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Beratungsvertrag: Merkblatt zu Definition, Inhalt und Praxisfall

Ein Beratungsvertrag gilt als Auftrag nach Art. 394 ff. OR. Der Beauftragte verpflichtet sich zur vertragsgemässen Besorgung von Geschäften oder Diensten. Der Auftrag unterscheidet sich vom Werkvertrag dadurch, dass der Beauftragte den Erfolg seiner Tätigkeit nicht garantieren bzw. kein Arbeitsergebnis versprechen kann.

03.08.2022 Von: WEKA Redaktionsteam
Beratungsvertrag

Definition

Ein Beratungsvertrag gilt als Auftrag nach Art. 394 ff OR. Der Beauftragte verpflichtet sich zur vertragsgemässen Besorgung von Geschäften oder Diensten. Der Auftrag unterscheidet sich vom Werkvertrag dadurch, dass der Beauftragte den Erfolg seiner Tätigkeit nicht garantieren bzw. kein Arbeitsergebnis versprechen kann.

Wenn beispielsweise ein Unternehmensberater ein Konzept zur effizienteren Gestaltung des Betriebes ausarbeitet, ist es ihm nicht möglich zu garantieren, dass dieses auch in allen Punkten durchgeführt wird. Das beste Konzept nützt bekanntlich nichts, wenn die Vorgesetzten und das Personal sich nicht daran halten.

Inhalt vom Beratungsvertrag

Für den Auftrag ist keine Vertragsform vorgeschrieben. Trotzdem ist bei Beratungsaufträgen ein schriftlicher Vertrag zu empfehlen. Dieser berücksichtigt mit Vorteil mindestens folgende Elemente:

  • Beschreibung der Beratungsaufgabe: Gerade bei Beratungen kommt es oft vor, dass die Aufgabe des Beraters vage bleibt. So kann es passieren, dass Berater Spitzenhonorare kassieren für Windmacherei oder sogar für Fehlleistungen. Die Aufgabe des Beraters sollte deswegen präzise definiert werden. Bei schwierigen Aufgaben ist es sinnvoll, die Aufgabe des Beraters bei einer vorgehenden Besprechung festzulegen und darüber ein Protokoll zu erstellen, das von beiden Parteien unterschrieben wird. Darauf kann man im Vertrag verweisen. Wichtig ist auch, einen bestimmten Zeitrahmen für die Konzipierung und Erledigung der Aufgabe festzusetzen.
  • Herbeiziehen von Dritten: Nach OR ist ein Beauftragter im Prinzip verpflichtet, die Aufgabe persönlich zu erledigen. Er kann aber auch Aufgaben an Angestellte delegieren und, wo es nötig ist, sogar im Interesse des Auftraggebers Teile des Auftrages an Dritte weitergeben (Substitution). Bei Beratungen ist das z.B. denkbar, wenn ein Berater für Management- oder juristische Probleme engagiert wird, aber keine technischen Fachkenntnisse besitzt. Dann kann es sinnvoll sein, wenn er einen Fachmann mit technischer Ausbildung hinzuzieht. Er haftet dann für die sorgfältige Auswahl der betreffenden Person. Bei unerlaubter Substitution haftet er für die Handlungen des Beauftragten, wie wenn es seine eigenen wären.
  • Honorar: Ein Honorar ist dann zu bezahlen, wenn es vereinbart oder üblich ist. Bei Beratungsaufträgen ist eine präzise Festlegung zu empfehlen, entweder nach Aufwand oder eine Pauschale. Das Honorar ist nicht erfolgsabhängig. Der Auftraggeber hat dem Berater Auslagen und Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Auftrag zu vergüten. Das Honorar muss erst bezahlt werden, wenn der Beauftragte dem Auftraggeber Rechenschaft abgelegt hat.
  • Verwendung der Unterlagen und Daten: Der Beauftragte muss dem Auftraggeber Unterlagen und sonstige Sachen nach Beendigung des Auftrages herausgeben. Er hat daran kein Retentionsrecht, für den Fall dass der Auftraggeber nicht bezahlt. Im Zusammenhang mit Unterlagen und Daten sind genauere Regelungen zu empfehlen, vor allem in Bezug auf Geheimhaltung. Sehr wichtig ist eine Vereinbarung, welche Rechte die Parteien nach Beendigung der Zusammenarbeit haben. Dabei sind auch Regelungen zu treffen für den Fall, dass das Projekt vor der Fertigstellung abgebrochen wird. Das Recht an Daten sollte im Prinzip dem Auftraggeber verbleiben.

Praxisfall: Beratung beim Kaufvertrag

Manchmal wird auch ein Kaufvertrag mit Beratung verbunden. Auch dabei können sich Haftungsfragen ergeben. Einen entsprechenden Fall behandelte das Bundesgericht im Jahr 2000.

