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Geschäftsautos: Ein rechtliches Problem auf vier Rädern?

Viele Arbeitgeber stellen ihren Arbeitnehmern Geschäftsautos zur Verfügung, um ihre Mobilität im Arbeitsalltag sicherzustellen. Wie die Benutzung des Geschäftsautos durch den Arbeitnehmer ausgestaltet ist, variiert inhaltlich je nach Vereinbarung, die getroffen wurde. Es gibt nicht ein «richtiges» Modell, sondern die Ausgestaltung der Nutzung ist stets an den Einzelfall anzupassen. Je nach Modell stellen sich verschiedene Rechtsfragen. Dieser Artikel gibt eine Übersicht über ausgewählte Rechtsfragen betreffend Geschäftsautos und die verschiedenen Modelle.

22.11.2022 Von: Anela Lucic
Geschäftsautos

Begriff

Unter dem Begriff «Geschäftsauto» werden Fahrzeuge der Arbeitgeberin verstanden, wel­che dem Arbeitnehmer durch die Arbeitgebe­rin zur Nutzung überlassen werden. Solche Geschäftsfahrzeuge werden von der Arbeit­geberin im Rahmen eines Kaufvertrags oder eines Leasingvertrags erworben bzw. geleast, wobei bei Letzterem der Kreis der Benutzer im Leasingvertrag festgelegt wird.

Davon abzugrenzen ist die Benutzung des privaten Fahrzeugs des Arbeitnehmers für seine Arbeit, welche im Einverständnis mit der Arbeitgeberin erfolgt. Dabei sind dem Arbeitnehmer die üblichen Aufwendungen nach Massgabe des Gebrauchs zu ersetzen (Benzin, öffentliche Abgaben, Prämien für die Haftpflichtversicherung und Abnutzung).

Privatnutzung des Geschäftsautos

Grundsätzlich darf der Arbeitnehmer das Ge­schäftsauto nur für geschäftliche Verrichtun­gen verwenden. Ausnahmen bestehen, wenn die Möglichkeit der privaten Nutzung entwe­der ausdrücklich vereinbart wurde oder die Arbeitgeberin Kenntnis der privaten Nutzung hat und diese – im Rahmen einer stillschwei­genden Einwilligung – duldet. Die private Nut­zung von Geschäftsautos ist in der Praxis weit verbreitet und erfolgt in den folgenden gängi­gen Nutzungsmodellen:

  • Nebst den geschäftlichen Verrichtungen darf der Arbeitnehmer das Geschäftsauto nur für den Arbeitsweg verwenden.
  • Eine private Nutzung ist zulässig, der Ar­beitnehmer muss die Arbeitgeberin aber dafür entschädigen. In der Regel erfolgt dies über eine pauschale Entschädigung (oft zu einem nicht kostendeckenden Be­trag) oder für die tatsächlich privat gefah­renen Kilometer – was das Führen eines Bord- bzw. Fahrtenbuchs voraussetzt.
  • Der Arbeitnehmer darf das Geschäftsau­to privat nutzen und muss keine oder nur geringe Kosten übernehmen, wie z. B. die Benzinkosten für längere Fahrten am Wo­chenende oder im Urlaub.

Lohn- und steuerrechtliche Behandlung der Privatnutzung

Die vergünstigte oder unentgeltliche Privat­nutzung des Geschäftsautos hat Naturallohncharakter und ist somit ein Lohnbestandteil, welcher betragsmässig auf dem Lohnausweis aufzuführen und vom Arbeitnehmer zu ver­steuern ist. Man spricht auch vom «Privat­anteil am Geschäftsauto». Die Anrechnung des Privatanteils kann pauschal oder effektiv gemäss dem Ausmass der tatsächlichen pri­vaten Nutzung erfolgen.

Am 1. Januar 2022 traten die Änderungen der Verordnung des Eidgenössischen Finanzde­partments über den Abzug der Berufskosten unselbstständig Erwerbstätiger bei der direk­ten Bundessteuer (Berufskostenverordnung) in Kraft, welche die Behandlung des Privat­anteils regelt. Bei der Pauschalanrechnung des Privatanteils müssen nun neu 0,9% (statt vorher 0,8%) des effektiven Kaufpreises des Geschäftsautos bzw. des im Leasingvertrag vorgesehenen Barkaufpreises (exkl. Mehr­wertsteuer), mindestens aber CHF 150.–, als Lohn angerechnet werden. Diese 0,9% berücksichtigen neu auch die Kosten für den Arbeitsweg. Dafür entfallen bei der Steuerer­klärung des Arbeitnehmers im Rahmen der direkten Bundessteuer die Aufrechnung des geldwerten Vorteils für den Arbeitsweg und der pauschale Fahrtkostenabzug. Die Rege­lungen für die kantonalen Steuern können davon abweichen.

