Anfechtung der Kündigung: Das müssen Sie als Mieter/Vermieter wissen
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Verstoss gegen Treu und Glauben
Wann eine Kündigung gegen Treu und Glauben verstösst, ist in jedem einzelnen Fall in Abwägung aller Umstände zu entscheiden. Generell kann gesagt werden, dass eine Kündigung dann gegen Treu und Glauben verstösst, wenn die kündigende, insbesondere die Vermieterschaft, Partei kein schutzwürdiges Interesse daran haben kann, das Mietverhältnis auf den gewählten Zeitpunkt zu beenden.
Praxis-Beispiel: Ganz offensichtlich würde ein Verstoss gegen Treu und Glauben vorliegen, wenn dem Kündigenden nachgewiesen werden könnte, dass seine Kündigung nur darauf zielt, der Gegenpartei zu schaden oder sie zu schikanieren.
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die nach den Formvorschriften ausgesprochene Kündigung solange als gültig zu betrachten ist, als nicht durch die Schlichtungsstelle oder den Richter die Ungültigkeit rechtsgültig festgestellt ist.
Unmöglichkeit und "Unnötigkeit" einer Anfechtung
- Keine Anfechtung der Kündigung ist möglich bei einem Mietverhältnis, das befristet ist und demnach ohne Kündigung zu Ende geht. In einem solchen Fall besteht lediglich die Möglichkeit, eine Erstreckung des Mietverhältnisses zu verlangen (spätestens 60 Tage vor Ablauf der Vertragsdauer).
- Keine Anfechtung der Kündigung ist nötig, wenn die Kündigung nichtig ist. Eine nichtige Kündigung entfaltet nämlich überhaupt keine Rechtswirkung. Die Nichtigkeit kann darin bestehen, dass die Formvorschriften nicht beachtet wurden. Der Mieter, der schriftlich kündigen muss, hat dies nur mündlich getan, oder es hat beim Vorliegen einer Familienwohnung nur einer der Ehegatten die Kündigung unterzeichnet. Kündigt der Vermieter, hat er ein vom Kanton genehmigtes Formular zu verwenden, das er, wenn Ehegatten Mieter sind, jedem von ihnen gesondert zustellen muss. Nichtig ist eine Kündigung auch, wenn der Kündigende nicht berechtigt ist. Das kann z. B. der Fall sein, wenn der Käufer einer Liegenschaft kündigt, bevor das Eigentum auf ihn übergegangen ist. Der Eigentumsübergang erfolgt nicht bereits mit der Beurkundung des Kaufvertrages, sondern erst mit dem Eintrag ins Grundbuch.
Auch Kündigung des Mieters kann missbräuchlich sein
OR Art. 271 Abs. 1 stipuliert, dass die Kündigung anfechtbar ist, wenn sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstösst. Selbstverständlich gilt dies auch für die Kündigung des Mieters. Hauptanwendungsgebiet dürfte aber die Vermieterkündigung sein.
Begründungspflicht
Die Kündigung muss nicht zum vorneherein begründet werden, sondern erst auf Begehren der Gegenpartei. Es kann nicht nur der Mieter vom kündigenden Vermieter, sondern auch der Vermieter vom kündigenden Mieter eine Begründung verlangen. Bleibt die Begründung aus, ändert das an der Gültigkeit der Kündigung nichts, aber im Beweisverfahren kann sich ein Verweigern der Begründung nachteilig auswirken. Es kann daraus allfällig der Schluss gezogen werden, es seien keine schützenswerten Motive für die Kündigung vorhanden, d. h. die Kündigung verstosse gegen Treu und Glauben oder gegen die in Art. 271a OR aufgeführten Anfechtungsgründe.
Erstreckungsausschluss
Der Erstreckungsausschluss im Sinne von OR Art. 272a Abs. 1 lit a kommt gemäss Bundesgerichtsentscheid 117 II 415 ff. nur nach gültiger Fristansetzung gemäss OR 257d zum Tragen.
Achtung: Diese Bestimmung gilt auch dann, wenn der Vermieter nicht ausserordentlich, sondern erst auf den nächsten ordentlichen Termin kündigt!
Verstoss gegen Treu und Glauben / Widersprüchliches Verhalten des Mieters
Rechtsmissbrauch in seiner typischen Form wird auch im widersprüchlichen Verhalten des Vermieters erblickt.
OR Art. 271 Abs. 1 erfasst nicht nur den offensichtlichen Missbrauch. Es sind deshalb an das widersprüchliche Verhalten weniger hohe Anforderungen als in Anwendung von ZGB Art. 2 zu stellen.
Wichtig: Die Kündigung als Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses hat immer ihre kürzere oder auch längere Vorgeschichte. Bei der Würdigung spielt deshalb oft das bisherige, und insbesondere auch das frühere Vertragsverhalten der kündigenden Partei eine nicht unerhebliche Rolle.
Eine Kündigung, deren Grund unter anderen Umständen als gerechtfertig gelten könnte, kann im konkreten Fall missbräuchlich sein, weil der Mieter aufgrund des bisherigen Verhaltens des Vermieters mit einer derartigen Massnahmen nicht hat rechnen müssen.
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