Faire Löhne: Transparenz als Kern der Vergütung

Verdiene ich genug? Ist mein Lohn fair? Und warum bekommt mein Arbeitskollege mehr als ich? Lohngerechtigkeit und faire Löhne im Unternehmen hängen von vielen Faktoren ab. Warum ein faires und nachvollziehbares Vergütungssystem nur durch Marktgerechtigkeit, Leistungsgerechtigkeit und Verteilungsgerechtigkeit möglich ist, erfahren Sie in diesem Beitrag.

15.05.2025 Von: Thomas Koller
Faire Löhne

Die Frage nach gerechter Vergütung beschäftigt sowohl Arbeitnehmende als auch Arbeitgeber. Dabei geht es nicht allein um objektive Zahlen und Marktstatistiken, sondern auch um das subjektive Empfinden der Mitarbeitenden. Insbesondere in der Schweiz, wo kontroverse Diskussionen um die Lohngleichheit zwischen Frauen und Männern sowie um die Transparenz von Bonuszahlungen geführt werden, ist es unerlässlich, beide Dimensionen zu berücksichtigen. Internationale Vergleiche, wie jene mit der EU, die in Sachen Lohntransparenz bereits neue Standards setzt, unterstreichen, wie wichtig faire und nachvollziehbare Vergütungsmodelle in der heutigen Arbeitswelt sind.

Objektive Parameter vs. subjektives Empfinden 

Ein gerechter Lohn basiert stets auf einer fundierten Analyse objektiver Parameter. Unternehmen sollten regelmässig Marktvergleiche durchführen, um den aktuellen Stand der Vergütung in der Branche zu ermitteln. Neben dem individuellen Qualifikationsprofil spielen auch Erfahrungen, Weiterbildungen und spezielle Kompetenzen eine zentrale Rolle. Gleichzeitig muss die erbrachte Leistung im direkten Vergleich mit den entsprechenden Positionen bewertet werden. Zahlen allein genügen jedoch nicht, um Gerechtigkeit zu definieren, da das subjektive Empfinden der Mitarbeitenden eine ebenso wichtige Rolle spielt. 

Viele Mitarbeitenden beurteilen ihr Gehalt im Vergleich zu den Löhnen ihrer Kolleginnen und Kollegen. Wird das Gehalt als unterdurchschnittlich wahrgenommen, leidet das Vertrauen in das Vergütungssystem erheblich. Wird hingegen transparent kommuniziert, wie sich das Gehalt zusammensetzt, entsteht ein Klima des Vertrauens, das die Zufriedenheit nachhaltig beeinflusst. Neben dem Grundgehalt spielen auch die variable Vergütung oder Lohnnebenleistungen wie die Sozialleistungen oder beispielsweise Weiterbildungsmöglichkeiten eine entscheidende Rolle im Gesamteindruck einer fairen Vergütung. Unternehmen, die in die berufliche und persönliche Entwicklung ihrer Mitarbeitenden investieren, werden vielfach als fair und attraktiv wahrgenommen.

Wenn variabel vergütet wird, muss insbesondere der Gerechtigkeitsaspekt beachtet werden. Variable Vergütungsbestandteile wie Boni können als Anreiz dienen, bergen jedoch gleichzeitig das Risiko von Intransparenz. Wird der Zusammenhang zwischen Zielerreichung und Bonuszahlung nicht klar kommuniziert, entsteht schnell der Eindruck, dass Leistungen nicht angemessen honoriert werden. Eine offene und nachvollziehbare Bonusregelung, die an konkrete, messbare Ziele geknüpft ist, trägt dazu bei, dass auch diese Vergütungsbestandteile als gerecht empfunden werden.

Ein faires und nachvollziehbares Vergütungssystem

Faire Löhne zeichnen sich durch folgende drei zentrale Aspekte aus, die zusammen ein faires und nachvollziehbares Vergütungssystem bilden:

  • Marktgerechtigkeit: Die Vergütung orientiert sich an branchen- und funktionsspezifischen Benchmarks. Es wird berücksichtigt, welche Löhne in vergleichbaren Unternehmen und Positionen üblich sind.
  • Leistungsgerechtigkeit: Mitarbeitende werden entsprechend ihrer Qualifikationen, Erfahrung und erbrachten Leistungen entlohnt – individuelle Entwicklungen fliessen hierbei mit ein.
  • Verteilungsgerechtigkeit: Innerhalb eines Unternehmens sollten vergleichbare Tätigkeiten auch vergleichbar entlohnt werden, unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder persönlichen Hintergründen.