Nebst der Pauschalmethode ist auch eine Abrechnung der tatsächlich privat gefahrenen Kilometer möglich, welche dann mit einem sogenannten Kilometeransatz multipliziert und als Fahrtkostenabzug geltend gemacht werden können. Diese Methode setzt jedoch das Führen eines detaillierten Board- bzw. Fahrtenbuchs voraus und ist somit mit einem grösseren (administrativen) Arbeitsaufwand verbunden.

Diese zwei Anrechnungsmethoden kommen nur zur Anwendung, wenn die Arbeitgeberin beinahe sämtliche Kosten für das Geschäfts­auto – ausser z. B. die Benzinkosten für län­gere Privatfahrten am Wochenende oder im Urlaub – trägt. Sobald der Arbeitnehmer be­trächtliche Kosten selbst übernimmt, ist der Privatanteil individuell im Veranlagungsver­fahren abzuklären.

Das Gesagte gilt für «normale» Geschäftsfahr­zeuge, d. h. in der Regel für Autos mit einem Listenpreis bis ca. CHF 100 000.–. Für teu­rere Fahrzeuge des Luxussegments wenden die Kantone teils höhere Pauschalen als die erwähnten 0,9% an.

Rückgabepflicht und Retentionsrecht

Wenn dem Arbeitnehmer das Recht zur Pri­vatnutzung des Geschäftsautos eingeräumt wurde, so besteht dieses grundsätzlich im selben Rahmen bis zum Ende des Arbeits­verhältnisses – also auch während der Kün­digungsfrist oder einer allfälligen Freistellung. Ohne gegenteilige Abrede im Vertrag muss die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer eine Entschädigung zahlen, welche den Wert der weggefallenen Privatnutzung deckt, wenn sie das Geschäftsauto während der Freistel­lung zurückverlangt. Ein solcher Anspruch auf Entschädigung entsteht auch bei einer ungerechtfertigten fristlosen Kündigung des Arbeitnehmers.

Bei einer längeren Arbeitsunfähigkeit des Ar­beitnehmers ist die Situation weniger klar. Fest steht, dass bei einer unverschuldeten Arbeitsun­fähigkeit des Arbeitnehmers gemäss Art. 324a Abs. 1 OR für eine beschränkte Zeit ein gesetz­licher Anspruch auf eine Lohnfortzahlung be­steht. Die Lohnfortzahlung umfasst auch eine angemessene Vergütung für den Naturallohn, soweit dieser nicht weiterhin in natura gewährt werden kann. Solange also eine Lohnfortzah­lungspflicht gilt, wird die Arbeitgeberin in der Regel das Geschäftsauto nicht zurückverlangen können, ohne dass dafür eine Entschädigung geschuldet ist. Wenn Versicherungsleistungen (z. B. von Krankentaggeldversicherungen) an die Stelle der Lohnfortzahlungspflicht treten, kommt es auf den Umfang bzw. die Höhe der ausbezahlten Versicherungsleistung an und da­rauf, ob diese den Naturallohnanteil angemes­sen berücksichtigt und entschädigt.

Spätestens am Ende des Arbeitsverhältnisses muss jedoch jede Vertragspartei der anderen alles herausgeben, was sie für dessen Dau­er von ihr erhalten hat. Dazu gehört auch das Geschäftsauto (Art. 339a Abs. 1 und 2 OR). Bei noch offenen Forderungen aus dem Arbeits­verhältnis gegen die Arbeitgeberin (z. B. offene Lohnforderungen) darf der Arbeitnehmer das Geschäftsauto allerdings so lange zurückbehal­ten, bis diese bezahlt oder anderweitig sicherge­stellt sind – unabhängig von der Höhe der For­derung (sog. Retentionsrecht gemäss Art. 339a Abs. 3 OR i. V. m. Art. 895 ZGB). Der Arbeitneh­mer darf das Geschäftsauto während dieser Zeit jedoch nicht benutzen. Tut er dies trotzdem, so kann er auf Antrag der Arbeitgeberin mit Busse bestraft werden (Art. 94 Abs. 3 SVG).

    Haftung

    Verursacht ein Arbeitnehmer mit dem Ge­schäftsauto einen Unfall, stellt sich die Frage, wer für den entstandenen Schaden aufzu­kommen hat.

    Der Abschluss einer Haftpflichtversicherung ist obligatorisch (Art. 63 SVG). Die Haftpflichtver­sicherung deckt Schäden, welche Dritte durch einen solchen Unfall erleiden. Um Schäden am Geschäftsauto selbst abzudecken, kann die Arbeitgeberin eine Vollkaskoversicherung abschliessen. Der Abschluss einer solchen Ver­sicherung ist nicht obligatorisch, aber empfeh­lenswert, da die Privathaftpflichtversicherung des Arbeitnehmers in der Regel nicht für Schä­den am Geschäftsauto aufkommen wird. Trotz Versicherungsschutz kann die Arbeitgeberin ei­nen Schaden erleiden, z. B. wenn die Versiche­rungspolice einen Selbstbehalt vorsieht oder der Versicherungsfall zu Prämienerhöhungen bzw. Bonusverlusten oder zu Forderungen der Versi­cherung gegenüber der Arbeitgeberin führt.

