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Architektenhonorar: Bemessung nach OR und SIA

Untersteht der Architekten-/Ingenieurvertrag dem Auftragsrecht, sieht Art. 394 Abs. 3 OR eine Vergütung vor, wenn sie verabredet oder üblich ist. Wenn Leistungen nur gegen Entgelt zu erwarten waren, ist von einer stillschweigenden Vergütungsabrede auszugehen. Eine vereinbarte Entgeltlichkeit der Architektenleistung ist nach den Umständen immer schon dann zu vermuten, wenn diese im Rahmen der Berufsausübung erbracht wurde. Problematisch ist in der Praxis - mangels ausdrücklicher Honorarabrede - der Übergang von unentgeltlichen Akquisitionsbemühungen zum entgeltlichen Vorprojekt.

10.11.2021 Von: WEKA Redaktionsteam
Architektenhonorar

Nach dem Vertrauensprinzip ist grundsätzlich von einer konkludenten Vereinbarung der Entgeltlichkeit auszugehen, wenn die Leistungen einen Umfang annehmen, der in Geschäftsbeziehungen normalerweise nicht unentgeltlich erbracht wird. Die Problemanalysen, das Studium von Lösungsmöglichkeiten und das Vorprojekt sind Leistungen, für die der Architekt typischerweise einen Honoraranspruch hat. Vom Architektenhonorar ist ferner der im Auftragsrecht vorgesehene Ersatz von Auslagen und Verwendungen zu unterscheiden, welche dem Architekten tatsächlich entstanden sind. Bei Entgeltlichkeit ist der Auslagen- und Verwendungsersatz in der Regel zusätzlich zum Architektenhonorar geschuldet. Zu ersetzen sind jene Auslagen, die nach den Umständen objektiv erforderlich waren.

Übliche Preismodelle

Vorliegen kann ein Gesamtpreisvertrag, bei dem sich die vereinbarte Vergütung ausschliesslich nach Pauschalpreisen (ohne Teuerungsabrechnung) oder nach Globalpreisen (mit Teuerungsabrechnung) bestimmt, oft nach einem einzigen derartigen Preis. Auch im Gesamtpreisvertrag wird der geschuldete Leistungsumfang durch die konkrete Leistungsumschreibung festgelegt. Möglich ist auch der Abschluss eines Einheitspreisvertrages, bei dem für alle oder für einen Teil der Leistungen Einheitspreise vereinbart sind. Möglich ist auch der Zirkapreis mit einer oberen und einer unteren Grenze, der reine Höchstpreis, bisweilen auch Kostendach genannt, der Referenzpreis, auch ‹Zielpreis› genannt, sowie der Nutzpreis. Die Vergütung des Aufwandes kann ferner in unterschiedlicher Weise vereinbart werden:

  • die Vergütung des effektiven Aufwandes
  • die Vergütung gemäss vereinbarten Regieansätzen (Regiepreisen) für Aufwandkategorien (z.B. Preisansatz für eine Stunde Arbeit oder eine Stunde Einsatz einer bestimmten Maschine)
  • die Vergütung von Festpreisen für Aufwandpositionen
  • übliche Aufwandvergütung.

Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergibt sich zunächst die Pflicht des Architekten, zumindest den in Baufragen unerfahrenen Auftraggeber vor Aufnahme seiner Arbeiten über die Höhe des ihn erwartenden Honorars aufzuklären. Die Vereinbarung der Parteien geht entweder dahin, dass sie die Höhe des Honorars abschliessend festsetzen oder lediglich die wichtigsten Kriterien oder allenfalls die dazugehörigen Berechnungselemente, nach denen die Vergütung bestimmt werden soll, festlegen. Als Kriterien werden meistens der Zeitaufwand mit dem entsprechenden Berechnungselement der Stundenansätze oder der Sachwert vereinbart. Üblich sind insbesondere die Vereinbarungen folgender Inhalte:

  • Pauschalhonorar
    Eine Vereinbarung eines Pauschalhonorars liegt dann vor, wenn die Parteien die Geldsumme der dem Architekten für alle seine Leistungen zu zahlenden Vergütungen zum Voraus genau bestimmen, ohne Rücksicht darauf, wie viel sein Arbeitsaufwand bei der Ausführung wirklich betragen wird.
  • Zeithonorar
    Beim Zeithonorar vereinbaren die Parteien, die Vergütung des Architekten nach seinem Zeitaufwand bzw. demjenigen seiner Angestellten zu berechnen. Gleichzeitig werden sie in der Regel auch die einzelnen Stundenansätze (meistens je nach Aufgabenbereich abgestuft) festsetzen. Möglich ist die Vereinbarung eines Kostendaches als Maximalhonorar.
  • Prozenthonorar
    Beim Prozenthonorar vereinbaren die Parteien, die Vergütung des Architekten nach Prozenten des Interessenwertes zu berechnen. Als Interessenwert gilt der Bauwert bzw. die Bausumme.
  • Übernahme der SIA-Norm 102
    Statt die Einzelheiten des Vertrages und damit die Vergütung individuell auszuhandeln, können die Parteien die SIA-Norm 102 als vorgeformten Vertragsinhalt übernehmen. Eine solche Übernahme kann durch ausdrücklichen oder stillschweigenden Verweis erfolgen.

