Unternehmensbezogene Finanzplanung
Für Entscheidungsträger in Unternehmen stellt sich regelmässig die Frage, welches wohl die zukünftige Entwicklung des Unternehmens sein wird. Ein Blick in die ferne Zukunft kann dabei zumeist nur abstrakt und v.a. qualitativ vorgenommen werden, während eine Prognoserechnung in die nahe Zukunft bereits sehr konkret, strukturiert und regelmässig in monetären Werten bereits detailliert beziffert werden kann.
Die unscharfen bzw. weichen Ziele werden häufig durch eine Unternehmensvision zum Ausdruck gebracht, die vor allem das gewünschte Zukunftsbild des Unternehmens beschreibt, wie es aus der Sicht des Managements formuliert wurde. Sie bildet jedoch die Ausgangsbasis für eine anschliessende konkretere langfristige Zielplanung, die entweder auf der Gesamtunternehmensebene oder auf der Ebene der Teilbereiche bzw. Funktionsbereiche des Unternehmens erfolgen kann und so bis zur operativen Mehrjahresplanung bzw. Budgetierung reicht.
Gegenstand und Ausführung der Finanzplanung
Die Finanzplanung setzt die im Businessplan formulierten langfristigen Ziele in Zahlen um und prognostiziert Einnahmen, Ausgaben und Gewinn. Ebenso befasst sie sich mit der zukünftigen Vermögenslage und Liquidität. Ferner ist das Management eines Unternehmens angehalten, sich aktiv mit der Finanzplanung des Unternehmens zu befassen. In der Schweiz ist dies sogar als gesetzliche Pflicht des Verwaltungsrats einer Aktiengesellschaft im Art. 716a OR kodifiziert worden, was die besondere Bedeutung der Finanzplanung zusätzlich unterstreicht:
Art. 716a OR
1Der Verwaltungsrat hat folgende unübertragbare und unentziehbare Aufgaben:
1. die Oberleitung der Gesellschaft und die Erteilung der nötigen Weisungen;
2. die Festlegung der Organisation;
3. die Ausgestaltung des Rechnungswesens, der Finanzkontrolle sowie der Finanzplanung, sofern diese für die Führung der Gesellschaft notwendig ist;
4. ...
Der Finanzplan eines Unternehmens wird häufig als Sekundärplan bezeichnet, der dann zur Aufstellung gelangt, wenn die operativen Primärpläne, angefangen vom Absatzplan über den Produktionsplan und weitere damit zusammenhängende Teilpläne, bereits erstellt sind. Allerdings gilt dies nicht, wenn die Finanzen den Engpassfaktor im Unternehmen bilden, wie es regelmässig vor allem bei Start-up-Unternehmen der Fall ist.
Die Finanzplanung bietet dem Management eines Unternehmens vor allem die folgenden beiden zentralen Nutzeffekte:
- Nur auf Basis einer kurz- bis mittelfristigen Finanzplanung lassen sich die Planvorgaben kontinuierlich mit der geschäftlichen Realitätvergleichen (Finanzkontrolle).
- Finanzielle Probleme können frühzeitig erkannt werden, sodass sich die notwendigen Weichenstellungen mit ausreichend zeitlichem Vorlauf vornehmen lassen.
Komponenten der Finanzplanung
Unabhängig von der Grösse eines Unternehmens gilt, dass eine effektive Finanzplanung wenigstens die folgenden vier Komponenten umfassen sollte:
- Planerfolgsrechnung (Budget)
- Planbilanz
- Plankapitalflussrechnung
- Liquiditätsplan
Zwischen diesen Planungsinstrumenten bestehen allerdings Abhängigkeiten im Sinne von Wechselbeziehungen. So beeinflusst zum Beispiel der in der Planerfolgsrechnung ermittelte Umsatz auch die Debitoren in der Planbilanz und die erwarteten Zahlungseingänge im Liquiditätsplan.
Erstellt man eine Finanzplanung, so wird jeweils das nächste Jahr detailliert geplant und für die folgenden zwei bis drei Jahre eine Grobübersicht erstellt. Diesbezüglich gilt das Prinzip: So realistisch wie möglich und so detailliert wie notwendig. Eine Finanzplanung lässt sich nicht nur für das gesamte Unternehmen, sondern auch für einzelne Abteilungen oder Produkte erstellen.
Methodik der Finanzplanung
In der Regel leitet man die Planvorgaben aus der Vergangenheit ab und setzt sich entsprechende Ziele für die Zukunft. Es kann jedoch ebenso sinnvoll sein, auf ein vergangenheitsorientiertes Budget zu verzichten und sich stattdessen zu überlegen, welche Faktoren für den Erfolg des Unternehmens von kritischer Bedeutung sind. Anschliessend werden die Planzahlen auf der Grundlage eines geeigneten Mengengerüsts definiert. Hierbei ist zu beachten, dass nicht zu viele Daten verwendet werden sollten, um die Übersichtlichkeit nicht zu verlieren und den Fokus wirklich auf die wichtigsten Zahlen legen zu können. Die Verwendung und Herkunft jeder einzelnen Planzahl sollte unbedingt transparent sein.
Plankoordination
Eine Finanzplanung kann man auf zwei Arten erstellen:
- top-down, das heisst, die Geschäftsleitung gibt alle oder nur einen Teil der Planzahlen vor und die Mitarbeitenden erarbeiten die noch fehlenden Planzahlen und nehmen zu den Planvorgaben Stellung.
- bottom-up bedeutet, dass die Mitarbeitenden die Planvorgaben selbst erstellen und die Geschäftsleitung diese akzeptiert oder revidiert.
