Motivationserfolg: Die Zwei-Faktoren-Theorie der Arbeitszufriedenheit

Die Motivationspsychologie ist ein sehr weites Feld, und tatsächlich gesicherte Erkenntnisse gibt es eher wenige. Frederick Herzberg erforschte in den 60er- und 70er-Jahren die Quellen der Mitarbeitermotivation anhand einer Untersuchung auffälliger Vorkommnisse im Arbeitsleben von Buchhaltern und Technikern. In diesem Artikel geht es um die «Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg».

10.07.2023 Von: Matthias K. Hettl
Motivationserfolg

Dabei wird die Kernthese von Herzberg erläutert, und es wird Ihnen eine klare Vorgehensweise an die Hand gegeben, wie Sie seine Theorie in der Praxis um­setzen können. Also mehr Motivationserfolg durch die Berücksichtigung von Hygienefaktoren und Motivatoren.

Die Kernthese – die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg

Die Kernthese der «Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg» ist schnell zusammen gefasst: «Motivatoren tragen überwiegend zu Arbeitszufriedenheit bei, während nicht berücksichtigte Hy­gienefaktoren eher zu Unzufriedenheit führen.»

Dies sollten wir mit noch etwas mehr Hintergrunddetails unterlegen. Herz­berg weist in seinen Studien nach, dass das «Nicht-vorhanden-Sein» von Unzu­friedenheit noch lange nicht bedeutet, dass Mitarbeiter im Unternehmen zu­frieden, geschweige denn motiviert sind. Er trennt also Zufriedenheit (Motivation) und Unzufriedenheit in zwei Ausprägun­gen. Wer nicht unzufrieden ist, ist noch lange nicht motiviert, sondern hat ledig­lich eine Art neutralen Zustand erreicht.

Beispielhafte Hygienefaktoren und Motivatoren

Herzberg erfasste im Rahmen seiner Untersuchungen über 3500 «Vorfälle» im Rahmen von insgesamt zwölf Be­fragungsrunden und identifizierte dabei folgende extrinsische Faktoren, die zu Arbeitsunzufriedenheit führen:

  • interne Organisation und Unterneh­menspolitik
  • Kontrolle
  • Verhältnis zum direkten Vorgesetzten und dessen Führungsstil
  • Arbeitsumfeld und -bedingungen
  • Entlohnung
  • Verhältnis zu Arbeitskollegen und un­terstellten Mitarbeitern
  • Status und Sicherheit sowie die
  • Auswirkungen der Arbeit auf das Pri­vatleben

Diese Faktoren nennt Herzberg «Hy­gienefaktoren». Oftmals werden diese als selbstverständlich betrachtet oder gar nicht explizit wahrgenommen. Feh­len Hygienefaktoren oder sind diese schlecht ausgeprägt, dann wird Unzu­friedenheit generiert. Dem wiederum liegt eine uns allen innewohnende biolo­gische Disposition zugrunde: der ange­borene Trieb danach, Schmerz zu ver­meiden, und der «erlernte» Antrieb zur Befriedigung unserer Grundbedürfnisse.

Interessant ist dabei, dass sich Hygienefaktoren im Laufe der Zeit ver­ändern, durch Veränderungen in der Erwartungshaltung neuer Mitarbeiten­der (z.B. durch einen Wandel in der Gesellschaft), individuelle Erfahrungen und nicht zuletzt aufgrund des abneh­menden Grenznutzens.

Folgende intrinsische Faktoren dage­gen haben eine starke Auswirkung auf die Zufriedenheit von Mitarbeitenden:

  • persönlicher Erfolg
  • Anerkennung
  • Inhalt der Arbeit
  • Verantwortung
  • Möglichkeit des Vorwärtskommens
  • persönliche Entwicklung

Diese Faktoren für den Motivationserfolg werden «Motivatoren» genannt. Sie beziehen sich auf die ganz individuelle Ausrichtung darauf, etwas zu leisten, Anerkennung dafür zu er­halten und letztlich – mit dem Ziel der Selbstverwirklichung – zu lernen und zu wachsen. Sie erfüllen damit tiefer­liegende Bedürfnisse in uns. Fehlen diese, führt das nicht zwangsläufig zu Unzufriedenheit – aber eben auch nicht zu erhöhter Motivation.

Und so können Sie die Theorie für einen erhöhten Motivationserfolg ausprobieren

Wenn wir die oben genannten Punkte in einem Schaubild zusammenfassen wol­len, dann ergibt sich daraus eine Matrix mit vier Quadranten:

Im Quadranten 1

Alles ist perfekt: Sie haben motivierte und engagierte Mitar­beitende, die sich nicht beklagen.

Im Quadranten 2

Die Mitarbeiter beschweren sich zwar nicht, sie sind jedoch auch nicht motiviert.

Im Quadranten 3

Empfinden Ihre Mitar­beiter die Arbeit als spannend, und sie sind auch meist engagiert; allerdings «hapert» es an den Rahmenbedingun­gen.

Und im Quadranten 4

Sie haben ein ernsthaftes Problem mit Arbeitsunzu­friedenheit und fehlender Motivation.

Sicherlich haben Sie mittlerweile eine Idee bekommen, in welchem Quadran­ten sich Ihre Mitarbeitenden befinden. Herzberg plädiert vor allem für ein «Job Enrichment», also die Anreicherung der zu erledigenden Aufgaben mit mehr «Sinn» und Verantwortung. Entschei­dend ist dabei, dass es um ein «tiefer» statt um ein «mehr» geht.

Und das könnten Sie konkret tun, um die Ideen von Herzberg in die Tat um­zusetzen und den Motivationserfolg zu erhöhen:

  1. Schaffen Sie so viele Kontrollen wie möglich ab, aber behalten Sie die Verantwortung bei.
  2. Dehnen Sie den Verantwortungsbe­reich für den Einzelnen aus.
  3. Übertragen Sie komplette Arbeits­pakete, Aufgabenbereiche oder Geschäftsverantwortung.
  4. Erteilen Sie mehr Befugnisse und geben Sie mehr Unabhängigkeit.
  5. Leiten Sie – soweit dies möglich ist – «Insider»-Informationen weiter (anstatt Informationen als Herr­schaftswissen zu horten).
  6. Geben Sie Ihren Mitarbeitenden schwierigere Aufgaben oder führen Sie neue (erweiterte) Aufgaben ein, die bisher nicht in deren Verantwor­tung lagen.
  7. Geben Sie Einzelnen («Gammas») spezialisiertere Aufgaben, damit sich diese zu Experten entwickeln oder ihren Expertenstatus festigen kön­nen.
  8. Führen Sie eine Art «Buddy»- bzw. Mentorensystem ein: Benennen Sie ein Teammitglied, das bei Pro­blemen zuerst als Spezialist oder Champion angesprochen werden soll, bevor man zu Ihnen kommt.
  9. Lassen Sie künftig Mails und Briefe selbstständig durch Ihre Mitarbei­tenden beantworten (Sie können ja bei Bedarf Eckpunkte für Ihren Kommunikationsstil vorgeben).
  10. Kommunizieren Sie vermehrt die zu erreichenden Ziele (anstatt die Menge der zu erledigenden Aufga­ben).

Natürlich lassen sich nicht alle Aufga­ben und Tätigkeiten anreichern; das ist aber auch gar nicht nötig. Dennoch soll­te es Ihnen ein Hauptanliegen sein, Ihre Mitarbeiter bestmöglich einzusetzen und deren Stärken zu nutzen. Und da­bei bieten Ihnen die Erkenntnisse von Herzberg eine gute Unterstützung.

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