Kriterien für die Festsetzung bei mangelnder Vereinbarung

Haben die Parteien keine oder nur eine lückenhafte Vereinbarung über die Höhe des Architektenhonorars getroffen, so wird der Architekt zunächst die Höhe seines Vergütungsanspruches aufgrund seines Gutdünkens und seiner eigenen Kriterien festsetzen und dem Bauherrn die Rechnung präsentieren, der sie genehmigen oder ablehnen kann. Im letzteren Falle entscheidet schliesslich über die Festsetzung des Honorars der Richter. Hauptkriterium ist dabei der für den konkreten Auftrag erforderliche Aufwand an Personal-, Sach- und übrigen Kosten. Die entsprechenden Berechnungselemente sind:

  • Stundenzahl
    Anzahl der Stunden, die der Büroinhaber mit seinen Angestellten für das konkrete Vertragsobjekt gearbeitet hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass mit der Dauer der Berufserfahrung der Zeitaufwand für eine bestimmte Arbeit abnimmt.
  • Personalaufwand
    Lohn- und Lohnnebenkosten.
  • Sachaufwand
    Materialkosten für das Vertragsobjekt, sofern sie nicht separat als Auslagen in Rechnung gestellt werden.
  • Die Generalunkosten oder Gemeinkosten
    Darunter sind die Aufwendungen zu verstehen, die den Architekten generell in die Lage versetzen, seinen Bürobetrieb bzw. seine Architektenleistungen zu erbringen. Dazu zu zählen sind insbesondere Einrichtung, Miete und Unterhalt von Büroräumen, Kosten der beruflichen Hilfsmittel (Büroapparate und technische Einrichtungen) und deren Amortisation sowie sonstige in den Lohnkosten und Auslagen nicht enthaltenen Aufwendungen.
  • Anspruch auf Gewinn.
  • Als Hilfskriterien gelten
    Schwierigkeit der Bauaufgaben, übernommene, besondere Risiken sowie zeitliche Dringlichkeit.

Bemessung des Honorars nach der SIA-Norm 102

Nach der SIA-Norm 102 kann die Vergütung des Architekten nach drei verschiedenen Kriterien berechnet werden:

  • nach dem Zeitaufwand des Architekten (Zeittarif) bzw. des entsprechenden Planungsteams (Zeit-Mitteltarif)
  • nach den Kosten des Baues (Kostentarif) oder
  • nach dem Umfang des Baues (Volumentarif).
  • Stattdessen können die Parteien auch ein Pauschal- oder Globalhonorar vereinbaren. Dabei erklärt die SIA-Norm 102 nicht, was unter dem Global- Architektenhonorar zu verstehen ist.

Beim Zeittarif wird der Architekt nach seinem Zeitaufwand vergütet. Die SIA-Norm 102 listet verschiedene Anwendungsfälle auf, in denen sich dieser Tarif besonders eignet (Bauaufgaben, deren Umfang schwer abzuschätzen sei und durch die anderen Berechnungsarten nicht erfasst werden könnten, Gutachten usw.). Bei der Berechnung des Honorars nach Zeittarif sind im Einzelnen die folgenden drei Elemente massgeblich:

  • Der Zeitaufwand
    Massgeblich ist zunächst der Aufwand an Stunden, die der Architekt und seine Angestellten für die Erfüllung des konkreten Auftrages benötigt haben. Dabei kommt es darauf an, wie viel Zeit tatsächlich verbraucht wurde. Ob die tatsächlich verbrauchte Stundenzahl auch nötig war, beurteilt sich im Urteilsfall nach einem objektiven (durchschnittlichen) Massstab.
  • Die Honorarkategorien
    Der Zeittarif bemisst sich ferner danach, wer für das Vertragsobjekt gearbeitet hat. Dabei kommt es nicht so sehr auf die Person und auch nicht auf ihre hierarchische Stellung im Architekturbüro an, sondern auf die Aufgabe, die sie im Hinblick auf die Vertragserfüllung verrichtet hat.
  • Die Stundenansätze
    Als Vergütungsansätze für die vorgenannten Honorarkategorien kommen entweder die von SIA herausgegebenen Stundenansätze oder die effektiven Gehälter der Angestellten in Frage. Bei den SIA-Stundenansätzen handelt es sich dabei um Tarifwerte, die der SIA für die verschiedenen Honorarkategorien alljährlich in seinem Tarifblatt bekannt gibt. Für jede Honorarkategorie stehen Mittelwerte und Gabelwerte zur Verfügung. Die Gabelwerte gestatten, bei jeder Funktion die Leistungsfähigkeit des Mitarbeiters, die übernommene Verantwortung und Dauer des Auftrages etc. zu berücksichtigen. Jedes Jahr legt der SIA die Stundenansätze neu fest.

