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Ferienkürzung: Diese Bestimmungen sind wichtig

Ist der Arbeitnehmer durch sein Verschulden während eines Dienstjahres insgesamt um mehr als einen Monat an der Arbeitsleistung verhindert, so kann der Arbeitgeber die Ferien für jeden vollen Monat der Verhinderung um einen Zwölftel kürzen. Erfahren Sie in diesem Beitrag, welche Grundsätze zur Ferienkürzung in der Schweizer Rechtspraxis gelten.

02.05.2023 Von: David Schneeberger
Ferienkürzung

Ferienkürzung

Beträgt die Verhinderung insgesamt nicht mehr als einen Monat im Dienstjahr und ist sie durch Gründe, die in der Person des Arbeitnehmers liegen, wie Krankheit, Unfall, Erfüllung gesetzlicher Pflichten, Ausübung eines öffentlichen Amtes oder Jugendurlaub, ohne Verschulden des Arbeitnehmers verursacht, so dürfen die Ferien vom Arbeitgeber nicht gekürzt werden.

Die Ferien dürfen vom Arbeitgeber auch nicht gekürzt werden, wenn eine Arbeitnehmerin wegen Schwangerschaft bis zu zwei Monate an der Arbeitsleistung verhindert ist (Art. 329b Abs. 1–3 OR). Die Kürzung erfolgt dann jeweils für einen vollen Monat der Absenz.

Sinn der Ferienkürzung

Die Kürzungsvorschrift – es handelt sich um eine blosse «Kann-Vorschrift», d.h. der Arbeitgeber kann kürzen, muss aber nicht – hat den Sinn, dass dem Arbeitnehmer vom Gesetz her nur dann der volle Ferienanspruch zusteht, wenn er auch während eines vollen Dienstjahres (mit Ausnahme der Ferienzeit) seine Arbeitsleistung erbringt. Arbeitet er weniger, kann der Ferienanspruch unter den nachfolgenden Voraussetzungen entsprechend gekürzt werden.

Keine Kürzungsgründe

Gerät der Arbeitgeber in den sog. Annahmeverzug, weil er die notwendigen Rohstoffe noch nicht erhalten hat, eine Maschine defekt ist usw., so ist dies sein Betriebsrisiko, welches nicht auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden darf. Es liegt seitens des Arbeitnehmers auch dann keine Arbeitsverhinderung, welche zu einer Kürzung führen könnte, vor, wenn er aufgrund gesetzlicher Vorschriften wegen Ferien, Feiertagen sowie den üblichen Freitagen (z.B. für Stellensuche, Hochzeit, Beerdigung etc.) keine Leistung erbringt.

Selbstverschuldete Arbeitsverhinderung von mindestens 1 Monat

Unter selbstverschuldeter Arbeitsverhinderung sind unentschuldigte Absenzen, Blaumachen, unbezahlter Urlaub zu verstehen. Damit eine Kürzung erfolgen kann, müssen diese – pro Dienstjahr – zusammengerechnet, einen Monat übersteigen. Ist das der Fall, kann bereits für den ersten vollen Monat 1/12 des Jahresferienanspruchs gekürzt werden. ebenso kann für jeden weiteren vollen Monat eine Kürzung vorgenommen werden. Die Kürzung des Ferienanspruchs ist jeweils auf einen halben Tag genau auf- oder abzurunden.

Im Gegensatz zu den Vorschriften der Kürzung bei Krankheit, Unfall, Schwangerschaft etc., welche zwingend geregelt worden sind (Art. 329b Abs. 2 & 3 i.V.m. 362 OR), können die Parteien bezüglich der selbstverschuldeten Arbeitsverhinderung eine andere Kürzungsmodalität einführen. So kann z.B. eine Kürzung von 1/24 pro halben Monat vereinbart werden.

Unverschuldete Verhinderungsgründe in der Person des Arbeitnehmers (Art. 329b Abs. 2 OR)

Bei den unverschuldeten Verhinderungsgründen in der Person des Arbeitnehmers kann eine Kürzung erst erfolgen, wenn die Verhinderungen zusammengerechnet mindestens zwei Monate betragen. Der erste Monat fällt dann im Sinne einer Karenzfrist ausser Betracht. Die Kürzung darf jeweils nur für einen ganzen Monat erfolgen.

Ferienkürzung bei Schwangerschaft (Art. 329 Abs. 3 lit. a OR)

Bei schwangerschaftsbedingter Arbeitsverhinderung darf die Ferienkürzung sogar erst ab dem 2. vollen Monat für jeden weiteren vollen Monat erfolgen, d.h., wenn die Verhinderung drei volle Monate beträgt. Auch hier dürfen nur volle Monate gerechnet werden.

