Arbeitsort im Arbeitsvertrag: Was im Arbeitsvertrag geregelt sein muss

Der Arbeitsort ist ein zentraler Bestandteil jedes Arbeitsverhältnisses – und dennoch oft unklar geregelt. Was passiert, wenn ein Unternehmen den Standort verlegt oder Mitarbeitende an einer anderen Betriebsstätte eingesetzt werden sollen? Ob im Büro, auf der Baustelle oder im Homeoffice: Arbeitgeber bewegen sich innerhalb ihres Direktionsrechts, müssen jedoch gewisse Grenzen beachten. Dieser Beitrag zeigt, was rechtlich gilt und wie Sie den Arbeitsort im Arbeitsvertrag klar definieren.

29.04.2025 Von: Thomas Wachter
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Arbeitsort im Arbeitsvertrag

Mangels anderweitiger vertraglicher Abmachung ist der Arbeitsort grundsätzlich der Betrieb des Arbeitgebers. Dabei ist darunter nicht nur ein einzelnes Büro oder Standort zu verstehen, sondern die gesamte Reichweite der Arbeitsorganisation, in die der Arbeitnehmer eingebunden ist. Je nach Unternehmensstruktur kann dies mehrere Gebäude, Abteilungen oder Standorte umfassen.

Arbeitsorganisation und Direktionsrecht

Unter einer Arbeitsorganisation versteht man die strukturierte Zusammenfassung von Ressourcen – wie Mitarbeitenden, Arbeitsmitteln und Know-how – zur Erfüllung eines gemeinsamen betrieblichen Zwecks. Arbeitgeber haben innerhalb dieser Organisation ein Weisungsrecht, das es ihnen erlaubt, Mitarbeitende flexibel einzusetzen. Ein Anspruch auf einen bestimmten Arbeitsplatz oder ein fixes Büro besteht in der Regel nicht. Der Arbeitgeber darf den konkreten Einsatzort ändern, solange sich dieser innerhalb des vertraglich vereinbarten Arbeitsortes bewegt und die neue Zuteilung für den Arbeitnehmer zumutbar bleibt.

Versetzungen innerhalb des Unternehmens

Verfügt ein Unternehmen über mehrere Betriebsstätten, kann der Arbeitnehmer innerhalb oder zwischen diesen Standorten versetzt werden – vorausgesetzt, dies ist ihm zumutbar. Bei räumlich deutlich getrennten Standorten empfiehlt es sich, den Arbeitsort im Arbeitsvertrag ausdrücklich zu regeln. Innerhalb der gleichen Ortschaft gilt eine Versetzung grundsätzlich als zumutbar, da sich der Arbeitsweg meist nicht wesentlich verändert. Wird der Arbeitsweg jedoch erheblich verlängert, kann der Arbeitnehmer unter Umständen die Versetzung verweigern. Eine vertragliche Regelung schafft hier Klarheit – birgt aber auch das Risiko, dass der Arbeitgeber später an die vereinbarten Arbeitsorte gebunden ist.

Was gilt als Betrieb im arbeitsrechtlichen Sinn?

Der Begriff Betrieb ist arbeitsrechtlich weit gefasst: Als Betrieb gilt jede Einrichtung, in der eine berufliche Tätigkeit ausgeübt werden kann – sei es ein klassisches Büro, ein Produktionsstandort oder sogar ein einzelner Raum mit einem Telefon. Entscheidend ist, dass die Einrichtung dem Zweck der Arbeitsleistung dient. Auch kleinere oder mobile Einheiten können daher als Arbeitsort im Arbeitsvertrag im Sinne des Gesetzes gelten.

Arbeitsort ausserhalb des Betriebs

Nicht jede berufliche Tätigkeit findet am Hauptsitz oder in einer festen Betriebsstätte statt. Viele Arbeitsplätze erfordern Einsätze ausserhalb des Betriebs, beispielsweise bei Kundinnen und Kunden, auf Baustellen oder unterwegs. Monteure, Handelsreisende oder Chauffeure erfüllen ihre Aufgaben grösstenteils mobil. Das konkrete Tätigkeitsgebiet unterscheidet sich je nach Beruf und Funktion – dennoch sind auch diese Mitarbeitenden fester Bestandteil der betrieblichen Arbeitsorganisation und unterstehen dem Weisungsrecht des Arbeitgebers.

Arbeitsort bei Konzernstrukturen

In grösseren Unternehmen mit mehreren Betrieben oder Zweigniederlassungen erfolgt die Anstellung in der Regel für einen bestimmten Betrieb. Ein Einsatz in anderen Konzerneinheiten ist nur zulässig, wenn dies ausdrücklich im Arbeitsvertrag vereinbart wurde oder der Mitarbeitende einer Versetzung im Einzelfall zustimmt. Für eine grössere Einsatzflexibilität empfiehlt es sich daher, entsprechende Versetzungsklauseln im Vertrag zu regeln – insbesondere bei zentralisierten oder projektbezogenen Unternehmensstrukturen.

Betriebsverlegung und Zumutbarkeit des neuen Arbeitsortes

Verlegt ein Unternehmen seinen Betrieb an einen neuen Standort, stellt sich für viele Mitarbeitende die Frage: Ist der neue Arbeitsort noch zumutbar? Eine längere Pendelzeit allein macht eine Versetzung nicht automatisch unzumutbar – auch wenn der Arbeitgeber z. B. die Arbeitszeit entsprechend anpassen würde. Als unzumutbar kann jedoch gelten, wenn der Arbeitsweg die persönliche Lebensgestaltung erheblich beeinträchtigt, etwa durch eine extreme Verlängerung oder Erschwernisse im Familienalltag.

Kommt es zu keiner einvernehmlichen Lösung, bleibt dem Arbeitgeber in der Regel nur die Kündigung. Achtung: Verweigert der Mitarbeitende zu Recht die Aufnahme der Arbeit am neuen Ort, obwohl keine alternative Einsatzmöglichkeit besteht, kann sich der Arbeitgeber im Annahmeverzug befinden – mit entsprechenden Lohnzahlungspflichten während der Kündigungsfrist.

Arbeitsort im Arbeitsvertrag vs. Heimarbeit und Ausleihe an Dritte

Bei Heimarbeit ergibt sich der Arbeitsort grundsätzlich aus dem Gesetz: Er befindet sich am Wohnsitz bzw. Haushalt des Heimarbeitenden. Möchte der Arbeitgeber Heimarbeitende zeitweise an einen anderen Ort oder gar an eine Drittfirma überlassen, muss dies vorab ausdrücklich vereinbart werden. Eine stillschweigende Zustimmung oder eine „Temporäranstellung“ wird nicht vermutet – das Weisungsrecht endet dort, wo der ursprüngliche Arbeitsvertrag keine Grundlage bietet.

Einsatz an anderen Arbeitsorten in Notfällen

In Notfallsituationen – etwa bei einem plötzlichen Ausfall einer Betriebsstätte oder personellen Engpässen – kann der Arbeitgeber ausnahmsweise verlangen, dass Mitarbeitende an einem nicht vertraglich vereinbarten Arbeitsort einspringen. Grundlage ist die Treuepflicht des Arbeitnehmers. Voraussetzung ist allerdings, dass der Einsatz zumutbar ist – sowohl in Bezug auf Entfernung als auch auf Arbeitsinhalt und Dauer.

 

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