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Rachekündigung: Ein Vorhaben, das sich rächen könnte?

Ein Arbeitnehmer verlangt anlässlich des jährlichen Mitarbeitergesprächs eine Lohnerhöhung. Dem Arbeitgeber stösst diese Forderung aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage des Unternehmens sauer auf, weshalb er das Arbeitsverhältnis beenden möchte. Ein Vorhaben, das sich rächen könnte?

01.11.2022 Von: Polia Rusca, Marcel C. Steinegger
Rachekündigung

Kündigungsfreiheit und ihre Grenzen

Im Schweizer Arbeitsrecht ist der Grundsatz der Kündigungsfreiheit fest verankert. Sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber können das Arbeitsverhältnis grundsätzlich jederzeit und ohne besonderen Grund ordentlich, unter Beachtung der anwendbaren Kündigungsfrist, kündigen. Der Grundsatz der Kündigungsfreiheit gilt jedoch nicht absolut; er wird massgeblich durch den zeitlichen und sachlichen Kündigungsschutz eingeschränkt:

Der zeitliche Kündigungsschutz (Art. 336c OR) bestimmt, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer während bestimmter Zeiten (sog. Sperrfristen, u.a. während der Schwangerschaft und bei Krankheit) nicht kündigen darf.

Eine seitens des Arbeitgebers ausgesprochene ordentliche Kündigung während einer Sperrfrist ist daher nichtig.

Der sachliche Kündigungsschutz richtet sich demgegenüber gegen ordentliche Kündigungen, welche aus missbräuchlichen Beweggründen ausgesprochen werden. Missbräuchliche Kündigungen führen nicht zu deren Nichtigkeit. Sie bleiben gültig. Sofern die gekündigte Partei die Missbräuchlichkeit gerichtlich erfolgreich durchsetzt, hat sie aber Anspruch auf Zusprechung einer Entschädigung. Welche Konstellationen vom Gesetzgeber als missbräuchlich erachtet werden, ist im Rahmen einer nicht abschliessenden Aufzählung in Art. 336 OR festgehalten. Explizit statuiert ist dabei der Tatbestand der Rachekündigung.

Die Rachekündigung

Das Gesetz bestimmt, dass eine Rachekündigung vorliegt, wenn eine Partei sie ausspricht, weil die andere Partei nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend macht (Art. 336 Abs. 1 lit. d OR). Dieser Tatbestand bezweckt, dass eine (gerichtliche) Beurteilung geltend gemachter Ansprüche während eines ungekündigten Arbeitsverhältnisses möglich sein soll, ohne dass die Vertragspartei, welche einen Anspruch geltend macht, mit entsprechenden Sanktionen, insbesondere mit dem Aussprechen einer ordentlichen Kündigung, rechnen muss.

In der Praxis wird dieser Tatbestand regelmässig von Arbeitnehmern im Zusammenhang mit ihnen gegenüber ausgesprochenen Kündigungen angerufen.

Das Vorliegen einer Rachekündigung wird bejaht, wenn die gekündigte Partei – nachfolgend wird davon ausgegangen, dass es sich hierbei um den Arbeitnehmer handelt – nachweist, dass er gegenüber seinem Arbeitgeber (i) einen Anspruch geltend gemacht hat, wobei er (ii) nach Treu und Glauben davon ausgehen durfte, dass ihm dieser Anspruch zustehe und dass dieses Begehren (iii) kausal für den Kündigungsentscheid des Arbeitgebers gewesen ist. Unter «Geltendmachung» wird jedes Verhalten des Arbeitnehmers verstanden, mit welchem der Arbeitnehmer seinen Willen gegenüber dem Arbeitgeber manifestiert, einen aus seiner Sicht ihm zustehenden Anspruch durchzusetzen, dies beispielsweise durch Vorsprechen bei seinem Vorgesetzten. Der Begriff «Anspruch» ist sodann in einem umfassenden Sinn zu verstehen. Es handelt sich dabei um jegliche Ansprüche, die einem Arbeitnehmer infolge der arbeitsvertraglichen Zusammenarbeit zukommen. Nebst der Weigerung, eine arbeitsvertraglich nicht vereinbarte Tätigkeit zu übernehmen, über die Geltendmachung einer Überstundenentschädigung wird gemäss Rechtsprechung selbst das Verlangen einer Lohnerhöhung vom Begriff «Anspruch» erfasst. Ebenfalls unter den Tatbestand der Rachekündigung können Kündigungen gegenüber «Whistleblowern » fallen, die betriebsintern in guten Treuen auf Unregelmässigkeiten hingewiesen haben. Der Arbeitnehmer verhält sich sodann dem Grundsatz von Treu und Glauben entsprechend, wenn er aus seiner Sicht gute Gründe hatte, den vermeintlich ihm zustehende Anspruch geltend zu machen. Es ist nicht erforderlich, dass der geltend gemachte Anspruch tatsächlich begründet ist. Der gute Glaube des Arbeitnehmers wird dabei vermutet. Der sogenannte Kausalzusammenhang ist sodann gegeben, wenn zwischen der Geltendmachung eines Anspruchs und der Kündigung ein enger zeitlicher Zusammenhang vorliegt. Macht der Arbeitnehmer heute einen vermeintlich ihm zustehenden Anspruch geltend, und wird ihm morgen gekündigt, dürfte es naheliegen, dass der Kündigungsentscheid des Arbeitgebers unmittelbar auf das Verhalten des Arbeitnehmers zurückzuführen ist.

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