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Überstundenarbeit: Das gilt es zu beachten

Überstunden und Überzeit geben immer wieder zu vielen Fragen Anlass und bereiten im Geschäftsalltag nicht selten Probleme. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird kaum zwischen Überstunden und Überzeit unterschieden. In der Regel werden sie gleichgesetzt. Der Unterschied zwischen beiden ist dann vor allem rechtlicher Natur.

10.05.2022 Von: Richard Jauch
Überstundenarbeit

Das Wichtigste zur Überstundenarbeit in Kürze

Überstunden und Überzeit

Überstunden werden im Interesse des Unternehmens und auf Anordnung des Arbeitgebers oder mit dessen Genehmigung geleistet. Sie müssen zumutbar sein. Überstundenarbeit ist die Arbeitszeit, die die vertraglich vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit überschreitet, aber noch im Rahmen der gesetzlichen Höchstarbeitszeit liegt. Wird die gesetzliche wöchentliche Höchstarbeitszeit überschritten, muss von Überzeitarbeit gesprochen werden. Das Gesetz schränkt die Überzeitarbeit ein.

Kompensation oder Vergütung

Angeordnete oder bewilligte Überstunden müssen vergütet oder im Einvernehmen mit den Mitarbeitenden kompensiert werden. Das gleiche gilt für die Überzeitarbeit. Vergütungen der Mehrarbeit sind schriftlich im Arbeitsvertrag zu regeln, ebenso ein Verzicht auf Vergütung. In diesem Fall ist die Kompensation durch Freizeit von gleicher Dauer zu gewähren.

Höhere leitende Angestellte

Für sie entfallen Vergütungen für geleistete Überstunden und Überzeit, ausser ihr Arbeitsvertrag enthält eine anders lautende schriftliche Vereinbarung.

Gleitzeit

Angestellte, die Gleitzeit arbeiten, sind für das Einhalten ihrer wöchentlichen Arbeitszeit selber verantwortlich, da der Arbeitgeber ihnen innerhalb eines abgesteckten Rahmens Freiheiten in der Gestaltung der Arbeitszeit einräumt. Gleitzeitguthaben gelten daher nicht als angeordnete Überstunden.

Definition

Das Obligationenrecht definiert die Überstunden im Artikel 321c. Von Überstunden im Sinne des Gesetzes wird dann gesprochen, wenn die vertraglich vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit überschritten, die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit jedoch eingehalten wird.

Die Arbeitnehmenden sind verpflichtet, auf Anordnung des Arbeitgebers Überstunden zu leisten, soweit es der betrieblichen Notwendigkeit entspricht, und es ihnen nach Treu und Glauben zugemutet werden kann.

Kompensation

Die geleisteten Überstunden können im Einverständnis mit den Arbeitnehmenden gemäss OR 321c Abs. 2 durch Freizeit in gleichem Umfang kompensiert werden.

Bezahlung

Werden die Überstunden nicht durch Freizeit von gleicher Dauer ausgeglichen, so hat der Arbeitgeber die Überstunden zum Normallohn plus Zuschlag von mindestens einem Viertel zu bezahlen.

Diese Vorschrift ist nur teilweise zwingend, es kann davon durch eine schriftliche Abrede, durch Normal- oder Gesamtarbeitsvertrag abgewichen werden.

Verzicht des Arbeitnehmers nicht möglich

Ebenso ist ein freiwilliger Verzicht der Arbeitnehmenden auf Kompensation oder Bezahlung von bereits geleisteten Überstunden unstatthaft . Hier gilt gemäss Urteil des Bundesgerichts OR 341 Abs. 1: Der Arbeitnehmer darf während der Dauer des Arbeitsverhältnisses und einen Monat nach dessen Beendigung nicht auf Forderungen verzichten, die sich aus unabdingbaren Vorschriften des Gesetzes ergeben. Diesen Monat Frist nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses räumt der Gesetzgeber ein, um Arbeitnehmende zu schützen, die während der Dauer des Arbeitsverhältnisses um ihren Arbeitsplatz bangen und daher keine Forderungen nach Vergütung oder Kompensation der geleisteten Überstunden stellen.

Verzichtet eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter dennoch auf die Entschädigung für geleistete Überstunden, kann diese Entschädigung später dennoch rückwirkend verlangt werden, weil ein solcher Verzicht nicht rechtsgültig ist.

Zumutbarkeit

Die angeordnete Überstundenarbeit muss den Arbeitnehmenden zugemutet werden können.

Unzumutbarkeit liegt vor, wenn:

  • die Überstundenarbeit für die Arbeitnehmenden körperlich oder geistig nicht ohne Leistungseinbusse erfüllt werden kann
  • sie gesundheitliche Beeinträchtigungen verursachen könnte
  • sie den Arbeitnehmenden das Wahrnehmen ihrer familiären Pflichten verunmöglicht

Somit kann der Arbeitgeber von seinen Mitarbeitenden keine Überstunden verlangen, wenn:

  • die Arbeitnehmerin nach der Arbeit regelmässig ihr Kind aus dem Hort holen muss
  • der Mitarbeiter am Abend einen beruflich wichtigen Weiterbildungskurs besucht
  • die Arbeitnehmenden die letzte Verbindung des öffentlichen Verkehrs verpassen würden

Der Arbeitgeber darf auch nicht immer von den gleichen Mitarbeitenden die Leistung von Überstunden verlangen.

