslehre befasst sich mit der Erörterung der eigentlichen Zielsetzung der Unternehmung: Dem Erwirtschaften eines Gewinns. Durch die Anwendung von Unternehmensbewertungsmethoden kann eine Analyse des Abschlusses und somit der vorliegenden Kennzahlen durch eine weitere Kenngrösse, die des Unternehmenswertes, ergänzt werden. Hierzu stellt sich die Frage, welche Grösse als der massgebende Unternehmenswert herangezogen werden soll.

15.05.2023 Von: Prof. Dr. Thomas Rautenstrauch
Economic Value Added

Aufbau

Der vorliegende Beitrag befasst sich mit dem ökonomischen Gewinn, einer mittlerweile etablierten Finanzkennzahl, über welche Unternehmen nicht nur bewertet, sondern auch gesteuert werden können. In einem ersten Teil wird das Konzept vorgestellt, seine Berechnungselemente aufgezeigt und auf die Interdependenzen ebendieser hingewiesen. Weiter wird auf mögliche Einsatzzwecke dieses Finanzinstruments eingegangen, welche über die einfache Wertermittlung hinausgehen: der ökonomische Gewinn stellt eine geeignete Möglichkeit dar, strategische Unternehmensentscheidungen zu beeinflussen und die Mitarbeiter zu motivieren. Zuletzt wird auf allfällige Problemstellungen bei der Anwendung eingegangen, damit sich die unabdingbaren Voraussetzungen für eine erfolgreiche Anwendung schaffen lassen.

Unternehmensbewertungsmethoden

Eine Unternehmensbewertung wird dann z.B. unerlässlich, wenn ein Transfer von Unternehmenskontrolle ansteht, es zu einem Besitzerwechsel kommt oder eine Sanierung durchgeführt werden muss. Die Bewertung kann durch Corporate-Finance-Abteilungen von Beratungsgesellschaften, Steuerberatungsgesellschaften oder Investment-banken durchgeführt werden.

Die folgende Abbildung zeigt einen Überblick über die heute angewandten Methoden und ordnet diese in vier Kategorien ein.

Abbildung 1: Übersicht Bewertungsverfahren (Gantenbein 2007, S. 603)

Die Substanzwertmethoden erfassen die bereinigten Aktivpositionen in der Bilanz und reduzieren diese um das vorhandene Fremdkapital. Es geht hierbei um die Herleitung des Nettosubstanzwerts oder auch des Enterprise Value (EV). Durch die Verminderung des Vermögens und die Schuldpositionen resultiert das Eigenkapital. Dieses kann jedoch nicht als eine dem Unternehmenswert entsprechende Grösse herangezogen werden. Durch verschiedene Bewertungsvorschriften, welche dem Vorsichtsprinzip entsprechend Vermögensgegenstände zu tief und Schulden zu hoch ausweisen, oder immaterielle Werte nicht genügend erfassen, kann die Residualgrösse Eigenkapital vom marktseitig beobachteten Unternehmenswert abweichen. Obwohl die Lücke zwischen bilanziellem Eigenkapital und den Marktwerten durch den Trend zu internationalen Rechnungslegungsnormen (true and fair view) geschlossen wird, dient ein ermittelter Substanzwert i.d.R. nur als eine Richtgrösse im Sinne einer Wertuntergrenze.

Durch Aufkommen ertragsorientierter Verfahren wird eine zukunftsgerichtete Dimension hinzugefügt: Es werden dabei künftige Zahlungen wie Gewinne, Dividenden oder Cashflows diskontiert. Die Anwendung einer solchen Methode setzt zwingend eine detaillierte Planung des operativen Geschäfts voraus, damit Erträge und ihr Verwendungszweck ableitbar werden.

Bei der Verwendung von Marktwertmethoden wird ein Zusammenhang zwischen dem Wert eines Unternehmens und bestimmten Marktvergleichswerten unterstellt. Unter “übrige Methoden” fallen unter anderem die (Real)-Optionsmethode oder die Geschäftswertabschreibungsmethode (Gantenbein, 2007, S. 602 ff.).

Im Folgenden wird auf den Begriff des ökonomischen Gewinns eingegangen, der die Grundlage für eine Unternehmungsbewertung nach der EVA-Methode (Economic Value Added) darstellt. Aus der Summe des betrieblichen Vermögens und dem Barwert aller künftigen EVAs ergibt sich gemäss dieser Methode der Wert der betrieblichen Tätigkeit.

Das ökonomische Modell

Die Bewertungsmethode EVA und seine Komponenten basieren auf einem ökonomischen Modell, welches dem buchhalterischen Accounting-Modell gegenübersteht. Die in der Finanzbuchhaltung erstellten Jahresrechnungen folgen dem Prinzip der Vorsicht. Dadurch werden wichtige Vermögenspositionen wie immaterielle Werte oder kalkulatorische Zinsen nicht berücksichtigt.

Geht man jedoch vom ökonomischen Modell aus, werden zur Gewinnermittlung Kapitalkosten miteinbezogen und eine Darstellung der finanziellen Situation aus einer aktionärsorientierten Sicht angestrebt. Der ökonomische Gewinn ermöglicht dem Adressaten abzulesen, ob er sein Kapital in einem ähnlich aufgestellten Unternehmen besser hätte verzinsen können (Hostettler (2000, S. 40).

Abbildung 2: Unterschiede im Gewinnverständnis (in Anlehnung an Hostettler; 2000, S. 41)

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