Trotz gesetzlicher Regelungen und interner Richtlinien kommt es in der Praxis immer wieder zu Ungleichbehandlungen. Unterschiedliche Faktoren tragen dazu bei, dass Löhne als ungerecht empfunden werden. Unbewusste Vorurteile und geschlechtsspezifische Stereotype führen dazu, dass Männern häufiger verantwortungsvollere Positionen und damit höhere Löhne zugewiesen werden. Studien zeigen zudem, dass Frauen oft zögerlicher verhandeln und seltener Gehaltserhöhungen einfordern, was langfristig zu einem kumulativen Effekt von niedrigeren Einkommen führt. Familienbedingte Auszeiten und flexible Arbeitsmodelle werden in traditionellen Vergütungssystemen häufig weniger stark gewichtet, was sich negativ auf die Gehaltsentwicklung auswirkt. Darüber hinaus überprüfen viele Unternehmen ihre Lohnstrukturen nicht regelmässig, sodass strukturelle Ungerechtigkeiten unentdeckt bleiben oder nicht konsequent angegangen werden.

Regelmässige Lohnanalysen

Arbeitgeber in der Schweiz haben die Möglichkeit, solche Missstände durch systematische Analysen zu erkennen. Regelmässige Lohnanalysen und der Vergleich interner Daten mit externen Benchmarks ermöglichen es, Diskrepanzen aufzudecken. Instrumente wie das staatlich unterstützte Logib-System bieten hierbei wertvolle Hilfestellung, um geschlechtsspezifische Lohnunterschiede systematisch zu erfassen und zu bewerten. Nur so kann gewährleistet werden, dass Frauen und Männer für gleichartige Arbeit gleichmässig vergütet werden.

Die kontinuierliche Überprüfung und Anpassung von Vergütungsmodellen sind heute mehr denn je unerlässlich. Unternehmen, die ihre Lohnstrukturen transparent gestalten und regelmässig überprüfen, gewinnen das Vertrauen ihrer Mitarbeitenden und positionieren sich als moderne, faire Arbeitgeber. Der gezielte Einsatz digitaler Tools und datenbasierter Analysen ermöglicht es, Lohnstrukturen in Echtzeit zu überwachen und flexibel auf Veränderungen im Arbeitsmarkt zu reagieren. Darüber hinaus spielt ein empathischer Führungsstil eine wesentliche Rolle. Führungskräfte, die offen und fair kommunizieren, tragen massgeblich dazu bei, dass sich Mitarbeitende wertgeschätzt fühlen. Ein solches Arbeitsumfeld fördert nicht nur die Zufriedenheit, sondern steigert auch die Produktivität und Bindung an das Unternehmen. Letztlich ist ein gerechter Lohn kein statisches Konstrukt, sondern das Ergebnis eines fortlaufenden Prozesses, in dem sowohl objektive als auch subjektive Faktoren berücksichtigt werden.

Massnahmen für mehr Lohngerechtigkeit in der Praxis 

Arbeitgeber in der Schweiz können gezielt folgende Massnahmen ergreifen, um gerechte und faire Löhne sicherzustellen:

  • Schaffung von Funktionsklarheit: Eine systematisch erarbeitete Funktionslandschaft, basierend auf einer einheitlichen Bewertung aller Funktionen, legt die Basis für faire Löhne und nachhaltige Personalarbeit.
  • Einführung funktionsspezifischer Lohnbänder: Klar definierte Lohnbänder reduzieren Verhandlungsspielräume und verhindern subjektive Entscheidungen.
  • Regelmässige Gehaltsüberprüfungen: Periodische Marktvergleiche helfen, sicherzustellen, dass sich die Vergütung im Einklang mit der Marktentwicklung und den internen Leistungen weiterentwickelt.

Mit einem proaktiven Ansatz in Sachen Lohngerechtigkeit können Unternehmen nicht nur strukturelle Diskriminierung abbauen, sondern auch einen wesentlichen Beitrag zu einem faireren und zukunftsfähigen Arbeitsmarkt leisten. Die Kombination aus transparenten, datenbasierten Vergütungsstrukturen und einem empathischen, fairen Führungsstil bildet den Schlüssel zum langfristigen Erfolg und zur nachhaltigen Zufriedenheit aller Mitarbeitenden.

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