Employer Branding: Wider den Einheitsbrei

Arbeitshilfen Personalplanung und Rekrutierung
Die Erkenntnisse sind nicht neu: Die Mitarbeitenden sind die wertvollste Ressource eines Unternehmens, zufriedene Mitarbeitende arbeiten besser und Erfahrungen am Arbeitsplatz und mit dem Arbeitgeber werden von der Belegschaft nach aussen getragen. Sich als Arbeitgeber gut zu positionieren, ist deshalb eine wichtige unternehmensstrategische Massnahme. Gerade in Branchen, die vom «War for Talents» betroffen sind, ist das Image des Unternehmens zentral für die Rekrutierung. Denn ob sich jemand auf eine Stelle bewirbt, hängt auch davon ab, wie er oder sie die betreffende Firma wahrnimmt. Für die Bindung der bestehenden Mitarbeitenden gilt: Je mehr sich diese mit dem Unternehmen identifizieren, desto motivierter sind sie. Und motivierte, begeisterte Arbeitnehmende leisten mehr und sind weniger häufig krank. Sie bringen eigene Ideen ein und handeln im Sinne des Unternehmens anstatt nur für die eigene Karriere.
Arbeitgebermarken als Einheitsbrei
Bislang war Employer Branding das Zauberwort, von dem man sich all das erhoffte. Mit anderen Worten: Durch den Aufbau einer starken Arbeitgebermarke verspricht sich ein Unternehmen Vorteile in der Mitarbeiterrekrutierung und -bindung innerhalb der Branche. Besonders grössere Unternehmen in der Schweiz sowie im gesamten deutschsprachigen Raum konkurrieren sich gegenseitig mit immer umfassenderen und teureren Employer-Branding-Massnahmen. Die tatsächliche Umsetzung erzielt aber nicht unbedingt die gewünschte Wirkung: Prospekte mit zufrieden lächelnden Mitarbeitenden, ansprechende Karriere-Webseiten, grossangelegte Imagekampagnen, Videos unter der Beteiligung von Mitarbeitenden und beeindruckende Auftritte an Absolventenmessen – beim Versuch, als Unternehmen bei bestehenden und potenziellen Mitarbeitenden einen positiven Eindruck zu hinterlassen und sich möglichst einzigartig darzustellen, gleichen sich die Firmen wie ein Ei dem anderen. Die meisten Unternehmen positionieren sich über Themen der Arbeitgeberqualität und erwähnen fast ausschliesslich Hygienefaktoren, die von potenziellen und aktuellen Mitarbeitenden als notwendige Voraussetzung angesehen werden und kein «Verkaufsargument» darstellen.
Authentizität statt Oberflächlichkeit
In den letzten Jahren hat sich eine Tendenz gefestigt: Marken werden immer mehr durch Erlebnisse und Erfahrungen der Kunden definiert und nicht mehr durch einseitige Kommunikation der Unternehmen. Die Kunden tauschen auf sozialen Netzwerken ihre Erfahrungen und Meinungen aus und lassen sich weniger leicht beeinflussen. Dasselbe gilt für die Arbeitnehmenden: Auch sie sind kritischer geworden gegenüber austauschbaren Unternehmensbotschaften. Was bei den Mitarbeitenden wirklich punktet ist der tatsächliche, mitten aus dem Leben gegriffene Arbeitsalltag.
Statt von Employer Branding spricht man in diesem Zusammenhang immer häufiger von Employee Experience. «Employee Experience stellt die echte Erfahrung ins Zentrum, nicht irgendein Hochglanzmagazin-Gefühl», erläutert Jana Jutzi, Geschäftsführerin bei Careerplus. Unternehmen können sich mit Employee Experience von der Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt abheben. Ziel ist nicht, das Unternehmen ins beste Licht zu rücken. Vielmehr geht es um Glaubwürdigkeit und die Beantwortung folgender Fragen: Wie kann ich das Arbeitgeberversprechen so authentisch wie möglich darstellen, um es dann in der Realität auch einzuhalten? Wie kann ich es im Alltag erlebbar machen? Und welche Mitarbeitenden passen überhaupt kulturell zu unserem Unternehmen?
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Mehr Kultur, mehr Werte, mehr Ecken und Kanten
Mit dem Konzept der Employee Experience lassen sich die Firmenkultur und die Werte des Unternehmens gleichzeitig kommunizieren. Grundvoraussetzung ist demzufolge, dass man als Unternehmen eine klar definierte Unternehmenskultur und Unternehmenswerte hat. Die Firmenkultur und Werte machen ein Unternehmen einzigartig und beschreiben, wie im Alltag miteinander umgegangen wird und was dem Unternehmen wichtig ist. Im Employer Branding geht es also nicht darum, ein möglichst attraktives und ausgewogenes Bild des Unternehmens zu zeigen. Sondern auch unternehmens- oder positionsspezifische Herausforderungen für die Mitarbeitenden zu vermitteln.
Jede Firma hat Ecken und Kanten und genau diese differenzieren es von den anderen. «Wir wollen nicht nur über Kultur und Werte sprechen, sondern diese im Alltag auch erlebbar machen», sagt Jacqueline Scheuner, CEO bei Umeo AG. Und: Ehrlichkeit zahlt sich aus. «Es ist uns wichtig, dass potenzielle Mitarbeitende vor und während dem Rekrutierungsprozess die richtigen Werte mitbekommen und sich kein falsches Bild von unserem Unternehmen und dem Arbeitsalltag machen. Bestehende Mitarbeitende können potenziellen einen sehr authentischen Einblick in unsere Unternehmenskultur geben», so Scheuner. Besonders im Rekrutierungsprozess spielt die Überprüfung, ob die Bewerber zur Unternehmenskultur passen oder nicht, eine entscheidende Rolle.
Mitarbeitende als Brand Ambassadoren
Es macht Sinn, diejenigen Mitarbeitenden einzubinden, welche die Unternehmenswerte besonders gut verkörpern. Es gibt unzählige Möglichkeiten, die Erfahrungen von Mitarbeitenden gegen aussen zu kommunizieren. Wichtig dabei ist das gemeinsame Ziel, das Unternehmen authentisch darzustellen. Dazu sollte man den Mitarbeitenden in einem definierten Rahmen möglichst viele Freiheiten lassen, beispielsweise in einem Mitarbeitenden-Blog oder mittels Social-Media-Auftritten auf Instagram, Facebook, Snapchat oder auch Tik Tok. Eine weitere gute Möglichkeit ist, die Mitarbeitenden in Videos zu den Unternehmenswerten zu Wort kommen zu lassen – wobei die Mitarbeitenden spontan und unvorbereitet sollten antworten können. Ist Employer Branding in seiner bisherigen Ausrichtung gescheitert? Mitnichten. Denn mit Unternehmen ist es wie mit Wein: Viele wählen letzteren aufgrund der Etikette aus, obwohl sie es besser wüssten. Und so fühlen sich viele Menschen auch aufgrund des Erscheinungsbilds und Images zu einem Unternehmen hingezogen – oder eben nicht. Zumindest für den Erstkontakt sind Markenbotschaften nicht zu vernachlässigen. Wichtig ist dabei aber, dass sich das Employer Branding eines Unternehmens nicht als Etikettenschwindel herausstellt. Es ist wie so oft: Der gute Mix macht’s.