Teilzeitarbeitende

Teilzeitarbeitende müssen oft Überstunden leisten, um ihre Aufgabe erfüllen zu können. Meist überschreiten sie damit die betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit aber nicht. Für Teilzeitarbeitende beginnen die Überstunden ab ihrer vertraglich vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit.

Praxisbeispiel: Eine Mitarbeiterin mit einem 50%-Pensum und vereinbarter wöchentlicher Arbeitszeit von 21 Stunden leistet ab der 22. Stunde Überstundenarbeit, nicht erst ab der 43. wie Vollzeitbeschäftigte im gleichen Unternehmen.

Da Überstundenarbeit auch bei Teilzeitpensen zumutbar sein muss, ist darauf zu achten, dass diese Mitarbeitenden oft nicht mehr arbeiten können, weil sie beispielsweise

  • Kinder zu betreuen haben oder einen nahen Verwandten pflegen
  • bei einem anderen Arbeitgeber eine andere Teilzeitstelle haben
  • eine zeitintensive Aus- oder Weiterbildung absolvieren
  • aus gesundheitlichen Gründen nicht voll leistungsfähig sind

Die Unzumutbarkeit ist hier also möglicherweise früher gegeben als bei Vollzeitmitarbeitenden.

Entschädigung bei Teilzeit

Die Entschädigung der Überstunden richtet sich hier nach den gleichen Vorschriften wie bei den Vollzeitmitarbeitenden. Ein Abgelten durch Freizeit kann bei Teilzeitpensen schwierig werden, da diese Freizeit während der bereits reduzierten Arbeitszeit zu beziehen ist, was nicht unbedingt im Interesse des Arbeitgebers liegt.

Da die Überstundenarbeit bei Teilzeitmitarbeitenden (wesentlich) früher beginnt als bei 100%-Mitarbeitende ist darauf zu achten, dass Letztere sich durch die Entschädigungsregelung nicht benachteiligt fühlen.

Angemessen kann eine schriftliche Regelung sein, die für geleistete Überstundenarbeit bis zum Erreichen der betrieblichen Normalarbeitszeit nur den Grundlohn auszahlt, bei Überstundenarbeit, die die betriebliche Normalarbeitszeit übersteigt, jedoch den Zuschlag von 25%. So kann vermieden werden, dass Teilzeitangestellte für die gleiche Arbeitsleistung eine höhere Entschädigung erhalten als die Vollzeitangestellten.

Gleitzeit und Überstunden

Eine besondere Situation ergibt sich in Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden Gleitzeit arbeiten lassen. Hier hat das Bundesgericht entschieden, dass Gleitzeitguthaben nicht als entschädigungspflichtige Überstunden gelten. Das Wesen der Gleitzeit liegt darin, dass der Arbeitnehmende im Rahmen gewisser Vorgaben wie Blockzeiten und Absprachen im Team seine Arbeitszeit selber einteilen kann. Die Zeitsouveränität liegt daher beim Arbeitnehmenden, wogegen Überstunden einseitig durch den Arbeitgeber angeordnet und wo möglich und zumutbar auch geleistet werden müssen.

Wer Gleitzeit arbeitet, ist daher gut beraten, wenn er sein Gleitzeitguthaben nicht zu sehr anwachsen lässt, da bei Gleitzeitguthaben eine obere Grenze des Guthabens vereinbart wird. Was diese Grenze übersteigt, verfällt ohne Vergütung. Das angesammelte Gleitzeitguthaben sollte während der ordentlichen Kündigungsfrist im Rahmen der Gleitzeit abgebaut werden können, da ein allfälliger Rest ohne Vergütung entfällt.

Höhere leitende Angestellte

Die Regelung des OR betreff end Kompensation oder Vergütung geleisteter Überstunden gilt, sofern nichts anderes vereinbart wurde, grundsätzlich auch hier. In Arbeitsverträgen von leitenden Angestellten sind allerdings Abmachungen, dass geleistete Überstunden nicht entschädigt werden, oft anzutreffen. Ebenso wird oft keine feste Arbeitszeit vertraglich vereinbart, sodass der Nachweis von Überstunden erschwert wird.

Enthält der Vertrag eines Kaderangestellten eine feste Arbeitszeit, so sind Überstunden zu entschädigen, falls nichts anderes schriftlich vereinbart wurde. Wenn zwischen den Vertragsparteien weder eine bestimmte Arbeitszeit noch eine Überstundenentschädigung schriftlich vereinbart wurde, so sind Kadermitglieder verpflichtet, die Überstunden ohne Entschädigung zu leisten.

Einzige Ausnahme: Kadermitarbeitende können eine Entschädigung verlangen, wenn sie über das vertraglich vereinbarte Pensum hinaus zusätzliche Aufgaben übernehmen müssen oder wenn während längerer Zeit alle Angestellten Mehrarbeit in wesentlichem Umfang zu leisten haben.

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