Storytelling: Mit Geschichten Bewerbende überzeugen

Wer Talente überzeugen will, muss mehr zeigen als Aufgaben und Benefits. Storytelling schafft Nähe, stiftet Sinn – und macht HR-Kommunikation glaubwürdig. Wie gelingt der Einstieg in narratives Recruiting? Hier kommen Strategie, Beispiele und Tipps.

04.12.2025 Von: Willi Bollhalder
Storytelling

Warum Storytelling heute zählt 

Arbeit ist mehr als ein Job – und Recruiting mehr als ein Inserat. Wer Menschen gewinnen will, muss ihre Aufmerksamkeit, ihre Emotionen und ihr Vertrauen erreichen. Genau hier entfaltet Storytelling seine Wirkung. 

Geschichten sind kein Trend. Sie sind die älteste Form, um Wissen, Werte und Haltung weiterzugeben. Neurowissenschaftlich erwiesen: Geschichten aktivieren mehr Hirnareale als reine Information. Sie prägen sich besser ein – und wirken nachhaltiger. 

Im Employer Branding bedeutet das: Wer Geschichten erzählt, zeigt nicht nur, was ein Unternehmen tut – sondern, wofür es steht. Und das ist entscheidend für Kandidat*innen, die nach Sinn, Passung und Perspektive suchen. 

Besonders jüngere Generationen achten auf Haltung, nicht nur auf Inhalte. Sie wollen wissen: Wofür steht ein Unternehmen? Was ist sein «Warum»? Storytelling ermöglicht es, diese Fragen nicht theoretisch, sondern erlebbar zu beantworten – in einer Sprache, die nicht nur informiert, sondern berührt.

Nähe statt nur Sichtbarkeit 

In einem umkämpften Arbeitsmarkt reicht es nicht, sichtbar zu sein – man muss spürbar werden. Klassische Benefits verlieren an Überzeugungskraft, wenn Bewerbende den Menschen dahinter nicht erkennen. Gerade im Fachkräftemangel gilt: Wer mit authentischen Geschichten Nähe aufbaut, baut Vertrauen auf – und damit Bindung, noch bevor ein Vertrag unterschrieben ist. 

Storytelling im Recruiting: Was heisst das konkret? 

Glaubwürdiges Employer Branding lebt von echten Einblicken – und die entstehen nicht durch Hochglanzbotschaften, sondern durch authentische Erzählungen aus dem Arbeitsalltag.

Was gute HR-Storys zeigen:

  • eine konkrete Person (nicht: die Abteilung)
  • ein echtes Erlebnis (nicht: allgemeine Vorteile)
  • ein Kontext mit Gefühl (nicht: nur Funktion)
  • eine Entwicklung oder Wendung (nicht: nur Status quo)
    Storytelling heisst also: erlebbar machen, was sonst Behauptung bleibt.

CHECKLISTE
So erkennen Sie eine starke HR-Story
– Erzählt von Menschen, nicht Rollen
– Vermittelt ein Gefühl, nicht nur Fakten
– Vermeidet PR-Sprache – spricht natürlich
– Zeigt Kultur, statt sie zu definieren
– Hat eine Spannung, eine Wendung oder ein Aha-Erlebnis

Wo entstehen glaubwürdige HR-Geschichten?

Diese fünf Orte sind wahre Goldgruben:

BereichBeispielhafte Story
Onboarding«Wie ich schon am ersten Tag ernst genommen wurde»
Karrierepfade«Vom Quereinstieg zum Projektlead in zwei Jahren»
Teamarbeit«Wie wir unter Zeitdruck kreativ wurden»
Sinn/Purpose«Was mir mein Job nach der Flutkatastrophe bedeutete»
Führung«Warum mein Chef mir Fehler zugesteht»

Die besten Geschichten entstehen oft nebenbei – beim Kaffee, im Projekt-Recap oder bei der Onboarding-Runde. HR kann sie einsammeln, kuratieren und zugänglich machen.

Story-Trigger: Der Zwei-Minuten-Moment 

Fragen Sie Ihre Mitarbeitenden: 

  • «Was würdest du jemandem in zwei Minuten erzählen, um sie oder ihn für unser Unternehmen zu begeistern?» 