Die Ausgangslage

Der Kläger H.H. wurde von einem Krankenheim in Oberwinterthur mit der Herstellung und Verlegung von Fallschutzplatten betraut, die einen allfälligen Sturz von Personen abdämpfen sollten. Es handelte sich dabei um Betonplatten, welche mit einem ein- oder mehrschichtigen, elastischen Belag verleimt wurden. Im Rahmen der Entwicklung dieser Fallschutzplatten fragte der Kläger die Beklagte, eine internationale Firma, die Klebstoffe herstellt, ob ein bestimmter von ihr vertriebener Klebstoff für die erwähnte Verleimung geeignet sei. Die Parteien kamen überein, Musterplatten im Testlabor der Beklagten zu testen. Das Ergebnis dieser Tests im Klimaschrank zeigte, dass der Klebstoff für den vom Kläger beabsichtigten Einsatz geeignet war. Versuche zur optimalen Verarbeitung des Klebstoffes fielen ebenfalls erfolgreich aus.

Aufgrund dieser Resultate bzw. Auskünfte begann der Kläger mit der Konstruktion und Montage einer Plattenpresse, welche die rationelle Produktion der Fallschutzplatten zum Zweck hatte. Im Winter 1994/95 produzierte er die Fallschutzplatten, welche in der Folge auf der Dachterrasse des Krankenheims verlegt wurden. Im Mai 1995 zeigte sich, dass sich bei den Fallschutzplatten Blasen gebildet hatten. Der Kläger musste diese Mängel beheben und verlangte von der Beklagten Ersatz des ihm dadurch entstandenen Schadens. Das Handelsgericht des Kantons Zürich sprach dem Kläger eine bestimmte Summe als Schadenersatz zu, die aber geringer war als der geforderte Betrag. Eine gegen dieses Urteil gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Kassationsgericht abgewiesen.

Die Beklagte legte gegen das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich beim Bundesgericht Berufung ein. Darin beantragte sie die Abweisung der Klage. Der Kläger forderte Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils. Das Bundesgericht wies die Berufung ab, soweit darauf einzutreten war und bestätigte das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich.

Der Entscheid des Bundesgerichts

Das Bundesgericht begründete seinen Entscheid folgendermassen:

Die Parteien waren sich darüber einig, dass die Ursache für das Ablösen der Kunststoffschicht von den Betonplatten im entstandenen Dampfdruck lag. Die Beklagte machte im vorinstanzlichen Verfahren sinngemäss geltend, sie habe nur Wasser- und Temperaturbeständigkeit bis 90 °C zugesichert und nicht mit der Entstehung von Dampfdruck rechnen müssen. Das Handelsgericht hielt diesem Standpunkt entgegen, Dampfdruck sei eine Funktion von Temperatur und Feuchtigkeit. Nach Auffassung der Beklagten widerspricht diese Feststellung elementaren Gesetzen der Physik, da die Einwirkung von Temperatur und Feuchtigkeit keinen Dampfdruck, sondern lediglich Dampf erzeuge. Dampf übe erst in einem geschlossenen Volumen Druck aus. Aus diesem Grund sei von einem offensichtlichen Versehen gemäss Art. 63 Abs. 2 OR auszugehen.

Ein offensichtliches Versehen liegt nach der Rechtsprechung nur vor, wenn die Vorinstanz eine bestimmte Aktenstelle übersehen oder unrichtig, d.h. nicht in ihrer wahren Gestalt, insbesondere nicht mit ihrem wirklichen Wortlaut, wahrgenommen hat. Es war klar, dass in dem betreffenden Fall keine aktenwidrige Feststellung vorlag. Die Versehensrüge konnte auch deswegen nicht erhoben werden, weil sie unbegründet sei. Abgesehen von der Feststellung, Dampfdruck sei eine Funktion von Temperatur und Feuchtigkeit hätte das Handelsgericht die von der Beklagten als elementar bezeichneten physikalischen Gesetze zutreffend berücksichtigt.

Eine wesentliche Feststellung des Bundesgerichtes war, dass im Lichte der konkreten Umstände und der Rechtsprechung betrachtet, zwischen den Parteien ein Beratungsvertrag zustande gekommen und grundsätzlich Auftragsrecht anzuwenden war. Die Beklagte hatte sich damit verpflichtet, bei der Abklärung der Eignung des Klebstoffes für die Zwecke des Klägers dessen Interessen in loyaler Weise zu wahren und die gebotene Sorgfalt aufzuwenden.

Das Bundesgericht bestätigte in diesem Fall seine Rechtssprechung über die Sorgfaltspflicht. Der Sorgfaltsmassstab bestimmt sich dabei nach objektiven Kriterien und gestützt auf die Umstände des Einzelfalles. Auszugehen ist grundsätzlich von der Sorgfalt, welche ein gewissenhafter Beauftragter in der gleichen Situation anwenden würde, wobei an den Spezialisten hohe Anforderungen zu stellen sind. Der beauftragte Fachmann hat den Auftraggeber unaufgefordert, namentlich über die Zweckmässigkeit des Auftrages sowie die Gefahren und die Erfolgschancen, Auskunft zu geben. Gegenstand der Informationspflicht ist grundsätzlich alles, was für den Auftraggeber von Bedeutung ist.