    Gemäss Art. 321e OR ist der Arbeitnehmer für den Schaden verantwortlich, den er absicht­lich oder fahrlässig der Arbeitgeberin zufügt. Das Ausmass der Ersatzpflicht orientiert sich dabei am Grad des Verschuldens des Arbeit­nehmers: Bei leichtem Verschulden wird der Arbeitnehmer in der Regel nicht oder höchs­tens für einen symbolischen Betrag ersatz­pflichtig, bei Absicht jedoch vollumfänglich, und dazwischen, d. h. bei mittlerem Verschul­den, wird er wohl für einen Teil des Schadens aufkommen müssen. Bei Unfällen mit dem Geschäftsauto während der Freizeit kommen diese Grundsätze jedoch nicht zum Tragen. In diesen Fällen ist der Arbeitnehmer bereits bei leichtem Verschulden voll ersatzpflichtig.

    Bussen des Arbeitnehmers wegen Verletzung von Strassenverkehrsregeln sind grundsätz­lich vom Arbeitnehmer zu tragen.

      Überwachung

      Bei der Benutzung von Geschäftsautos stellt sich oft die Frage nach dem Ausmass der zulässigen Überwachung des Arbeitnehmers durch die Arbeitgeberin, denn die heutigen verfügbaren Technologien (z. B. Blackbox, Drive Recorder oder GPS-Systeme) erlauben eine beinahe permanente Überwachung eines Autos. Nebst der Ermittlung bzw. Aufzeich­nung des Standorts und der zurückgelegten Strecke können damit auch andere Daten zum Fahrverhalten erfasst werden, wie z. B. der Zeitpunkt der einzelnen Fahrten, Geschwin­digkeit, Beschleunigung und Bremsmanöver.

      Zwar darf bzw. muss die Arbeitgeberin den Ar­beitnehmer und seine Arbeit zu einem gewis­sen Teil überwachen, z. B. um die Befolgung von Weisungen oder die Einhaltung der Arbeitszei­ten zu überprüfen und Missbräuche zu verhin­dern. Dies hat aber innerhalb der gesetzlichen Schranken – insbesondere unter Wahrung des Persönlichkeits- und Gesundheitsschutzes des Arbeitnehmers – zu erfolgen. Art. 26 der Ver­ordnung 3 zum Arbeitsgesetz (ArGV 3) verbietet sodann explizit die Verwendung von Überwachungs- und Kontrollsystemen zur reinen Verhaltensüberwachung des Arbeitnehmers. Eine Überwachung bzw. Kontrolle aus anderen Grün­den ist jedoch unter Umständen zulässig. Die Arbeitgeberin muss ein überwiegendes Interes­se geltend machen können, die Überwachung muss verhältnismässig sein, und die Datenbe­arbeitung hat im Einklang mit dem Schweizer Datenschutzgesetz zu erfolgen. Der Einsatz von solchen Systemen ist insbesondere so zu ge­stalten und anzuordnen, dass die Gesundheit und die Bewegungsfreiheit der Arbeitnehmer dadurch nicht beeinträchtigt werden. So könnte im Einzelfall die Verwendung von GPS-Tracking zur Ortung des Standorts von Geschäftsautos, um eine effiziente Arbeitsplanung zu garantie­ren und aus arbeitsorganisatorischen Gründen, zulässig sein. Auch Sicherheitsüberlegungen können für eine Überwachung sprechen.

      Eine Überwachung des Arbeitnehmers ausser­halb seiner Arbeitszeit ist jedoch auf keinen Fall zulässig. Wird dem Arbeitnehmer die private Nutzung des Geschäftsautos erlaubt, muss dieser für Privatfahrten jegliche Kontroll- und Überwachungssysteme ausschalten können.

      Empfehlung

      Sowohl bei der geschäftlichen wie auch der privaten Nutzung von Geschäftsautos stellen sich zahlreiche rechtliche Fragen. Es ist des­halb empfehlenswert, im Arbeitsvertrag, Anstellungsreglement oder in einer speziellen Policy die Nutzung eines Geschäftsautos zu regeln, um eine klare Situation für alle Beteiligten zu schaf­fen. Folgende Punkte sollten geregelt werden:

      • Privatnutzung
      • Kostentragung
      • Rückgabepflichten bei Kündigung, Freistellung und Arbeitsunfähigkeit
      • Versicherungen
      • Haftung
      • Wartung
      • ggf. Überwachungs- und Kontrollmassnahmen
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