Diese spontanen Antworten sind oft der Rohstoff für starke Mikro-Storys – ehrlich, ungefiltert, nah.

Weitere Fragen, die gute Erzählungen auslösen können: 

  • «Was war dein prägendster Moment im ersten Monat?»
  • «Gab es eine Situation, die du nie vergessen wirst – im Guten wie im Schwierigen?»
  • «Was würdest du jemandem erzählen, um ihn für unser Team zu begeistern?»

Die richtigen Bühnen für Ihre Geschichten

Gute Geschichten leben nicht nur vom Inhalt – sondern auch vom passenden Format.

FormatGeeignete StoryquelleInhaltlicher FokusIdeale Plattform
VideoOnboarding, Teamprojekte, Führung Emotionale Nähe, persönliche Begegnung, AtmosphäreKarriereseite, LinkedIn, Instagram
Text (Blog)Karrierepfade, FührungserlebnisseTiefgang, Werte & Haltung, reflektierte EntwicklungKarriereblog, LinkedIn
PodcastFührung, Purpose/Social ImpactStimme, Haltung, Kultur – mehrdimensional & persönlichUnternehmens-Podcast, Employer Branding
Reels/StoriesOnboarding, TeammomenteSchnelle, visuelle Eindrücke, Teamspirit, EinblickeInstagram, TikTok, YouTube Shorts
Infografik/TextbildSocial Impact, KarrierepfadeVerdichtete Botschaft, Zahlen mit Story-CharakterLinkedIn, Karriereseite, SlideShare

Vom Inserat zum Erlebnis

Vorher: klassische Jobausschreibung mit Anforderungen

Gesucht: Fachperson Betreuung (FaBe) 80–100%
Wir suchen per sofort oder nach Vereinbarung eine engagierte Fachperson Betreuung für den Bereich Kinder im Alter von 1 bis 4 Jahren.

Ihr Profil:
– Abgeschlossene Berufsausbildung als Fachperson Betreuung (FaBe)
– Mind. 2 Jahre Berufserfahrung in der Kinderbetreuung
– Belastbarkeit, Teamfähigkeit, Flexibilität
– Bereitschaft zu Früh- und Spätdiensten
– Kenntnisse in der Umsetzung von Betreuungskonzepten
– Selbständige Arbeitsweise und Verantwortungsbewusstsein

Wir bieten:
– Modern ausgestattete Kita-Räume
– Interdisziplinäres Team
– Zentraler Arbeitsort

Nachher: Einstieg mit Szene, Zitat, Sinnmoment «So wird aus einer Ausschreibung eine Einladung»

Fachperson Betreuung (FaBe) gesucht – weil Beziehungen zählen 
«Wenn Emma nach dem Mittagsschlaf ihr erstes Lächeln zeigt, weiss man, weshalb man diesen Beruf gewählt hat.» 

So beginnt der Nachmittag in unserer Kita – mit Begegnung, Vertrauen und einem Moment echter Nähe. 
In unserem Haus betreuen wir Kinder zwischen 1 und 4 Jahren in einem Umfeld, das Beziehung vor Routine stellt. Als Fachperson Betreuung bist du bei uns mehr als Betreuungskraft – du bist Vertrauensperson, Entwicklungsbegleiter*in und Teil eines eingespielten Teams, das Kinder individuell stärkt.

Was du bei uns erleben wirst:
– Eine Eingewöhnungszeit, bei der nicht nur das Kind, sondern auch du gut ankommst
– Wöchentliche Teamsitzungen, in denen nicht nur Organisatorisches besprochen wird
– Mitgestaltungsspielraum bei Projekten, Festen und Bildungsarbeit
– Wertschätzung für deine Persönlichkeit – nicht nur für deinen Lebenslauf

Was du mitbringst?
Natürlich eine Ausbildung als FaBe und Berufserfahrung – aber vor allem:
– Die Fähigkeit, auf Augenhöhe mit Kindern und Eltern zu kommunizieren
– Die Ruhe, auch im Trubel das Wesentliche nicht aus den Augen zu verlieren
– Die Freude daran, Teil eines Teams zu sein, das einander unterstützt

Klingt nach einem Ort, an dem du wirken willst? Dann erzähl uns, was dich für diese Aufgabe begeistert.

