Auftrag oder Werkvertrag: Abgrenzung zwischen den beiden Vertragstypen
Passende Arbeitshilfen
Auftrag (Art. 394–406 OR)
Das Auftragsrecht findet vor allem Anwendung bei den sogenannten «freien» Berufsarten (Rechtsanwälte, Steuerberater, Ärzte, Architekten). Zudem fallen Rechtsverhältnisse zwischen Kunden und Banken sowie Treuhandgesellschaften unter das Auftragsrecht. Typisch für den Auftrag ist die Erbringung von Arbeitsleistungen (Dienstleistungen) in unabhängiger Position (also nicht als subordinierter Arbeitnehmer).
Beim Auftrag geht es stets um fremde Geschäfte, also um die Wahrung der Interessen des Auftraggebers. Entgeltlichkeit ist kein Typenerfordernis des einfachen Auftrags. Dieser kann entgeltlich oder unentgeltlich erfolgen. Naturgemäss kann ein Auftrag die unterschiedlichsten Dienstleistungen zum Inhalt haben, was auch seine grosse Verbreitung erklärt.
Auftragsrecht findet gemäss Art. 394 Abs. 2 OR zudem für alle Arbeits- und Dienstleistungsverträge Anwendung, wenn kein gesetzlich geregelter Sondertypus wie beispielsweise der Arbeitsvertrag oder der Werkvertrag vorliegt.
Abgrenzung zwischen Auftrag und blossem Gefälligkeitsverhältnis
Die Abgrenzung zwischen einer blossen unverbindlichen Gefälligkeitshandlung und einem rechtlich verpflichtenden (unentgeltlichen) Auftrag kann im Einzelfall schwierig sein. Entscheidend ist, ob ein sogenannter Rechtsbindungswille des Beauftragten angenommen werden kann.
Normalerweise ist aber nicht von einem Auftrag auszugehen. So beispielsweise bei Besorgungen oder der Übernahme von Arbeiten aus Gefälligkeit (BGE 119 II 695). Kein Auftrag liegt in der Regel vor, wenn man bei Ferienabwesenheit auf das Haus des Nachbarn aufpassen soll oder wenn man versehentlich vergisst, den Lottoschein der Freundin bei der Lottostelle abzuliefern und der Freundin dadurch ein grösserer Lottogewinn entgeht (so der deutsche Bundesgerichtshof in einem Urteil aus dem Jahr 1974).
Rat und Empfehlung
Die Rechtsprechung nimmt die Entstehung eines Auftragsverhältnisses an, wenn zwischen dem Raterteilenden und dem Ratsuchenden eine vorbestehende Rechtsbeziehung (z.B. ein Bankvertrag) vorhanden ist und wenn der Raterteilende hätte erkennen müssen, dass der Ratsuchende eine verlässliche Antwort für weitergehende Dispositionen erwartet.
Bei Fehlen eines vorbestehenden Vertragsverhältnisses tritt eine Haftung ein, wenn der Raterteilende wider besseres Wissen oder leichtfertig unrichtige Angaben macht sowie wenn er ihm bekannte Tatsachen verschweigt, von denen er annehmen muss, dass sie für den Ratsuchenden von erheblicher Bedeutung sein könnten.
Pflichten des Beauftragten beim Auftrag
Die Hauptpflicht des Beauftragten besteht in der vertragsgemässen Besorgung der ihm übertragenen Geschäfte oder Dienste (Art. 394 Abs. 1 OR). Geschuldet ist die sorgfältige und getreue Ausführung des Auftrags, wobei die gleiche Sorgfalt wie von einem Arbeitnehmer erwartet wird. Die Treuepflicht spielt namentlich beim Anwalt, Steuerberater, Vermögensverwalter oder Treuhänder eine wichtige Rolle.
Im Rahmen der Treuepflicht muss ein Beauftragter die Interessen seines Auftraggebers wahren. Der Beauftragte ist demnach insbesondere verpflichtet, den Auftraggeber zu beraten und zu informieren, Informationen geheim zu halten und sogar Anweisungen des Auftraggebers kritisch zu hinterfragen. Überdies hat der Beauftragte Interessenkollisionen von vornherein zu vermeiden und muss ganz allgemein die nötigen Fähigkeiten und persönlichen Eigenschaften besitzen, um den Auftrag nach bestem Wissen und Gewissen erfüllen zu können. Der Beauftragte hat Weisungen, welche den Inhalt des Auftrags konkretisieren oder modifizieren, grundsätzlich zu befolgen. Gehen diese allerdings über den ursprünglichen Vertragsinhalt hinaus, handelt es sich um eine Offerte zu einem neuen Vertrag.
Ferner trifft den Beauftragten eine Rechenschafts- und Erstattungspflicht. Diese besagt, dass der Beauftragte dem Auftraggeber innert nützlicher Zeit alle angeforderten Informationen im Zusammenhang mit dem Auftrag wahrheitsgetreu und vollständig zur Verfügung zu stellen hat. Sofern der Auftrag die Verwaltung finanzieller Mittel umfasst, muss der Beauftragte jederzeit in der Lage sein, detaillierte Aufstellungen und Belege über die Vermögenswerte zur Verfügung zu stellen. Aufgrund der Erstattungspflicht muss der Beauftragte alle Vermögenswerte herausgeben, welche in einem Zusammenhang mit der Auftragsführung stehen.
Nur in Ausnahmefällen ist die Übertragung des Auftrags auf Dritte (Substituten) zulässig. Nämlich dann, wenn dies zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer vereinbart ist. Der Beizug einer Hilfsperson ist jedoch unproblematisch möglich.
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