Cash Flow-Prognose
Der Cashflow ist neben dem Gewinn die wichtigste Kennzahl in der Bilanzanalyse. Der Cashflow ist ein wichtiger Teil der Geldflussrechnung und damit allgemein der Liquiditätsanalyse. Seine grosse Bedeutung erhält der Cashflow, weil er die Selbstfinanzierungskraft bzw. das Innenfinanzierungspotenzial eines Unternehmens aufzeigt. Der Cashflow gilt zudem als aussagekräftiger Finanz- und Ertragsindikator und findet vor allem in der Bonitätsbeurteilung bzw. Kreditwürdigkeitsprüfung eine wichtige Anwendung.
Um von vergangenheitsorientierten Daten der Bilanz und Erfolgsrechnung zu Planbilanzen, Planerfolgsrechnungen sowie Plan-Mittelflussrechnungen zu gelangen, haben sich vor allem die Percent-of-Sales-Methode und die T-Account-Methode bewährt. Bei der Percent-of-Sales-Methode wird zuerst der zukünftige Umsatz des Unternehmens prognostiziert und anschliessend werden solche Positionen der Bilanz und Erfolgsrechnung in Abhängigkeit von den Umsatzprognosen geplant. Voraussetzung für diese Methode ist eine Ursache-Wirkungsbeziehung zwischen dem Umsatz und der betreffenden Position der Bilanz und Erfolgsrechnung, die sich durch eine gleichgerichtete Veränderung anhand von Vergangenheitszahlen erkennen lässt. Wenn wir zum Beispiel unterstellen können, dass der Materialaufwand sich in der Vergangenheit jeweils in direkter Beziehung zum Umsatz verändert hat und stets in etwa 60% des Umsatzes ausmachte, dann kann dieser Prozentanteil auch für die zukunftsbezogene Cash-Flow-Prognose zur Anwendung kommen. Allerdings sind Irrtümer und Fehlbewertungen hierbei nicht ausgeschlossen, weshalb es notwendig erscheint, die Beziehung einer Position zum Umsatz in jedem Fall ausreichend zu prüfen.
Die T-Account-Methode geht davon aus, dass keine Kausalbeziehung zwischen einer Bilanz- und Erfolgsrechnungsposition zum Umsatz besteht und daher die Positionen einzeln und isoliert betrachtet prognostiziert werden müssen. Dies erfordert auch, dass für die betreffenden Positionen nach anderen Datengrundlagen zu suchen ist. Beispielsweise ist dies der Fall für die Prognose des Anlagevermögens bzw. des Eigenkapitals, die kaum nach der Percent-of-Sales-Methode planbar sind. So kann für die Prognose des Anlagevermögens auf den Investitionsplan der Unternehmung Bezug genommen werden sowie für die Prognose des Eigenkapitals auf die bisherige und für die Zukunft allenfalls bereits bekannte Finanz- und Dividendenpolitik des Managements, aus der z.B. zukünftige Ausschüttungen an die Aktionäre, geplante Kapitalerhöhungen oder auch Aktienrückkäufe hervorgehen. Ebenso gibt es für die Prognose der Steuerzahlungen eine Relation zum Gewinn oder für die Prognose der Abschreibungen eine Kausalbeziehung zum Wert des Anlagevermögens und zum Investitionsplan des Unternehmens.
Die notwendigen Vorgehensschritte zur Anwendung beider Planungsmethoden sind folgende:
1. Schritt: Beziehungen zwischen einzelnen Positionen der ER und Bilanz klären. Beispiel: Zusammenhang zwischen AV, Abschreibungen und Investitionen.
2. Schritt: Annahme für die Prognose/Planung treffen unter Einbezug aller zukunftsbezogenen Informationen. Beispiel: Volumen geplanter Investitionen im Prognosezeitraum.
3. Schritt: Erstellung einer Prognose.
In der Praxis findet sich regelmässig eine Kombination beider Methoden, was natürlich auch Sinn macht.
Kontrolle der Finanzplanung
Ohne Kontrolle macht eine Finanzplanung wenig Sinn. Nur durch eine ständige Überprüfung der Ist-Werte mit den Soll-Vorgaben können Abweichungen rechtzeitig erkannt und Gegenmassnahmen getroffen werden. Bei jedem einzelnen Planungsinstrument werden die Soll-Werte mit den Ist-Werten verglichen. Dabei hat es sich in der Praxis bewährt:
- Abweichungen absolut und prozentual erfassen.
- Textkommentare so zu gestalten, dass sie in klaren, knappen Sätzen auf die Ursache einer Abweichung hinweisen.
- Für die Planerfolgsrechnung den gleichen Aufbau wie für die Erfolgsrechnung zu wählen, um den Soll-Ist-Vergleich zu erleichtern.
- Nicht nur Zahlen zu kontrollieren, sondern auch Ursachen zu erkennen und vor allem Zusammenhänge darzustellen.
Beim Liquiditätsplan erfolgt die Kontrolle regelmässig jeweils monatlich; je nach Unternehmenssituation macht es auch Sinn, die Einzahlungen/Auszahlungen wöchentlich zu vergleichen. Bei der Planerfolgsrechnung, der Planbilanz und der Plan-Kapitalflussrechnung erfolgt die Kontrolle mit Zwischenabschlüssen quartalsweise oder halbjährlich – wobei der Umsatz monatlich geprüft wird.
Abweichungen zwischen Soll- und Ist-Zustand sind mit den zuständigen Mitarbeitern, dem Treuhänder oder dem Kundenberater der Bank zu besprechen. Es ist wichtig, dass alle Verantwortlichen gemeinsam die möglichen Ursachen der Abweichungen erkennen und sich auf angemessene Korrekturmassnahmen verständigen.