Beim Kostentarif wird die Vergütung des Architekten nach den Kosten des Baues berechnet. Massgebend ist somit in einem gewissen Sinne der Interessenwert des Bauherrn. Treffen die Parteien keine individuelle Abrede über die Honorarabrechnung, so gilt gemäss Art. 7.2.2 der Kostentarif als vereinbart. Das Architektenhonorar berechnet sich dabei nach folgender Formel:

Architektenhonorar (H) = B • (p:100) • n • (q:100) • r

Die Berechnungselemente sind:

  • Die honorarberechtigten Baukosten (B).
  • Der vom SIA herausgegebene Honorar-Grundprozentsatz (p).
  • Der Schwierigkeitsgrad der Bauaufgabe (n), je nach Baukategorie.
  • Der Umfang der Architektenleistung bzw. Leistungsanteil (q), in Prozenten der Gesamtleistung.
  • Allenfalls ein Faktor zur Korrektur aller übrigen Kriterien (r).

Durch den Kostentarif werden nur die sog. Grundleistungen abgegolten. Die Zusatzleistungen sind zusätzlich zu vergüten. Eine Tabelle der für die Planung und Ausführung erforderlichen Architektenleistungen unterscheidet dabei fünf Phasen, die ihrerseits in Teilleistungen aufgegliedert werden. Die Teilleistungen werden im Verhältnis zur Gesamtleistung nach Prozenten gewichtet und ergeben das Berechnungselement ‹Leistungsanteil q›. Bei jeder Teilleistung werden Grund- und Zusatzleistungen aufgeführt. Grundleistungen sind dabei all jene Leistungen, die zur ordnungsgemässen Erfüllung eines Auftrages im Allgemeinen erforderlich und ausreichend sind. Die Zusatzleistungen sind Leistungen, die zu den Grundleistungen hinzutreten können, wenn die Art der Aufgabe dies erfordert oder wenn sie der Auftraggeber (aus einem anderen Grunde) wünscht. Ihre Aufzählung ist dabei nicht abschliessend. Beim Kostentarif richtet sich das Architektenhonorar zunächst nach den Baukosten. Honorarberechtigt sind dabei die wirklichen Kosten des ausgeführten Bauwerkes gemäss Bauabrechnung, nach Abzug der vertraglich vereinbarten und gewährten üblichen Rabatte und Skonti. Nicht dazu gehören die Honorare des Architekten und weiterer Bauplaner, die Kosten für Erwerb von Grund und Rechten, Finanzierungskosten, öffentliche Gebühren, Versicherungsprämien sowie Auslagen für Wettbewerbe und Feiern. Die Höhe des Honorars wird ferner von der Schwierigkeit der nach dem Architekten gestellten Aufgabe abhängig gemacht.

Einzelfragen

Haben die Parteien die Höhe des Honorars zum Voraus vereinbart, so stellt sich die Frage, ob dieses wegen später eintretender Verhältnisse entsprechend anzupassen ist. Die Antwort darauf ergibt sich möglicherweise aus dem abgeschlossenen Vertrag, wenn die Parteien darin Anpassungsregeln vereinbart haben. Haben die Parteien keine Anpassungsregel vereinbart, hat der Richter die Lücke im Streitfall zu schliessen. Eine Vertragsanpassung setzt jedoch in jedem Falle ein offenbares Missverhältnis zwischen Architektenleistung und vereinbartem Architektenhonorar voraus.