Ferienkürzung bei Mutterschaftsurlaub (Art. 329 Abs. 3 lit. b OR)

Nach der Niederkunft hat die Arbeitnehmerin nach Art. 329f OR einen Anspruch auf einen Mutterschaftsurlaub von mindestens 14 Wochen. Beim Bezug dieses Mutterschaftsurlaubs darf keine Kürzung erfolgen.

Ferienkürzung bei Vaterschaftsurlaub (Art. 329 Abs. 3 lit. c OR)

Der Arbeitnehmer, der im Zeitpunkt der Geburt eines Kindes dessen rechtlicher Vater ist oder dies innerhalb der folgenden sechs Monate wird, hat nach Art. 329g OR Anspruch auf einen Vaterschaftsurlaub von zwei Wochen. Der Vaterschaftsurlaub muss innert sechs Monaten nach der Geburt des Kindes bezogen werden. Er kann wochen- oder tageweise bezogen werden.

Die Ferien dürfen vom Arbeitgeber nicht gekürzt werden, wenn ein Arbeitnehmer einen Vaterschaftsurlaub nach Artikel 329g OR bezogen hat.

Ferienkürzung bei Betreuungsurlaub (Art. 329 Abs. 3 lit. d OR)

Hat die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Betreuungsentschädigung nach den Artikeln 16n–16s EOG, weil ihr oder sein Kind wegen Krankheit oder Unfall gesundheitlich schwer beeinträchtigt ist, so hat sie oder er gemäss Art. 329i OR einen Anspruch auf einen Betreuungsurlaub von höchstens 14 Wochen. Der Betreuungsurlaub ist innerhalb einer Rahmenfrist von 18 Monaten zu beziehen. Die Rahmenfrist beginnt mit dem Tag, für den das erste Taggeld bezogen wird. Sind beide Eltern Arbeitnehmende, so hat jeder Elternteil Anspruch auf einen Betreuungsurlaub von höchstens sieben Wochen. Sie können eine abweichende Aufteilung des Urlaubs wählen. Der Urlaub kann am Stück oder tageweise bezogen werden. Der Arbeitgeber ist über die Modalitäten des Urlaubsbezugs sowie über Änderungen unverzüglich zu informieren.

Die Ferien dürfen vom Arbeitgeber nicht gekürzt werden, wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer einen Betreuungsurlaub nach Artikel 329i OR bezogen hat.

Ferienkürzung bei Adoptionsurlaub (Art. 329 Abs. 3 lit. e OR)

Nimmt die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer ein Kind zur Adoption auf, so hat sie oder er bei Erfüllen der Voraussetzungen gemäss Artikel 16t EOG gemäss Art. 329j OR einen Anspruch auf einen Adoptionsurlaub von zwei Wochen. Der Adoptionsurlaub muss innerhalb des ersten Jahres nach Aufnahme des Kindes bezogen werden. Er kann von einem Elternteil bezogen oder unter den Eltern aufgeteilt werden. Ein gleichzeitiger Bezug ist ausgeschlossen. Er kann wochen- oder tageweise bezogen werden.

Die Ferien dürfen vom Arbeitgeber nicht gekürzt werden, wenn eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer einen Adoptionsurlaub nach Artikel 329j OR bezogen hat.

Ferienkürzung nur pro rata temporis

Durch die Kürzungen darf der Arbeitnehmer nicht schlechter gestellt werden, als wenn er für diese Zeit überhaupt angestellt gewesen oder während des Jahres ausgetreten wäre. Die gesamte Ferienkürzung darf daher nicht weitergehen als der gesamte Pro-rata-Anteil aller Arbeitsverhinderungen. Bei teilweiser Arbeitsverhinderung dauert die Schonfrist entsprechend länger. Die Schonfristen bestehen alternativ, nicht kumulativ. Wer wegen Schwangerschaft während zweier Monate an der Arbeitsleistung verhindert war, kann daher nicht noch einen weiteren kürzungsfreien Monat wegen Krankheit beanspruchen.

Abweichende Regelungen durch NAV oder GAV möglich (Art. 329b Abs. 4 OR)

Ähnlich der Regelung bei unverschuldeter Arbeitsverhinderung erlaubt es das Gesetz auch hier, durch NAV oder GAV abweichende Regelungen vorzusehen, sofern sie für den Arbeitnehmer gesamthaft gesehen mindestens gleichwertig sind, nicht aber in einem Einzelarbeitsvertrag.

Summe der Absenzen

Ob eine Ferienkürzung in Frage kommt, hängt von der Anzahl der Absenzen ab. Die Kürzung richtet sich nach dem einzelnen Dienstjahr, nicht nach dem Kalenderjahr. Die einzelnen Fehltage, die im Laufe des Jahres entstanden sind, sind zusammenzuzählen. Dabei ist die Rechnung gesondert vorzunehmen, d.h. separat für die verschiedenen Absenzen. Verschiedene Absenzen können daher nicht zusammengerechnet werden, um das Minimum für die Kürzung zu erreichen.

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