Aufbewahrungsfristen – Die wichtigsten Rechtsquellen
Die wichtigsten Rechtsquellen hinsichtlich der Aufbewahrungspflichten sind das Obligationenrecht (OR), die Geschäftsbücherverordnung (GebüV), das Mehrwertsteuergesetz (MWSTG), das Strafgesetzbuch (STGB).
Handelsrechtliche Vorschriften
Für die Aufbewahrung von Daten und Dokumenten aus dem Bereich der Buchführung und des Rechnungswesens gelten die Rechtsvorschriften des Obligationenrechts, 32. Titel (Kaufmännische Buchführung und Rechnungslegung). Diese betreffen sowohl Unternehmen, die gemäss Art. 727 Abs. 1 OR zur Buchführung und Rechnungslegung verpflichtet sind, als auch diejenigen, die lediglich über die Einnahmen und Ausgaben sowie über die Vermögenslage Buch führen müssen. Zu Letzteren gehören neben Einzelunternehmen und Personengesellschaften mit weniger als CHF 500 000.– Umsatzerlös im letzten Geschäftsjahr auch Vereine und Stiftungen ohne Verpflichtung zur HR-Eintragung sowie Stiftungen, die von der Pflicht zur Bezeichnung einer Revisionsstelle befreit sind.
Für die genannten Unternehmen gilt, dass die Art der Aufbewahrung grundsätzlich ordnungsgemäss sein muss (Art. 957 Abs. 3 OR). Mit Bezug zu den Grundsätzen ordnungsmässiger Buchführung hat die Aufbewahrung daher vollständig, wahrheitsgetreu, systematisch, nachweislich mittels Beleg, klar, zweckmässig und nachprüfbar zu sein.
Die im Rechnungslegungsrecht verankerte Aufbewahrungsvorschrift sieht folgendes vor:
Rechtsquelle | Zweck | Aufbewahrungsobjekt | Inhalt der Regelung |
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Art. 958f Abs. 1 OR | Dauer der Aufbewahrung | Geschäftsbücher, Buchungsbelege sowie der Geschäftsbericht und der Revisionsbericht | Mind. 10 Jahre beginnend mit dem Ablauf des Geschäftsjahrs Unterscheidung: Geschäftsbücher und Buchungsbelege: Geschäftsbericht und Revisionsbericht: |
Art. 3 GeBüV | Integrität (Echtheit und Unverfälschbarkeit) | Geschäftsbücher (Hauptbuch und Nebenbücher) | Aufbewahrung so, dass keine Änderung möglich ist, ohne dass sich dies feststellen lässt |
Art. 5 GeBüV | Sorgfaltspflicht | Geschäftsbücher und Buchungsbelege | Aufbewahrung sorgfältig, geordnet und geschützt vor äusseren Einwirkungen |
Art. 6 GeBüV | Verfügbarkeit und Einsichtnahme | Geschäftsbücher und die Buchungsbelege | Aufbewahrung so, dass sie bis zum Ende der Aufbewahrungsfrist von einer berechtigten Person innert angemessener Frist eingesehen und geprüft werden können |
Art. 7 GeBüV | Anforderungen an die Organisation | archivierte Informationen und Daten | Archivierte Informationen sind von aktuellen Verantwortung für die archivierten Informationen Zugriff innert nützlicher Pflicht möglich |
Art. 8 GeBüV | Anforderungen an das Archiv | archivierte Informationen | Die Informationen sind systematisch zu inventarisieren Zutritte sind aufzuzeichnen. Diese Aufzeichnungen |
Art. 9 GeBüV | Regelung der zulässigen Informationsträger | archivierte Unterlagen | Unveränderbare Informationsträger (Papier, Bildträger und unveränderbare Datenträger) sind immer zulässig und veränderbare Informationsträger sind unter bestimmten Bedingungen zulässig. |
Art. 10 GeBüV | Überprüfung und Datenmigration | Informationsträger und Daten | Pflicht zur regelmässigen Prüfung auf Voraussetzungen für die Datenmigration |
Gesetz über die Mehrwertsteuer (MWSTG)
Das Schweizer Mehrwertsteuergesetz verweist hinsichtlich der Führung der Geschäftsbücher und Aufzeichnungen auf die bereits im Handelsrecht existierenden Grundsätze (z.B. Grundsätze ordnungsmässiger Buchführung). Zugleich wird darauf verwiesen, dass darüber hinausgehende Aufzeichnungspflichten im Ausnahmefall durch die Eidgenössische Steuerverwaltung erlassen werden können (Art. 70 Abs. 1).
Rechtsquelle | Zweck | Aufbewahrungsobjekt | Inhalt der Regelung |
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Art. 70 Abs. 2 MWSTG in Verbindung mit Art. 42 Abs. 6 MWSTG | Art und Dauer der Aufbewahrung | Geschäftsbücher, Belege, Geschäftspapiere und sonstige Aufzeichnungen | Ordnungsgemässe Aufbewahrung bis zum Eintritt der absoluten Verjährung der Steuerforderung, welche zehn Jahre nach Ablauf der Steuerperiode, in der die Steuerforderung entstanden ist, in jedem Fall verjährt. |
Art. 70 Abs. 3 MWSTG | Dauer der Aufbewahrung | Geschäftsunterlagen, die im Zusammenhang mit der Berechnung der Einlageentsteuerung (Art. 32 Abs. 1 MWSTG) und des Eigenverbrauchs (Art. 31 MWSTG) von unbeweglichen Gegenständen benötigt werden | Aufbewahrungsdauer von 20 Jahren |
Sonderregelung zur Geschäftskorrespondenz
Mit dem zum 1.1.2013 in Kraft getretenen revidierten Rechnungslegungsrecht gilt neu keine explizite Aufbewahrungspflicht mehr für Geschäftskorrespondenz, soweit diese keinen Erkenntniswert für die Buchführung und Rechnungslegung besitzt.
Sobald dagegen die Geschäftskorrespondenz im Zusammenhang mit einem Geschäftsfall und/oder einer Buchung steht und kein sonstiger Beleg als Buchungsbeleg zur Verfügung steht, wird die Geschäftskorrespondenz somit zugleich zum Buchungsbeleg und ist somit wie diese aufbewahrungspflichtig.
Praxisfälle, in denen diese Situation zumeist eintritt, können im Zusammenhang mit Offerten, Gutachten sowie jeglicher schriftlichen oder elektronischen Korrespondenz (E-Mails) mit Kunden, Lieferanten, Versicherungen, Banken, Rechtsanwälten oder anderen Geschäftspartnern vorkommen. Das bedeutet, dass ein Unternehmen im jeweiligen Einzelfall entscheiden muss, ob schriftliche und/oder elektronische Geschäftskorrespondenz den Charakter eines Buchungsbelegs bekommt. Es ist allerdings zu vermuten, dass die Unternehmen somit die Geschäftskorrespondenz überwiegend über die sonst gültige Zehnjahresfrist archivieren und speichern werden, da die Einzelfallbeurteilung vergleichsweise zeitaufwendig und fehleranfällig ist.
Sonstige Aufbewahrungsfristen
Im Zusammenhang mit der Buchführung und Rechnungslegung ist ausserdem die zehnjährige Aufbewahrungsfrist für Personalakten, Unterlagen der Sozialversicherungen und Lohndeklarationen zu beachten. Auch diese können im Zusammenhang mit einem Geschäftsfall stehen und somit indirekt zum Buchungsbeleg mutieren.