Warum Glaubwürdigkeit alles ist 

Perfekte Geschichten wirken konstruiert. Authentizität heisst nicht: Schwächen ausstellen – sondern: nicht übertreiben. Menschen spüren, ob eine Geschichte ehrlich ist. Zeigen Sie deshalb auch Herausforderungen – nicht nur Glanzlichter.

Wie aus Aussagen Erlebnisse werden
Statt: «Wir bieten flache Hierarchien»
Besser: «Hier duzen sich alle – auch die Geschäftsleitung. Ich habe am dritten Tag die CFO gefragt, ob wir gemeinsam an einem Kundenproblem arbeiten
wollen.»
Der Unterschied liegt im Erleben – nicht im Benennen.

Und wie misst man Erfolg? 

Auch Geschichten lassen sich messen – nicht mit klassischen ROI-Rechnungen, aber sehr wohl mit wirkungsvollen Indikatoren. Unternehmen, die Storytelling gezielt im Recruiting einsetzen, beobachten oft eine Veränderung in der Qualität und Tiefe der Bewerbungen.

Quantitative KPIs sind z. B.:

  • Klickzahlen und Verweildauer auf Karriereseiten mit Story-Inhalten
  • Conversion-Rates von Stelleninseraten mit storytellingbasiertem Einstieg
  • Bewerbungsrücklauf pro Kanal (Vorhernachher-Vergleich)
  • Social-Media-Kennzahlen: Shares, Kommentare, Likes – insbesondere zu Erfahrungsberichten von Mitarbeitenden
  • Kosten pro Bewerbung (Cost per Application) bei storytellingbasierten Kampagnen

Qualitativ zeigen sich Erfolge durch:

  • Rückmeldungen von Bewerbenden wie: «Ich habe mich sofort angesprochen gefühlt» oder «Eure Werte passen zu mir»
  • Mehr passende Bewerbungen mit Bezug auf Unternehmenswerte oder konkrete Geschichten
  • Erhöhte Identifikation intern – Mitarbeitende empfinden Stolz, wenn «ihre» Geschichte erzählt wird
  • Stärkere Mund-zu-Mund-Weiterempfehlung durch authentische Inhalte

So prüfen Sie die Wirkung Ihrer HR-Storys:

CHECKLISTE
Schnelle Checkliste für HR-Teams (Selbsttest):
– Unsere Story-Inhalte werden länger gelesen (Verweildauer)
– Es gibt mehr Rückmeldungen à la «Ich erkenne mich wieder»
– Die Qualität der Bewerbungen hat sich verbessert
– Teammitglieder teilen unsere Inhalte aktiv
– Unser Social Engagement (Shares, Kommentare) ist gestiegen
– Bewerbende beziehen sich auf konkrete Storys im Gespräch

Wenn Sie 4 oder mehr Haken setzen können: Ihre Storys wirken.

Storytelling wirkt nicht wie ein Schalter – sondern wie ein Verstärker. Wer Inhalte schafft, die emotional berühren, erzeugt Resonanz. Und wer ehrlich erzählt, zieht genau die Menschen an, die wirklich passen – das lässt sich nicht immer mit Zahlen beweisen, aber mit den richtigen KPIs sehr wohl beobachten.

Fazit: Employer Branding beginnt mit Zuhören 

Wer erzählt, gewinnt – aber nicht irgendwas. Erfolgreiches Storytelling beginnt damit, zuzuhören: Was bewegt unsere Mitarbeitenden? Was prägt unseren Alltag? Daraus entstehen Geschichten, die nicht nur Talente anziehen – sondern passende Talente halten. 

Beginnen Sie mit einer einfachen Übung: Bitten Sie drei Mitarbeitende, je eine Geschichte zu erzählen, die ihre Arbeit für sie besonders macht. Aus diesen drei Storys kann eine ganze Employer-Branding-Kampagne entstehen – und vielleicht die nächste Bewerbung, die perfekt passt.

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