Ein Sonderfall ‹veränderter Verhältnisse› liegt bei einer rechtsgeschäftlichen Änderung des vertraglichen Leistungsinhaltes vor. Eine Änderung des Auftrages liegt insbesondere vor, wenn der Architekt gegenüber dem abgeschlossenen Vertrag andere Leistungen, zusätzliche oder weniger Leistungen oder dieselben Leistungen, aber unter veränderten Ausführungsvoraussetzungen erbringen muss. Weil durch die Auftragsänderung der Inhalt der vom Architekten zu erbringenden Leistungen verändert wird, hat der Architekt bei Mehrleistungen nicht bloss eine Mehrvergütung zu gute. Vielmehr ist das Honorar des Architekten sowohl bei Mehr- als auch bei Minderleistungen anzupassen, und die Anpassung erfolgt ohne Verdiensteinbusse danach, ob der Aufwand des Architekten durch die Auftragsänderung grösser oder kleiner geworden ist.

Wird der Architektenvertrag vorzeitig aufgelöst, ohne dass dies der Architekt zu vertreten hat, so hat der Bauherr die erbrachten Leistungen voll zu vergüten. Unterliegt der Vertrag dem Auftragsrecht und erfolgt der Widerruf zur Unzeit, so hat er ihm überdies den verursachten Schaden zu ersetzen.

In Bezug auf die Haftung für die falsche Kosteninformation sei auf das an anderer Stelle Gesagte verwiesen.  

Erfüllt der Architekt seinen Auftrag nicht richtig (unvollständige, fehlerhafte Leistungen) und unterliegt der Vertrag dem Auftragsrecht, so ist sein Architektenhonorar nach dem Äquivalenzprinzip herabzusetzen. So setzt die Pflicht des Bauherrn zur Bezahlung der Vergütung an den Architekten insbesondere voraus, dass dieser nicht nur die Auftragserfüllung beweist, sondern auch den Beweis der richtigen Erfüllung erbringt. Ist das Ergebnis der Leistungen des Architekten für den Bauherrn unbrauchbar und der Misserfolg auf eine unsorgfältige Auftragserfüllung zurückzuführen, kann der Architekt jeglichen Vergütungsanspruch verlieren. Hingegen kann die unsorgfältige und insbesondere die unvollständige Auftragserfüllung zu einer Reduktion des Honorars führen. Dabei kommen als Varianten in Frage: Das gesamte Honorar wird pauschal gekürzt, bei der Vergütung nach Kostentarif sind Honorarprozente für einzelne Teilleistungen überhaupt nicht oder nur teilweise geschuldet. Auf unnötigen Mehrkosten, welche der Architekt verursacht hat, ist kein Architektenhonorar geschuldet, auch nicht in dem Umfange, in welchem der Architekt für einen Vertrauensschaden haftet. Die Honorarminderung ist auch dann berechtigt, wenn dem Bauherrn aus der betreffenden Pflichtverletzung kein Schaden erwachsen und ein solcher nicht beweisbar ist. Gelegentlich lässt sich gerade wegen der Vertragsverletzung des Architekten ein Schaden nicht beweisen, obwohl ein Schadensverdacht besteht. Hat ein Architekt etwa alle Regierapporte vorbehaltlos und alle Rechnungen ohne irgendwelche Korrekturen visiert, kann dies ein Wahrscheinlichkeitsbeweis sowohl für die unterlassenen Kontrollen als auch für einen Schaden des Bauherrn sein. Honorarminderungen und Schadenersatz können grundsätzlich kumuliert werden. Es ist Aufgabe des Richters, im Streitfall dem Äquivalenzprinzip Rechnung zu tragen. Als Faustregeln dienen: Für eine Kumulation von Honorarminderung und Schadenersatz können krasse Baumängel und fachliche Inkompetenz (Übernahmeverschulden) des Architekten, die sich wie ein roter Faden durch das Baugeschehen zieht, sprechen. Hingegen wäre es unbillig, einem fähigen und gewissenhaften Architekten, dem trotz allem ein Fehler unterläuft, nebst dem (selbstverständlichen) Schadenersatz noch das Honorar zu mindern. Überhaupt kann eine uneingeschränkte und bedeutende Schadenersatzleistung des Architekten die Honorarminderung ausschliessen, weil im betreffenden Einzelfall der Bauherr durch den Schadenersatz genau gleich gestellt wird, wie wenn der Architekt seinen Auftrag fehlerfrei erfüllt hätte. Anderseits drängen sich Honorarminderungen kumulativ zum Schadenersatz geradezu auf, wenn der Architekt einzelne Teilleistungen überhaupt nicht oder unvollständig ausführt und sich damit Kosten sowie - vor allem - Zeit spart, die er für andere Projekte gewinnbringend einsetzen kann, so wenn er auf zeitraubende Schnittpläne verzichtet oder viel zu wenig Zeit für die Bauleitung aufwendet. Honorarminderungen aus diesem Grunde erfüllen nebenbei auch den Zweck, eine ungerechtfertigte Bereicherung des Architekten abzuschöpfen.

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