Emotionale Intelligenz: Soft Skill mit harter Wirkung

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Nach Angaben der World Economic Forum’s Future of Jobs Report, gehört emotionale Intelligenz zu den Top-Ten-Fähigkeiten, die benötigt werden, um im Arbeitsumfeld erfolgreich zu sein. In den aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen erfordert es, durch komplexe und dynamische Veränderungen zu navigieren. Emotionale Intelligenz ist nicht mehr nur ein Schlagwort, sondern eine notwendige Fähigkeit für jeden Mitarbeitenden.
Während das Konzept der emotionalen Intelligenz schon seit geraumer Zeit besteht, gewann der Begriff 1995 nach der Veröffentlichung von Daniel Golemans Buch «Emotional Intelligence» an Popularität. Goleman ist Psychologe, Autor und Mitbegründer des Collaborative for Academic, Social and Emotional Learning. In den letzten Jahren analysierte Goleman Kompetenzmodelle von 188 grossen globalen Unternehmen, um zu bestimmen, welche Fähigkeiten herausragende Leistungen trieben.
Emotionale Intelligenz besonders wirksam
Er gruppierte diese Fähigkeiten in drei Hauptkategorien: technische Fähigkeiten, kognitive Fähigkeiten und Kompetenzen, die emotionale Intelligenz oder Soft Skills demonstrieren, wie das Managen von Veränderungen oder Teamwork. In seiner Untersuchung fand Goleman heraus, dass Intellekt und kognitive Fähigkeiten wichtig waren. Als er jedoch die Bedeutung von technischen Fähigkeiten, Intelligenzquotient und emotionaler Intelligenz als Wirkfaktoren für exzellente Leistung ermittelte, zeigte sich, dass emotionale Intelligenz doppelt so wirkungsvoll war wie die anderen Faktoren – und zwar auf jeder Führungsebene.
Andere Studien haben ebenfalls bestätigt, dass emotionale Intelligenz nicht nur grosse Führungspersönlichkeiten auszeichnet, sondern auch zu höheren Unternehmensergebnissen führt. Der Forscher David McClelland führte eine Umfrage unter einem globalen Lebensmittel- und Getränkeproduzenten durch. Diese fand heraus, dass die Unternehmensbereiche, die von Führungskräften mit hoher emotionaler Intelligenz geführt wurden, die jährlichen Ziele um 20% übertrafen. Interessanterweise schnitten Führungspersönlichkeiten, denen diese Fähigkeit fehlte, mit nahezu demselben Prozentsatz unterdurchschnittlich ab. Er stellte fest, dass dies in allen Divisionen in den USA, Asien und Europa zutraf. Die Studien zeigen, dass es einen starken Zusammenhang zwischen emotionaler Intelligenz und Unternehmenserfolg gibt. Und wichtig ist, dass die Forschung gezeigt hat, dass Menschen die Fähigkeit zur emotionalen Intelligenz erlernen und entwickeln können.
Emotionale Intelligenz
Im Allgemeinen ist emotionale Intelligenz die Fähigkeit, sich seiner Emotionen bewusst zu sein, sie zu kontrollieren und auszudrücken, sowie die Fähigkeit, zwischenmenschliche Beziehungen vernünftig und einfühlsam zu gestalten. Sie wird manchmal als EI abgekürzt und wird auch als EQ (Emotional Quotient) bezeichnet, in der Regel als Vergleich zum Konzept des IQ (Intelligence Quotient). Es gibt fünf Hauptkomponenten der emotionalen Intelligenz am Arbeitsplatz: Selbstwahrnehmung bzw. Selbstreflexion, Selbstkontrolle, Selbstmotivation, Empathie und soziale Fähigkeiten. Das Verständnis dieser Komponenten, und wie sie sich am Arbeitsplatz manifestieren, ist entscheidend für starke Leistung und organisatorischen Erfolg.
Selbstwahrnehmung
Der erste und wohl wichtigste Aspekt von emotionaler Intelligenz ist Selbstwahrnehmung Die eigenen Emotionen, Bedürfnisse und Antriebe zu verstehen, ist entscheidend, um sich erfolgreich auf andere einzustellen. Menschen mit einem hohen Mass an Selbstwahrnehmung verstehen, wie ihre eigene Stimmung und ihr Verhalten ihre Mitarbeitenden und Kunden beeinflussen. Selbstwahrnehmung ermöglicht, ehrlich zu sein gegenüber den eigenen Stärken, aber auch den eigenen Schwächen. Ein gemeinsames Merkmal von Menschen mit guter Selbstwahrnehmung ist ein Händchen für selbstironischen Humor. Sie können ihre Fehler zugeben und sind daher in Bereichen stark, in denen sie eigentlich nicht stark sind. Auch sind sie sich bewusst, worin sie sich auszeichnen und wie sie diese Stärken nutzen können, was ihr Selbstvertrauen untermauert. Mitarbeitende, die sich objektiv beurteilen können, sind besser in der Lage, das auch für ihr Umfeld zu tun. Es ist ein individueller Wettbewerbsvorteil, wenn man die eigenen Stärken und Schwächen erkennt und sowohl Siege als auch Niederlagen fair bewertet, um so die Leistung im Laufe der Zeit steigern zu können.