Das Handelsgericht erwog, der Beklagten als Klebstoffherstellerin mit Fachkompetenz hätte das Problem des Dampfdruckes, welches für die Blasenbildung verantwortlich war, bekannt sein müssen. Sie hätte deshalb mit besonderer Sorgfalt die mögliche Beanspruchung abklären oder bei ihrer Empfehlung einen entsprechenden Vorbehalt anbringen müssen. Die Beklagte rügt, nach den vorinstanzlichen Erwägungen hätte sie sich mit Risiken auseinander setzen müssen, die nicht einmal der Kläger kannte. Die ihr vom Handelsgericht auferlegte Erkundigungspflicht gehe zudem zu weit.

Das Bundesgericht meinte, für die Bemessung der von der Beklagten geschuldeten Sorgfalt sei nicht entscheidend, dass der Kläger das Risiko der Dampfdruckeinwirkung auch nicht kannte. Dieser hätte sich, wie in der Produktebeschreibung des Klebstoffes empfohlen, gerade deshalb an die Beklagte gewendet, weil sie über entsprechendes Fachwissen verfügte und über die Tauglichkeit des Klebstoffs für seine Zwecke somit Auskunft geben konnte. Die Beklagte hatte Kenntnis von sämtlichen Ursachen, welche in ihrer Kombination den Dampfdruck und damit die Blasenbildung zur Folge hatten. Der Kläger durfte von der Beklagten als Spezialistin erwarten, dass sie allenfalls nach klärenden Rückfragen entweder die Problematik des Zusammenwirkens dieser Elemente und damit des Dampfdruckes erkennen, oder aber ihre Testergebnisse mit einem entsprechenden Vorbehalt versehen würde. Die Vorinstanz hat somit zutreffend erkannt, dass die Beklagte ihre Sorgfaltspflicht durch die vorbehaltlose Bekanntgabe der positiven Testresultate verletzt hat.

Die Beklagte machte ausserdem geltend, die Annahme eines Verschuldens durch das Handelsgericht sei bundesrechtswidrig. Das Bundesgericht meinte dazu: Verschulden wird bei vertraglichen Haftungstatbeständen vermutet. Der Verschuldensbegriff ist zudem objektiviert. Nachdem eine Sorgfaltspflichtverletzung, welche sich ebenfalls nach einem objektiven Massstab bemisst, bejaht wurde, waren im betreffenden Falle keine Gründe ersichtlich, die zu einer Exkulpation der Beklagten führen könnten. Die Annahme eines Verschuldens verstiess damit nicht gegen Bundes-recht.

Ausserdem hatte das Handelsgericht festgestellt, die positiven Testergebnisse der Beklagten hätten dazu geführt, dass der Kläger für die von ihm herzustellenden Fallschutzplatten den Klebstoff verwendete. Bei vertraglicher Haftung, so das Bundesgericht, wird die Beurteilung der adäquaten Kausalität nicht an irgendein Ereignis der natürlichen Kausalkette angeknüpft, sondern an die konkret in Frage stehende Vertragsverletzung. Im vorliegenden Fall stellte sich die Frage, ob die sorgfaltswidrig erteilte Auskunft der Beklagten nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung an sich geeignet war, einen Schaden von der Art des eingetretenen herbeizuführen bzw. dass der Eintritt dieses Schadens durch die Vertragsverletzung allgemein als begünstigt erscheint. Der Kläger hatte die Plattenpresse im Hinblick auf die Verarbeitungseigenschaften des von der Beklagten empfohlenen Klebstoffes konstruiert. Nach den Feststellungen der Vorinstanz ist die Plattenpresse, nachdem sich der Klebstoff als unbrauchbar erwiesen hat, nicht mehr verwendbar. Der Kläger war überdies gezwungen, die durch den von der Beklagten empfohlenen, jedoch ungeeigneten Klebstoff hervorgerufenen Mängel zu beheben. Diese Schadensposten erschienen auch dem Bundesgericht durch die sorgfaltswidrige Auskunft adäquat kausal verursacht.

Das Bundesgericht fügte dann noch folgende allgemeine Aussage hinzu: Im Normalfall vermag das Verhalten des Geschädigten den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten des Schädigers und dem Schaden selbst dann nicht zu beseitigen, wenn das Verschulden des Geschädigten dasjenige des Schädigers übersteigt. In diesem Fall wurde ein Mitverschulden des Klägers schon vom Handelsgericht bejaht, das die Ersatzpflicht der Beklagten in Anwendung von Art. 44 Abs. 1 OR um einen Drittel reduzierte. Das Bundesgericht lehnte eine weitere Reduktion ab, unter anderem weil in diesem Fall von der Entgeltlichkeit der Auskunft auszugehen war. Aufgrund dieses Eigeninteresses der Beklagten gelte die Auskunft nicht als schadenersatzmindernde Gefälligkeit im Sinne von Art. 43 OR.

Achtung: Aus diesem Fall kann man den Rückschluss ziehen, dass Verkäufer, die ihre Kunden im Zusammenhang mit einem Kauf beraten, ebenso sorgfältig vorgehen und dieselben Pflichten beachten müssen wie andere Berater.

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