Selbstreflexion
Das Wort Reflexion hat über die französische Sprache Eingang in die deutsche Sprache gefunden und geht auf einen lateinischen Wortstamm zurück. «Reflectere» heisst so viel wie zurückwerfen, widerspiegeln, im übertragenen Sinne dann (seine Gedanken auf etwas) hinwenden, besonnen statt impulsiv handeln. Erinnert sei hier an das Motto des preussischen Generalfeldmarschalls Helmuth von Moltke (1800–1891): «Erst wägen, dann wagen», das sich in ähnlicher Form auch in Sprichwörtern wie dem englischen «look before you leap», der Redensart «Erst besinne, dann beginne » oder den Formulierungen «eine Nacht drüber schlafen», «Der Morgen ist klüger als der Abend» wiederfindet. Der Begriff Selbstreflexion lässt sich ursprünglich auch mit der Wendung «animum reflectere» (seine Gedanken auf etwas hinwenden) ableiten. Der Begriff steht folglich für die Änderung der eigenen Position, um einen anderen bzw. übergeordneten Blickwinkel (Metaebene) einzunehmen und dadurch zu neuen Einblicken zu gelangen. Die Begriffe Reflexion und Selbstreflexion werden in vielen wissenschaftlichen Disziplinen verwendet, wodurch auch eine Vielzahl von unterschiedlichen Definitionen existiert. So gibt es beispielsweise in der Philosophie, der Pädagogik und der Psychologie nach Dilger (2007) keine einzige flächendeckende und damit allgemeingültige Definition. Daher soll die Definition von Fred A. J. Korthagen (1999) gelten.
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Dieser definiert Reflexion als «den mentalen Prozess der Strukturierung oder Restrukturierung einer Erfahrung, eines Problems oder bereits existierenden Wissens oder Erkenntnisse». Die Selbstreflexion ist die Fähigkeit, sich auf seine eigenen Stärken und Schwächen zu beziehen, dabei selbstkritisch zu agieren und seine möglichen Schwierigkeiten zu erkennen. Selbstreflexion ist folglich die intensive Auseinandersetzung mit den eigenen Lern- und Handlungsprozessen. Die Fähigkeit zur Reflexion baut auf der menschlichen Eigenheit auf, bewusst zu sich und seiner Umwelt in Distanz gehen zu können, einen Perspektivenwechsel zu vollziehen, sich selbst und seine Umwelt also zum Gegenstand betrachtender Analyse zu machen. Der Mensch lebt und erlebt nicht nur, sondern er erlebt sein Erleben. Damit kann er auch Wissen, sein eigenes Wissen kritisch durchleuchten und bewerten. Der gedankliche Schritt zurück und der Perspektivenwechsel ermöglichen dem reflektierenden Mitarbeitenden, sich selbst und die eigenen Stärken und Schwächen zu erkennen und sich anzupassen.
ALACT-Modell
Korthagen stellt den Selbstreflexionskreislauf in strukturierter Weise mithilfe des ALACT-Modells dar. Das Modell ist nach den Anfangsbuchstaben der fünf Phasen benannt.
Die erste Phase ist die Handlung (Action), die zweite der Blick zurück auf die Handlung (Looking back on the action). Die dritte Phase wird als Bewusstsein der essenziellen Aspekte (Awareness of essential aspects) bezeichnet, die vierte als Entwicklung alternativer Handlungsformen (Creating alternative methods for action) und die fünfte als Versuch (Trial), d.h. die Realisierung der Handlungsalternative. Die fünfte Phase (Trial) ist wiederum gleichzeitig auch die erste Phase (Action) des darauffolgenden Kreislaufs. Dabei entsteht ein Spiralmodell, mit dessen Hilfe der Selbstreflexionsprozess immer weitergeführt wird. Zur Unterstützung des Selbstreflexionskreislaufs, basierend auf dem ALACT-Modell, dienen Fragestellungen, die den einzelnen Phasen des ALACT-Modells zugeordnet werden und durch den Selbstreflexionsprozess beantwortet werden sollen.
In der Phase der Handlung (Action) spielen folgende Fragen eine zentrale Rolle:
- Was wollte ich in der konkreten Situation
erreichen? (Ziele) - Was wollte ich besonders beachten?
- Was wollte ich ausprobieren?
Die zweite Phase ist sehr entscheidend, da in dieser Phase der Blick zurück auf die Handlung (Looking back on the action) mit folgenden Fragestellungen erfolgt:
- Was waren die konkreten Ereignisse?
- Was habe ich getan?
- Was habe ich gedacht?
- Wie habe ich mich gefühlt?
- Was glaube ich, dass die anderen wollten, taten, dachten, fühlten?
Die dritte Phase wird als Bewusstsein der essenziellen Aspekte (Awareness of essential aspects) bezeichnet. In dieser Phase sind folgende Fragen entscheidend:
- Was haben die Antworten auf die vorangegangenen Fragen gemeinsam?
- Was kann auf den Einfluss des Kontexts/der Umgebung als Ganzes zurückgeführt werden?
- Was bedeutet das für mich?
- Was ist das Problem (oder die positive Erfahrung)?
In der vierten Phase werden mit folgenden Fragen alternative Handlungsformen (Creating alternative methods of action) entwickelt:
- Welche Alternativen kann ich erkennen? (Lösungen oder Einsatzmöglichkeiten meiner Erfahrungen)
- Was sind die Vorteile bzw. Nachteile jeder Alternative?
- Was beschliesse ich, das nächste Mal (anders) zu machen?
Die fünfte Phase ist der Versuch (Trial), Handlungsempfehlungen zu realisieren. Diese Fragen stimmen mit den Fragen der ersten Phase überein. Damit schliesst sich der erste Kreislauf, und ein neuer Selbstreflexionskreislauf beginnt. Aufgrund der Ausführungen ist ersichtlich, dass Selbstreflexion in einem spiralförmigen Kreislauf stattfindet, der sich immer weiter fortsetzt. Ziel ist es, die vollzogenen Handlungen zu analysieren und, darauf aufbauend, verbesserte Handlungsansätze für die Zukunft zu entwickeln. Aus diesem Grund ist der Erwerb einer umfassenden und professionellen Selbstreflexionsfähigkeit für Mitarbeitende unerlässlich.